001 - Wild like a River
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Haven hält erst inne, als um uns herum nur noch Büsche und Bäume zu sehen sind. Mit etwas gutem Willen lässt sich fast vergessen, dass man in jeder Richtung nach nicht einmal hundert Metern wieder auf Spazierwege stößt.
Sie wendet sich zu mir um, und ihr Lächeln überrascht mich. Inzwischen habe ich mich auf ein wirklich ernstes Thema eingestellt, und wenn es um ernste Dinge geht, lächelt Haven normalerweise nicht.
«Stella hat uns zu einer Party eingeladen», sagt sie und lehnt sich gegen einen Stamm. Wäre es für sie nicht völlig untypisch, würde ich sagen, sie sieht mich in diesem Moment beinahe herausfordernd an. Und wieso zum Teufel fragt Stella Haven, ob wir zu einer Party kommen wollen, und nicht mich?
«Okay.» Ganz eindeutig wird gerade eine Reaktion von mir erwartet, aber alles, was mir dazu einfällt, ist die Frage, warum wir für diese Ankündigung extra hierhergefahren sind.
«Hast du denn Lust hinzugehen?», fragt Haven.
Moment. Das Party-Thema. Okay, jetzt meine ich zu verstehen. Haven befürchtet, ich würde nicht mitgehen wollen. «Tja, wenn du hinwillst …»
«Du hast also keine Lust.»
«Ich muss da nicht hin, nein.»
«Warum nicht?»
«Weil mich das im Moment einfach nicht anmacht.»
«Weil ich dabei wäre?»
Es geht doch nicht um das Party-Thema.
«Nein, nicht weil du dabei wärst. Mit dir hat das gar nichts zu tun.»
«Aber Stella hat gesagt, du wärst früher überall dabei gewesen, und seitdem du mich kennst, nicht mehr.»
Danke, Stella.
«Wieso behauptest du also, es hätte nichts mit mir zu tun?»
Zum ersten Mal, seit ich Haven kenne, sieht sie wütend aus. «Du hast mir versprochen, du sagst mir, wenn ich durch irgendetwas blöd rüberkomme – also was ist es?»
«Haven, es gibt da nichts.»
«Warum willst du dann nicht, dass ich deine Freunde treffe?» Sie stößt sich vom Baumstamm ab und kommt auf mich zu. «Denkst du, ich könnte dich irgendwie blamieren?»
«Nein, ich …»
«Oder findest du es peinlich, weil ich bei den meisten Dingen immer noch nicht mitreden kann?»
«Haven …»
«Ich weiß selbst, dass ich nicht so … so lässig bin wie die anderen, aber …»
«Haven, es geht nur um eine Scheißparty und nicht um eine Einladung beim Premierminister!»
Einen Moment lang sieht Haven bestürzt aus, und ich bereue meinen unbeherrschten Ton, aber verflucht noch mal …
«Warum unternehmen wir dann immer nur etwas zu zweit?», fragt sie leise, und mein Ärger fällt in sich zusammen.
«Weil ich einfach gern mit dir zusammen bin.»
Und weil ich nicht will, dass dich irgendwelche blöden Sprüche verletzen. Jackson, der Beschützer. Mal wieder.
Und weil …
Sie sieht mich nur abwartend an, und resigniert füge ich hinzu: «Okay, dann gehen wir zu Stellas Party. Ganz offenbar musst du ja wohl hin, bevor du mir glaubst, dass da nur ein Haufen Menschen rumhängt, Sprüche reißt und dabei Drinks in sich reinkippt.»
Mit verschränkten Armen wendet Haven sich ab. «Darum geht es doch gar nicht.»
Nein, darum geht es ihr nicht. Kurz senke ich den Kopf, bevor ich hinter sie trete und sie an mich ziehe. «Haven, es gibt absolut nichts an dir, was mir irgendwie peinlich oder unangenehm oder sonst was wäre. Ich finde dich großartig, und ich geh mit dir überallhin, okay?»
«Denkst du, so was wie eine Party wäre zu viel für mich? Das hat Stella auch gesagt.»
Das denke ich tatsächlich. Und gleichzeitig weiß ich, dass das nicht der einzige Grund ist. Vielleicht nicht einmal der wichtigere Grund. Vor allem bin ich nämlich ein eifersüchtiger Arsch, der aber lieber auf der Stelle tot umfallen würde, als das Haven gegenüber zuzugeben und sie vielleicht sogar zu fragen, ob es im Bereich des Möglichen läge, dass ihr bei entsprechender Auswahl jemand anderes als ich besser gefallen könnte. Es ist ja nicht so, als wäre mir das nicht schon vorher passiert. Mit Stella. Und mit Lynn. So unterschiedlich die Situationen auch waren.
«Ja, denke ich», beantworte ich endlich Havens Frage. «Und ich glaube auch, dass du mit einer Party echt nichts anfangen kannst.» Den anderen Mist lasse ich weg. Damit muss ich einfach selbst klarkommen.
«Findest du nicht, das solltest du mich selbst entscheiden lassen?» Haven blickt mir über ihre Schulter hinweg ins Gesicht.
«Finde ich nicht.»
Empört holt sie Luft, hält aber inne, als sie mich grinsen sieht. «Ein Scherz?», fragt sie vorsichtig.
«Ein blöder Scherz, sorry.»
Ich küsse die Seite ihres Halses und spüre, wie sie in meinen Armen nachgiebiger wird.
Geben wir uns also diese Party. Was soll’s. Wenn ich nicht komplett falschliege, wird Haven es furchtbar finden. Und ich übe mich eben einen Abend lang in Konfrontationstherapie. Haven auf einer Party mit jeder Menge Typen wie Easton oder Jon – das wird anstrengend, so viel ist sicher.
26
HAVEN
Samstagabend gegen acht. Bringt irgendwas zu trinken mit.
Stellas Nachricht kam direkt am nächsten Tag, und seitdem bin ich aufgeregt. Jackson meinte, er würde sich um den Alkohol kümmern, und er hat den Kopf geschüttelt, als ich ihn fragte, ob ich noch so etwas wie ein Gastgeschenk besorgen müsse.
«Man fährt da hin, man trinkt, man unterhält sich, man trinkt mehr, und dann lässt man sich im besten Fall von irgendjemanden wieder nach Hause fahren, der nichts getrunken hat», war seine Aussage zum Ablauf des Abends.
Man unterhält sich. Allein der Gedanke daran, zwischen lauter fremden Menschen zu stehen und mit ihnen reden zu müssen, bringt mich ins Schwitzen. In nicht einmal zwei Stunden wird Jackson vorbeikommen, um mich abzuholen. Seit dem Frühstück starre ich überwiegend aus dem Fenster, statt an meinem Schreibtisch an einer Hausarbeit zu arbeiten, wie ich es eigentlich vorhatte. Ich habe Caroline erzählt, dass ich heute Abend auf einer Party bin, und sie hat mir viel Spaß gewünscht. Lucy dagegen hat mich angesehen, als habe ich tatsächlich eine Einladung zum Premierminister erhalten. «Du gehst auf eine Party?», hat sie gesagt, jede Silbe pure Ungläubigkeit, was ihr ein scharfes «Lucy!» von ihrer Mutter eintrug. Daraufhin verdrehte meine Cousine die Augen, und ich beschloss, dass ein Tee zum Frühstück völlig ausreicht.
Ich werde das schaffen. Ich will es schaffen. Wenn alles so läuft, wie ich mir das wünsche, werde ich nach dieser Party ein klein wenig mehr dazugehören. Vielleicht fällt Jackson dann ja auch auf, dass es ganz angenehm ist, nicht dauernd zwischen mir und seinen Freunden wählen zu müssen. Diese Party ist eine Prüfung. Bestehe ich sie, habe ich Jackson und auch mir selbst bewiesen, dass ich nicht langweilig bin und nicht seltsam und überhaupt einfach ein Mensch, den man auch zur nächsten Party einlädt. Oder mit dem man mal etwas anderes unternimmt, vielleicht einen Kaffee trinken geht, weil … man mich mag. Ich stelle es mir schön vor, in der Uni Leute grüßen zu können, und sie grüßen zurück, und man freut sich einfach, einander zu sehen.
Aber was, wenn das heute Abend schiefgeht? Wenn sie mich nicht mögen? Mit irgendjemandem muss ich jetzt über diese Party reden. Nicht mit Jackson. Ich glaube, der hat dazu schon alles gesagt. Sam, Lucy und Caroline fallen aus naheliegenden Gründen ebenfalls raus, und dass ich nicht mit Stella darüber reden kann, warum mich der Gedanke an ihre Party ziemlich nervös macht, ist wohl auch klar. Bliebe Jon. Oder … ich ziehe das Telefon zu mir, um Rae anzurufen. Seit unserem zweiten Shoppingtrip habe ich nichts mehr von ihr gehört, doch immerhin wollten wir uns noch mal treffen. Dann wird ja wohl ein Anruf nicht allzu ungewöhnlich sein, hoffe ich.
«Hi, Haven.» Rae klingt erstaunlicherweise nicht besonders überrascht, sondern eher so, als würden wir häufiger miteinander telefonieren.
«Rae, hallo. Ich würde dich gern etwas fragen», komme ich sofort zur Sache, bevor mir einfällt, dass das blöd sein könnte. «Wie geht es dir?»
«Gut», erwidert sie. «Wolltest du mich das fragen?»
«Nein, also … du warst doch garantiert scho
n auf Partys, oder?»
«Klar.»
«Worüber unterhält man sich da so?»
Ich rechne es Rae hoch an, dass sie an dieser Stelle nicht auflacht.
«Kommt drauf an», sagt sie nach einigen Sekunden.
«Worauf?»
«Mit wem du hingehst, wer noch so da ist, was es für eine Party ist, und ob die Musik so laut ist, dass man sich überhaupt unterhalten kann.»
Ich hoffe, die Musik wird laut sein. «Es werden nur Leute da sein, die ich kaum kenne, es ist eine Studentenparty, und ich gehe mit Jackson hin», zähle ich auf.
«Du bist mit deinem Freund da?», sagt Rae. «Tja, dann kannst du entweder in seiner Nähe bleiben oder du besorgst dir was zu trinken und guckst dich in Ruhe um. Und wenn du jemanden siehst, der nett wirkt, stellst du dich daneben und sagst ‹Hallo, ich bin Haven›.»
«Und dann?»
«Wie, und dann?»
«Was sage ich nach Hallo?»
«Dann wartest du ab, was der andere sagt.»
«Und wenn der auch nur hallo sagt?»
«Haven.» Jetzt lacht Rae doch. «Die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Person genauso unsicher ist wie du, liegt unter null. Warst du denn noch nie auf einer Party?»
«Nein. Was soll ich also tun, wenn wir beide hallo gesagt haben, und mehr passiert nicht?»
«Okay, lass mal überlegen.» Es raschelt am anderen Ende, und ich stelle mir vor, dass Rae es sich gerade bequem macht. «Du könntest fragen, woher derjenige die Leute kennt, die diese Party veranstalten. Klassiker. Oder was er oder sie studiert, noch ein Klassiker. Und dann fragst du einfach weiter. Warum ausgerechnet dieses Studium? Geht ihr auf die gleiche Uni? Welche Dozenten findet ihr gut? Das Essen in der Mensa war heute echt mies, oder, hey, ich mag übrigens dein Shirt, wo hast du das gekauft, und wie findest du die Musik hier? Es ist …» Rae unterbricht sich. «Haven? Du schreibst nicht gerade mit, oder?»
Ertappt lasse ich den Stift sinken. «Doch.»
«Glaub mir einfach – das ergibt sich. Frag irgendetwas und lass zwischendurch genügend Luft, damit dein Gegenüber auch mal was fragen kann, das ist alles. Es ist ganz leicht, du wirst sehen. Lauf einfach ein bisschen rum – irgendwo ist eigentlich immer jemand, mit dem man sich zumindest eine Zeitlang unterhalten kann. Und wenn du nach einer Stunde noch kein Gespräch zum Laufen gekriegt hast, erklärst du die Party für lahm und gehst nach Hause. Vergiss nur Jackson nicht.» Raes Grinsen bei diesen Worten ist spürbar.
«Hoffentlich hast du recht», sage ich wenig überzeugt. «Hast du nicht Lust mitzukommen?» Das rutscht mir heraus, bevor ich mir die Frage stelle, ob es in Ordnung ist, einfach noch jemanden zu Stellas Party mitzubringen.
«Lieber nicht, ich mach mir nicht so viel aus Partys.»
Noch jemand, der Partys nicht mag. «Wieso nicht?»
«Ist einfach so.»
«Jackson mag auch keine Partys. Und er denkt, ich würde sie auch nicht mögen.»
«Ach, da muss er nicht recht haben. Früher bin ich gern auf Partys gegangen, aber …» Rae unterbricht sich. «Es wird bestimmt lustig. Wenn du wieder zurück bist, schreib mir eine Nachricht, wie es dir gefallen hat, okay?»
«Mach ich.»
«Weißt du schon, was du anziehst?»
«Ähm … eine Hose? Und ein T-Shirt?»
Ganz kurz ist es still am anderen Ende. «Das wird wohl passen», sagt Rae schließlich.
«Wieso? Zieht man auf Partys irgendetwas Besonderes an?»
«Nein, eigentlich nicht», wiegelt Rae ab.
«Aber warum hast du dann gefragt? Was sollte ich denn anziehen?»
«Zieh irgendetwas an, worin du dich wohl fühlst. Und selbstbewusst.»
Meine erste Antwort auf diesen Ratschlag schlucke ich hinunter. Früher habe ich meine Stimmung nie von meinen Kleidern abhängig gemacht – aktuell allerdings würde ich vermutlich sogar zögern, meine alten Sachen in Jasper im Wald anzuziehen.
«Was würdest du anziehen, wenn du ich wärst?» Praktischerweise kennt Rae alle meine Kleider. Sie hat sie ja beinahe alle zusammen mit mir ausgesucht.
«Das schwarze, ärmellose Top mit dem Stehkragen», entscheidet Rae spontan. «Und dazu eine schwarze Jeans.»
«Okay.»
«Was hast du für Schuhe?»
«Nur die Turnschuhe, die wir gekauft haben.» Und meine alten Wanderstiefel, aber die muss ich garantiert erst gar nicht erwähnen.
«Hast du nicht ein paar coole Boots? Schwarze?»
«Nein.»
«Du hast echt nur die Sneakers? Sonst nix?»
«Na ja …»
«Welche Größe hast du?»
«Neun.»
«Wo wohnst du? Ich bring dir was vorbei.»
Sekunden später ist unser Gespräch beendet, und ich lasse das Telefon auf den Schreibtisch sinken. Rae fährt jetzt los. Hierher. Nur um mir ein paar Schuhe zu bringen.
Obwohl ich nicht einmal denke, dass ich mich in ihren Schuhen anders fühlen werde als in meinen eigenen, kommt das doch meinem Wunsch, so etwas wie eine Freundin zu haben, ziemlich nahe.
JACKSON
A ls ich beim Haus von Havens Tante ankomme, wartet Haven bereits an der Straße. Neben ihr steht eine Frau mit langen dunklen Haaren, die ich noch nie gesehen habe und die interessiert in meinen Wagen schaut. Unmittelbar darauf nickt sie erst mir und dann Haven zu, und weil ich in diesem Moment die Autotür öffne, bekomme ich noch mit, wie sich die beiden voneinander verabschieden.
«Okay, bis nachher!», ruft Haven, und jetzt bin ich es, der neugierig guckt.
«Das war Rae.» Haven strahlt mich an. «Sie hat mir Schuhe ausgeliehen.»
«Sie hat dir Schuhe geliehen?» Ich gucke auf Havens Füße. Schmale, schwarze Schnürstiefel, etwas über knöchelhoch. Lässig. Das ganze Outfit ist ziemlich lässig. Havens helle Haut und die roten Haare werden durch die schwarze Kleidung auf eine Art betont – würden wir uns nicht bereits kennen, würde ich mich heute Abend mit Sicherheit schwer ins Zeug legen, um sie kennenzulernen. «Du siehst großartig aus.»
«Danke. Du auch.»
Grinsend ziehe ich sie an mich und versenke meine Nase in ihrem Haar, bevor sie aufsieht, um mich zu küssen.
In dieser Sekunde freue ich mich sogar auf den Abend. Warum sollte es nicht tatsächlich ganz okay werden? Dylan und Debbie werden da sein, wir suchen uns einfach eine ruhige Ecke, irgendwo draußen im Garten, und wenn ich es schaffen sollte, mich gelegentlich von Havens Anblick loszureißen, unterhalte ich mich vielleicht ein bisschen.
«Ich bin ziemlich aufgeregt», flüstert Haven.
«Es wird bestimmt gut.» Ich küsse sie noch einmal, überzeugt, dass es nichts gibt, das zusammen mit Haven nicht gut werden könnte.
Während der gesamten Autofahrt über liegt Havens Hand auf meinem Bein, und hätte sie es nicht bereits gesagt, wäre mir spätestens durch ihre eiskalten Finger klar, dass Haven mehr als nur nervös ist.
Die Sonne ist schon untergegangen, als wir gegen halb neun ankommen. Sowohl im Vorgarten als auch auf der Veranda stehen Leute herum. Ist ja schon einiges los, dafür, dass die Party erst vor einer halben Stunde angefangen hat.
Ich werfe Haven einen schnellen Blick zu, die sich dicht neben mir hält, und drücke ihre noch immer kalte Hand, während wir die Stufen zur Veranda hochsteigen. «Wenn du keine Lust mehr hast, gehen wir wieder, okay?»
Haven nickt, doch bevor sie etwas antworten kann, lösen sich Diane und Kaylee aus einer kleinen Gruppe, die draußen neben der Haustür steht.
«Hi, da seid ihr ja endlich! Wir dachten schon, ihr kommt nicht mehr», ruft Diane und hakt sich bei Haven unter. «Ich bin Diane. Schön, dass ihr da seid.»
Kaylee fällt mir lachend um den Hals. «Jax! Dass du dich mal wieder blicken lässt!»
«Wir sehen uns dauernd in der Uni.» Ich will ihr den Gin in die Hand drücken, den ich mitgebracht habe.
«Tagsüber zählt nicht», erklärt Kaylee grinsend und schiebt die Flasche zurück. «Stell sie einfach zu den anderen in die Küche. Und bring euch gleich etwas zu trinken mit, du siehst ja, was alles da ist. Mir könntest du übrigens auch
einen neuen Drink besorgen.» Sie wendet sich Haven zu. «Hi! Wir kennen uns ja schon. Wie wär’s mit einer Tour durchs Haus?»
Haven sieht mich über Kaylees Kopf hinweg an, dann jedoch erwidert sie Kaylees Lächeln. «Okay.»
Ihre Hand löst sich aus meiner, und sie lässt sich von Diane und Kaylee durch die Tür schleifen, während ich mich hinter ihnen her auf den Weg zur Küche mache. Es ist wirklich verflucht voll hier.
«Jax!» Gerade habe ich mich bis zum Kühlschrank durchgeschlagen, da taucht Chase vor mir auf. «Mit dir habe ich ja überhaupt nicht gerechnet – bist du echt mal ohne dein Waldmädchen unterwegs?»
«Chase, halt die Klappe. Bist du etwa schon voll?»
«Ich bin erst seit einer halben Stunde hier, aber ich arbeite daran.» Er nimmt mir den Gin aus der Hand. «Das schreit nach Gin Tonic. Willst du auch einen?»
«Ja, aber ich mach ihn mir selbst. Ich muss noch fahren.»
«Ich mix dir einen schwachen.»
«Vergiss es.»
«Okay, dann mach du mir einen mit, aber ich muss heute nicht mehr fahren, vergiss das nicht.»
Den Gin in der linken und eine Flasche Tonic Water aus dem Kühlschrank in der rechten Hand sehe ich mich suchend um, ohne Erfolg. Es dauert eine Weile, bis Chase und ich vier Gläser beisammenhaben, die zunächst einmal gespült werden müssen.
«Also, was treibt dich hierher?», will Chase wissen, während ich das heiße Wasser am Spülbecken aufdrehe.
«Stella hat Haven eingeladen.»
«Ach, deine Freundin ist doch da? Wo ist sie denn?»
«Keine Ahnung. Kaylee und Diane wollten ihr das Haus zeigen. Siehst du hier irgendwo ein Handtuch?»
Ein paar Minuten später mixe ich Drinks, für Kaylee und Chase wie gewohnt, für Haven und mich mit nur der halben Menge an Gin.
«Okay, ich geh mal gucken, wo sie stecken», sage ich, nachdem ich Chase sein Glas in die Hand gedrückt und mit ihm angestoßen habe.
«Alles klar, wir sehen uns.»
Drei Gläser vor mir herbalancierend drängele ich mich zwischen den Leuten hindurch. Sobald ich mich aus der Küche herausgearbeitet habe, komme ich einigermaßen einfach durch die lange Diele, die zum riesigen Wohnzimmer führt, dort allerdings ist es so voll wie auf einem Konzert in den ersten Reihen. Wo kommen denn all diese Leute her? Die meisten von ihnen habe ich noch nie gesehen. Und wenn mir das schon zu eng ist, wie muss es dann Haven gehen? Plötzlich ist mir die Musik zu laut, und das Stimmengewirr beginnt mich zu nerven. Wo ist sie?