Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)

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Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition) Page 31

by Kiefer, Lena


  »In New York hat dich das nicht interessiert. Zumindest, bevor du dich morgens aus dem Zimmer geschlichen hast, als wäre ich irgendein One-Night-Stand für dich gewesen.«

  »Ich bin gegangen, weil New York ein verfluchter Fehler war. Das weißt du so gut wie ich.«

  »Nein, was ich weiß, ist, dass ich dich noch nie so glücklich gesehen habe wie in dieser Nacht.«

  »Ja, und was habe ich davon? Gar nichts!« Ich hörte klackernde Schritte, offenbar lief Edina auf und ab. »Es war vorher schon schlimm, aber jetzt weiß ich, wie es ist, mit dir zusammen zu sein. Wirklich zusammen zu sein.« Sie brach ab. »Und es wird nicht besser. Es kann nicht besser werden, wenn du nicht bereit bist, zu akzeptieren, dass wir keine Chance haben.«

  Für einen kurzen Moment schwiegen sie beide.

  »Ich liebe dich, Ed«, stieß Finlay dann aus. »Das geht nicht weg, nur weil du es gerne so hättest.«

  »Hör auf, das zu sagen.« Edina sagte es sehr leise. »Bitte hör auf damit, okay?«

  »Warum? Es ist die Wahrheit.«

  »Warum? Weil ich dich auch liebe, du Idiot! Aber je öfter wir es sagen, desto schwerer wird es, das endlich zu vergessen!« Ihre Stimme war erstickt, und im nächsten Moment hörte ich, wie sie in Tränen ausbrach. »Wir dürfen das nicht«, schluchzte sie. »Ich kann nicht meine Familie verlieren und du auch nicht. Was, wenn wir irgendwann anfangen, einander zu hassen? Wenn es schiefgeht? Dann haben wir niemanden mehr!«

  Auch wenn es mich nichts anging, ich konnte hier nicht stehen und dabei zuhören, wie sie litt. Wie sie beide litten. Also machte ich einen Schritt nach vorne, aber bevor sie auf mich aufmerksam werden konnten, sah ich, wie Finlay auf Edina zuging und sie in die Arme nahm.

  »Es tut mir so leid, Ed«, murmelte er, während er sie festhielt und ihr über den Kopf strich. »So unendlich leid.«

  Keiner der beiden beachtete mich und wahrscheinlich war das auch besser so. Ich nutzte den Moment und huschte an ihnen vorbei zum Ausgang. Draußen auf dem Parkplatz wartete Lyall vor dem schwarzen Jeep, den sein Cousin für die Zeit auf der Insel gemietet hatte.

  »Finlay überlässt uns das Ding für heute.« Er grinste. »Wollen wir los?«

  »Unbedingt.« Ich lächelte und warf meine Sachen auf den Rücksitz, dann stieg ich ein. Aber ich brachte es nicht fertig, meine eigene Vorfreude auf unseren gemeinsamen Tag über das zu stellen, was ich gerade mitbekommen hatte. Lyall schien es zu bemerken, denn wir waren noch nicht einmal auf der Hauptstraße, da sah er mich fragend an.

  »Was ist los? Denkst du an den Brand? Wenn es Clea war, werden die ihr das nachweisen können. Und dann wird sie merken, was sie davon hat, uns gegen sich aufzubringen.«

  »Das ist es nicht«, verneinte ich. »Die Brandstiftung ist schlimm, und ich hoffe, sie fassen Clea oder denjenigen, der es getan hat. Aber ich denke daran, dass ich gerade … ich habe unfreiwillig ein Gespräch zwischen Finlay und Edina mit angehört.« Und es hatte mich mehr berührt, als ich sagen konnte.

  »Haben sie gestritten?«, fragte Lyall in düsterem Ton.

  »Zuerst, ja. Woher weißt du das?«

  »Weil sie das immer tun, wenn sie aufeinandertreffen. Zumindest, seit der Rat im letzten Sommer seine offizielle Entscheidung gefällt hat.« Er schüttelte den Kopf.

  Ich sah ihn an. »Was bedeutet das? Du hast mir gesagt, dass sie damals Jamie aus der Familie geworfen haben, weil er diesen Skandal verursacht hat. Und Finlay und Edina wären der nächste Skandal, das ist mir auch klar. Was haben sie also getan? Vorab um Erlaubnis gebeten, damit ihnen nichts passiert, wenn das Ganze in die Presse kommt?«

  »So in der Art.« Lyall nickte, und ich sah, wie ernst sein Blick hinter der Sonnenbrille war. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder – und in mir flammte sofort die Sorge auf, er würde mir erneut etwas verschweigen. Aber bevor ich nachfragen konnte, holte er Luft. »Außerdem ist es so, dass unsere Partner vom Rat genehmigt werden müssen.«

  Ich starrte ihn an. »Was? Du willst sagen, die Familie entscheidet darüber, mit wem Finlay, Edina oder du zusammen sein dürfen?«

  »Ja. Zumindest, wenn es auf eine dauerhafte Verbindung rausläuft. Wenn einer von uns also ernsthafte Absichten hat, muss er oder sie vorher eine offizielle Anfrage stellen. Und nur, wenn der Kandidat oder die Kandidatin – so nennen sie das wirklich – in die Familie passt, gibt es grünes Licht.«

  Ich schwieg, weil ich nicht aussprechen wollte, was mir durch den Kopf ging, aber Lyall schien meine Gedanken zu lesen. Er nahm die rechte Hand vom Schaltknauf und griff nach meiner.

  »Mach dir keine Sorgen«, sagte er und lächelte. »Wir haben noch ewig Zeit dafür. Außerdem – Mum liebt dich, Moira schätzt dich und Fiona wird kein Problem sein. Sollte also der Tag kommen, wo wir beide entscheiden, es offiziell zu machen, wirst du gar nicht merken, dass wir sie überhaupt gefragt haben. Sofern eine Erlaubnis des Rates dann noch nötig ist.«

  Ich entspannte mich trotzdem nicht. »Du meinst, weil du vorher die Regeln ändern willst?«

  Er nickte nur.

  »Was passiert denn, wenn man sich jemanden aussucht, der nicht in die Familie passt?«, fragte ich. »Bei dir, nicht bei Edina und Finlay. Fahren sie dann die Jamie-Nummer?« Lyall hatte mir bei unserem Ausflug im letzten Sommer gesagt, dass er, wenn er bei seiner Mission in Kilmore versagte, nicht direkt aus der Familie geworfen wurde – sondern nur auf einen Platz im Unternehmen verzichten musste. Aber vielleicht war die Strafe bei der Wahl des falschen Partners ja härter.

  Lyall schüttelte den Kopf. »Nein, es läuft nur darauf hinaus, dass man in der Firma und im Rat nichts zu sagen hat.«

  Mehr sagte er nicht, aber ich las den Subtext – schließlich wusste ich von Edina, was der Plan war. Alle vier, Logan, Finlay, Edina und Lyall, mussten in den Rat kommen, damit sie die anderen bei der Festlegung neuer Regeln überstimmen konnten. Und das bedeutete, keiner von ihnen würde einen Partner frei wählen können, bis es so weit war.

  »Es ist echt ein Witz«, schnaubte Lyall. »Grandma hatte bei allen Beziehungen ihrer Kinder die Hände im Spiel – und keine davon ist glücklich verlaufen. Finlays Eltern, Eric und Patricia, sind zwar noch zusammen, aber die haben mehr ein geschäftliches Verhältnis als alles andere. Moira hat sich direkt, nachdem Fionas Schwester Kenna geboren wurde, von ihrem Typen getrennt, und der hat sich mit einem ordentlichen Sack Geld aus dem Staub gemacht. Jamies Freundinnen wurden allesamt abgelehnt, obwohl die echt nett und cool waren. Und meine Eltern … na ja. Das ist noch mal ein ganz eigenes Thema.« Er atmete ein. »Fakt ist, wir müssen etwas ändern. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«

  Ich sagte nichts mehr, sondern drückte seine Hand und sah dann aus dem Fenster, während ich seinen Worten nachhing. Denn so einfach, wie Lyall es darstellte, würde es nicht sein, das hatte ich im Gefühl. War ich das, was sich eine Matriarchin für die Fortführung ihres Familienimperiums vorstellte? Ich kam aus keiner bedeutsamen Familie, ich hatte meinen eigenen Kopf und passte sicher nicht in das Bild einer strebsamen Karrierefrau im Hosenanzug. Mach nicht den zehnten Schritt vor dem ersten. Ihr seid gerade erst wieder zusammen. Genieß es. Ich atmete durch und beschloss, alle Hendersons bis auf einen fürs Erste aus meinen Gedanken zu verbannen.

  Passend dazu hielt Lyall fünf Minuten später auf einem Parkplatz.

  »Wir sind da.«

  Ich hatte nur wenig auf die Umgebung geachtet und sah nun beim Aussteigen, dass wir am Meer waren – an einem schönen kleinen Jachthafen, um genau zu sein. Die Sonne schien wie in einem Prospekt auf die glatten weißen Oberflächen der Boote und das Wasser spiegelte den klaren blauen Himmel. Es war die pure Urlaubsidylle. Und ich merkte, dass ich genau das gebraucht hatte, um all die Gedanken, Sorgen und Befürchtungen, die mich befallen hatten, zu vergessen. Lyall und ich waren hier. Wir waren zusammen. Endlich.

  Die Erkenntnis traf mich mit voller Wucht, und ein unbeschreibliches Hochgefühl überflutete meinen Kopf, meinen Körper, mein Herz. Ich machte drei Schritte bis zu Lyall und umarmte ihn.

  »Woah«, stieß er aus und drückte mich fest an sich. »Wofür ist das denn?«

  Ich ließ ihn nu
r ungern los. »Ich glaube, mir ist gerade erst klargeworden, was passiert ist.«

  »Du meinst, dass wir dieses Flammeninferno überlebt haben?«, witzelte er, aber ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er genauso glücklich war wie ich.

  Ich hob trotzdem die Hand und boxte ihn leicht. »Sei nicht blöd.«

  »Also, das bin ich nun wirklich nie.« Er zog mich an sich und küsste mich neckend, bevor er seine Finger mit meinen verschränkte. »Komm, wir haben heute schließlich noch etwas vor.«

  Gemeinsam gingen wir zu einem niedrigen Gebäude, das direkt an dem kleinen Pier stand und in dem ein untersetzter Grieche zwischen Bergen aus Papier saß. Als Lyall ihm sagte, wer er war und dass sie telefoniert hatten, sprang der Mann auf, wuselte in seinem Chaos herum und holte dann einen Schlüssel aus einem Kasten sowie ein zerknittertes Formular zum Unterschreiben. Lyall zeigte ihm im Gegenzug einen Ausweis, dessen Layout mir unbekannt war, und nahm den Schlüssel entgegen. Nach der freundlichen Verabschiedung traten wir hinaus, und Lyall suchte einen bestimmten Steg, meine Hand wieder in seiner. Obwohl es nur eine kleine Geste war und für die meisten Paare völlig normal, bedeutete sie mir unendlich viel. Weil sie zeigte, dass die fürchterliche Zeit unserer Trennung vorbei war.

  »Wir fahren Boot?«, sprach ich schließlich aus, was vollkommen klar war. Spätestens, als Lyall auf eines der größeren Exemplare in diesem Hafen zuging. Er sprang über den Spalt an Deck und hielt mir die Hand hin, damit ich ihm folgen konnte. Der helle Boden unter mir schwankte leicht. Ich fragte mich, wann ich das letzte Mal auf dem Wasser gewesen war. Wahrscheinlich mit fünfzehn, bei dem Schulausflug auf dem Ärmelkanal.

  »Ich dachte, das wäre das Richtige für heute – und für uns. Es ist wie Loki, nur auf dem Meer. Wir haben also bis morgen unsere absolute Ruhe.«

  »Und du hast einen Führerschein für so was«, stellte ich amüsiert fest. »Warum überrascht mich das nicht?«

  Er grinste. »Weil ich einer dieser reichen Jungs bin, die viel Zeit auf Jachten verbringen? Es tut echt weh, dass du mich für so ein Klischee hältst.«

  »Aww, armer reicher Junge – so unverstanden«, zog ich ihn auf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann sah ich mich um.

  Das Boot – oder die Jacht – war ziemlich neu und sehr viel weniger langweilig gestaltet als gedacht. Es gab einen Außenbereich mit einer dicken Matte, auf der man sich sonnen konnte, dazu eine fest installierte Sitzgruppe mit blauen Polstern und einem Tisch, der mit Holz beplankt war. Und auch der Innenraum mit Küchenzeile, großer Couch und den dahinterliegenden Schlafräumen war mit farbenfrohen Stoffen ausgestattet, die perfekt aufeinander abgestimmt waren.

  »Moment mal«, sagte ich, nachdem ich das alles auf mich hatte wirken lassen. »Das ist doch der Style deiner Mutter.« Die Polster, die Farben, ich kannte Theodoras Handschrift mittlerweile sehr gut.

  »Erwischt.« Lyall grinste, als er neben mir in eines der gemütlichen Schlafzimmer trat. »Die Jacht gehört ihr. Sie hat sie zum Ende des Winters aus Marbella herbringen lassen, obwohl sie wusste, dass sie keine Zeit haben wird, damit zu fahren. Aber so haben jetzt immerhin wir was davon.«

  »Und vor morgen erwartet uns niemand zurück«, sagte ich, und als ich ihn anschaute, änderte sich die Stimmung zwischen uns schlagartig.

  Seit wir uns wiederhatten, verspürte ich das ständige Bedürfnis, ihn zu berühren. Ob ganz harmlos wie bei einer Umarmung oder wenn er meine Hand nahm – oder weniger harmlos wie jetzt, als ich die Arme um ihn schlang und ihn küsste. Das Bett war direkt neben uns, und wir ließen uns darauf fallen, Lyalls Finger längst auf meiner Haut, während der Kuss tiefer wurde und ich mich fragte, ob es sich jemals anders anfühlen würde, wenn wir das taten. Weniger aufregend. Weniger perfekt.

  Lautes Rufen in irgendeiner fremden Sprache unterbrach uns abrupt. Als wir aufsahen, bemerkten wir eine Gruppe Kids in teuren Klamotten, die uns durch die Öffnung zum Steg hin entdeckt hatten und das mit Johlen und Pfeifgeräuschen kommentierten.

  »Okay, wir sollten dringend aufs offene Meer raus«, sagte Lyall trocken, stand auf und zog mich mit hoch. »Da gibt es weniger Spanner.«

  »Gute Idee.« Ich glättete meine Klamotten und folgte ihm nach draußen, wo wir die Taue von den Pfeilern am Steg lösten und schließlich für die Abfahrt bereit waren. Lyall steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor, dann steuerte er die Jacht vom Liegeplatz und aus dem Hafen. Ich war neben ihm, schmiegte mich an ihn, genoss es, wie er entspannt seinen Arm um meine Schultern legte und mit der anderen Hand das Boot lenkte.

  »Wo fahren wir hin?«, fragte ich, obwohl es mir völlig egal war.

  »Es gibt ein Stück nördlich von hier eine kleine Bucht, die man nicht mit dem Auto erreichen kann, weil oberhalb steile Felsen sind. Dionys hat mir vor ein paar Wochen davon erzählt.«

  »Klingt perfekt.« Ich lächelte breit. »Also, Jack Sparrow. Bring mich an den Horizont.«

  Lyall salutierte. »Aye, Ma’am.«

  Dann drückte er den Gashebel nach vorne, und wir entflohen allem, was an Land noch auf uns zukommen würde. Dieser Tag gehörte uns.

  Uns allein.

  »Meine Güte, wie machst du das?« Schwer atmend fiel ich auf das Polster, das an Deck zum Sonnenbaden einlud, und versuchte, Luft zu bekommen. »Ich wusste, dass du gut darin bist, aber so gut? Das ist nicht normal.«

  Lyall lachte ziemlich dreckig. »Selbst schuld, wenn du auf Wettkampf machen willst, Miss Bennet. Da verstehe ich keinen Spaß.«

  »Ich dachte, Mister Darcy ist ein Gentleman«, beschwerte ich mich. »Du hättest mich ruhig gewinnen lassen können.«

  »Beim Schwimmen ? Vergiss es.« Er lachte immer noch und warf sich dann neben mich. »Außerdem hättest du mir das nie abgenommen.«

  »Hey, so schlecht bin ich nun auch wieder nicht.« Ich lachte ebenfalls. »Und es kann ja nicht jeder von uns Haifisch-Gene haben.« Ich hatte schwimmen als Kind gelernt und ging auch nicht schon bei der kleinsten Welle unter, aber gegen die Art, wie Lyall sich im Wasser bewegte, war ich die reinste Anfängerin. »Hast du das von deinem Vater? Ich habe gelesen, dass er Olympia-Schwimmer war.« Ich drückte mir die Haare aus und Wasser tropfte auf das Polster.

  Lyall verdrehte die Augen. »Ja, das ist auch irgendwie alles, was ihn auszeichnet – seine verdammte Silbermedaille. Aber er war nur selten mit mir beim Schwimmen, also ist es entweder Genetik oder ich habe unabhängig von ihm gemerkt, dass mir Bewegung im Wasser etwas gibt.«

  »Habt ihr denn Kontakt?« Ich hatte Lyall nie von seinem Vater reden hören, aber so viel Zeit hatten wir ja auch noch nicht zusammen verbracht.

  »Selten.« Er hob die Schultern. »Mein Dad ist jemand, der sich nur bei Leuten meldet, wenn er was von ihnen will. Und solange er mit irgendeiner Trulla beschäftigt ist, die mindestens zwanzig Jahre jünger ist als er, hat er kein Bedürfnis, uns zu sehen.«

  »Das ist echt schade.« Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es sein musste, sich nicht mit seinem Vater zu verstehen. Meiner war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.

  »Ja, aber es lässt sich nicht ändern.« Lyall schüttelte den Kopf. »Wenn sich Eltern trennen, hat man wohl immer den Drang, eine Seite zu wählen. Und für mich war das die meiner Mutter, obwohl sie beide gleich viel Scheiße in ihrer Ehe gebaut haben.«

  »Du meinst, er war nicht das Klischee des gutaussehenden Sportlers, der seine Frau betrügt?«, fragte ich.

  »Doch, genau das. Nur dass Mum das Gleiche gemacht hat. Er hatte seine jungen Hühner, die ihn angehimmelt haben, und sie ihre ebenso jungen Künstlertypen. Eigentlich ist es krass, wie ähnlich sie sich sind. Trotzdem haben sie es nicht hingekriegt.«

  Ich sah ihn an. »Tut dir das weh? Kein gutes Verhältnis zu deinem Dad zu haben?«

  »Manchmal, ja. Aber ich kenne es nicht anders, weil er eben noch nie viel da war. Für mich war Jamie immer mehr Dad für mich als mein eigener.«

  Als Lyall seinen Onkel erwähnte, musste ich lächeln. »Jamie fühlt sich richtig wohl bei Diane auf dem Hof. Ich glaube, er hat da ein echtes Zuhause gefunden, bis ihr wisst, wie es weitergeht.«

  »Dank dir.
Du hast ihn gerettet. Genau wie mich.« Lyall schaute mich an, und mir stockte der Atem, weil dieser Blick jede Faser in mir zum Kribbeln brachte. Aber es war nicht das Flirren, kurz bevor er mich küsste. Es war viel mehr als das.

  »Das ist nicht wahr«, widersprach ich verlegen.

  »Doch. Ist es.« Er sagte es todernst. »Ich habe dir gesagt, ich lüge dich nicht mehr an. Und wenn es etwas gibt, bei dem ich immer schon die Wahrheit gesagt habe, dann sind es meine Gefühle für dich.«

  Selbst wenn ich eine Antwort darauf gefunden hätte, es gab keine Gelegenheit für mich, sie auszusprechen. Denn im nächsten Moment beugte sich Lyall zu mir und küsste mich – und ich wusste, er meinte, was er sagte.

  Ohne jeden Zweifel.

  39

  Lyall

  Etwas später schwammen wir an den Strand der Bucht und fühlten uns ein bisschen, als wären wir auf einer einsamen Insel gelandet. Kenzie machte Witze über die Serie Lost und mutmaßte, was wohl passieren würde, wenn wir tatsächlich allein irgendwo abstürzen würden. Ich erinnerte sie an meine miserablen Jagdkünste, sie gab zu, dass es um ihre eigenen nicht besser bestellt war. Deswegen einigten wir uns darauf, lieber nicht abseits der Zivilisation zu stranden – oder nur, wenn Loki mit vollem Kühlschrank dabei war.

  Es war der unbeschwerteste Tag für mich seit dem Sommer vor Ada – und ich liebte es, wie gut, wie vollkommen ich mich in Kenzies Gegenwart fühlte. Jemand wie sie, die geben konnte, ohne auszurechnen, was sie dafür zurückbekam, war in meiner Welt nicht selbstverständlich. Und anders als in den Highlands gab es endlich keine Lügen mehr zwischen uns. Sie wusste von Ada, sie kannte die ganze Geschichte und war trotzdem bei mir und sah mich an, als gäbe es für sie nichts Wichtigeres als uns. All das zusammen mit dem Sommerwetter sorgte dafür, dass ich mein Glück nicht fassen konnte. Das Glück, dass das mit uns doch noch ein Happy End bekommen hatte.

  »Hey, Miss Bennet«, sagte ich leise. »Schläfst du etwa?« Wir lagen im warmen Sand, dicht aneinandergekuschelt. Kenzies nassen Haare kitzelten meine Schulter, als sie sich bewegte, aber sie hob nicht den Kopf.

 

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