Scandal Love
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»Ihr Vater möchte Sie sehen«, verkündete er in seinem typischen unterkühlten Tonfall und entfernte sich wieder. Der Speicherstick fühlte sich wie ein glühendes Eisen in meiner Tasche an. Ich überließ den Kaffee, den ich sowieso nicht hatte trinken wollen, sich selbst und trat aus dem Pausenraum. Trents Tür stand offen, als ich dort anlangte. Er war im Bilde, das wusste ich. Und auch, dass dies unter anderem ein Test war. Den ich nicht bestanden hatte. Vor seinem Schreibtisch blieb ich stehen. Trents Kopf war gebeugt, er unterzeichnete gerade irgendwelche Papiere. Ich räusperte mich, mein ganzer Körper fühlte sich fremd und komisch an, als würde er nicht mir gehören.
»Ist das ein Trick?«, krächzte ich. Ich hoffte, betete, wünschte mir sehnlichst, dass es Teil eines Schlachtplans war, von dem wir beide profitieren würden. Trents Blick haftete weiter auf den Dokumenten. Nichts ließ erahnen, dass er mich erst vor wenigen Stunden in den Armen gehalten, mir Leben eingehaucht hatte.
Ohne mit dem Kopf zu schütteln oder sich anderweitig zu regen, sagte er: »Nein.«
»Dann sind alle Informationen …«, setzte ich an, als er abrupt aufsah und mich mit ausdrucksloser Miene anstarrte.
»Es ist alles drauf, Edie. Jede Datei, jeder Entwurf, jeder Vertrag. Du hast deine Wahl getroffen. Wenn du stark sein willst, sei es. Und jetzt geh.«
Ich wollte mich mit ihm fetzen, einen lauten, hässlichen, zornigen, echten Streit vom Zaun brechen, der mich davon überzeugen würde, dass es einen anderen Weg gäbe, Theo zu schützen. Gleichzeitig realisierte ich, dass ich damit nur unter Beweis stellen würde, dass ich immer noch ein wankelmütiger Teenager war, der sich von ihm, einem älteren Mann, hatte verführen lassen. Aber wir waren so viel mehr als das.
Meine Beine trugen mich wie aus eigenem Antrieb zum Büro meines Vaters, ich weiß nur noch, wie die Tür hinter mir ins Schloss fiel. Dem Geräusch wohnte eine feierliche Endgültigkeit inne.
Ein Meer voller unausgesprochener, gallebitterer Worte trennte uns. Ich wollte es nicht überqueren. Was Jordan Van Der Zee betraf, zog ich es vor, trocken am schützenden Ufer zu bleiben.
»Nun?« Mein Vater lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und hob skeptisch eine Augenbraue. Er hatte sich nicht ein einziges Mal nach dem Befinden meiner Mutter erkundigt, während ich Tag und Nacht bei ihr im Krankenhaus verbracht hatte. Das, in Kombination mit dem Druck, den er auf mich ausübte, und dem Desaster, das er aus meinem Leben gemacht hatte, brachte mein Blut zum Schäumen. Mein Mund war staubtrocken, jeder Muskel in meinem Körper angespannt vor Verlangen, ihm an die Gurgel zu gehen.
Ich wusste selbst nicht, was mich zu meinen nächsten Worten veranlasste, aber ich hätte sie um nichts in der Welt zurückhalten können. »Darf ich etwas fragen?«
Er lehnte sich zurück und erteilte mir mit einer unwirschen Handbewegung das Wort.
»Würdest du dir angesichts dessen, was Mom getan hat, im Nachhinein wünschen, du hättest sie nicht dazu getrieben, sondern lieber gewartet?«
Ein Teil von mir erkannte, dass es absurd – vielleicht sogar pathetisch – von mir war, ihn zur Einsicht bringen zu wollen. Auf ein mitfühlendes Herz zu hoffen. Denn wenn er ein Monster war, konnte auch ich zu einem werden. Aber falls auch nur ein Funken Menschlichkeit in ihm existierte, wäre es unter Umständen möglich, mit ihm zu verhandeln und Trent zu retten. Mit einem Seufzen, als wäre allein meine Gegenwart eine Belästigung für ihn, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr, dann massierte er sich das Kinn.
»Ich habe deine Mutter nicht dazu getrieben, Edie. Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Nur die Schwachen schieben die Schuld auf andere.«
Das alte Machtspiel. Nein, mein Vater hatte kein Herz. Vielmehr keimte in mir der Verdacht auf, dass er sogar Freude an dieser Tragödie hatte. Ich war diejenige, die Lydia unermüdlich vom Abgrund wegzog, wohingegen er sie darauf zu stieß, um zu sehen, wie ich sie endlich losließe und sie in die Tiefe stürzte. Ihre geistige Verfassung war das Drahtseil, auf dem wir tanzten. Ich musste diesen Teufelskreis durchbrechen und Jordan seine Grenzen aufzeigen, um sicherzustellen, dass er ihr nicht mehr wehtun würde.
Ich holte tief Luft und verkniff mir einen gesalzenen Fluch. Mein Entschluss stand fest. »Ich habe den USB-Stick«, wechselte ich das Thema und sah ihn unverwandt an.
Sein beglückter Gesichtsausdruck bestätigte nur wieder, wie vermessen und überheblich er war. »Und, wartest du auf eine schriftliche Einladung? Gib ihn mir.«
»Erst, wenn du mir sagst, woher dein Hass auf Trent rührt.«
»Das geht dich nun wirklich nichts an, Edie.« Er rollte seinen Cartier-Füller zwischen den Fingern.
Da konnte ich mich nicht mehr beherrschen.
Wenn du stark sein willst, sei es.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Und ob mich das etwas angeht. Weil ich ihn nämlich liebe.«
Eine dumpfe, bleischwere Stille senkte sich über den Raum. Jordans Augen weiteten sich, seine Nasenflügel bebten, sein Mund verzog sich zu einer Grimasse, wie ich sie nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Es war, als hätte er sich eigens für mich einen neuen Ausdruck von Ekel zugelegt. Aber weder konnte noch wollte ich meine Worte zurücknehmen.
Mir der Tragweite meines Handelns völlig bewusst, trat ich weiter in das Zimmer hinein. Ich setzte alles aufs Spiel. Meine Beziehung zu Theo. Zu Trent. Zu Luna. Zu meiner Mutter. Aber ich hatte ein für alle Mal genug davon, auf Samtpfoten um diesen Mann herumzuschleichen. Ich konnte alles verlieren, aber vielleicht würde ich dabei endlich mich selbst finden.
Falls es nötig sein sollte, mein Lebensglück zu opfern, um das Tischtuch zwischen mir und meinem Vater zu zerschneiden, so war ich auch dazu bereit. Ich wollte frei atmen können, ohne befürchten zu müssen, dass die Welt über mir zusammenstürzte.
»Ich liebe Trent so sehr, Jordan, dass ich nichts außer ihm wahrnehme, wenn er in meiner Nähe ist. Ich würde für ihn sterben, und ich werde ihn um jeden Preis beschützen. Er ist ein wundervoller, vom Schicksal gebeutelter Mensch, der alles Menschenmögliche tut, um zu schaffen, worin du jämmerlich versagt hast. Nämlich ein Vater zu sein. Jemand, auf den Verlass ist. Er trifft die richtigen Entscheidungen, ein ums andere Mal, koste es, was es wolle. Trotz seiner seelischen Narben nimmt er sich der Schutzbedürftigen an. Er ist durch und durch integer und handelt nicht zum Schaden anderer. Darum will ich von dir wissen, Jordan, wieso du denjenigen, den ich liebe, so sehr hasst.«
Mit krebsrotem Gesicht erhob er sich von seinem Stuhl. Die Ader an seiner Schläfe schien jeden Moment platzen zu wollen. Insgeheim hoffte ich vielleicht sogar darauf. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, sein Körper bebte vor unverhohlenem Zorn.
»Gib mir den Stick.«
»Nein.« Ich nahm eine noch aufrechtere Haltung an. »Was hat er dir getan?«
»Er hat mir etwas gestohlen.«
»Was genau?«
»Alles. Jetzt gib mir den USB-Stick, sonst wird es dir leidtun.« In der Erwartung, dass ich gehorchen würde, streckte er die Hand über den Schreibtisch. Aber da irrte er sich gründlich. Der federleichte Speicherstick fühlte sich plötzlich zehnmal so schwer an, als ich einen großen Schritt rückwärts machte.
»Niemals.«
Ehe ich wusste, wie mir geschah, hechtete er über den Tisch, um sich einfach zu nehmen, worauf er so scharf war. Das hätte mich eigentlich nicht überraschen dürfen. Wann immer er mich in der Vergangenheit grob angefasst hatte, hatte er damit seinen mangelnden Respekt mir gegenüber zum Ausdruck gebracht. Ich wich aus und schlug instinktiv mit den Fingernägeln nach seinem Gesicht.
»Zum Teufel, du kleines Biest!« Er presste die Hand auf den Kratzer, den ich ihm verpasst hatte, und stolperte nach hinten. Trotz seiner Körpergröße war mein Vater äußerst schlecht gewappnet, sich zur Wehr zu setzen. Sogar gegen mich. Er hatte sein ganzes Leben wie ein Hamster im Käfig hinter Bürowänden zugebracht.
»Wage es ja nie wieder, mich anzufassen!« Meine Stimme zitterte, anders als ich. Das gab mir Kraft.
»Fahr nach Hause, und pac
k deine Siebensachen!«, keuchte er wutschnaubend und wies zur Tür. »Du bist volljährig, und arrogant und selbstherrlich außerdem. Das hast du dir fein ausgedacht, du Flittchen.« Das letzte Wort war wie ein Schlag ins Gesicht, der mir die Luft aus der Lunge presste. »Ich bin sicher, Trent wird dich freudig bei sich aufnehmen. Immerhin ist er eine wandelnde Geschlechtskrankheit, genau wie seine Freunde. Ich bin nicht länger verpflichtet, dir ein Dach über dem Kopf zu bieten. Pack deine Tasche, Edie, und wenn du schon dabei bist, vergiss nicht, deinen Krempel aus dem Büro hier mitzunehmen, weil du nämlich gefeuert bist.«
Anstatt in Tränen auszubrechen, ihn anzuflehen oder von Zukunftsängsten überwältigt zu werden, wandte ich mich einfach ab und ging in Richtung Tür. Mein Rücken war ihm zugewandt, als mein Vater den letzten Nagel in den Sarg unserer persönlichen Beziehung schlug.
»Wie bedauerlich, dass du keine Gelegenheit haben wirst, dich von deinem Bruder zu verabschieden. Ich werde noch diese Woche seine Verlegung veranlassen.«
Ich drehte mich zu ihm um und lächelte, weil ich ausnahmsweise mehr wusste als er. »Das kannst du nicht.«
»Was sollte mich daran hindern, du kleine Schlampe?«, spie er mir entgegen, um mich daran zu erinnern, als was er mich jetzt sah. Seine kostbare Tochter, die für den großen bösen Wolf die Beine breitgemacht hatte.
»Die Tatsache, dass das Jugendamt sich derzeit mit Theos Situation befasst. Abgesehen davon kann man ein minderjähriges Kind nicht Knall auf Fall von einer Gruppeneinrichtung in eine andere verlegen. Ich habe das gecheckt. Du hältst dich für so mächtig, Vater, doch dabei übersiehst du, dass es Kräfte gibt, die genauso stark sind wie du und denen du dich beugen musst. Selbst die größte Welle bricht irgendwann. Du stehst kurz davor, ans Ufer geschleudert zu werden. Ich hoffe, du magst den Geschmack von Sand.«
KAPITEL 28
EDIE
Den Rest des Tages verbrachte ich allein am Strand. Ich kam nicht dazu, Trent zu erzählen, was passiert war, abgesehen davon wollte ich dieses Gespräch von Angesicht zu Angesicht führen. Ich war berauscht von Adrenalin und meiner eigenen Courage. Darum fuhr ich, nachdem ich mit der Entzugsklinik telefoniert hatte, in der meine Mutter seit gestern untergebracht war, zum Strand, um Zeit mit dem wilden Ozean zu verbringen. Wir verstanden einander. Die Zehen im Sand vergraben, die Arme um meine Knie geschlungen, saß ich in der untergehenden Sonne und lauschte den Möwen und den herandonnernden Wellen.
Ich merkte nicht einmal, dass es allmählich kühl wurde, während ich bis acht Uhr wartete, weil Trent dann sicher zu Hause sein würde. Normalerweise wäre es mir nicht im Traum eingefallen, unangemeldet bei ihm aufzukreuzen, aber ich konnte diese Unterhaltung unmöglich am Handy führen.
Auf dem Weg zu ihm versuchte ich, mir zu suggerieren, dass kein Grund zur Sorge bestand. Schließlich hatte ich meinen Vater am Ende kalt auflaufen lassen, die Sache nicht durchgezogen. Ich hatte es nicht über mich gebracht, Trents Geheimnisse an ihn weiterzugeben.
Zum Glück gab es in dem Gebäude, in dem er wohnte, keinen Pförtner, andernfalls hätte dieser oben anrufen und meinen Besuch ankündigen müssen. Und ich hätte es nicht ertragen, wenn Trent mich nicht sehen wollte. Trotzdem hatte ich ein mulmiges Gefühl im Bauch, als ich mit dem Aufzug hinauf zu seiner Etage fuhr.
Meine Füße fühlten sich schwer wie Blei an, während ich mich Schritt um Schritt seiner Wohnung näherte.
Er war mein Ozean. Mein Geheimnis. Meine Schwachstelle.
Ich pochte dreimal an die Tür und spitzte die Ohren. Dahinter erklang Lunas leises Kichern – sie lachte nie richtig laut –, das sie immer dann von sich gab, wenn sie sich freute. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen, als die Tür aufging.
Doch dann …
Ein Ausdruck von Verwirrung flog bei meinem Anblick über Camilas Gesicht. Hinter ihr entdeckte ich eine Frau, die ich nicht kannte. Doch ihre bronzefarbene Haut, die langen rabenschwarzen Haare und hellen Augen verrieten mir, um wen es sich handelte. Sie sah aus wie ein Topmodel – wie Adriana Lima –, und das enge pinkfarbene Kleid betonte ihre ansehnlichen Kurven.
Sie kniete auf dem Fußboden, ihr Hinterteil auf die Absätze ihrer Prada-Pumps gepflanzt, und bewunderte das Seepferdchen aus Plüsch, das Luna in den Händen hielt. Es war genau so eins wie das, das Daria kaputt gemacht hatte.
Lunas Mutter. Sie war bildschön, und sie gehörte hierher.
Ich stolperte rückwärts, als eine Welle von Übelkeit mich erfasste und ein bitter schmeckender Kloß mir die Kehle zuschnürte. Fang bloß nicht an zu weinen.
»Was machst du denn hier, Edie?«, fragte Camila mit entgeisterter Miene.
»Ist sie ein zweites Kindermädchen? Herrgott, Carmella, lassen Sie sie doch nicht da draußen herumstehen. Bitten Sie sie herein.«
Die Frau stand auf, zupfte ihr Fähnchen von einem Kleid zurecht und stöckelte zur Tür. Ihr Lächeln verkündete, dass sie schon jetzt gewonnen hatte. Es war überaus anziehend und ließ keinen Zweifel an ihren Absichten.
Sie war jahrelang verschwunden gewesen. Offenbar wollte mir das Universum auf diese Weise zeigen, dass Trent und Luna ohne mich besser dran waren. Dass es für sie einen wichtigeren Menschen gab als Jordan Van Der Zees Tochter. Die versucht hatte, Trent aus der Firma zu befördern, und beide nicht verdiente.
Sie war Lunas Mutter.
Ich konnte nicht mit ihr konkurrieren.
Und wollte das noch nicht einmal.
»Wieso bist du hier? Steckst du in Schwierigkeiten?«, drängte Camila, als Val neben sie trat und ihr die Hand auf die Schulter legte.
Camila, nicht Carmella, du Dumpfbacke.
»Mir ist es nur recht, wenn sie auf das Kind aufpassen will. Trent und ich haben eine Menge zu bereden. Wir könnten etwas Privatsphäre gut gebrauchen. Vielleicht gehen wir runter in den Jachthafen und essen eine Kleinigkeit.«
Ich hielt es nicht länger aus, wollte so dringend von hier weg, dass ich kurz mit dem Gedanken spielte, von Trents Terrasse zu springen. Der Lift und die Treppe nahmen zu viel Zeit in Anspruch. Ich gab der Versuchung, mich in den Tod zu stürzen, nur deshalb nicht nach, weil ich Luna kein lebenslanges Trauma bescheren wollte.
Stattdessen machte ich auf dem Absatz kehrt und stürmte zu der Tür, die ins Treppenhaus führte. Meine Beine bewegten sich so schnell wie früher, wenn ich jemanden beklaut hatte. Tapp, tapp, tapp, tapp. Doch der Adrenalinstoß fühlte sich dieses Mal anders an. Er schnürte mir die Luft ab.
Ein Stockwerk, dann das nächste. Blut schoss in meinen Kopf, und ich hörte schwach, wie die Tür weiter geöffnet wurde und Trent fragte, wer da gewesen sei. Das Echo begleitete mich bis nach unten. Er klang … tiefenentspannt. Wie ein Mann, der mit der Mutter seines Kindes wiedervereint und froh war, sie zurückzuhaben.
Allein. Ich war ganz allein.
Mutterlos. Vaterlos. Ohne Freunde. Ohne Trent.
Ich rannte blindlings weiter, vorbei an meinem Auto, das an der Strandpromenade parkte, vorbei an den Geschäften, den Menschen, all den Dingen, die ich einmal geliebt hatte und deren Anblick ich nun nicht mehr ertrug. Diese ganze Straße war durchtränkt von Erinnerungen an Trent. Selbst der Ozean. Daran, wie er das erste Mal auf Tuchfühlung gegangen war, mit meinen Brüsten, meinen Nippeln, meinem Herzen gespielt hatte, als ich vom Surfen zurückgekommen war. Sämtliche Drähte in meinem Kopf liefen heiß. Würde ich je wieder einen Fuß auf diesen Strand setzen, je wieder wellenreiten, je wieder atmen können?
Der einzige Trost war, dass Jordan mich nicht so sah. Er würde sagen, dass ich erntete, was ich gesät hatte. Mich daran erinnern, dass ich nichts weiter war als ein dummes Flittchen, das sich als Spielzeug für einen Mann hergegeben hatte, der seit Jahren unermüdlich nach dieser Frau suchte. Dass ich nur ein Zeitvertreib gewesen war, ein Techtelmechtel.
Die Blasen an meinen Füßen schwollen allmählich an, als sich Dunkelheit über die Küste senkte. Ich hatte das andere Ende der Stadt erreicht, genauer gesagt den Jachthafen, wo die Schiffe festgemacht waren. Ich musste meine Schuhe ausziehen und den restlichen Weg humpe
lnd zurücklegen.
Das Holz fühlte sich kühl und tröstlich an unter meinen wunden Füßen. Schließlich erreichte ich das kleine, weiße, rostige Hausboot, das neben dem Steg im Wasser dümpelte, als hätte es genau wie sein Besitzer keine Sorge auf der Welt.
Mir kam in den Sinn, dass ich unangemeldet bei ihm hereinplatzte, somit den gleichen Fehler beging wie zuvor bei Trent.
Aber Bane war nicht Trent. Er war ein Freund. In Wahrheit waren wir beide nie Versager gewesen. Keiner von uns könnte den anderen verletzen.
Ich kletterte auf das Boot und klopfte an die Tür. Bane öffnete. Sein Oberkörper war entblößt, und auf seinem Bett saßen ein Junge und ein Mädchen, beide halb nackt. Seine blonden Haare waren verstrubbelt, seine Augen vom Kiffen gerötet.
»Ich brauche dich«, krächzte ich und kämpfte wieder mit den Tränen.
Bane nickte ernst, bevor er ohne Zögern sagte: »Craig, Shea, verzieht euch.«
Ich ließ mich in seine Arme sinken. Er legte sie sanft um mich, hielt mich zusammen wie die Sicherheitsnadeln meinen Rucksack. Trotzdem fühlte ich mich nicht weniger verloren als zuvor.
Dann drückte mich mein einziger Freund auf der Welt fest an seine Brust und flüsterte in mein Ohr: »Ich hatte dich ja gewarnt.«
KAPITEL 29
TRENT
Zu behaupten, dass ich Val nicht in meiner Wohnung haben wollte, wäre verdammt noch mal die Untertreibung des Jahrhunderts gewesen.
Das Problem war nur, ich hatte keine andere Wahl.
Als ich um sechs nach Hause kam, hatte ich eigentlich vor, meine Sportklamotten anzuziehen und unten im Fitnessraum Dampf abzulassen, nachdem Edie mit dem USB-Stick, der meine ganze Munition enthielt, im Büro ihres Vaters verschwunden war. Aber vor der Tür wartete eine Überraschung auf mich.
Und zwar in Gestalt der vermaledeiten Valenciana Vasquez, die an einer Wand lehnte – eine Sexbombe auf roten Stilettos. Doch bei mir regte sich selbstredend rein gar nichts.