by Lee Winter
»Deine Privatsphäre? Sagt eine nackte Attentäterin, die ihre Muschi an mir reibt?«
Ihr schlanker Finger strich sachte über Requiems muskulösen Bauch und die kleine Narbe an ihrer Hüfte. Fragend zog sie eine Augenbraue nach oben.
Requiem betrachtete den wandernden Finger auf ihrem Körper. »Sind wir ein bisschen abgelenkt?«
Der Finger glitt tiefer und hielt auf die sauber gestutzten schwarzen Härchen zu. Requiem hielt überrascht den Atem an. Es war lange her, dass sie mit einer Beute gespielt hatte, und noch länger, dass jemand die Kühnheit besessen hatte, mit ihr zu spielen. Sie hatte ganz vergessen, wie erregend das sein konnte.
Verlangen schoss durch ihren Körper, als die Fingerspitze noch ein wenig tiefer glitt, ganz nahe an ihre Klitoris. Ein Schauer ging Requiem durch Mark und Bein, eine Warnung, so scharf wie eine Messerklinge. Sie schlug die Hand beiseite und sprang auf.
Sie nahm sich ihre Kleidung und knurrte: »Schön. Jetzt hast du wieder genug Platz. Rede.«
Selbst mit mehr Abstand zwischen sich und der Frau schlug Requiems Herz schnell und jeder Muskel ihres Körpers war zum Zerreißen gespannt. Die animalischen, unverfälschten Empfindungen überwältigten sie beinahe.
Das war das wahre Spiel, das sie früher so geliebt hatte. Die absolute Macht, nach der ihr Körper sich schmerzlich sehnte.
Die Erregung zeigte Requiem, wie nahe dieser Finger ihr gekommen war. Zu leicht hätte die Frau entdecken können, wie Requiem auf sie reagierte. Das wäre fatal gewesen.
Die Asiatin setzte sich ohne Hast auf, einen Arm nach hinten abgestützt, der Inbegriff einer entspannten Haltung. Wie eines dieser perfekten Geschöpfe in einem Yoga-Video, voller Eleganz und stiller Schönheit.
»Ich bin jemand, der deine besonderen Fähigkeiten braucht, und die versteht, dass du verfügbar und vermutlich bereit für einen Tapetenwechsel bist.«
»Kein Interesse.« Requiem schloss ihren BH und zog sich ihre schwarzen Boyshorts an.
Die Frau begann ihren Kimono spielerisch noch weiter zu öffnen. »Du hast ja mein Angebot noch gar nicht gehört.«
»Trotzdem kein Interesse.« Requiem schlüpfte in ihre Hose und hätte beinahe aufgestöhnt, als die Naht in der Mitte ihren Schritt traf und einen lustvollen Blitz aussendete. Sie griff nach ihrer Bluse und warf der Fremden einen vernichtenden Blick zu. »Kein Angebot kann mich überzeugen.«
»Tatsächlich? Du wohnst nun wie lange in Wien, drei Jahre? Oder sollte ich besser sagen, du bist hier gefangen? Wahrscheinlich ist dir inzwischen fürchterlich langweilig. Genügen dir deine kleinen Konzerte wirklich? Oder spürst du noch den Nervenkitzel der Jagd und die Sehnsucht danach? Was, wenn ich dir erzähle, dass die Ziele besonders grausam handeln und du der Gesellschaft einen Gefallen tun würdest? Diese Männer sind die Schlimmsten der Schlimmen. Allein die Herausforderung, sie zu erwischen, wäre spannend. Kannst du mir wirklich in die Augen sehen und mir sagen, dass dich dein jetziges Leben erfüllt? Oder haben sie dich gezähmt, Requiem?«
Während sie sprach, bewegte sie sich so, dass Requiem einen ungehinderten Blick auf ihre makellosen Beine bis hinauf zu ihrem weißen Slip bekam. Der Anblick der straffen Haut entlockte Requiem ein Stirnrunzeln. Ihr Puls beschleunigte sich erneut, doch dieses Mal war es nicht Erregung, die ihre Sinne schärfte.
Keine Narben. Gar keine. Keine Wunden, Abschürfungen oder Schnitte.
Wer zum Teufel war diese Frau, die zwar Beziehungen zur Unterwelt zu unterhalten schien, sich aber dennoch eine völlig makellose Haut bewahrt hatte?
»Du bist nur eine Amateurin«, meinte sie abfällig. »Spielst mit dem Feuer. Was weißt du schon darüber, womit ich zufrieden bin? Wie könntest du? Mit wem hast du gesprochen?«
»Es gibt genug Geschichten – jetzt wohl mehr Legenden –, die man sich in Melbourne erzählt, von einer weiblichen Auftragskillerin, tödlich und geschmeidig wie ein Panther. Ein Raubtier, das jede Frau gejagt und gefickt hat, die ihm über den Weg gelaufen ist, und das die Dunkelheit liebte. In ihr gelebt hat, sie gelebt hat. In ihrem Schutz getötet hat.«
»Klingt für mich nach einem Märchen.«
»Ist das so? Sollen wir es ausprobieren?« Die Frau ließ den Kimono über die Schultern zu Boden fallen und entblößte damit ihren weißen, durchsichtigen BH vollständig. Dunkle, große Brustwarzen zeichneten sich hart und deutlich sichtbar unter der Seide ab. »Deine Bedürfnisse würden selbstverständlich erfüllt werden. Sie wären Teil der Bezahlung. Und wenn ich nicht deinen Geschmack treffe, haben wir noch andere Frauen, die nur zu gerne meinen Platz einnehmen würden.«
Requiem musterte sie von oben bis unten und kämpfte gegen ihr Verlangen an. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie die Frau aussehen würde, wenn sie unter ihr lag, nach Erlösung bettelte, die Requiem ihr jedoch mit größter Freude verweigern würde. Das würde ihr nur recht geschehen – für ihre Voreiligkeit und die Annahme, dass sie die Bedingungen diktieren könnte. Für die anmaßende Vorstellung, sie könnte einen Platz an Requiems Tisch einnehmen.
»Du denkst, dass ich das brauche?« Requiem griff sich ihre Stiefel, um das Zittern ihrer Hände bei dem verführerischen Gedanken zu verbergen. Der Duft von Erregung lag in der Luft und sie wusste nur zu gut, dass er von ihr selbst ausging. Ihr Tonfall wurde noch kälter, passend zu der Wut auf sich selbst und ihre Schwäche. »Du kennst mich kein bisschen.«
Die Frau lachte. »Du bist trotz allem ein Mensch, Requiem. Aber zurück zu meinem Angebot: Töten, ein bisschen Spaß und unmarkierte Scheine. Und ein paar Sondervergünstigungen. Niemand wird je davon erfahren. Diskretion in jeglicher Hinsicht.« Sie strich sich mit den Fingern über den harten Nippel und befreite ihn aus dem BH. Ihre Brust war voll und ebenso perfekt und verführerisch wie der Rest von ihr. Ihre dunklen Augen lockten Requiem, forderten sie heraus.
Forderten. Sie. Heraus.
So anmaßend.
Aber in einem Punkt hatte die Frau recht: Requiem war in letzter Zeit zunehmend rastlos. Bislang hatte sie dem noch nicht nachgegeben, aber sie hatte auch noch kein derart verlockendes Angebot bekommen.
Es wäre so einfach. Alison würde nie davon erfahren. Requiem könnte diesen Job annehmen und nebenbei dieser selbstgefälligen, verführerischen Frau eine Lektion erteilen. Ihr zeigen, dass sie einen schrecklichen Fehler gemacht hatte mit dem Versuch, mit ihr zu spielen.
Es wäre auch kein Betrug – denn das hatte nichts mit Sex zu tun. Hier ging es nur um Macht. Es ging immer nur um Macht. Sie war Requiem, verdammt noch mal. Einst Australiens meist gefürchtete Auftragsmörderin. Sie sollte nicht wie eine brave, kleine Hausfrau denken. Die Wildheit tobte in ihr wie ein Tier, dass sich von seiner Leine befreien wollte. Ihr Lächeln glich mehr einem Zähnefletschen.
In letzter Zeit steigerte sich ihr Herzschlag bei dem Gedanken, wieder nach draußen zu gehen, wieder zu dem zu werden, was Requiem ausmachte. Die Dunkelheit war noch immer da. Die konnte man nicht mit einer hübschen Penthousewohnung, einem erstklassigen Job und einer liebevollen Frau vertreiben.
Sie sah Alison vor sich: naiv, begeisterungsfähig, loyal. Liebend.
Sie presste die Lippen aufeinander.
Die Frau am Boden schien ihr Zögern zu spüren, und beugte sich ein wenig zu ihr. »Es ist drei Jahre her, Requiem«, sagte sie mit tiefer, sinnlicher Stimme. »Drei Jahre, in denen du gefangen warst und die lammfromme Cellistin gespielt hast. Das kleine Fangirl nicht zu vergessen, dass dir immerzu an den Hacken klebt. Du musst inzwischen beides so leid sein.«
Requiem erstarrte und hielt den Atem an. Ihre Alarmglocken schrillten und gleichzeitig wurde sie wütend.
Hat dieses Miststück herausgefunden, wer Alison in Wahrheit ist? Was sie in Melbourne gemacht hat?
Sie runzelte die Stirn. Damals hatte Alison bei der Arbeit ihren zweiten Vornamen benutzt. Einen Namen, den sie jetzt nicht mehr verwenden wollte. Wie also sollte man sie hier in Wien wiedererkannt haben?
Requiems Gedanken rasten. Als sie sich hier niedergelassen hatten, hatte Alison ihren Kleidungsstil geändert und sich der eleganteren, europäischen Mode mit den gedeckteren Farben angepasst. Ihre Haare trug sie nicht mehr n
achlässig zu einem Pferdeschwanz gebunden, sondern hatte sich einen Pixie-Cut schneiden und sie rotbraun färben lassen. Selbst Alisons Schwester hatte sie am Flughafen zuerst nicht erkannt, als sie zu Besuch gekommen war. War es überhaupt möglich, dass Alison hier aufgespürt werden konnte?
In kriminellen Kreisen lebte niemand mehr, der von ihrer Verbindung wusste. Wenn diese Frau Alisons Identität kannte, dann würde Requiem sie umgehend erledigen müssen. Denn niemand bedrohte ihre Maus oder die Menschen, die Alison liebte.
Niemand.
Requiems Entscheidung stand fest, sie würde die Frau beseitigen. Der Raum bot drei Ausgänge, die sie beim Betreten schon erfasst hatte: die Tür, das Fenster und den Lüftungsschacht. Jetzt ging es nur noch um die Frage, wie sie die Frau am besten töten könnte, ohne ein zu großes Blutbad anzurichten.
»Wie heißt sie eigentlich?« Die Frau plauderte weiter, denn sie wusste nicht, dass sie soeben ihr eigenes Todesurteil unterzeichnet hatte. »Ich habe sie gesehen. Sie sieht entzückend aus. Wo um alles in der Welt hast du sie aufgegriffen? In der Bücherei? Am Bühneneingang, wo sie aufgeregt auf ein Autogramm von dir wartete?« Sie lachte.
Requiems Nasenflügel blähten sich leicht. Es war das einzige Zeichen, das ihre unendliche Erleichterung verriet. Sie weiß es nicht. Sie hat keinen blassen Schimmer. Alison ist sicher. Ihr Puls beruhigte sich langsam wieder.
»Sie ist schon süß, aber wo ist die Herausforderung?« Die Frau grinste überheblich, vollkommen ahnungslos, in welch tödlicher Gefahr sie bis vor ein paar Sekunden noch geschwebt hatte. »Du musst von der Leine gelassen werden. Du bist nicht zum Haustier geboren.«
Sie erhob sich und ging auf Requiem zu, strich ihr sacht über die Wange, und Requiem musste sich sehr beherrschen, um sie nicht schon für ihre abfällige Bemerkung über Alison zu bestrafen. Sie konzentrierte sich voll und ganz darauf, ihre Gefühle nicht zu zeigen.
»Also, wie sieht’s aus?«, erkundigte sich die Frau. »Haben wir einen Deal? Wirst du dich mit meinem Auftraggeber treffen? Du bist nicht die Einzige auf meiner Liste. Natürlich stehst du ganz oben, aber ich kann auch jemand anderen finden. Willst du mein … Angebot annehmen?«
Requiem betrachtete sie mit undurchdringlicher Miene. Die erotische Anziehung war mit der Anspielung auf Alison schlagartig verpufft. Sie konnte nicht glauben, dass sie beinahe schwach geworden wäre. Das war es nicht wert. Das wusste sie. Der Rausch, den sie bei diesen Machtspielen und dem dazugehörigen Sex empfand, war zwar ein appetitliches Paket: Hormone, ein Orgasmus und Kontrolle. Unterm Strich jedoch bedeutungslos.
Für Alison bestand der sexuelle Akt dagegen nur aus Liebe. Für sie gehörten Zärtlichkeit, Zuneigung und all die anderen, tieferen Gefühlen dazu. Es ging nie um schnelle Befriedigung oder Macht, sondern um süßes Auskosten, Leichtigkeit und Hingabe. Obwohl Requiem in dieser Beziehung anders war …
Doch Alison würde Sex mit einer anderen Person nie als bedeutungslos empfinden. Einen solchen Pakt mit dem Teufel, wie er Requiem angeboten wurde, würde sie nie eingehen.
Die Asiatin beobachtete Requiem aufmerksam. Sie kam ihr so nahe, dass Requiem ihren Atem spüren und den sinnlichen Duft ihrer Erregung wahrnehmen konnte. Die Frau presste ihre Brüste gegen sie.
Requiem lehnte sich ein wenig zurück und fuhr mit einem Finger über den harten, entblößten Nippel. Er war warm und so unglaublich einladend. Wie in alten Zeiten, in denen es Alison noch nicht gegeben hatte.
Sie tippte noch einmal auf die Brustwarzen. »Ich denke nicht«, meinte sie kühl und trat zurück.
Unterm Strich zählte hier nämlich nur eins: Alison. Requiem ertrug den Gedanken an Alisons Enttäuschung nicht, sollte sie jemals herausfinden, dass sie mit einer anderen Frau gevögelt hatte, nur um deren Überheblichkeit auszutreiben.
Sie konnte praktisch vor sich sehen, wie Alison ihre Koffer packte und sie verließ, denn einen solchen Betrug würde sie niemals verzeihen. Alison war weich, hatte aber einen stahlharten Kern. Sie war liebevoll, aber unnachgiebig. Sie hatte ihren Stolz, und den bewunderte Requiem ungemein. Vor allem nachdem Alison ein Leben lang eingeredet worden war, dass sie und ihre Bedürfnisse unbedeutend waren. Viele Jahre hatte sie geglaubt, dass sie nur zur Pflegerin ihrer narzisstischen Mutter taugte, und sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit beschimpfen und erniedrigen lassen.
Als sie schließlich die Kraft fand, sich zu befreien, war ein Feuer in ihr entzündet worden, das seitdem nicht mehr erloschen war. Requiem war sehr glücklich darüber. Frauen sollten ihren Wert kennen. Alison kannte ihren jetzt. Und ihre Bedingungen waren von Anfang an ebenso einfach wie klar gewesen: Sie führten eine Beziehung auf Augenhöhe und sie gehörten zusammen. Nur so war sie bereit gewesen, ihr sicheres, geregeltes Leben aufzugeben und einer unberechenbaren, gefährlichen Ex-Killerin nach Europa zu folgen.
Der Gedanke daran, Alisons Vertrauen und Zuneigung zu verlieren … die Vorstellung von ihrem Gesichtsausdruck, wenn sie erkannte, dass Requiem sie betrogen hatte … es käme einem Dolchstoß gleich. Würde jemand Alison einen derartigen Schmerz zufügen – Requiem würde ihn oder sie ohne zu zögern Stück für Stück auseinandernehmen. Die Erkenntnis, dass die Dunkelheit in ihr dafür gesorgt hatte, diese Konsequenzen für einen kurzen Moment zu vergessen, entsetzte sie.
Requiems Tonfall wurde noch eisiger. »Zieh dich an. Du hast keine Ahnung, welche Bedürfnisse ich habe. Ich bin nicht interessiert, egal, was du mir anbietest.«
Die Überraschung auf dem Gesicht der anderen Frau amüsierte Requiem. »Ich verstehe nicht. Ich habe dir alles angeboten, was du willst.« Verwirrung, Zweifel und ein Hauch Nervosität lagen in ihrem Blick. »Das ist es doch, was Requiem will. Das.«
Requiem bückte sich und reichte ihr den weißen Kimono. Sie konnte sehen, dass die Frau protestieren wollte, doch sie schaute Requiem noch einmal forschend in die Augen und schwieg.
Sie schlüpfte wieder in den Kimono. Das Selbstbewusstsein, das sie eben noch zur Schau gestellt hatte, war verpufft. Mit einer Hand schob sie ihr Haar hinter das Ohr, um sie zu bändigen. Die Geste war Requiem so unendlich vertraut und die Erkenntnis traf sie wie ein Blitschlag.
»Du bist Mi Na, oder?«, fragte sie erstaunt und musterte sie neugierig. »Nabis Schwester? Du warst im Internat, während Nabi mir wie ein Schatten gefolgt ist, als ich mein Handwerk gelernt habe. Dann hast du sie jetzt also übernommen? All ihre Aufgaben?« Sie zog die Augenbrauen betont spöttisch nach oben. Wie konnte dieses kleine Mädchen nur denken, eine so gute Attentäterin werden zu können wie ihre Schwester? Requiem betrachtete ihre makellose Haut und sah das Feuer in ihren Augen. Nein. Nie im Leben arbeitete sie als Auftragsmörderin. Aber was war sie dann?
»Fick dich«, antwortete Mi Na ausdruckslos. Ihr Tonfall war wie der Nabis, als diese damals vergeblich versucht hatte, Requiem zu töten.
Mi Nas Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie streckte die Hand nach dem CD-Player aus, drehte die Lautstärke hoch, bis das Rauschen des Wasserfalls und die Vogelstimmen beinahe ohrenbetäubend waren.
Requiem beobachtete aufmerksam jede ihrer Bewegungen. Sie wippte leicht auf den Fußballen und wartete. Die Frau war eine Amateurin. Von ihr ging keine Gefahr aus. Aber Requiem war neugierig.
Plötzlich bückte Mi Na sich, zog ihre Sandale aus und drehte sie herum. Zu spät erkannte Requiem das Blitzen von Metall.
Mi Na war unglaublich schnell, wie ihre Schwester. Sie zielte mit der Klinge seitlich auf Requiems Kehle. Doch diese war sehr viel muskulöser, packte ihre Hand und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Kurz überlegte sie, ob sie ihn brechen sollte. Es wäre so einfach. Und eine gute Erinnerung daran, mit wem Mi Na sich hier angelegt hatte.
Doch Mi Nas Flinkheit glich Requiems Kraft aus. Es gelang ihr, den Arm zu befreien, und mit drei schnellen Schritten stieß sie sich an der Wand ab und holte dadurch genug Schwung, um mit einem Salto hinter Requiem zu landen. Sie warf den Kessel mit den heißen Steinen um, sodass er auf Requiem zuflog. Diese konnte ihm nur knapp ausweichen.
Glühend heiße Steine rollten in alle Richtungen. Mi Na griff sich mit bloßen Händen zwei von ihnen, scheinbar ohne deren Hitze zu bemerke
n. Sie fauchte wütend und warf einen nach Requiems Kopf.
Requiem drehte den Kopf weg, sodass er sie verfehlte, doch Mi Na warf im gleichen Moment den zweiten, den Requiem nur mit dem Unterarm abwehren konnte. Sie ignorierte den Schmerz und schleuderte den Stein zurück auf Mi Na. Er traf die Asiatin an der Schulter, was diese mit einem schmerzerfüllten Laut quittierte.
Mi Nas Hände suchten fieberhaft nach einer weiteren Waffe. Schließlich griff sie nach einer kleinen, kompakten Buddhastatue, schwang sie wie eine Keule kraftvoll durch die Luft, und ließ sie dann los.
Requiem konnte nicht schnell genug ausweichen. Die Bronzestatue traf ihren Rücken mit einem dumpfen Laut. Sie zuckte zusammen. Musste es denn unbedingt schon wieder die Narbe auf ihrem Rücken erwischen?
Sie riss das Mobile von der Decke, als ihre Angreiferin auf sie zu rannte. Mit einem schnellen Ausfallschritt wich Requiem zurück, als wäre Mi Na ein heranrasender Stier, und wickelte ihr das Durcheinander aus Metall und Angelschnur um den Hals. Mi Na wurde nach hinten gerissen und wehrte sich heftig, als sich die Schnur in ihre Haut grub. Ihr Gesicht lief rot an.
Mi Na versuchte sich zu befreien und Requiem zu kratzen, doch diese verstärkte den Druck. Sie zog die junge Frau dicht zu sich heran und raunte ihr ins Ohr: »Ich muss nur einmal zudrücken und du bist tot.« Sie zog ein wenig an der Angelschnur, um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen. »Du bist nicht einmal annähernd so gut wie deine Schwester. Wenn Nabi es gewollt hätte, wäre ich bereits tot. Ich kannte ihre vielen Fähigkeiten und davon hatte sie wirklich mehr als genug. Manchmal denke ich gerne an einige von ihnen zurück.«
Mi Na reagierte mit einem Knurren auf die Provokation dieser zweideutigen Aussage. Requiem lächelte. Wut machte die Menschen leichtsinnig, ließ sie Fehler begehen. »Dann sag doch mal: Wolltest du mich aufschlitzen, während wir ficken? Oder sollte diese Pseudo-Verführung nur meinen Appetit wecken? Eigentlich wolltest du doch nur, dass ich mich mit deinem angeblichen Auftraggeber treffe, damit du meine Leiche ohne großen Aufwand entsorgen kannst. Hab ich recht?«