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Don't LOVE me (Die Don't Love Me-Reihe 1) (German Edition)

Page 14

by Kiefer, Lena

»Seit seine Mutter eine der berühmtesten Innendesignerinnen der Welt ist? Und du an die UAL willst?«

  Ich starrte ihn an. »Du solltest jetzt besser gehen, Drew«, sagte ich wütend. »Wenn du ernsthaft glaubst, dass ich mit irgendjemandem ins Bett gehe, nur weil er gute Beziehungen hat, dann haben wir beide uns echt nichts mehr zu sagen.«

  »Tut mir leid, das war nicht so gemeint. Es ist nur …« Drew sank auf die Sitzbank und sah mit einem Mal sehr blass aus. Blass und besorgt. »Ich mache mir Sorgen um dich, Kenzie. Der Typ ist keiner von den Guten, okay? Wenn man sich mit ihm einlässt, dann kann das richtig übel enden.«

  Genervt stöhnte ich auf. »Ja, ich weiß. Lyall Henderson ist der Inbegriff des Bösen, er reißt nette Mädchen in den Abgrund, blabla. Das habe ich alles schon zigmal gehört. Aber ich bin keine Jungfrau in Nöten, Drew. Ich brauche euren Schutz nicht, ich kann gut selbst auf mich aufpassen.«

  »Er ist ein verdammter Psychopath, dem andere Menschen völlig egal sind!«, beharrte Drew, und bei der Betonung des Wortes Psychopath bekam ich kurz eine Gänsehaut.

  »Das ist doch totaler Quatsch«, hielt ich trotzdem dagegen. Lyall war psychisch völlig in Ordnung, das sagte mir mein Gefühl. Sicher nicht einfach, sicher nicht immer freundlich, aber geistig vollkommen gesund.

  »Ist es nicht.« Drews Stimme war plötzlich ganz leise. »Das letzte Mädchen, mit dem er zusammen war, hat man danach nie wieder gesehen.«

  Ich starrte ihn an. »Was meinst du damit?«, brachte ich heraus.

  »Glaubst du, dass ganz Kilmore ihn hasst, nur weil er jemanden abserviert hat?« Drew lachte bitter. »Nein. Vor drei Jahren, da … ist dieses Mädchen verschwunden. Lyall war in dem Sommer mit ihr zusammen, bevor sie als vermisst gemeldet wurde. Deswegen sind alle so. Weil wir wissen, dass er etwas damit zu tun hat. Auch wenn wir es nicht beweisen können.«

  Ich versuchte seine Worte zu verdauen. »Ihr denkt, er hat ihr … etwas angetan?« Ein kalter Schauder wanderte über meinen Rücken, genau an der Stelle, wo Lyall mich vor fünf Minuten noch berührt hatte.

  »Denk doch mal nach«, beschwor mich Drew. »Ein nettes, normales Mädchen verliebt sich in einen reichen Typen, der eigentlich nicht ihre Liga ist, sich aber komischerweise trotzdem für sie interessiert. Eine kurze Weile geht alles gut, aber bald fangen sie an, viel zu streiten, er betrügt sie, sie will ihn trotzdem nicht aufgeben – und eines Tages, nach einem richtig üblen Krach, verschwindet sie spurlos. Wie sieht das für dich aus?«

  Ich schüttelte den Kopf und stemmte mich gegen das, was Drews Worte in mir auslösten. »Das kann hunderttausend Gründe haben. Vielleicht war es ihr hier in der Provinz zu langweilig, vielleicht hat sie jemand anderen kennengelernt und ist mit ihm durchgebrannt. Für mich klingt das nach Kleinstadtgewäsch. Wieso machst du dabei mit?«

  »Weil ich sie kannte!«, fuhr Drew mich an. »Ich kannte sie, und ich weiß, dass sie nicht von hier wegwollte. Im Gegenteil, sie war gerne in Kilmore, sie kam aus Pitlochry und wollte hierherziehen, wenn sie erst genug Geld für eine Wohnung zusammen hätte. Und sie war furchtbar in Lyall verliebt, während der sie nur wie Dreck behandelt hat.« Er holte Luft. »Warum verteidigst du diesen Mistkerl? Du hast mir selbst gesagt, dass er unmöglich über dich geredet hat, als ihr euch das erste Mal begegnet seid.«

  »Das ist meine Angelegenheit.« Seit heute hatte ich eine Ahnung, wieso er sich mir gegenüber so benahm, wenn andere Leute dabei waren. Und es hatte nichts damit zu tun, dass er ein schlechter Mensch war. Woran ich einfach nicht glauben wollte, schon gar nicht nach dem, was vorhin zwischen uns passiert war. »Gibt es eigentlich Beweise für deine Anschuldigungen? Irgendetwas, das bestätigt, dass Lyall mit ihrem Verschwinden zu tun hat?«

  Drew sah mich unglücklich an. »Ich habe keine Beweise. Niemand hier hat welche. Dafür haben die Hendersons gesorgt.«

  »Du meinst, die Familie hat etwas vertuscht? Bist du jetzt auch noch Verschwörungstheoretiker?«

  »Kenzie, mach die Augen auf! Die Hendersons sind nicht nur eine der einflussreichsten Familien der Welt, sie sind auch für Kilmore unwahrscheinlich wichtig. Niemand hier darf es sich mit ihnen verscherzen. Ich dürfte dir eigentlich nicht einmal etwas darüber sagen, aber ich kann nicht zulassen, dass du die Nächste bist.« Ich konnte erkennen, dass Drew glaubte, was er sagte, und dass er mich um jeden Preis vor Lyall beschützen wollte. Aber wollte ich es auch glauben? Jetzt, wo ich deutlich merkte, dass ich drauf und dran war, Lyall Henderson näher an mich heranzulassen? Wo ich spürte, wie gefährlich er tatsächlich war, aber auf völlig andere Art, als Drew meinte?

  Es hatte mich völlig überrollt – dieses Verlangen danach, ihm die Klamotten herunterzureißen und mit ihm Sachen zu machen, die sonst erst nach ein paar Dates und sehr viel mehr Kennenlernen angesagt waren. Ich war nicht unerfahren, was Sex anging, schließlich hatte ich in den letzten Jahren zwei Beziehungen gehabt. Und es war gut gewesen, mit Arthur und später mit Miles, ich hatte gedacht, so fühlt sich Leidenschaft an. Aber seit heute wusste ich: Das war der größte Irrtum aller Zeiten.

  »Bitte, du musst mir vertrauen«, sagte Drew eindringlich. »Lyall Henderson benutzt Frauen wie die Handtücher des Grand und wirft sie dann auf den Müll. Bei der anderen hat es genauso angefangen wie bei dir. Er sucht nicht mehr nach denen, die sich ihm eh an den Hals werfen, sondern ist auf jemanden aus, der nicht so leicht zu haben ist. Sonst ist es keine Herausforderung für ihn. Dann zieht er seine komplette Heiß-Kalt-Show ab, ist mal abweisend, dann wieder charmant, gibt dir das Gefühl, dass er sich nicht von dir fernhalten kann … und sobald du dann ein paarmal mit ihm schläfst, serviert er dich ab. Nur nicht auf normale Art. Er nimmt alles, was du ihm bis dahin anvertraut hast, und macht dich damit richtig fertig. Ada hat das nicht stillschweigend hingenommen und am gleichen Abend ist sie verschwunden. Und weißt du, wer zuletzt mit ihr gesehen wurde? Lyall.« Drew holte Luft. »Er hat einen Psycho-Knacks, Kenzie, auch wenn er es sehr gut versteckt. Lass dich von ihm nicht blenden.«

  Ich starrte Drew an, während seine Worte in mein Bewusstsein sickerten. Konnte es sein, dass Lyall wirklich der Teufel war, wie alle behaupteten? Sein Wechsel vom arroganten Snob zum normalen netten Kerl, war das etwa Ausdruck eines gestörten Geistes? Nein, er hatte das nur gemacht, damit niemand dachte, er hätte Interesse an mir. Ja, aber warum hat er das?, gab eine zweifelnde Stimme in meinem Kopf zu bedenken. Warum interessiert er sich ausgerechnet für dich? Du passt doch gar nicht zu einem Typen wie ihm. »Wer war sie?«, fragte ich, weil ich mich in meinen Gedanken verhedderte. »Dieses Mädchen, das verschwunden ist?«

  »Sie hieß Ada Warner, aber mehr kann ich dir dazu nicht sagen. Meine Mum ist auf den Auftrag bei den Hendersons angewiesen. Ich will nicht, dass sie Ärger bekommt.«

  Ich schwieg und meine Gedanken rannten weiter, ich suchte Parallelen zu meinen Begegnungen mit Lyall … und wurde fündig. Ich war schließlich keine Frau, der Schlaf mit mir und vergiss mich danach auf die Stirn geschrieben stand. Und sein widersprüchliches Verhalten war exakt das, was Drew beschrieben hatte. Wir hatten diesen Moment im Supermarkt gehabt, er hatte mich danach auf Abstand gehalten, wieder an sich herangelassen, wir hatten gestritten, er hatte mir erklärt, warum er sich so verhielt … und mich dann geküsst. Etwas, das allein bei der Erinnerung daran erneut meine Knie weich werden ließ. Nur dass es jetzt kein angenehmes Gefühl mehr war.

  Was wusste ich schon über Lyall? Über das, was er im Sinn hatte? Ich war sicher gewesen, dass wir das Gleiche fühlten, diese unglaubliche Anziehung zwischen uns, die sich auch mit viel Willenskraft nicht in Schach halten ließ. Aber alles, was Drew gesagt hatte, warf auf Lyall ein völlig anderes Licht, das verdammt grell war und mir Angst machte. Angst, dass meine Menschenkenntnis mich bei ihm im Stich ließ.

  »Versprich mir, dass du dich nicht auf ihn einlässt, Kenzie«, beschwor mich Drew. »Ich weiß, dass du echt tough bist, sonst hättest du den Tod deiner Mum niemals so gut weggesteckt. Aber Ada … die war auch tough. Und deswegen glaub mir: Er kann sogar dich zerstören. Bitte gib ihm keine Gelegenheit dazu.«

  Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte, also nickte ich. »Oka
y«, brachte ich heraus.

  Dabei war rein gar nichts okay.

  14

  Lyall

  Eine kalte Dusche. Das war es, was ich jetzt brauchte. Zumindest versuchte ich an nichts anderes zu denken, während ich draußen vor dem Camper meine Schuhe anzog und dann mein Shirt vom Boden aufsammelte. Trotzdem drängten sich die Bilder in meinen Kopf, die Erinnerung daran, wie ich Kenzie geküsst hatte und sie mich. Wie in mir endgültig etwas aufgewacht war, von dem ich vergessen hatte, dass es da war – ein Verlangen, das so viel weiter ging als alles, was ich kannte. Ich wollte nichts anderes als wieder da reingehen, Drew hochkant rauswerfen und verdammt noch mal zu Ende bringen, womit Kenzie und ich angefangen hatten. Egal, ob es die schlechte Idee des Jahrhunderts war, egal, was es für Folgen hatte. In diesem Moment wollte ich nur sie. Und es hätte mir eine Scheißangst machen müssen, dass dieses Mädchen mich in kürzester Zeit an den Punkt gebracht hatte, alles aufs Spiel zu setzen. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich hatte mich seit Ewigkeiten nicht so gut gefühlt wie jetzt.

  Zumindest, bis ich Drews Stimme durch das geöffnete Fenster hörte.

  »Ich mache mir Sorgen um dich, Kenzie. Der Typ ist keiner von den Guten, okay? Wenn man sich mit ihm einlässt, dann kann das richtig übel enden.«

  »Ja, ich weiß«, sagte sie genervt. »Lyall Henderson ist der Inbegriff des Bösen, er reißt Mädchen in den Abgrund, blabla. Das habe ich alles schon zigmal gehört. Aber ich bin keine Jungfrau in Nöten, Drew. Ich brauche euren Schutz nicht, ich kann sehr gut auf mich aufpassen.«

  Was sie sagte, entlockte mir ein Lächeln – und das Gefühl in meinem Bauch wurde stärker. Aber es blieb nicht lange.

  »Er ist ein verdammter Psychopath, dem andere Menschen völlig egal sind!«

  Drews Worte waren wie ein eiskalter Schwall Wasser. Mein Magen zog sich zusammen und das gute Gefühl verschwand. Das dachten die Leute also über mich, nicht nur Delaney. Sie hielten mich für psychisch gestört, für nicht ganz richtig im Kopf. Weil ich diesen einen Fehler gemacht hatte.

  »Junger Mann?«, lenkte mich eine Stimme von der Nebenparzelle ab. »Was machen Sie denn da?« Ein weißhaariger Rentner spähte mit strengem Blick über die Hecke.

  »Ich habe nur etwas gesucht.« Zum Beweis hielt ich das nasse Shirt hoch. Am liebsten hätte ich es nach dem Wohnmobilrentner geworfen, weil ich seinetwegen Kenzies Antwort nicht gehört hatte. Aber stattdessen lächelte ich freundlich.

  Er blieb skeptisch. »Wir Camper passen aufeinander auf. Wenn Sie also der netten jungen Dame dort drüben nachsteigen, dann habe ich ein Auge auf Sie.«

  Fast hätte ich gelacht. »Stellen Sie sich hinten an«, sagte ich jedoch nur trocken, ließ ihn stehen und machte mich auf den Weg zum Hotel. Mit Kenzie konnte ich jetzt eh nicht reden. Ich musste es später noch mal versuchen oder irgendwie an ihre Nummer kommen. Auch wenn sie mir nach Drews Vortrag nicht mehr zuhören wollte, ich konnte es nicht dabei belassen. Ach, und was dann? Du kennst die Regeln. Du darfst mit keinem Mädchen hier etwas anfangen.

  »Scheiß doch auf die Regeln«, murmelte ich, obwohl ich es besser wusste. Aber ich ertrug den Gedanken nicht, dass dieser Kuss alles gewesen sein sollte. Dass wir nicht mehr voneinander bekommen würden als das.

  Das Treppenhaus war wie immer leer, als ich nach oben lief. Meine Suite jedoch nicht. Auf dem Sessel im Wohnbereich fläzte sich ein blonder, grinsender Kerl in meinem Alter. Perplex blieb ich stehen.

  »Hey, King Lye«, sagte mein Gast und setzte sich auf. »Na, wie läuft deine Rehabilitation?«

  »Mäßig«, antwortete ich.

  »Ja, ich hörte davon. Deswegen bin ich hier.«

  »Im Ernst?« Ich grinste schief. »Solltest du nicht in New York sein? Wie läuft dein Praktikum?«

  »Schlechter als deine Rehabilitation, glaub mir. Diese Kanzlei sollte nicht Louis, Harvey & Smith heißen, sondern Lahmarschig, Humorlos & Schnarchnasig. Deswegen bin ich da auch weg.« Er lachte. »Aber was soll’s. Wenn ich ein Praktikum schmeiße, interessiert das keine Sau. Das ist schließlich das einzige Privileg, was wir den Mädels in der Familie gegenüber haben.«

  Eigentlich hätte ich ihm jetzt eine Standpauke halten müssen, dass er sich gefälligst mehr anstrengen sollte, damit er in zwei Jahren seinen Platz am Tisch und damit eine Stimme im Familienrat bekam. Aber ich sparte es mir. Jeder wusste, dass dieser Kerl mit einem Lächeln alles bekommen konnte und im Gegensatz zu mir eine weiße Weste hatte. Grandma hielt ihn für harmlos und würde ihm den Zugang nicht verwehren, egal ob er ein Praktikum durchzog oder nicht.

  Außerdem hasste ich es, ihm die Meinung zu geigen. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich kaum einen Menschen mehr mochte als Finlay Henderson, meinen Cousin und besten Freund in Personalunion. Als er jetzt aufstand und mich zur Begrüßung umarmte, fühlte es sich an, als gäbe es doch so etwas wie einen Gott – und als hasste er mich weniger als gedacht.

  »Woher weißt du eigentlich, wie es hier läuft?«, rief ich kurz darauf ins Wohnzimmer hinüber, während ich frische Sachen aus dem Schrank kramte. Finlay und ich hatten schließlich kaum Kontakt gehabt, seit ich hier war.

  »Von Edina«, antwortete er und kam mir nach, lehnte sich gegen den Türrahmen. »Sie hat mich angerufen und gesagt, du brauchst dringend Schützenhilfe. Ich kann nicht lange bleiben, du weißt schon, wegen Grandma. Aber ein paar Tage sind erlaubt, meinte Edie. Sie hat das geregelt.«

  »Ihr habt gesprochen?« Ich sah Finlay an. »Alles okay?«

  Er hob die Schultern. »Sicher. Was haben wir auch für eine Wahl?« Kurz huschte Dunkelheit über sein Gesicht, dann knipste er die Lampe wieder an. »Jedenfalls meinte sie, du musst hier mal raus. Irgendwohin, wo man dich nicht kennt oder zumindest nicht für die Ausgeburt Satans hält.«

  Die Fürsorge meiner Schwester ließ mich lächeln. »Ja, das klingt ganz nach ihr.« Ich warf eine dunkle Jeans und ein schwarzes Shirt aufs Bett. Als ich jedoch den Pullover über den Kopf zog, kam der Gedanke an Kenzie zurück und der Hauch guter Laune löste sich in Luft auf.

  Meinem Cousin entging das nicht. »Alter, was ist? Sag bitte nicht, dass es hier wirklich ein Mädchen gibt, das dich in Gefahr bringt. Ich dachte, das wäre ein Witz von Edie.«

  Auch das hatte meine Schwester offenbar nicht verschwiegen, dabei hatte ich ihr eigentlich gar nichts gesagt. Das hatte man davon, wenn es Menschen gab, die einen so gut kannten. Ich schüttelte den Kopf. »Da ist kein Mädchen.«

  »Lye, erzähl mir keinen Mist, okay?« Finlay sah mit einem Mal sehr ernst aus. »Du vergisst, mit wem du hier redest. Dass ich dich besser kenne als du dich selbst – und es mich trotzdem nicht daran hindert, mein Praktikum zu schmeißen und aus New York herzufliegen, weil du einen Freund brauchst. Ich liebe dich, Mann. Du musst mich nicht anlügen.«

  »Du wolltest dieses Praktikum schmeißen, Fin.« Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu.

  »Richtig. Aber für niemanden hätte ich es lieber getan als für dich. Dafür schuldest du mir ein paar Runden in einem Pub deiner Wahl. Und die Wahrheit.«

  »Ich habe diese Sache im Griff«, sagte ich und wusste, es war gelogen. Mein Körper hatte auf Kenzies Berührungen reagiert, als hätte ich jahrelang überhaupt keine Frau geküsst, geschweige denn mehr. Ich war weit davon entfernt, diese Sache im Griff zu haben. Ungefähr so weit, wie Finlay für mich geflogen war.

  Ich atmete aus und gab nach. »Sie ist nicht von hier, sie kennt die Geschichte nicht. Oder kannte sie nicht, denn McCoy hat sie ihr heute sicher auf die Nase gebunden, nachdem er mich bei ihr erwischt hat.«

  Finlays Augen weiteten sich. »Er hat dich bei ihr erwischt ? Alter, du bist gerade mal zwei Wochen hier! Hast du so viel Bock darauf, dir alles zu versauen, dass du ihn nicht einmal vierzehn Tage in der Hose lassen kannst?«

  »Ich habe nicht mit ihr geschlafen«, widersprach ich.

  »Aber du willst mit ihr schlafen«, stellte er fest.

  Gott, ja. »Das tut nichts zur Sache. Es wird nicht passieren.«

  »Warum, weil sie dich nicht will?« Finlay hob eine Braue. »Wenn das so ist, dann muss ich sie kennenlernen. Niemand hätte mehr damit gerechnet, dass eine Fr
au existiert, die dich verschmäht. Das ist eine Sensation. Ich sollte eine Familien-Rundmail schreiben.«

  »Wehe.« Es klopfte an der Tür der Suite und ich blieb Finlay eine längere Antwort schuldig. Isla stand davor und hielt einen gefalteten Zettel in ihrer Hand.

  »Eine Nachricht für Sie.« Mit missbilligender Miene sah sie auf meinen nackten Oberkörper.

  »Von wem?«

  »Das weiß ich nicht. Sie wurde in Ihr Fach gelegt, während ich nicht an der Rezeption war.«

  »Okay. Danke.« Ich schloss die Tür, klappte den Zettel mit einem mulmigen Gefühl im Magen auf und begann zu lesen. Mit jedem Wort wurde ich wütender.

  Das ist eine Warnung. Ich weiß mehr über Ada als die meisten anderen in der Stadt. Wenn du Kenzie Stayton nicht in Ruhe lässt, werde ich ein paar Leuten stecken, was du getan hast. Vielleicht sogar der Presse. Also sorg dafür, dass sie dich vergisst. Oder du hast ein Problem.

  Finlay trat neben mich und las mit. Wir hatten uns in Eton ein Zimmer geteilt und kannten seitdem so etwas wie Privatsphäre nicht mehr. »Ich rufe Zara an«, sagte er sofort und nahm mir den Zettel aus der Hand. Zara McLean war die Frau, die in der Henderson Group für die schmutzige Wäsche zuständig war. Wenn jemand von uns ein Problem hatte, das eine unkonventionelle und vielleicht nur halb legale Lösung brauchte, dann rief man Zara an. Aber in diesem Fall war das nicht nötig.

  »Nein, wirst du nicht.« Ich holte mir die Nachricht zurück und riss sie in kleine Fetzchen, bevor ich sie in den Papierkorb beförderte.

  »Bist du verrückt?«, fragte Finlay. »Jemand droht dir, der Presse etwas über Ada zu verraten. Was meinst du, was passiert, wenn das rauskommt? Zara muss checken, von wem diese Nachricht kommt.«

  »Das muss sie nicht. Ich weiß, von wem sie ist.«

  Finlay besah sich das zerfetzte Papier im Müll. »Und?«

  »Drew McCoy. Er war mit Ada befreundet und hat sich über die Jahre sicher einiges zusammengereimt. Außerdem kennt er Kenzie wohl schon länger und will sie beschützen.« Dafür wollte ich ihm am liebsten eine reinhauen, aber Zara war nicht die Richtige, um dieses Problem zu lösen.

 

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