002 - Someone Else

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002 - Someone Else Page 27

by Laura Kneidl


  »Okay, das war’s«, sagte Micah und ließ ihr Zeichen-Tablet mit enttäuschter Miene sinken. »Akku ist leer.«

  »Schade, aber wir sind weit gekommen.«

  Sie steckte das Tablet in ihre Tasche. »Willst du noch hierbleiben oder gehen?«

  »Wir können gerne gehen«, sagte ich und griff nach meiner Tasse, um sie auszutrinken. »Ich muss allerdings noch in die Drogerie, was für die Hochzeit besorgen. Kommst du mit?«

  »Gern, solange du mich davon abhältst, irgendwelches Zeugs nur wegen der hübschen Verpackung zu kaufen.«

  »Ich werde es versuchen, aber versprechen kann ich nichts«, sagte ich und stürzte den restlichen Kaffee hinunter.

  Wir packten unsere Sachen ein und machten uns zu Fuß auf den Weg zur Drogerie, die nur ein paar Straßen weiter lag.

  Kalte Klimaanlagenluft blies uns um die Ohren, als wir das Geschäft betraten. Ich nahm mir einen der Körbe am Eingang und steuerte zielstrebig die Abteilung für Pflegeprodukte für Männer an, um auf keinen Fall die Rasierklingen zu vergessen, wegen denen ich überhaupt hergekommen war.

  »Hast du in letzter Zeit etwas von Aliza gehört?«, fragte Micah.

  Ich ließ Auris Rasierklingen in den Korb fallen. »Nein, nicht wirklich.«

  Micah stieß ein unbestimmtes Brummen aus, während wir weiter den Gang entlangschlenderten. »Ich mache mir etwas Sorgen um sie.«

  »Wieso?«

  »Sie hat mir heute Nacht um drei Uhr ein Foto von einem Teller voller Cookies geschickt und gefragt, ob Julian sie mit auf die Arbeit nehmen möchte, weil sie nicht weiß, wohin damit.« Micah blieb vor einem Aussteller für eine neue Lippenstiftkollektion stehen.

  Energisch zupfte ich an ihrem Ärmel und zog sie weiter, damit sie nicht zum Verpackungsopfer werden konnte. »So ungewöhnlich ist das doch nicht. Ich bin auch oft lange wach.«

  »Schon, aber als ich ihr drei Stunden später geantwortet habe, hat sie sofort zurückgeschrieben. Sie hat überhaupt nicht geschlafen. Und als ich sie gefragt habe, ob alles okay ist, hat sie mir nur eine Liste mit all den Dingen geschickt, die sie heute noch erledigen muss. Ohne Scheiß, ihre To-do-Liste für einen Tag ist länger als meine für den gesamten letzten Monat.«

  Ich runzelte die Stirn. Micah kannte Aliza wesentlich besser als ich, aber selbst ich musste zugeben, dass sich das nicht gerade gesund anhörte. »Hast du schon mal versucht, mit ihr darüber zu reden?«

  Micah schnaubte. »Natürlich, du kennst mich.«

  »Und was hat sie gesagt?«

  »Sie hat mich ziemlich heftig abgeblockt.«

  Als Micah vor dem Regal für Hygieneprodukte stehen blieb, erinnerte mich das an etwas. Ich holte mein Handy hervor und checkte meine Zyklus-App, die mir zu meiner Erleichterung anzeigte, dass ich dieses Wochenende nicht mit Magenkrämpfen zu rechnen hatte.

  Ich steckte mein Handy wieder weg. »Vielleicht ist das nur eine Phase? Immerhin kommt bald ihr Buch raus.«

  »Möglich. Mir gefällt das Ganze trotzdem nicht.«

  »Was willst du machen? Es ist ihre Entscheidung.«

  Micah legte eine Packung Tampons in den Korb. »Ich weiß. Trotzdem mache ich mir Sorgen.«

  »Weil du eine gute Freundin bist«, sagte ich in der Hoffnung, sie damit etwas zu beruhigen.

  Ich wollte gerade weitergehen, als mein Blick auf ein ganz bestimmtes Regal fiel. Abrupt blieb ich stehen.

  »Cassie?«

  Ertappt sah ich von den Kondomen zu Micah auf. »Ja?«

  Fragend hob sie die Augenbrauen. Ein amüsiertes und zugleich wissendes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Hast du mir etwas zu erzählen?«

  »Vielleicht …« Ich hatte das, was sich in den letzten Wochen zwischen Auri und mir entwickelt hatte, schon viel zu lange vor ihr verheimlicht. Lange genug, um deswegen beinahe ein schlechtes Gewissen zu haben.

  Micahs Augen weiteten sich. »Ernsthaft? Wer ist es? Nein, warte! Dumme Frage. Auri, nicht wahr?«

  Ich nickte und konnte mir mein Lächeln nicht verkneifen.

  »Oh mein Gott. Endlich!« Micah klatschte begeistert in die Hände. »Du musst mir alles erzählen! Alles!«

  Ich wusste, dass sich Micah keine Sekunde länger gedulden würde, also berichtete ich ihr mitten in der Drogerie, zwischen Kondomen und Schwangerschaftstests, was sich gerade zwischen Auri und mir abspielte. Nur ein paar Details ließ ich aus. Wie zum Beispiel unseren Streit, nachdem seine Teamkollegen zu Besuch gewesen waren, da ich nicht mehr daran denken wollte, sondern nur noch an das Schöne, was hoffentlich vor uns lag.

  »Oh Mann, Cassie, das freut mich so sehr für euch«, sagte Micah, nachdem sie die ganze Geschichte erfahren hatte. Ihre Hände zuckten, als hätte sie mich am liebsten umarmt, es sich aber verkniffen. »Ihr beide seid wirklich füreinander bestimmt. Endlich können wir zusammen auf Doppeldates gehen!«

  Ich lachte. »Du sagst das, als hätten wir vorher nie was zu viert unternommen.«

  »Schon, aber jetzt ist das etwas ganz anderes. Ich sage nur: Candle-Light-Dinner!«

  Argwöhnisch betrachtete ich meine beste Freundin. »Ihr wollt mit uns gemeinsam auf ein Candle-Light-Dinner gehen?«

  » Nah , eigentlich nicht. Aber wir könnten, wenn wir wollten.«

  Ich nickte, als wäre ihre Logik vollkommen einleuchtend. Dabei hatte ich bereits vor langer Zeit aufgegeben, alles verstehen zu wollen, was in Micahs Kopf vor sich ging. Ich war nur froh, dass sie mir nicht böse war, dass ich die Sache zwischen Auri und mir so lange vor ihr verheimlicht hatte. Es war richtig gewesen, den langen, sicheren Weg zu nehmen und nicht die genickbrechende Abkürzung, zu der Micah uns immer zu ermutigen versucht hatte.

  Mein Blick wanderte wieder zu den Verpackungen im Regal. Noch zögerte ich, danach zu greifen. Ich wollte Auri und mir keinen Druck machen. Andererseits war Vorsicht besser als Nachsicht …

  Ich schnappte mir schnell eine der Schachteln und ließ sie in meinen Korb fallen. Als ich Micahs süffisantes Grinsen bemerkte, verdrehte ich die Augen, konnte mir mein Schmunzeln aber selbst nicht wirklich verkneifen.

  Das Geräusch einer zufallenden Tür riss mich aus dem Schlaf. Vermutlich Auri, der zum letzten Training vor der Hochzeit ging.

  Grummelnd streckte ich meine Glieder und rollte mich in meinem Bett herum, das mir ohne Auri furchtbar leer erschien. Die beiden Nächte seit der Party hatte er bei mir geschlafen. Ich liebte das Gefühl seines warmen Körpers neben meinem und vermisste es, ihn beim Aufwachen nicht neben mir liegen zu haben.

  Ich vergrub mein Gesicht in dem Kissen, auf dem Auri geschlafen hatte. Es roch nach ihm, und der Duft weckte in mir Erinnerungen daran, wie er mich gestern Abend vor dem Schlafengehen geküsst hatte. Mir war immer noch ganz schwindelig von dem Verlangen, das ich gespürt hatte, auch wenn wir noch nicht weiter gegangen waren. Es gab keinen Grund, die Dinge zu überstürzen.

  »Cassie?«, hörte ich eine verwirrte Stimme fragen.

  Auri? Sollte er nicht beim Training sein?

  Ich öffnete die Augen im selben Moment, in dem die Tür zu meinem Zimmer aufgedrückt wurde. Auri war vollständig angezogen, allerdings trug er keine Sportkleidung, sondern Jeans und T-Shirt.

  Mit fassungslosem Gesichtsausdruck starrte er auf mich hinunter. »Schläfst du etwa immer noch?«

  »Wieso? Wie spät ist es?«, krächzte ich und tastete nach meinem Handy. Doch bevor ich es zu fassen bekam, setzte sich Auri zu mir auf die Bettkante und schaltete das Licht ein.

  Ich kniff die Augen zusammen.

  »Es ist fast vierzehn Uhr«, sagte er und streichelte mir dabei liebevoll das zerzauste Haar aus der Stirn. Seine Finger verweilten an meiner Schläfe. »Ich komme gerade von meiner letzten Vorlesung.«

  »Oh.« Blinzelnd sah ich ihn an. »Wirklich?«

  Er nickte, wirkte dabei aber weniger schockiert als belustigt. »Wie kann man nur so lange schlafen?«

  »Das erfordert viel Übung und Disziplin. Davon verstehst du nichts.«

  »Überanstreng dich nicht. Besser, du legst eine Pause ein. Komm, ich helfe dir.« Auri versuchte mich aus dem Bett zu ziehen, aber ich ließ mich nur schlaff in seine Arme fallen. Er lachte und
drückte mich an sich, damit ich nicht umfiel, was ihn keinerlei Mühe zu kosten schien. »Wenn du jetzt aufstehst und dich anziehst, mach ich dir Frühstück. Was hältst du davon?«

  Die Aussicht auf Essen belebte meine Geister, und ich richtete mich auf. Nicht zuletzt, weil ich bereits merkte, dass ich Unterzucker bekam. Noch war der Zustand nicht kritisch, aber zu lange sollte ich die nächste Mahlzeit nicht rauszögern. Außerdem fühlte ich mich tatsächlich mehr als ausgeruht. Dass ich so lange geschlafen hatte, wunderte mich dennoch nicht. Das Wochenende auf der SciFaCon, die Einkaufstour mit Lucien, die Party, das Gespräch mit Auri, der Arbeitstag mit Micah im Café, das alles hatte an meinen Energiereserven gezerrt.

  »Machst du mir Omelett?«

  »Natürlich, was immer du willst.« Auri beugte sich vor und küsste mich. Nach zwei Sekunden löste er seine Lippen allerdings schon wieder von meinen. »Ab ins Bad mit mir. Frühstück ist in zwanzig Minuten fertig.«

  »Okay«, seufzte ich und machte mich von Auri los.

  Ich überprüfte meine Zuckerwerte und tauschte meine Insulinpumpe am Arm aus, die alle drei Tage gewechselt werden musste. Anschließend sammelte ich meine Kleidung vom Vortag vom Boden auf, da es sich für einen faulen Tag zu Hause kaum lohnte, frische Sachen anzuziehen. Im Badezimmer schaltete ich meine Gute-Laune-Playlist an und sprang unter die Dusche. Ich und der Brausekopf lieferten eine Weltklasse LipSync-Performance zu Bad Guys von Billie Eilish ab, während mein Conditioner einwirkte. Nach fünf Minuten spülte ich ihn aus, stieg aus der Dusche und wickelte mich in ein Handtuch ein.

  Dampfwolken waberten durch das Badezimmer, und sofort entdeckte ich die Nachricht, die Auri am beschlagenen Spiegel für mich hinterlassen hatte. Es waren dieselben Worte, die er mir nach dem Tod meiner Hündin hinterlassen hatte, aber inzwischen hatten sie eine völlig andere Bedeutung.

  Ich denke heute an dich. <3

  Er musste es bereits vor Stunden an den Spiegel geschrieben haben in der Erwartung, dass ich es irgendwann in seiner Abwesenheit sehen würde. Tja, er hatte meine Müdigkeit unterschätzt. Nichtsdestotrotz rührten mich seine Worte, und ich beugte mich vor, um einen Kuss auf den Spiegel zu drücken in der Hoffnung, dass er am nächsten Morgen noch zu sehen sein würde.

  Nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte, zog ich mich an und verließ das Badezimmer. In der Wohnung duftete es herrlich nach Omelett und frischem Kaffee. Irgendwann würde ich mich extra früh aus dem Bett quälen müssen, um Auri mit einem Frühstück zu überraschen.

  Ich lief zu ihm in die Küche. Er stand vor dem Herd und beobachtete konzentriert mein Omelett, in das er etwas Gemüse geschnitten hatte. Ich schlang die Arme von hinten um ihn und drückte ihn fest an mich.

  »Wie war das Training?«, nuschelte ich an seinem Shirt.

  »Gut, aber der Coach hat mich ziemlich hart rangenommen, weil ich die nächsten zwei Tage nicht da bin«, antwortete Auri und wendete das Omelett. »Aber hey, dafür hab ich jetzt ein ganzes langes Wochenende frei, und jeder Tag wird ein Cheat-Day sein. Ich freu mich schon auf die Hochzeitstorte.«

  Ich drückte Auri durch den Stoff einen Kuss auf den Rücken und ließ ihn los, um mir Kaffee einzuschenken. Mit der Tasse in der Hand hockte ich mich neben ihn auf den Tresen, um ihn weiter zu beobachten. Er hatte den Herd abgestellt, um in Ruhe eine Avocado schneiden zu können, während das Omelett fertig garte.

  »Was möchtest du heute noch machen?«, fragte er, ohne vom Messer aufzublicken.

  Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee. »Ich weiß nicht. Du?«

  »Wir könnten uns einen Film anschauen.«

  »Aber das machen wir doch immer.«

  Auri holte zwei Teller aus dem Schrank. »Na und?«

  »Keine Ahnung.« Ich zuckte mit den Schultern. »Wir sind jetzt zusammen, ich dachte, da machen wir andere Dinge.«

  Auri wandte den Kopf in meine Richtung und starrte mich an. Langsam wanderten seine Augenbrauen in die Höhe, und ein anzügliches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. »Und was für andere Dinge?«

  Ich verdrehte die Augen, obwohl ich der Vorstellung nicht so abgeneigt war, wie Auri womöglich glaubte. »Nicht das, was du denkst. Andere Dinge eben. Dinge, die wir vorher nicht gemacht haben.«

  Auri stellte sich vor mich. Die Hände links und rechts auf den Küchentresen abgestützt, sah er mich eindringlich an. Der Abstand zwischen uns war gefährlich gering. »Cassie, nur weil wir jetzt zusammen sind, muss sich nichts ändern«, erklärte er mit gesenkter Stimme. »Es sei denn, wir wollen es. Und ehrlich, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als den Rest des Tages auf dieser Couch zu liegen. Du etwa?«

  Ich lachte verlegen. »Du kennst meine Antwort.«

  Einer seiner Mundwinkel hob sich. »Gut, dann bleibt nur eine Frage zu klären.«

  »Und die wäre?«

  »Welchen Film willst du gucken?«

  Ich legte den Kopf schräg und überlegte kurz. Wir hatten schon so viele Filme zusammen angesehen, dass kaum noch einer übrig war, der uns beide interessieren könnte. »Wie wäre es mit Shape of Water? «

  »Klingt nach einer hervorragenden Wahl.« Auri schenkte mir ein warmes Lächeln, bevor er sich daranmachte, mein Frühstück und sein Mittagessen anzurichten. Anschließend trug er die beiden Teller zur Couch, und ich kam ihm mit Kaffee und Tee hinterher.

  Wir starteten den Film.

  Während wir aßen, saßen wir noch nebeneinander, aber als unsere Teller leer waren, kuschelten wir uns zusammen auf das Sofa. Eine Weile gelang es mir noch, dem Film zu folgen, aber je mehr Zeit verging, desto weniger konnte ich mich auf die Handlung konzentrieren. Auri lenkte mich viel zu sehr ab. Seine Hände auf meinem Körper. Seine Finger in meinem Haar. Seine Lippen an meinem Hals. Er machte mich damit ganz hibbelig. Ich bemühte mich, der Versuchung zu widerstehen, aber ich kämpfte auf verlorenem Posten.

  Und auch Auri konnte nicht viel länger an sich halten, und kurz darauf war der Film in Vergessenheit geraten, während wir auf der Couch rummachten wie zwei liebestrunkene Teenager.

  Auri hatte sich geirrt. Die Dinge hatten sich geändert – allerdings zum Besseren.

  28. Kapitel

  »Hör auf damit«, befahl Auri mit sanfter Stimme und griff nach meinem Handgelenk, um mich davon abzuhalten, weiter an den Nägeln zu kauen.

  Ich gab einen gequälten Laut von mir. Vor wenigen Augenblicken hatten wir das Ortsschild von Auris Heimatstadt passiert, und in ein paar Minuten würde ich das erste Mal seine Familie treffen. Ich war das reinste Nervenbündel.

  Auri verschränkte seine Finger mit meinen und zog meine Hand auf seinen Schoß. »Mach dir keine Sorgen. Es wird schon alles gut werden.«

  »Das kannst du nicht wissen«, erwiderte ich und schielte aus dem Fenster. Es war bereits dunkel, und ich konnte nicht mehr allzu viel von der Stadt erkennen außer hellen Lichtern. »Es ist schon ziemlich spät, vielleicht fährst du mich lieber gleich zum Hotel, und ich lern deine Familie morgen in aller Frische kennen.«

  »Du versuchst nur, dich zu drücken.«

  »Ja, aber ich will einen guten Eindruck machen, und das ist gerade nicht möglich.« Ich deutete vielsagend auf meinen zerknitterten Schlabberlook, der mich bequem durch die gut zehnstündige Autofahrt gebracht hatte. Auf meiner Leggins prangte zudem seit Roseburg ein Schokoladenfleck, nachdem mir ein M&M runtergefallen war, das ich Auri in den Mund hatte stecken wollen.

  »Meiner Mom ist egal, wie du aussiehst«, versicherte mir Auri. Er lächelte mich flüchtig an, bevor er meine Hand für einen Moment losließ, um die Automatik zu bedienen.

  Wir standen an einer Ampel, und er hatte den Blinker nach rechts gesetzt. Es konnte nicht mehr weit sein. Soweit ich das beurteilen konnte, befanden wir uns in einer Wohngegend mit süßen Häusern und großen Vorgärten.

  Ich seufzte resigniert, da ich keinen Sinn darin sah, noch weiter zu diskutieren, und bückte mich, um meine Schuhe wieder anzuziehen. Wenn es Auri nichts ausmachte, wie ich aussah, dann seiner Familie hoffentlich auch nicht. Schließlich wussten sie, dass wir den ganzen Tag im Auto verbracht hatten.

  »Da sind wir«, verkündete Auri, kaum dass ic
h meine Chucks zugebunden hatte.

  Das ging schneller als gedacht …

  Ich blickte auf. Wir standen vor einem hübschen zweistöckigen Haus mit einer großen Terrasse und einem kleinen, aber gepflegten Garten, in dem ein kitschiges selbst gebasteltes Schild stand, das verkündete: Jasmin + Trevon = Love .

  Da in der Auffahrt bereits zwei Autos standen, musste Auri an der Straße parken.

  Nervös rieb ich mir die feuchten Hände an der Hose ab und ging in Gedanken noch einmal all die Sätze durch, die ich zur Begrüßung sagen konnte und mit denen ich mich hoffentlich nicht endlos blamierte.

  Guten Abend, Mrs Remington, schön, Sie kennenzulernen.

  Was für ein schönes Haus, Mrs Remington.

  Endlich lerne ich Sie kennen, Mrs Remington. Ihr Sohn hat mir schon so viel von Ihnen erzählt.

  Hörte sich doch alles gut an. Ich würde das schon irgendwie hinbekommen.

  Nachdem Auri den Motor abgestellt hatte, stiegen wir aus, und er holte seine Tasche aus dem Kofferraum. Meine ließ er drin, da ich anders als er im Hotel übernachten würde.

  »Ich glaub, ich muss mich übergeben«, sagte ich, als wir die Stufen zur Haustür hochstiegen.

  Auri legte mir eine Hand auf den Rücken, als befürchtete er, ich könnte mich umdrehen und einfach davonrennen. »Keine Sorge, das bildest du dir nur ein. Es wird alles gut. Versprochen.«

  Er unterschätzte eindeutig mein Talent, mich zu blamieren. Ich hatte mich wirklich auf das Wochenende gefreut – bis ich angefangen hatte, genauer darüber nachzudenken. Die ganze Fahrt über hatte ich mir selbst gut zugeredet. Bis vor wenigen Minuten hatte das auch geklappt, aber nun war ich so nervös, dass ich das Gefühl hatte, in meinem eigenen Angstschweiß zu ertrinken.

  Auri betätigte die Klingel. Das Surren war bis nach draußen zu hören.

  Oh Gott!

  Am liebsten wäre ich weggerannt, aber Auri hatte viel längere Beine als ich. Er hätte mich eingeholt, noch bevor ich das Gartentor erreicht hätte.

 

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