Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)
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»Wann kommt Dora denn eigentlich zurück?«, fragte Elliott.
Ich hob die Schultern. »Wahrscheinlich in der nächsten Woche. Dubai läuft wohl endlich ganz gut.«
Martha sah mich an. »Und du? Gehst du dann wieder?«
Mein Blick glitt zu Kenzie, die neben ihr stand und in diesem Moment Cleas Abgang offenbar besonders spannend fand. Aber ich wusste, sie hörte genau zu, denn ihre Finger krampften sich um das Geländer.
»Ich bleibe noch ein bisschen, schätze ich«, antwortete ich. Kenzie nahm die Hände herunter. »Auch wenn die Chancen gut stehen, dass die Arbeiter von Davidges Baustelle zurückkommen, kann Mum mich sicher hier noch brauchen.« Und ich musste erst in drei Wochen zurück in Chicago sein, um die Prüfung zu schreiben, für die ich bisher viel zu wenig gelernt hatte. Aber auch wenn es klüger gewesen wäre, ich wollte nicht gehen. Und der Grund dafür stand keine eineinhalb Meter neben mir.
Unten auf dem Parkplatz sprang der Motor des kleinen Honda an, und wir beobachteten, wie Clea und Dionys sich vom Hotel und damit auch von uns entfernten. Bella, Martha und Elliott wussten, dass die Show vorbei war, und gingen hinein, um mit ihrer Arbeit weiterzumachen. Wir anderen drei blieben auf dem Balkon zurück.
»Bleibt nur ein Problem«, sagte Kenzie und sah zu mir, ihre Gefühle sorgsam hinter einer Maske aus Professionalität versteckt. »Wer übersetzt jetzt für uns und schlägt sich mit den griechischen Behörden herum?«
»Gute Frage.« Ich sah meinen Cousin an. »Kennst du zufällig jemanden, der Griechisch spricht und dem wir in dieser Situation noch vertrauen können?«
»Nur eine«, sagte Finlay und atmete dabei aus, als würde die Antwort ihm Schmerzen bereiten. Er sah mich an, und wir führten eines jener stummen Gespräche, die wir mit der Zeit perfektioniert hatten – und an dessen Ende er schließlich nickte. »Ruf sie an.«
»Wirst du dann gehen?« Das war die logische Konsequenz. Soweit ich wusste, vermieden die beiden seit Silvester jeden Kontakt.
»Nein. Ich bleibe und halte das aus.«
»Sicher, dass das eine gute Idee ist?«
»Gott, überhaupt nicht«, lachte er ohne Freude. »Aber das hier ist Doras Traum, ihre große Chance, sich von Grandma zu lösen. Und ich muss mich um die ganze Sache mit Davidge kümmern, damit wir rechtlich sicher vor ihm sind. Außerdem … es wird Zeit. Wenn das nicht für immer und ewig ein Thema sein soll, müssen wir irgendwann damit anfangen, wieder normal miteinander umzugehen.«
Kenzie und ich wechselten einen Blick, und ich erkannte darin, dass sie genau wusste, um wen es ging. Überrascht holte ich Luft.
»Du weißt es?«
»Ja.« Sie nickte, als sie Finlay ansah, und ich entdeckte Mitgefühl in ihren Augen. »Schon seit dem letzten Sommer, Edina hat es mir erzählt. Tut mir wirklich leid.«
Mein Cousin schluckte. »Ja. Mir auch.« Dann gab er sich wie so oft einen Ruck, richtete sich auf und straffte seine Schultern. »So, und jetzt gehe ich und suche diesen Vorschlaghammer, von dem ich jede Nacht träume.«
»Ich kann dir sagen, wo du ihn findest.« Kenzie ging voran zum Eingang. »Ich kenne mich mittlerweile ganz gut in der Werkstatt von Nikolaos aus.«
»Lye, kommst du mit?« Finlay sah mich an.
»Klar.« Ich rang mir ein Lächeln ab und folgte ihnen.
Es gab schließlich jede Menge zu tun.
28
Kenzie
Zwei Tage nach Cleas Abgang war die Normalität auf die Baustelle zurückgekehrt – genau wie die Arbeiter, die Davidge uns abgeluchst hatte, denn sein Projekt war tatsächlich wegen der Bodenverunreinigungen erst einmal gestoppt worden. Mit Händen, Füßen und Charme hatten Lyall und Finlay es hinbekommen, ihnen klarzumachen, dass sie gerne wieder bei uns einsteigen konnten, und nun waren sie fleißiger als jemals zuvor, weil sie diese zweite Chance zu schätzen wussten.
Nur ich hatte momentan Probleme, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Gemeinsam mit Bella musste ich eigentlich die Terrassen der Bungalows ausmessen, um die Steinplatten dafür bestellen zu können. Zwar würde der Teil, in dem wir gerade wohnten, als Letztes renoviert werden, aber je mehr Material bereits da war, desto besser. Das Problem war nur, dass Maßband und Klemmbrett seit sicherlich zwanzig Minuten unbeachtet auf dem Boden lagen und wir nach unten zum Pool schauten, wo Finlay und Lyall dabei waren, die Bar in ihre Einzelteile zu zerlegen – was schweißtreibend genug war, um die Shirts auszuziehen. Ich wollte eigentlich weiterarbeiten, aber ich konnte mich von diesem Anblick einfach nicht losreißen. Egal, ob ich mir jedes Gefühl in seine Richtung verbieten mochte: Lyall mit freiem Oberkörper, der nur in Arbeitsshorts mit einem Vorschlaghammer hantierte, das rief einiges wach. Vor allem Erinnerungen daran, wie es gewesen war, als ich jeden Muskel seines perfekten Körpers nicht aus der Ferne, sondern aus nächster Nähe hatte bewundern dürfen. Aus allernächster Nähe.
Bella schien mir anzusehen, was ich dachte. »Okay, ich weiß, du willst nicht darüber reden, was zwischen euch vorgefallen ist, aber sag mir wenigstens eins – hält der Motor, was die Karosse verspricht?«
Ich grinste angesichts der Formulierung, dann nickte ich. »Oh ja.«
»Und trotzdem willst du keine Wiederholung?«
»Nein«, sagte ich schnell, obwohl die Bilder in meinem Kopf mich Lügen straften. »Es ist einfach zu viel zwischen uns passiert.« Als er Clea angefahren hatte, in diesem ganz speziellen Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Tonfall, war ich wieder daran erinnert worden, dass es nicht nur den freundlichen, warmherzigen Lyall gab. Und trotzdem rotierten die Gedanken in meinem Kopf und die Gefühle in meinem Herzen, sobald ich in seiner Nähe war. Denn obwohl er Clea gegenüber seine kompromisslose, harte Seite gezeigt hatte … es war berechtigt gewesen, oder nicht? Ich hätte dasselbe getan, wenn es um meine Familie gegangen wäre.
Bella hob die Schultern. »Es passiert immer viel. Aber warum –«
»Was steht ihr denn hier rum?«, unterbrach uns jemand.
Ich fuhr herum und erkannte Lyalls Schwester, die in Sandalen und Sommerkleid mal wieder aussah, als wäre sie von irgendeiner Fashion Show direkt hierher gebeamt worden.
»Edie! Du bist schon da?« Ich umarmte sie zur Begrüßung. Sogar ihre dunklen Haare waren wie von einem Profi gestylt, zumindest sahen die großen Wellen nicht aus, als könnte man mit so etwas morgens aus dem Bett steigen. Obwohl … bei den Hendersons war so ziemlich alles möglich. Ich hatte Lyall schließlich direkt nach dem Aufwachen gesehen. Und da hatte er mir noch besser gefallen als sonst. Vor allem, wenn er nichts – Schluss jetzt, verdammt.
»Ich bin eben schnell.« Edina grinste. »Außerdem habe ich eh in einer Woche Ferien und wollte sie ganz langweilig zum Lernen verwenden. Da kann ich doch nebenher für euch die Dolmetscherin spielen.« Sie sah sich um. »Der Laden ist nicht übel. Sieht genau so aus, wie Mums Love-and-Peace-Traum sein sollte.«
Ich lachte. »Wir geben uns alle Mühe, damit daraus kein Albtraum wird.«
»Ja, davon habe ich gehört.«
»Das ist übrigens Bella«, stellte ich meine Kollegin vor. »Edina ist Doras Tochter und wird uns mit dem Übersetzen helfen.«
»Du sprichst Griechisch?«, fragte Bella beeindruckt, als sie ihr die Hand gab.
»Ja, und Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und halbwegs brauchbares Mandarin. Sprachen sind so eine Art Hobby von mir.« Edina zuckte bescheiden die Schultern und trat dann neben mich an das Geländer der Terrasse. »Aber ich dachte, ihr habt so viel zu tun, warum steht ihr dann hier rum?«
»Wir genießen nackte Tatsachen.« Bella zeigte nach unten in Richtung der mittlerweile zerstörten Poolbar, in deren Trümmern Lyall und Finlay standen. »Sind allerdings nur dein Bruder und dein Cousin. Das dürfte für dich also kaum interessant sein.«
Edinas Lächeln wurde etwas angestrengt, aber wahrscheinlich fiel nur mir das auf. »Stimmt. Dann würde ich sagen, du genießt weiter die Aussicht und Kenzie zeigt mir mein Zimmer.«
Ich nahm eine ihrer Taschen und ging voran. Da die Schlüssel für die beiden freien Zimmer bei mir lagen, machten wir einen kurzen Abstecher dorthin. Danach liefen wir zur Tür direkt nebenan.
»Du wusstest aber, dass Finlay hier ist, oder?«, fragte ich, während ich aufschloss.
»Ja, sicher. Lyall ist nicht Mum, er würde mir so etwas nicht verschweigen, nur damit ich nicht Nein sage.« Sie sah zu mir und holte Luft, ich kam ihr jedoch zuvor.
»Da ist nichts«, sagte ich schnell. »Zwischen Lyall und mir.«
»Dann bist du also über ihn hinweg?« Da war sie wieder, die berühmte Direktheit der Edina Henderson. Ich wusste nicht, ob ich sie vermisst hatte.
»So gut wie«, nickte ich und ließ ihr den Vortritt ins Zimmer. »Wir bringen das hier zu einem hoffentlich guten Ende und dann gehen wir getrennte Wege.«
Edina lächelte schief. »Immerhin habt ihr diese Möglichkeit.«
Da hatte sie allerdings recht. Wenn man zur selben Familie gehörte, war das deutlich schwieriger. Vor allem bei einer Familie wie den Hendersons, die mit strenger Hand regiert wurde, damit alle Zahnrädchen einwandfrei funktionierten.
»Und trotzdem bist du hier«, stellte ich fest.
»Trotzdem bin ich hier.« Sie nickte. »Das ist wichtig für Mum, und sie kann niemandem außer uns mehr vertrauen, wenn es um dieses Projekt geht. Grandma und Moira warten nur darauf, dass sie hier scheitert und die blöden Hexen sagen können ›Ich wusste es ja von Anfang an‹. Das werde ich nicht zulassen. Und außerdem müssen Fin und ich irgendwann klarkommen. Dazu eignet sich Korfu genauso gut wie jeder andere Ort auf der Welt.«
Ich musste schief lächeln, weil ich nicht daran glaubte, dass dieser Plan von Erfolg gekrönt sein würde – als mir auffiel, dass ich doch selbst das Gleiche hoffte wie sie. Auf einen Abschluss. Und gleichzeitig hatte ich wahnsinnige Angst vor dem Tag, an dem Lyall abreisen würde.
Edina drehte sich einmal um ihre eigene Achse. »Hat seinen Charme, das alte Zeug. Ich bin gespannt darauf, wie der Rest aussieht. Zeigst du mir alles?«
Ich hatte eigentlich schon genug Zeit damit verloren, Lyall anzustarren, aber ich konnte Edina den Wunsch nicht abschlagen. »Klar doch. Ich kenne hier mittlerweile jede Ecke. Also kann ich alles auslassen, was momentan noch hässlich ist.«
Die Handwerker verrenkten sich reihenweise die Hälse, als Edina und ich vorbeigingen. Kein Wunder. Finlay sah unverschämt gut aus und Lyall war für mich ohnehin eine Klasse für sich, aber Edina war auf besondere Art schön . Vielleicht, weil sie ein Mädchen war, vielleicht auch, weil sie eine ganz spezielle Ausstrahlung hatte, die niemanden kaltließ. Ich war froh, dass ich nicht von der Sorte war, die schnell Komplexe bekam – neben ihr musste ich in meinen verdreckten Jeans, den Boots und dem verwaschenen Ghostbusters -Shirt wirken wie ein ausrangierter Gartenzwerg.
»Eins ist sicher – die werden dir jeden Wunsch von den Augen ablesen«, sagte ich zu Edina, als sie wieder einmal ein paar Handwerker im Vorbeigehen auf Griechisch begrüßt hatte.
»Na, hoffentlich«, grinste sie. »Das muss doch alles rechtzeitig fertig werden.«
Wir steuerten auf den Poolbereich zu, und als wir uns den Männern dort näherten, wurde Edinas Strahlen plötzlich schwächer. Finlay sah uns schon von Weitem kommen, und ich schaute auf den Boden, als ich den Ausdruck in seinen Augen bemerkte – ich hatte das Gefühl, als würde ich einen sehr privaten Moment stören. Erst als wir bei den beiden angekommen waren, sah ich wieder auf.
Nur um direkt Lyall in die Augen zu schauen. Der immer noch kein Shirt trug. Mein Blick glitt über seinen Oberkörper bis zu seinem Hals, an dem der Schweiß zum Schlüsselbein hinunterlief. Mein Mund wurde trocken, während mein Kopfkino eine Extraschicht einlegte. Himmel, womit habe ich das verdient? , dachte ich, aber das Stoßgebet half kein bisschen.
»Edina ist da«, brachte ich schließlich hervor.
»Das sehe ich.« Lyall lächelte erst mich an, dann sie. »Schön, dass du gekommen bist, Schwesterherz.«
»Bei kostenlosem Urlaub sage ich nie Nein, das weißt du doch.«
»Süß, dass du denkst, das hier hätte etwas mit Urlaub zu tun.« Lyall umarmte seine Schwester fest und sie beschwerte sich darüber, dass er ihr Kleid ruinierte, weil er so verschwitzt war. Schnell machte sie sich los und schüttelte sich übertrieben.
»Hey, Fin«, begrüßte sie dann ihren Cousin.
»Hey, Ed.« Er lächelte schief.
Sie umarmten einander nicht, doch die Art, wie sie sich ansahen, war wesentlich inniger als jede körperliche Annäherung. Aber dann holte Edina Luft, zwang sich ein Lächeln aufs Gesicht und sah mich an.
»Gehen wir weiter? Es gibt ja sicher noch einiges zu sehen.«
Eigentlich hatten wir das meiste bereits hinter uns, ich nickte trotzdem. »Auf jeden Fall.« Damit nahm ich sie mit, ließ Finlay und Lyall zurück und atmete erst wieder aus, als wir schon auf der Steintreppe waren, die zum Strand führte.
Edina sah mich an. »Bitte tu mir einen Gefallen, Kenzie. Halte mich von Dummheiten ab.«
Ich schnaubte belustigt. »Vielleicht sollten wir daraus ein gegenseitiges Arrangement machen.«
»Ach? Kommst du etwa doch in Versuchung?« Sie grinste.
Ich zögerte mit der Antwort. Schließlich hatte ich Lyall heute bereits diverse Male angestarrt, weil er einfach so unfassbar gut aussah und die Erinnerungen an den Sex mit ihm nicht weniger heiß waren, nur weil er mir das Herz gebrochen hatte. Ich tat jedoch alles, um nicht schwach zu werden – um nicht zu vergessen, was passiert war. Es machte mich wütend, wie oft ich dabei zu versagen drohte, aber Wut war gut. Sie war besser als Sehnsucht, weil sie mich auf Abstand hielt.
»Nein«, sagte ich mit fester Stimme. »Nein, komme ich nicht.«
Am Abend beim Essen zeigte Edina wieder einmal ihr ganzes Talent zur Überraschung. Ich hatte gemeinsam mit Elliott im Ort einiges zum Grillen eingekauft und ein paar Salate dazu macgyvert, also gab es trotz Dionys’ Abgang etwas Vernünftiges zu essen, nachdem wir gestern vor allem Reste verdrückt hatten.
»Wir gehen übrigens am Samstag auf eine Party«, verkündete Edina. »Genauer gesagt, zu einem Empfang mit Champagner, Häppchen und der High Society von Korfu. Ich habe schon alles klargemacht.«
Vier Augenpaare sahen sie mehr als irritiert an, nur Lyall und Finlay aßen in aller Ruhe weiter. Entweder wussten sie bereits, was es mit diesem Empfang auf sich hatte – oder sie waren so vertraut mit Edinas Art, das Zepter zu schwingen, dass die Ankündigung sie weniger schockte als uns.
»Was für ein Empfang?«, fragte schließlich Elliott. Selbst er hatte längst einen Narren an Edina gefressen, aber jetzt schien er sich zu fragen, ob er da etwas voreilig gewesen war.
»Es ist eine Einladung von Marissa Fraser, sie ist Britin, lebt allerdings schon seit zwanzig Jahren auf der Insel und veranstaltet immer Anfang Mai, bevor die Saison beginnt, dieses Event. Jedes Jahr sammelt sie dort Spenden für verschiedene Hilfsorganisationen von hier und lädt dafür alles ein, was Rang, Namen und Geld hat.«
Bella wirkte skeptisch. »Das wird dich jetzt wundern, aber: Nichts davon trifft auf uns vier hier zu.«
Edina hob die Schultern. »Völlig egal. Der Name Henderson wird für uns alle reichen.«
»Was sollen wir dort?«, wagte ich zu fragen. Wenn die Hendersons für diese Organisation spenden wollten, war das natürlich sehr löblich, aber ich sah nicht, was das mit dem Projekt zu tun hatte.
»Ganz einfach: Es kommen nicht nur die Hoteliers, Berufserben und Jachtbesitzer, sondern auch die ganzen hohen Tiere der Behörden. Und ratet mal, wer sich dort herumtreiben wird, um zu retten, was noch zu retten ist?«
»Davidge«, folgerte Martha.
»Hundert Punkte«, sagte Edina mit anerkennendem Nicken. »Wenn wir also verhindern wollen, dass der alte Intrigant seine Baustelle wieder ans Laufen bekommt, sollten wir vor Ort sein, um das zu verhindern.«
»Woher zur Hölle weißt du das alles?« Lyall sah seine Schwester an. »Du bist gerade mal fünf Minuten hier.«
Edina hob die Nase etwas höher. »Recherche, Brüderchen. Ich mache meine Hausaufgaben. Wenn du mich engagierst, damit ich hier den Behörden in den Arsch krieche, dann informiere ich mich vorher, wie ich das am besten anstelle. Oder wie wir Davidge von diesem Arsch fernhalten.«
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sp; Finlay nickte nur. »Gute Idee. Hast du dich schon um Abendgarderobe gekümmert?«
»Bin ich Anfängerin oder was?«, fragte sie zurück, aber es klang weicher als ihre Worte vermuten ließen. »Ich habe eine Auswahl für die Mädels bestellt und Smokings für euch Jungs.«
»Moment mal, Abendgarderobe?« Bella verzog das Gesicht. »Ich glaube, ich passe. Party ist cool, aber so steifärschiges Getue mit irgendwelchen reichen Pinkeln? Da klebe ich lieber noch ein paar Tapeten.«
Ich stimmte ihr innerlich zu. Gegen schicke Klamotten und eine Party hatte ich nichts einzuwenden, diese Veranstaltung klang jedoch nicht nach Spaß, sondern nach etwas, mit dem ich mich nicht auskannte. Und ich mochte es nicht, wenn ich mich mit etwas nicht auskannte.
»Ach komm, Bella, stell dich nicht so an«, sagte Edina, als würden sie sich ewig kennen. »Wir brauchen jeden Einzelnen dort, wenn wir die Lage beherrschen wollen. Außerdem wird es höchste Zeit, dass ihr euch alle mal wieder die Haare wascht und etwas Anständiges anzieht. Samstag um 19 Uhr geht es los. Elliott, kann ich noch eins von diesen Steaks haben?«
Lyall sah mich über den Tisch hinweg an, während die anderen längst akzeptiert hatten, dass Edina jetzt der Boss war, und sie nach der Party ausfragten. Ich grinste nur schief und hob die Schultern, und er lächelte und verdrehte die Augen in Richtung seiner Schwester. Ein warmes Gefühl machte sich bei dieser schrecklich simplen Geste in mir breit, weil es sich für einen Moment so normal anfühlte, in seiner Nähe zu sein. Als würden wir nach diesem Essen runter an den Strand gehen, um allein zu sein – oder einfach direkt in mein Bett. Die Wärme wurde zu Hitze und Edinas Frage von vorhin kam mir wieder in den Sinn.
Kommst du doch in Versuchung?
Und meine Antwort.
Nein, komme ich nicht.
Was für eine dreckige Lüge.
29
Lyall
Wenn ich etwas in den 19 Jahren mit meiner Schwester gelernt hatte, dann das: Sollte Edina sich was in den Kopf gesetzt haben, steh ihr nicht im Weg oder du bereust es. Das hatte im Alter von fünf begonnen, als sie beschlossen hatte, sie wolle sich ihre Haare selbst schneiden, war in der Schule weitergegangen, als sie sich geweigert hatte, unseren Eltern die Hausaufgaben zu zeigen – und endete, zumindest für den Moment, bei einer Abendveranstaltung auf Korfu und der Teilnahme daran, die so generalstabsmäßig durchgeplant war, als wäre es ein Militärmanöver.