Don't LOVE me (Die Don't Love Me-Reihe 1) (German Edition)
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»Du bist ein grauenhafter Lügner.« Ich lächelte, um mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr es mich geängstigt hatte, ihn da liegen zu sehen. Wie sehr es mich immer noch ängstigte, nicht zu wissen, ob er stärker verletzt war als auf den ersten Blick sichtbar. Was, wenn es viel schlimmer war? Wenn ihm ernsthaft etwas passierte? Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen schossen. »Es tut mir leid«, sagte ich leise. »Es tut mir so leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich wollte nicht –«
»Da hinten sind sie!«, unterbrach mich Amys Ruf, und nur ein paar Sekunden später war sie mit Drew und Tamhas bei uns.
Es war so, wie sie gesagt hatte: Keiner der beiden Jungs verlor ein Wort über ihre Abneigung gegen Lyall. Stattdessen fragte Drew ein paar Sachen ab – wo er Schmerzen habe, wo die ihn getroffen hätten, ob ihm schwindlig oder schlecht sei – bevor er mit uns gemeinsam Lyall aufhalf und ihn stützte, bis wir am Hotel angekommen waren.
An der Rezeption vorbeizukommen war kein Problem, weil Amy mal in den Weihnachtsferien im Grand gearbeitet hatte und deswegen wusste, wie man durch den Personaleingang kam. Tamhas und Drew warteten mit Lyall im Schatten, bis wir meldeten, dass die Luft bis zum Aufzug rein war. Dann noch durch den Gang bis zu seiner Suite und wir hatten es geschafft.
»Wir legen ihn am besten aufs Bett.« Drew half mir, Lyall bis ins Schlafzimmer zu bringen, und ich sorgte dafür, dass er sich hinlegte. Beunruhigt sah ich in sein Gesicht, das unter dem Blut leichenblass war. Er hatte das Bewusstsein auf dem Weg nicht wieder verloren, aber jetzt wirkte er, als würde er jeden Moment erneut wegdriften. Sanft strich ich ihm über die Wange, es schien ihm jedoch Schmerzen zu verursachen, deswegen nahm ich die Hand wieder weg.
»Kenzie?« Amy holte mich aus meiner Sorge. »Kannst du im Bad ein Tuch nass machen? Wir müssen das Blut wegwischen.«
»Ja, mache ich.« Ich löste meinen Blick von Lyall und ging nach nebenan in das unanständig riesige Badezimmer. Auf dem Vorsprung neben den Fläschchen mit Duschgel und Shampoo lag ein Stapel kleiner Handtücher. Ich griff mit zittrigen Händen danach, tränkte eines mit warmem Wasser und nahm ein zweites trocken mit.
Als ich ins Schlafzimmer zurückkam, öffnete Amy gerade vorsichtig Lyalls Weste und danach sein Hemd, dann tastete sie seinen Brustkorb und den Rest seines Oberkörpers ab. Lyall atmete scharf ein, als sie seine Schulter befühlte und den Arm etwas bewegte. Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und wollte ihm das Blut aus dem Gesicht waschen. Aber er nahm mir das Tuch aus der Hand. »Ich schaffe das schon selbst«, murmelte er, so als wäre es unerträglich für ihn, wenn ich ihn berührte.
Ich erhob mich und trat ein paar Schritte zurück, da kam Tamhas herein und gab Drew einen Koffer. »Hier, aus deinem Auto.« Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er weg gewesen war.
»Danke, Mann.« Drew klappte den Deckel auf, und ich sah, dass es ein professionell bestückter Notfallkoffer war. Irgendwie beruhigte mich das ein bisschen. Amy und er wussten, was sie taten, oder? Sie würden ihm helfen.
»Drew?« Amy sah zu ihm hoch. »Sag mir, was du davon hältst.« Sie zeigte ihm die Stelle an Lyalls Schulter, wo er zusammengezuckt war, als sie ihn abgetastet hatte. Drew wiederholte das nun ebenso vorsichtig wie sie, aber Lyall stöhnte trotzdem durch seine zusammengepressten Zähne. Der Laut reizte jeden Nerv in meinem Körper, als wären es meine eigenen Schmerzen.
»Geprellt, nicht gebrochen«, war Drews Diagnose.
»Ja. Sehe ich auch so.« Amy nickte und desinfizierte die Platzwunde an der Augenbraue, um zwei Klammerpflaster draufzukleben. Danach richtete sie sich auf und sah Lyall an. »Du könntest trotzdem innere Verletzungen haben, die man nur auf einem CT erkennen kann. Es ist extrem leichtsinnig, nicht ins Community Hospital zu gehen, um dich durchchecken zu lassen.«
»Ist zur Kenntnis genommen«, sagte er, und es war klar, dass er bei seiner Meinung bleiben und sich nicht im Krankenhaus untersuchen lassen würde. »Danke, euch allen dreien. Ich weiß, dass ihr mir nicht helfen müsstet.«
»Doch«, widersprach Drew. »Wir helfen jedem, wenn es nötig ist. Sogar dir.« Er nahm etwas aus seinem Koffer und trat neben Lyall ans Bett. »Es sieht so aus, als hättest du Glück gehabt – die Rippen sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gebrochen und die Platzwunde an der Augenbraue wird dir höchstens eine Narbe bescheren. Du kannst ein paar Ibuprofen einwerfen, wenn die Schmerzen zu schlimm werden.« Drew gab ihm eine Blisterverpackung mit Tabletten und sah dann mich an. »Es muss aber unbedingt jemand über Nacht bei ihm bleiben. Falls ihm übel wird, er stärkere oder andere Schmerzen hat als bisher, muss er sofort professionell versorgt werden.« Sein Blick sagte mir, dass besser nicht ich diesen Job übernehmen sollte.
»Ich werde sehen, ob ich Edina oder Finlay erreichen kann, und bleibe solange hier«, sagte ich. Das war wohl das Beste für uns beide.
»Gut, dann gehen wir jetzt.« Drew lächelte mir zu und nahm seinen Koffer. Ich sah die Sorge in seinem Gesicht, aber er schien zu ahnen, dass er mich nicht überzeugen konnte, mitzukommen. »Wenn etwas ist – Krankenhaus, okay?« Er sah Lyall so streng an, dass der sogar nickte und sich noch einmal bedankte. Drews letzter Blick galt jedoch mir. »Wir sehen uns morgen, Kenzie.« Dann zog er die Tür der Suite hinter Amy, Tamhas und sich zu.
Und ich blieb mit Lyall allein.
37
Lyall
Die Stille zwischen Kenzie und mir war schlimmer als das dumpfe Pochen in meiner Schläfe oder der hämmernde Schmerz in der Schulter. Drew hatte zwar recht, ich hatte Glück gehabt. Warum auch immer Freddie und seine Freunde von mir abgelassen hatten … ich war glimpflich davongekommen. Aber ich spürte keine Erleichterung deswegen.
»Kannst du mir Edinas oder Finlays Nummer geben?«, fragte Kenzie mich. Sie stand zwischen Bett und Fenster, ihr Telefon in der Hand. Obwohl mein Körper an jeder Ecke schmerzte, bemerkte ich, wie unglaublich heiß sie in diesem Schottenrock aussah. Bis mir auffiel, dass sie eine Frage gestellt hatte.
»Ich rufe sie selbst an«, sagte ich und griff nach den Schmerztabletten auf dem Nachttisch, um zwei davon zu nehmen. »Du kannst ruhig gehen.«
»Dann warte ich, bis einer von ihnen da ist.«
»Nicht nötig.«
»Drew hat gesagt –«
»Ich weiß, was Drew gesagt hat«, unterbrach ich sie schroff. »Es ist das, was jeder Arzt in so einer Situation rät. Aber ich kenne meinen Körper und weiß, wann es ernst ist. Das hier sind nur Kratzer.« Ich setzte mich auf und zog umständlich die Weste und das blutverschmierte Hemd aus. »Alles, was ich brauche, sind frische Klamotten und eine Dusche. Du musst mich nicht babysitten.«
Ich stand auf und wollte zum Schrank, da wurde mir plötzlich schwindelig und dann auch schwarz vor Augen. Blitzschnell war Kenzie neben mir und packte mich an den Armen.
»Nur Kratzer, hm?«, sagte sie verärgert, während mein Kreislauf wieder ansprang. »Völlig egal, was du erzählst, ich lasse dich in dem Zustand nicht alleine. Also rufst du entweder jemanden an oder ich bleibe hier.«
Sie war mir so nah in diesem Moment, und obwohl ich immer noch gegen den Schwindel kämpfte, war mir das sehr bewusst – und Kenzie auch, das sah ich ihr an. Aber bevor die Spannung zwischen uns kritische Werte erreichen konnte, ließ ich mich wieder aufs Bett sinken.
»Ich will nicht, dass jemand aus der Familie etwas davon mitbekommt«, sagte ich.
Sie setzte sich auf den Sessel neben meinem Bett. »Warum, weil das Ärger gibt? Wer waren diese Typen, die dich zusammengeschlagen haben? Kanntest du sie?«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wer es war«, log ich. »Wahrscheinlich haben ein paar Leute aus Kilmore im Suff ihre Chance genutzt, mich allein zu erwischen.« Wenn ich Kenzie sagte, dass ich Adas Bruder Freddie sehr wohl erkannt hatte, würde sie mich drängen, zur Polizei zu gehen und ihn anzuzeigen. Und warum ich das nicht tun konnte, wollte ich ihr nicht erklären.
»Zum Glück waren sie nicht darauf gefasst, gestört zu werden.« Sie zupfte an dem Pullover von mir herum, der auf der Sessellehne neben ihr lag.
»Was meinst du damit?« Fragend sah ich sie an.
»Ganz einfach: Ich habe sie angeschrien und da
mit in die Flucht geschlagen.«
»Du hast sie vertrieben? Allein?« Wieder fuhr mir Angst in die Knochen. Freddies Mission war völlig klar gewesen, und er hätte genauso gut Kenzie etwas antun können. Sie hatte keine Ahnung, wie sehr sie in Gefahr gewesen war. Oder dass sie mir das Leben gerettet hatte.
»Ich kann sehr Furcht einflößend sein, frag meine Schwestern.« Sie hob lächelnd die Schultern, und ich spürte, wie Zuneigung mein Herz flutete. Diese Frau war wirklich unglaublich in jeder Hinsicht. Aber ich war zu verliebt in sie, um ihr das zu sagen.
»Das stimmt«, sagte ich stattdessen und konnte nicht verhindern, dass es bitter klang. »Wenn du jemanden abservierst, machst du das nicht gerade sanft.«
Kenzie senkte den Blick. »Es tut mir leid, Lyall.«
»Das muss es nicht«, antwortete ich. »Es war nicht sonderlich sensibel, wie du es beendet hast, aber es war dein gutes Recht, es zu tun.«
Sie atmete ein, Tränen stiegen ihr in die Augen, und ihre Nasenflügel weiteten sich, als wolle sie um jeden Preis verhindern, loszuheulen. Und dann war da dieser Blick, so traurig und verzweifelt, dass es mir das Herz brach. Aber im nächsten Moment stand sie auf und wandte sich ab, ging zum Fenster. Ich sah ihre Schultern beben und hasste es, dass ich nicht aufstehen konnte, ohne einen Zusammenbruch zu riskieren.
»Kenzie?« Ich brachte mich immerhin in eine halbwegs aufrechte Position und ignorierte den Schwindel. »Wenn ich irgendetwas gesagt habe, das –«
»Sei still, Lyall!« Sie drehte sich um. »Du hast nichts falsch gemacht, verstehst du das nicht?« Sie presste die Lippen aufeinander, und als sie mir für einen Moment in die Augen sah, bemerkte ich, dass sie das die ganze Zeit über vermieden hatte. Ich hatte gedacht, es läge daran, dass es ihr unangenehm war. Aber was ich jetzt sah, war keine Befangenheit oder ein schlechtes Gewissen. Es war Sehnsucht . So schlicht und klar, dass der Frust in mir überkochte.
»Dann erklär es mir, zum Teufel noch mal!«, rief ich, weil ich es einfach nicht verstand. »Wieso stehst du hier und weinst, obwohl du das mit uns beendet hast?!«
»Weil ich es nie beenden wollte!«, platzte es aus ihr heraus.
Ich starrte sie an.
»Was?«, fragte ich leise.
»Ich wollte das nicht! Ich wollte dir nicht sagen müssen, dass aus uns nichts wird! Im Gegenteil: Du bist alles, was ich je wollte!« Sie ballte die Fäuste. »Aber ich hatte keine Wahl. Verdammt noch mal, es ging um dein ganzes weiteres Leben! Wie hätte ich mich da weigern können?«
Mir kam ein grauenhafter Verdacht. »Bei was weigern?«
Kenzie schlang die Arme um ihren Körper. »Du würdest zu viel verlieren, wenn du mit mir zusammen bist. Deine Zukunft, deine Familie … alles. Und da konnte ich doch nicht … ich konnte nicht so egoistisch sein und an mich denken, verstehst du?«
Und plötzlich tat ich genau das. Mit einem Mal verstand ich ihr Verhalten in den letzten Tagen und auch die Wahl ihrer Gründe, als sie gesagt hatte, sie hätte keine Gefühle für mich. Sie hatte das genommen, was mir am meisten wehtat, damit ich gar nicht erst auf die Idee kam, sie deswegen zur Rede zu stellen. Wie hatte ich so dämlich sein und das nicht bemerken können? Ich war seit fast 22 Jahren ein Henderson. Ich wusste, was es bedeutete, ein Teil dieser Familie zu sein.
»Wer?«, fragte ich und konnte meine Wut kaum zurückhalten. »Wer hat dich dazu gezwungen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Niemand hat mich gezwungen. Edina war bei mir und hat –«
»Edina?«
»Sie hat es nur gut gemeint«, sagte Kenzie hastig. »Deine Schwester hat mir erzählt, was du vorhast mit dem Rat und dass du deinen Aufenthalt hier in Kilmore nicht versauen darfst. Und dass es das in Gefahr bringt, wenn wir beide … du weißt schon.« Sie zögerte, und ich wusste, das war nicht alles.
»Was noch?« Ich fragte es leise, weil ich nicht wusste, ob ich es wissen wollte.
»Das kann ich dir nicht sagen. Du würdest was Dummes machen, wenn du es wüsstest.«
»Ich kann gerade nicht einmal aufstehen«, erinnerte ich sie. »Also besteht kein Risiko, dass ich losziehe und jemanden erwürge, wenn du es mir verrätst.«
Sie holte Luft, nur halb überzeugt. Aber dann sprach sie doch. »Wenn du deine Auflagen hier verletzt, bleibt dir nicht nur der Platz im Rat verwehrt. Sie werden dich ganz aus der Familie werfen, so wie Jamie. Edina hat das rausbekommen und mich deswegen gebeten, das mit uns zu beenden. Damit du dich nicht entscheiden musst. Und damit du in Sicherheit bist.«
Ich schluckte und wusste darauf nichts zu antworten. Fassungslos sah ich Kenzie an, die immer noch vor dem Bett stand, Tränen im Gesicht und Schuldgefühle im Blick. Und ich begriff, was sie da für mich auf sich genommen hatte.
»Dann … war nichts davon wahr?«, fragte ich. »Von allem, was du gesagt hast?«
Sie schüttelte nur den Kopf, und in diesem Moment aus Kummer und Verzweiflung wusste ich mit absoluter Gewissheit, dass es etwas gab, das stärker war als alle Intrigen dieser Welt: nämlich das zwischen uns. Alles war genau so echt und großartig gewesen, wie ich es gefühlt hatte. Wie wir es immer noch fühlten.
Ich stand auf, diesmal hielt das Adrenalin den Schwindel in Schach, und mit wenigen Schritten war ich bei Kenzie. Ich schloss sie endlich wieder in die Arme, drückte sie fest an mich, ignorierte den Schmerz, der mir dabei durch die Schulter fuhr. Er war nichts gegen das, was wir hinter uns hatten. »Es tut mir leid. So unendlich leid.« Ich wusste, dass Edina nur mein Bestes im Sinn gehabt hatte. Dass sie mich hatte beschützen wollen. Aber sie hätte das niemals auf Kenzies Kosten tun dürfen.
»Nein, mir tut es leid.« Sie schlang ihre Arme um meine Mitte und schmiegte ihr Gesicht an meine Brust. Aber dann ließ sie mich wieder los, und das Bedauern in ihren Augen wurde übermächtig. »Ich hätte mit dir reden müssen, ich –«
»Schhhht. Du musst nichts sagen.« Ich unterbrach sie, indem ich sie küsste, so zärtlich und liebevoll ich konnte. Es war, als hätte ich das jahrelang nicht mehr getan, so sehr hatte es mir gefehlt. »Sofern du nicht wieder einfach aus meinem Leben verschwindest. Ganz egal, was die dann mit mir machen.«
»Werde ich nicht.« Kenzie erwiderte den Kuss vorsichtig, und als sie mich danach losließ, sorgte die offene Zuneigung in ihrem Blick sofort dafür, dass ich mich besser fühlte. »Ich habe dich so vermisst«, sagte sie leise und die Erleichterung in ihrer Stimme war beinahe greifbar.
Ich streichelte ihre Wange und sah ihr in die Augen. »Nicht so sehr wie ich dich.«
»Das kann gar nicht sein. Zumindest nicht, nachdem ich dich im Kilt gesehen habe.« Sie grinste und ich spürte meine Rippen.
»Bring mich nicht zum Lachen«, bat ich.
»Okay. Dann bringe ich dich stattdessen ins Bad.« Sie umschlang mich vorsichtig mit einem Arm und stützte mich, bis wir nebenan waren und ich mich auf den Rand der Badewanne setzen konnte. »Ist dir noch schwummrig?«
»Nein, es geht schon, wenn ich mich nicht zu viel bewege.« Ich griff nach meiner Trainingshose, die neben mir lag. Aber als ich die Schnallen des Kilts in Angriff nahm, schob Kenzie meine Hände weg.
»Keine Anstrengungen«, mahnte sie und machte sich selbst daran, den Kilt zu öffnen. Ich wollte ihr sagen, dass es meinen Puls nicht gerade beruhigte, wie sie da vor mir kniete. Aber da stieß sie schon einen frustrierten Laut aus, die Finger an der dritten Schnalle.
»Das Teil sieht verflucht heiß an dir aus«, sagte sie, »aber für eine schnelle Nummer ist es echt ungeeignet.«
»Bei einer schnellen Nummer lässt man ihn auch einfach an.« Ich grinste leicht, hatte die Schnallen trotz der Schmerzen innerhalb von Sekunden geöffnet und schlug den Stoff zurück. Kenzie zog die Augenbrauen zusammen. »Was?«, fragte ich.
»Du hast Boxershorts drunter.« Sie klang irgendwie enttäuscht.
»Natürlich.« Ich hob eine Augenbraue und zuckte zusammen, weil es die Seite mit der Platzwunde war. »Wir leben im 21. Jahrhundert. Hat dir das keiner gesagt?«
»Doch, aber …«
Ich musste lächeln, während ich meine Hose überzog und aufstand, prüfend, ob mein Kreislauf mitmachte. »Ich verspreche dir, bei der nä
chsten Gelegenheit trage ich den Kilt ganz oldschool. Deal?«
»Deal.« Ihr Lächeln wurde ein bisschen unanständig.
Ich stöhnte. »Bitte tu das nicht.«
»Was denn?«
»Du denkst an Dinge, zu denen ich heute Abend beim besten Willen nicht in der Lage bin.« Auch wenn das gewisse Teile von mir nicht interessierte, wusste ich, allein der Versuch würde enorm wehtun. Und Schmerzen waren alles andere als sexy.
»Das würde ich nie tun.« Sie beugte sich vor und ihr Kuss strafte ihre Worte Lügen. Aber dann griff sie nach einem frischen Handtuch. »Und jetzt sollten wir dringend das restliche Blut aus deinem Gesicht verschwinden lassen. Du siehst aus, als würdest du bei Fight Club mitspielen.«
Eine Viertelstunde später war ich halbwegs sauber und legte mich wieder ins Bett, lädiert, aber trotzdem so glücklich wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr. Kenzie zog sich schnell noch eines meiner Shirts über, damit sie nicht in ihren Klamotten schlafen musste, dann kam sie mir nach und zog die Decke über uns beide. Ich streckte mich aus und nahm sie in meinen unverletzten Arm, atmete den Geruch ihrer Haare ein, eine Mischung aus ihrem typischen Duft und dem Lagerfeuer, an dem sie gesessen hatte. Und erst in diesem Moment konnte ich mich wirklich entspannen.
»Eigentlich sollte ich gehen«, sagte Kenzie. »Wenn uns jemand erwischt …«
»Hier kommt niemand rein und es ist schon spät. Heute sind wir sicher.« Ich legte mich etwas bequemer hin und spürte, wie die Schmerztabletten langsam Wirkung zeigten. »Versprich mir, dass du das nie wieder tust«, murmelte ich leise, ohne zu erklären, was ich damit meinte. Sie verstand es auch so.
»Ich verspreche es«, flüsterte sie. Dann griff sie nach dem Lichtschalter neben dem Bett und es wurde dunkel im Zimmer. Aber trotzdem hatte ich das Gefühl, es wäre endlich wieder hell. Kenzie war bei mir. Wir würden uns nicht mehr auseinanderbringen lassen. Egal, was uns bevorstand: Alles würde in Ordnung kommen.
Wenn ich mir bei etwas sicher war, dann dabei.