Faded Duet 2 - Faded - Wenn alles stillsteht
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»Sie?«, fragt Francesca und zieht eine rotbraune Augenbraue in die Höhe.
»Ja, ich.« Carlys Augen blitzen auf, und ihr Tonfall wird ein wenig resoluter. »Hören Sie, ich mag keinerlei Erfahrung darin haben, eine Tournee zu organisieren, aber ich habe die vergangenen fünf Jahre damit verbracht, eine Bühne in einer der beliebtesten Musikkneipen in Nashville zu managen. Ich weiß, wie man mit Roadies umgeht, einen Auftrittsplan zusammenstellt, störrische Tontechniker bezirzt und sogar die melodramatischsten Musiker davon überzeugt …«, sie wirft Aiden einen interessanten Blick zu, »… zum vereinbarten Zeitpunkt auf der Bühne zu erscheinen.«
Aiden läuft um den Hals herum unübersehbar rot an. Ob nun vor Wut oder Verlegenheit weiß niemand zu sagen.
»Die Tournee ist bereits geplant«, murmelt Francesca, während es in ihrem Kopf sichtbar arbeitet. »Es würde lediglich darum gehen, kleinere Probleme zu lösen, wenn sie denn auftreten sollten. Die Koordination mit den Veranstaltern vor und nach der Ankunft, die Bestätigung der Reservierungen, das Ein- und Auschecken in den Hotels, die Gewährleistung, dass die Cateringteams den Bus bei jedem Halt neu auffüllen, die Überwachung der Bühnencrew, damit sie ihren Zeitplan einhält … solche Sachen.«
»Das kann ich übernehmen«, sagt Carly nickend. »Tja … zumindest denke ich, dass ich das kann. Ich bin mir zu sechsundachtzig Prozent sicher.«
»Wie beruhigend«, murmelt Aiden. »Das Gleiche würdest du vermutlich in Bezug auf eine Gehirnoperation sagen, wenn dir jemand ein Skalpell in die Hand drücken würde.«
Carly wirft ihm einen frostigen Blick zu. »Oh, du willst mich nicht mit einem Skalpell in der Hand erleben, Aiden. Ich könnte es bei dir zum Einsatz bringen, wenn du mich weiterhin so beleidigst.«
Lincoln lacht.
»Ich halte das jedenfalls für eine großartige Idee«, meldet sich Felicity zu Wort und tritt neben Carly.
»Natürlich tust du das«, murmle ich leise.
Felicity richtet ihren eisigen Blick ruckartig auf mich. »Wie war das, Ryder?«
Ich zucke beiläufig mit den Schultern, schiebe die Hände in meine Hosentaschen und halte den Mund. Ich habe heute Abend keine Lust mehr, mich mit ihr anzulegen.
Ich habe generell keine Lust mehr, mich mit ihr anzulegen.
»Hast du gar keine Meinung zu der Angelegenheit?« Sie kneift die Augen zusammen und starrt mich an. »Komisch, vorhin hattest du noch jede Menge Meinungen.«
Ich beiße die Zähne zusammen, um mich davon abzuhalten, den Köder zu schlucken. »Ich bin der Meinung, dass Carly sich ruhig ein bisschen nützlich machen kann, wenn sie ohnehin vorhat, uns zumindest auf dem ersten Abschnitt der Reise zu begleiten.«
Felicity zieht die Augenbrauen hoch, und ihr Mund wird schlaff – was auch immer sie erwartet hat, eine zustimmende Äußerung war es jedenfalls nicht.
»Wirklich?« Carly strahlt mich hoffnungsvoll an.
Ich zucke mit den Schultern und zwinkere ihr zu. »Wenn das bedeutet, dass wir jetzt aufhören können, über organisationsstechnischen Kram zu reden, geht das für mich in Ordnung.«
»Leute«, murmelt Lincoln. »Wir haben gerade unser erstes gottverdammtes Konzert gespielt! Wir sollten feiern und nicht über die Arbeit reden.«
Aiden blickt finster drein. »Findet ihr nicht, dass die ganze Band offiziell darüber abstimmen sollte?«
»Eine Abstimmung? Meinetwegen.« Felicity hebt die Finger und zählt nach. »Ich bin dafür, Ryder ist dafür, und so wie Linc seit zwei Minuten grinst, schätze ich, dass er ebenfalls dafür ist.«
»Verdammt richtig«, bestätigt Linc und wackelt mit seinen Augenbrauen in Carlys Richtung. »Ich erhebe Anspruch auf die obere Koje, Babe.«
Sie schnaubt.
»Da hast du deine Abstimmung«, sagt Felicity zu Aiden und wedelt mit drei Fingern in seine Richtung. »Die Mehrheit gewinnt. Carly bleibt als unsere vorübergehende Tourneemanagerin bei uns.«
»Aber …«
»Aiden, ich bin müde. Es war ein langer Tag, und ich werde jetzt ins Bett gehen.« Felicity hakt sich bei Carly unter und schaut dann zu Francesca. »Wo steht unser Bus noch mal?«
»Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.«
Die Frauen entschwinden in einer beeindruckenden Formation aus hochhackigen Schuhen und Unerschrockenheit.
Obwohl ich wirklich sauer auf Felicity bin, empfinde ich in diesem Augenblick lediglich Stolz. Sie hat eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht, seit sie als schüchterne junge Frau nach Nashville kam, um als Kellnerin zu arbeiten und in einem Zimmer über einer Bar zu wohnen. Damals hatte sie noch nicht einmal den Mut, um vor anderen Leuten zu singen. Aus einem eisernen Selbsterhaltungstrieb heraus hatte sie ihren Namen, ihr Talent und ihre Identität erfolgreich vor der Welt verborgen gehalten.
Doch nun ist nichts davon mehr im Verborgenen. Nun ist sie stark genug, um mit der Beachtung umzugehen, die sie schon immer verdient hatte.
Das ist verflucht sexy.
Linc griemelt, während er zusieht, wie die Frauen außer Sichtweite verschwinden. »Eine Blondine, ein Rotschopf und eine Brünette steigen in einen Tourbus …«
Aiden blickt zur Decke und wirkt kein bisschen amüsiert.
Linc lacht über seinen eigenen Witz und geht den Flur hinunter. Zwei unserer Sicherheitsleute lösen sich von ihrer Vierer-Einheit und folgen ihm. Als sie fort sind, schaut mich Aiden voller Verzweiflung an, als könnte ich uns irgendwie vor diesem Schicksal bewahren.
Ich kann dich nicht retten, Mann.
Ich kann mich nicht mal selbst retten.
»Willst du darüber reden?«, frage ich stattdessen.
Er zieht die Augenbrauen hoch. »Worüber?«
»Über das, was dir an dieser Frau so unter die Haut geht, was auch immer das sein mag.«
Er ballt die Hände an den Seiten zu Fäusten. »Wie oft habe ich dich gebeten, über Felicity zu reden?«
Ich blinzle. »Niemals.«
»Genau.«
»Schön. Ich muss es nicht wissen.« Ich zucke mit den Schultern. »Aber was auch immer es ist, finde es heraus. Ich habe dich noch nie zuvor so angespannt gesehen, Mann. Das gefällt mir nicht.«
»Wenn das stimmen würde, hättest du niemals zugelassen, dass sie bleibt.«
Er stürmt ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer, mit angespannten Muskeln und finsterer Miene. Wenn ich es nicht besser wüsste …
Würde ich sagen, dass er in diese Frau verliebt ist.
Ich warte eine Weile, bis ich ihm folge, und nehme mir einen Moment, um mich zu sammeln. Diese Nacht lastet schwer auf meiner Brust. Ich kann nicht umhin zu denken, dass Lincoln vorhin recht hatte. Mit all diesen Geheimnissen … wird dieser Tourbus ziemlich überfüllt sein.
15. KAPITEL
Felicity
Es ist fast Mitternacht, aber vor der Konzerthalle steht immer noch eine Menge, als wir in die warme Augustluft hinaustreten – begeisterte Fans, die darauf hoffen, einen letzten Blick auf uns werfen zu können, wenn wir in den Tourbus steigen. Außerdem haben sich dort Paparazzi versammelt, die auf ein gutes Foto warten, das sie an die Klatschmagazine und Unterhaltungswebseiten verkaufen können. Sie haben sich hinter den metallenen Absperrungen aufgereiht, die unseren Weg vom Gebäude zu den Bussen säumen, schießen Fotos und winken aufgeregt, als ich aus der Tür trete.
Ich höre Lincoln und Carly miteinander reden, während sie mir nach draußen folgen, aber ich bin zu müde, um mich auf ihre Unterhaltung zu konzentrieren. Nun, da der Adrenalinstoß des Auftritts abklingt, trifft mich die Erschöpfung mit voller Wucht. Selbst meine Knochen fühlen sich müde an, als ich die Füße beim Gehen hebe und Francesca auf dem Spießrutenlauf aus Schreien und Jubelrufen folge.
»Felicityyyyyy!«
»Wir lieben dich!«
»Das war ein toller Auftritt heute Abend!«
Ich sollte vermutlich stehen bleiben und spontan ein paar Autogramme geben, aber ich kann kaum genug Energie zum Winken aufbringen. All diese Lichter, dieser Lärm.
All dieses Geschrei. Falsches Gelächter über Witze von Fremden und ständig ein breites Lächeln, obwohl die Wangen schon ganz verkrampft sind … Ich fühle mich vollkommen ausgelaugt. Meine Seelenbatterien sind restlos leer. Mein introvertiertes Ich schreit nach einer Atempause, wenn auch nur, um sich bei einem guten Buch, einer Tasse Tee und etwas Ruhe zu erholen.
Ich sehe das Licht am Ende des Tunnels: zwei schwarze Reisebusse, auf deren Seiten WILDWOOD steht – in der gleichen geschwungenen Schrift, die auch unsere Albumcover und Gitarrenplektrons, das Banner unserer Webseite und die Artikel im Merchandise-Shop ziert. Es gibt einen Bus für das Team und die Ausrüstung. Der andere ist für die Band reserviert.
Das wird für die absehbare Zukunft mein Zuhause sein.
Wir haben die Bustüren fast erreicht, als sich eine Frau aus der Menge löst. Bevor die Sicherheitsmitarbeiter reagieren können, hat sie die metallenen Absperrungen überwunden und stellt sich mir direkt in den Weg. Ich erstarre, und meine Welt kommt ruckartig zum Stehen, während ich sie anschaue. Ich erkenne dieses zerbrechliche Wesen vor mir kaum. Sie starrt mich ebenfalls an. Ihr fiebriger Blick huscht über mein Gesicht, mein Kleid, meine nackten Beine. Das Haar, die Stöckelschuhe, die roten Lippen.
»Du bist erwachsen geworden«, flüstert sie. Ihr Lächeln wankt ebenso sehr wie ihr Stand. »Du bist so schön.«
Und du hast dich so sehr verändert.
Flüchtig nehme ich wahr, dass ich aufgehört habe zu atmen, aber ich kann mich offenbar nicht daran erinnern, wie man damit wieder anfängt. Die Frau lächelt schief und beugt sich vor, als wollte sie mich umarmen …
Und sofort ist um mich herum der Teufel los.
Zwei Mitglieder des Sicherheitsteams stürmen herbei und packen sie, bevor sie mir auch nur einen Zentimeter näher kommen kann. Sie wehrt sich nicht, als sie sie zurück in Richtung der metallenen Absperrungen zerren wie einen schlaffen Sack Mehl.
»Aufhören!«, rufe ich laut und erkenne meine eigene Stimme kaum wieder. »Bitte hören Sie auf. Tun Sie ihr nicht weh.«
York und Linden halten inne, um mich anzuschauen. Ihre bulligen Muskeln sind für alle gut sichtbar, während sie die Frau festhalten.
»Kennen Sie diese Frau?« York bringt seine strengste Stimme zum Einsatz und schaut zwischen mir und der Frau, die er festhält, hin und her.
Ich spüre Carly und Linc dicht hinter mir. Sie strahlen Besorgnis aus. In der Ferne höre ich einen immer lauter werdenden Chor aus neugierigem Gemurmel aus der Menge um uns herum aufsteigen. Und dann sind da noch die unaufhörlichen Klicklaute der Kameras, die diesen Augenblick für die Ewigkeit festhalten.
»Sie ist … Sie ist meine Mutter.«
Hinter mir höre ich Carly nach Luft schnappen. Lincoln flucht leise. Die Sicherheitsleute lassen meine Mutter los, weichen ihr aber nicht von der Seite. Sie behalten ihre wachsamen Blicke auf die Frau gerichtet, die mich großgezogen hat – auf ihre blutunterlaufenen Augen und ihre zu dünnen Arme, die in einem Pullover stecken, der schon bessere Tage gesehen hat.
Grauen macht sich in mir breit und ist ebenso wirksam wie die Droge, die gerade durch ihre Venen fließt – welche auch immer es sein mag.
»Süße, ich wusste, dass du dich freuen würdest, mich zu sehen!« Sie lächelt zittrig und lässt kurz ihre schiefen Zähne aufblitzen. »Können wir irgendwo hingehen und reden? Ich muss … Du solltest … Wir haben ein paar Dinge mit dir zu besprechen.«
Wir?
Plötzlich überkommt mich ein Gefühl von Schwäche. Mein Körper fühlt sich fremd an, so als würde ich mich nur noch in Zeitlupe bewegen, während sich die Welt um mich herum mit normaler Geschwindigkeit weiterbewegt. Ich kann nicht mithalten. Ich kann nicht reagieren. Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann nicht atmen.
Wie gelähmt dreht sich mein Verstand nur um eine einzige Frage.
Ist er auch hier?
Bevor ich mich bewegen kann, streckt sie eine Hand aus und legt sie fest um meinen Bizeps. Ihre Kraft ist überraschend, wenn man bedenkt, wie sehr sich ihr körperlicher Zustand seit unserer letzten Begegnung verschlechtert hat. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst – ihre Kurven wurden durch hagere Kanten ersetzt, ihre einst so üppigen rotbraunen Locken hängen schlaff und leblos um ihr ausgemergeltes Gesicht herum.
Ich versuche, mich aus ihrem Griff loszureißen, doch sie klammert sich mit der Hartnäckigkeit einer Seepocke an mich.
»Komm schon, Süße, ich will nur reden.« Ihr Blick huscht rastlos über mein Gesicht. »Du willst doch mit deiner Mama reden, oder?«
Linden und York wirken hin- und hergerissen und scheinen sich zu fragen, ob sie eingreifen sollen. Carly murmelt meinen Namen. In ihrer Stimme liegt deutliche Besorgnis. Francesca kaut auf ihrer Lippe herum und macht sich offenbar Gedanken wegen des Spektakels, das wir veranstalten, während immer mehr Paparazzi Fotos von unserer seltsamen kleinen Versammlung schießen.
Meine Mutter zerrt an meinem Arm und versucht, mich von der Gruppe wegzuziehen, um mich für sich allein zu haben.
Ich will sie aufhalten. Ich will schreien, so laut ich kann.
Aber …
Ich bin wieder fünf Jahre alt und verstecke mich im Schrank vor den Monstern in meinem Zuhause.
In der Ferne höre ich das Geräusch einer Tür, die aufgeworfen wird, als jemand blitzschnell aus dem Gebäude gestürmt kommt.
Ich bin sechs Jahre alt, und der Eichentisch liegt in Einzelteilen auf dem Küchenfußboden. Die Beine sind in der Mitte durchgebrochen, genau wie der Knochen in meinem Arm.
»Felicity.« Sie leckt sich über die Lippen, eine nervöse Angewohnheit.
Ich bin sieben Jahre alt und klemme einen Stuhl unter die Klinke meiner Schlafzimmertür, bevor ich ins Bett gehe, für den Fall, dass sie wieder schreiend aus der Bar nach Hause kommen.
»Lass uns gehen, Süße. Es wird nicht lange dauern.« Meine Mutter tritt von einem Fuß auf den anderen. Ihre Augen huschen umher wie Fische in einem Aquarium, als plötzlich eine große Gestalt neben mir aufragt.
»Sie geht nirgendwo mit Ihnen hin.«
Das Knurren ist so energisch, so wild, dass es mir Angst machen würde, wenn ich den Mann, von dem es kommt, nicht kennen würde. Langsam und mit enormer Bestimmtheit greift er nach unten und löst den eisernen Griff meiner Mutter Finger für Finger von meinem Arm. Dann schleudert er ihre Hand weg wie ein Stück Müll und legt dafür seine um meinen Arm. Mit warmen Fingern streicht er über meine Haut, als würde er einen unliebsamen Fleck fortwischen wollen.
Ryder.
Die Welt kehrt zu mir zurück, die Zeit läuft wieder mit normaler Geschwindigkeit, und Atemluft strömt in meine schreiende Lunge. Ich schaue zu ihm hoch. Seine hochgewachsene Gestalt ist trotz der düsteren Wut, die seine Züge verzerrt, ein willkommener Anblick. Plötzlich überkommt mich ein vollkommen irrationaler Gedanke.
Er ist hier.
Jetzt bin ich sicher.
»Ich schlage vor, dass Sie sich davonmachen«, murmelt er im kältesten Tonfall, den ich je aus seinem Mund gehört habe. »Und zurück unter den Stein kriechen, unter dem Sie hervorgekrochen sind.«
Meine Mutter verzieht das Gesicht zu einer düsteren Miene. »Ist Ihnen klar, mit wem Sie reden?«
»Oh, ich weiß alles über Sie, Kandace.« Seine Stimme ist gefährlich sanft. »Und die wenigen Geschichten, die mir Felicity über Sie und Ihren Ehemann erzählt hat, haben mir gereicht, um zu der absolut sicheren Überzeugung zu gelangen, dass ich Sie nie wieder in ihre Nähe lassen werde. Schon gar nicht allein.«
»Sie mischen sich nicht in die Beziehung zu meiner Tochter ein!«, zischt sie und schaut hektisch zu mir. »Sag es ihm, Süße. Sag ihm, dass du mit mir reden willst.«
Ryders Anwesenheit gibt mir die Kraft, endlich meine Stimme wiederzufinden. »Ich habe dir nichts zu sagen, Mutter!«
Sobald ich die Worte ausgesprochen habe, kommen Linden und York wieder näher und packen jeder einen ihrer Arme in einem festen Griff.
»Wie kannst du es wagen? Ich bin deine Mutter!«r />
Mein Lachen klingt eher wie ein Schluchzen. »Tatsächlich? Das habe ich gar nicht gemerkt.«
»Was für eine Tochter würde nicht mit ihrem eigenen Fleisch und Blut reden?«
»Eine Tochter, die weiß, dass du nicht hier bist, weil du einfach nur Zeit mit ihr verbringen willst.«
»Du undankbare kleine Hure.« Sie spuckt das Wort aus, und ein Klumpen Speichel landet vor meinen Füßen. »Bist herausgeputzt, als wärst du mit deinem großen Plattenvertrag etwas Besonderes. Tja, ich sag dir jetzt mal was, Felicity Wilde – du bist nichts Besonderes. Das warst du noch nie.«
Ich bin immer noch wie gelähmt und starre sie an. Als ich spreche, klingt meine Stimme hohl. »Wie viel?«
Ihre Augen blitzen auf. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
Die Luft zwischen uns erstarrt, als ich einen Schritt auf sie zugehe und die Frage mit leisem Nachdruck wiederhole.
»Wie. Viel. Damit. Du. Verschwindest?«
»Ich habe nicht …«
»Sag es mir einfach«, schnauze ich.
»Fünfzigtausend Dollar!«, platzt es aus ihr heraus. In ihren Augen flackert Gier. »Und das ist ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass du mir mein Erbe gestohlen hast wie eine gemeine Diebin. Ich weiß nicht, was du zu meiner Mutter gesagt hast, um sie dazu zu bringen, ihr Testament zu deinen Gunsten zu ändern, aber an deiner Stelle würde ich mich nicht zu sehr an das Geld gewöhnen – dein Vater und ich werden das Testament anfechten. Sie war eine kranke Frau, und du hast sie schamlos ausgenutzt.«
Meine Wirbelsäule versteift sich. »Ich habe gar nichts getan, außer sie zu lieben. Großmutter hinterließ mir ihr Vermögen, weil sie mich ebenfalls liebte.«
»Wie könnte dich jemand lieben?«, ätzt sie.
Ich zucke gegen meinen Willen zurück.