Wir sind der Sturm

Home > Other > Wir sind der Sturm > Page 32
Wir sind der Sturm Page 32

by Bichon, Sophie


  »Ich fände es super cool, wenn wir wie an Thanksgiving ein paar Tage alle zusammen wegfahren würden«, schlug Trish mit leuchtenden Augen vor.

  Bowie klatschte begeistert in die Hände. Isaac versprach, seinen Onkel zu fragen, ob wir die Hütte im Sommer vielleicht für eine Woche haben könnten, und dann redeten alle laut durcheinander. Und plötzlich, keine zehn Minuten später, war es beschlossene Sache.

  Luke hielt den Trichter in die Höhe und rief begeistert, dass wir daraus trinken müssten, und Bowie murmelte, dass das eine schlechte Idee wäre und diese Trichter-Sache bis jetzt nie gut geendet hätte. Doch Aiden und ich sprangen auf, nahmen lachend die Herausforderung an, und genau in diesem Moment war es so, wie Louisa gesagt hatte: Ich fühlte mich wild, frei und glücklich.

  21. KAPITE L

  Louisa

  Als ich die Tür aufsperrte, stutzte ich. Aus der Küche drang leise Musik und das Klappern von Geschirr. Ich streifte mir die Schuhe von den Füßen und seufzte. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war eine von Aidens plötzlichen spontanen Anwandlungen, Essen zu machen. Das würde nur wieder damit enden, dass ich ihm dabei helfen musste, die Küche aufzuräumen und wir uns danach etwas bestellten – doch ich war müde und erschöpft.

  Fast drei Wochen lag das Feuer am Lake Superior zurück. Zusammen mit Aiden, Trish, Bowie und Paul hatte ich seitdem fast jeden Tag zum Lernen in der Bibliothek verbracht und vor einer halben Stunde schließlich meine letzte Prüfung geschrieben. Erst jetzt spürte ich, wie ausgelaugt ich vom Lernmarathon der letzten Wochen war. Heute Morgen war ich bei der Studienberatung gewesen und hatte mir die Formulare geben lassen, die ich brauchte, um im kommenden Term zu Literatur im Hauptfach zu wechseln. Noch immer spürte ich bei dem Gedanken daran ein warmes Kribbeln in mir, den Anflug von Nervosität. Aber ich war mir inzwischen absolut sicher, dass es die richtige Entscheidung war.

  Paul und ich hatten den anderen nicht sagen wollen, dass wir es noch einmal probieren würden. Zumindest noch nicht. Es war so viel passiert, und wir brauchten diese Zeit allein. Zeit, von der wir wegen der Vorbereitungen auf die Finals sowieso zu wenig gehabt hatten. Da waren die schönen Wörter, die er mir jeden Tag schrieb, und die Tage, an denen er sich im Firefly zu mir an die Theke setzte und lernte, wenn ich arbeiten musste. Wir hatten bisher nicht darüber geredet, was das mit uns jetzt war, vielleicht weil wir beide doch immer noch Angst hatten, auch wenn wir von unseren Gefühlen füreinander wussten. Doch ich musste es hören. Brauchte nach allem, was geschehen war, Gewissheit, um völlig loslassen zu können. Dieses eine letzte Stück, das mich immer noch zurückhielt. Das mich davon abhielt, mich in dem fallen zu lassen, was zwischen Paul und mir immer schon gewesen war und was aufs Neue entstand.

  Mir lag schon ein Spruch auf den Lippen, doch im Türrahmen der Küche blieb ich wie angewurzelt stehen. Es war nicht Aiden, sondern Paul, der dort am Herd stand. Vor ihm ein Topf und eine große Pfanne. Es war ein betörender Geruch, der schon jetzt von der Küche durch die Wohnung strömte. Die Ärmel seines dunkelblauen Pullis waren hochgekrempelt und ließen den Blick auf seinen tätowierten Unterarm frei. Ein Geschirrtuch lag lässig über seiner rechten Schulter. Er bewegte sich so selbstverständlich und routiniert durch den kleinen Raum, als würde er das jeden Tag machen. Als wäre es das Normalste der Welt, an einem Mittwochabend bei Aiden und mir in der Küche zu stehen und etwas zu Essen zu machen.

  »Was machst du da?«, fragte ich dennoch ziemlich dämlich.

  Langsam drehte Paul sich zu mir um. »Für dich kochen«, sprach er das Offensichtliche aus und begann, sich wieder den Pilzen zu widmen, die er auf einem Brett in gleichmäßige Scheiben schnitt.

  »Aber wie …«

  »Aiden ist heute mit Trish, Luke und Isaac unterwegs und hat mir den Schlüssel gegeben. Ich musste ihm schwören, dass wir den Küchentisch dieses Mal nur zum Essen benutzen.« Und dann war da dieses unverschämte Grinsen, so selbstverständlich. Meine Gedanken überschlugen sich, waren ein wildes Durcheinander.

  Plötzlich stand Paul vor mir. So gefährlich nah, dass ich den Kopf leicht in den Nacken legen musste, um zu ihm hinaufsehen zu können .

  »Hey«, raunte er.

  »Hey«, entgegnete ich ebenso leise.

  Die Intensität dieses Bernsteinaugenblicks.

  Dann umfasste er mein Kinn mit einer federleichten und gleichzeitig bestimmten Berührung und küsste mich mit wilder Sanftheit. Er küsste mich, bis ich seufzte, bis ich mich mit meinen Händen an seinen Oberarmen festhielt. Er küsste mich, bis alles andere unwichtig erschien. So warm, so berauschend. So sehr Paul, auf alle nur erdenkliche Arten.

  »Und wieso kochst du für mich?« Leise ausgesprochen in einer der atemlosen Sekunden zwischen den Berührungen seiner Lippen auf meinen. Sein Daumen, der zärtlich über meine Wange strich.

  »Weil wir nie ein richtiges Date hatten«, sagte Paul rau.

  »Wenn das ein richtiges Date sein soll, hättest du mich dann rein theoretisch nicht vorher fragen müssen, ob ich überhaupt mit dir ausgehen möchte?« Ich löste mich ein Stück von ihm und gab mir alle Mühe, ihn ernst anzusehen, statt mich in dem Braun seiner Augen zu verlieren.

  Erst musterte er mich, dann verzogen seine Lippen sich zu einem schiefen Lächeln. »Wenn das ein richtiges Date sein soll, hättest du dann nicht wenigstens bis nach dem Essen warten sollen, bis du dich von mir küssen lässt?«

  Ich schnaubte. »Du hast mich überfallen. Ich hatte keine Chance!«

  »Ich will ja nichts sagen, aber du hast mich eindeutig so angesehen, als würdest du es wollen.« Schon wieder dieses verdammte Grinsen. Grübchen, die jetzt sichtbar wurden und deren Anblick sich als warmes Gefühl in mir ausbreiteten. Paul und ich. Wir beide und ein Date. Das war völlig verrückt, dachte ich. Und gleichzeitig hatte mein Herz bei seinen Worten einen Satz gemacht.

  Plötzlich trat er einen Schritt zurück. »Möchtest du dieses Date mit mir, Louisa?«, fragte er.

  Und er sagte es so, als wäre meine Antwort tatsächlich noch von Bedeutung, obwohl er doch schon längst in der Küche stand. Und wie Paul dabei meinen Namen aussprach, jeden einzelnen Buchstaben zu betonen schien, als wäre es eines seiner Lieblingswörter … Mein Herz schlug schneller. Immer noch lag seine Hand an meinem Gesicht, strich über meine Wange und begann, mit einer meiner Locken zu spielen. So vertraut. Ob er wusste, was er da tat?

  »Ich muss darüber nachdenken.«

  »Das ist verdammt nochmal keine Antwort auf meine Frage«, sagte er dunkel und zeichnete dabei die Konturen meiner Lippen nach.

  Ich schluckte. »Was gibt es denn zu essen?«

  Paul lachte dieses tiefe Lachen, bei dem sein ganzer Mund zu lachen schien, mit Zähnen, die im Licht blitzten, und diesen feinen Lachfältchen um die Augen. Mit dem Vibrieren seiner Brust so nah an mir. »Soll das etwa bedeuten, du triffst deine Entscheidung je nachdem, was ich koche?«, fragte er amüsiert, stellte sich zurück an den Herd und widmete sich wieder den Pilzen. »Sag einfach Ja, Louisa!«, meinte er.

  Und das tat ich.

  Es war Jungle von Tash Sultana, dessen Melodie zusammen mit dem verführerischen Duft durch die Küche wehte. Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass Paul ein Pilzrisotto machte, doch als ich ihm hatte helfen wollen, bestand er darauf, alles allein zu kochen. Ich zog mir also etwas Bequemeres an, setzte mich auf das kleine Sofa neben dem Esstisch und sah ihm zu.

  Der Anblick seiner großen Hände hatte etwas Hypnotisierendes an sich. Und während er die Sachen nach und nach in die Pfanne gleiten ließ, nach dem Risotto sah und den Tisch deckte, war er immer wieder für kurze Momente bei mir. Seine Hand für Sekunden in meinen Locken, als er die Teller aus dem Regal nahm, seine Fingerspitzen beim Vorbeigehen an meinen. Seine Hand an meiner Taille, als ich mich neben ihn stellte, weil mich das Sitzen und Warten nervös machte. Pauls Daumen, der sanft über meine Lippen strich, nachdem er mir einen Löffel zum Probieren gegeben hatte. Ich sah zu ihm hinauf, irgendwie erstaunt. Das hier, das war so … normal. Und es fühlte sich richtig an, wie etwas, auf das ich länger gewartet hatte, als mir bewusst war.

  »Wieso hast du mich eig
entlich nicht gefragt? Also vorher, meine ich«, fragte ich, als wir mit dem Essen fertig waren.

  »Ich wollte dir keine Gelegenheit geben, Nein zu sagen.«

  »Ich hätte nicht Nein gesagt.«

  »Das konnte ich nicht wissen«, sagte er. »Außerdem arbeite ich daran, dich davon zu überzeugen, dass Überraschungen etwas Gutes sind.«

  Ich dachte daran, wie Paul mir in Redstone das Book Nook gezeigt hatte und mir vorher nicht hatte sagen wollen, wo wir hinfuhren. Ich erinnerte mich an das Wochenende im November, als Paul und meine Freunde mich mit dem weltbesten Geburtstagsfrühstück überrascht hatten. An die Nacht auf seinem Pick-up mit den Sternen über uns und die Zeichnung des Phönix, die ich inzwischen auf meiner Haut trug.

  »Ich schätze, du bist ziemlich gut darin«, gab ich schließlich zu.

  Zufrieden lehnte Paul sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich weiß.«

  »Sei nicht so eingebildet!«

  »Das bin ich nicht. Manchmal weiß ich einfach nur, was dich glücklich macht.« Er zwinkerte mir zu. »Essen zum Beispiel.«

  Ich blinzelte.

  Ja, Paul wusste, was mich glücklich machte, und er war ein Teil davon. Und doch gab es da noch diese eine Sache, die ich ihn fragen musste, die mir einfach keine Ruhe ließ.

  »Das Tattoo an deinem Oberarm, es soll eine Narbe verstecken, oder?«, sprach ich vorsichtig meine Vermutung aus. Ich erinnerte mich an den Unfall und wie Paul an seinem linken Arm geblutet hatte, als er mich festgehalten hatte. An seine so offensichtlichen Schmerzen. Seine schroffe Reaktion, als ich ihn letztes Jahr nach der Bedeutung der Tätowierung gefragt hatte und seine knappe Antwort: Letztendlich geht es um das richtige Maß an Erinnern und Vergessen .

  Paul hatte mir nie verboten, ihn an dieser Stelle seines Körpers zu berühren. Doch instinktiv hatte ich immer gespürt, dass es da diese Grenze gab, wenn ich mit meinen Fingern den dunklen Linien seiner Tattoos folgte. Bis jetzt hatte ich sie akzeptiert und niemals überschritten, doch nach den letzten Monaten wünschte ich mir, dass endgültig nichts mehr zwischen uns stand.

  Paul blickte mich an, schien über irgendetwas nachzudenken. Dann nickte er, wenn auch zögerlich. »Ich habe mich an dem Blech auf der Fahrerseite eures Autos geschnitten, als ich versucht habe, die Tür irgendwie aufzukriegen. Vielleicht war es auch das zerbrochene Glas«, erklärte er leise.

  »Darf ich sie anfassen?«, wisperte ich. Dieses Mal bestand seine Reaktion bloß aus einem Nicken. In seinen Augen schien derselbe Sturm zu toben wie an dem Abend, an dem ich ihn nach der Geschichte hinter der Tätowierung gefragt hatte. Es schien Paul schwerzufallen, obwohl ich es jetzt doch wusste, obwohl ich inzwischen doch alles wusste, was es über diesen Menschen zu wissen gab. Keine Geheimnisse mehr, keine Schatten.

  Langsam stand ich auf und umrundete den Tisch, bis ich direkt vor ihm stand. Entschlossen setzte ich mich auf seinen Schoß und zog ihm langsam seinen Pulli über den Kopf. Das weiße Shirt darunter, dessen Ärmel ich vorsichtig nach oben schob. Paul sah mich mit einem Blick an, der mir durch und durch ging: abwartend, ungewohnt verunsichert, vielleicht war da auch irgendwo Angst. Meine Stirn an seiner, Nasenspitze an Nasenspitze, und mein Blick, der ihm sagen sollte, dass alles okay war. Ich verschränkte die Finger meiner linken Hand mit seinen, strich mit meinem Daumen sanft über raue Haut. Dann wandte ich mich ab und betrachtete die verschlungenen dunklen Linien, die sich bis zur Innenseite seines Oberarmes ausbreiteten: das Bild eines Waldes mit dem Wasserfall zwischen Tannen und der Weite des Himmels darüber. Wolken, die sich in filigrane Ornamente verwandelten. In deren Mitte eine detailreich ausgearbeitete Sanduhr.

  Ich hielt die Luft an, als meine Finger auf warme Haut trafen. Fast hätte ich es nicht bemerkt, doch Paul zuckte unter meiner Berührung kaum merklich zusammen. Ich ließ mich nicht beirren, denn dieser Moment hier schien, wahnsinnig wichtig zu sein. Kleine Berührungen mit großer Bedeutsamkeit.

  Ganz langsam strich ich über die schwarzen Linien, immer weiter nach oben und immer näher an die Innenseite seines Armes heran. Ich versuchte, sanft zu sein und zärtlich, mich langsam voranzutasten und ihm damit Zeit zu geben, sich an das Gefühl meiner Hand auf seiner Haut zu gewöhnen. Das Gefühl meiner Finger an dieser Stelle voller Erinnerungen: der schattierten Sanduhr mit der Rose an der linken Seite und Sand, der fast vollständig durch das Glas gerieselt zu sein schien. Ich nahm jedes Detail in mir auf, weil es das erste Mal war, das Paul es mir in diesem Maß gestattete. Je weiter meine Finger strichen, desto mehr spannte sein Körper sich unter mir an.

  Und dann, an der Unterseite des unteren Kolbens der Sanduhr, spürte ich den Beginn einer länglichen Erhebung. Horizontal, ungefähr so lang wie die Hälfte meines Unterarms und fast nicht zu sehen. Das Schwarz der Tätowierung schien an dieser Stelle mehr zu glänzen, die Haut fast noch weicher zu sein. Ich drückte Pauls Hand, die um meine lag. Langsam beugte ich mich nach vorn und legte meine Lippen auf das untere Ende der Narbe. Ein Kuss. Noch einer. Eine feine Spur, die meine Lippen zogen. Vom Anfang bis zum Ende und wieder zurück – weil das ein Teil von Paul war und er es nicht länger als etwas ansehen sollte, das es zu verstecken galt. Ich hielt dabei die ganze Zeit seine Hand und spürte, wie er unter den vorsichtigen Berührungen meiner Lippen langsam losließ, sein Körper sich Sekunde für Sekunde mehr entspannte. Anspannung, die so überdeutlich aus seinen Muskeln wich .

  Ich seufzte. Endlich. »Diese Narbe erinnert uns daran, dass wir beide leben«, sagte ich leise. »Und daran, dass wir noch so viel von diesem Leben vor uns haben, Paul. Das ist nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes.«

  Als ich den Blick wieder hob, überrollte mich die Zärtlichkeit in seinen dunklen Augen wie eine Welle. Und als er seine Hände an mein Gesicht legte, war ich endlich bereit, loszulassen und zu ertrinken, mich kopfüber hineinzustürzen. In seine Gefühle, in meine, in diesen Feuersturm zwischen uns.

  Paul

  Ich glaube, genau in diesem Moment begann ich dieses Mädchen auf meinem Schoß noch mehr zu lieben, als ich es ohnehin schon tat. Und wäre ich nicht sowieso schon völlig verrückt nach ihr, spätestens jetzt wäre ich Louisa endgültig verfallen.

  Mit den Händen strich ich über ihre Wangen. Atemlos, verdammt sprachlos. Sie war mir so nah, unfassbar nah auf eine Art und Weise, die nichts mit ihrer Haut an meiner zu tun hatte. So sehr, dass es zusammen mit dem sanften und entschlossenen Blick in ihren Augen fast schon schmerzte. Himmel, das war die beste zweite Chance meines Lebens. Das hier war real und echt und definitiv alles wert. Und dieses außergewöhnliche, furchtlose Mädchen war es ebenso. Sie, die mich einfach so nahm, wie ich war. Die mich nahm, obwohl oder weil sie absolut alles über mich wusste und mich so ansah, ganz egal, wie beängstigend meine Vergangenheit und meine Geheimnisse auf den ersten Blick auch erscheinen mochten. Ohne dass ich es jemals hatte aussprechen müssen, hatte sie bis heute gewusst, dass ich an dieser Stelle nicht berührt werden wollte. Weil sie aufmerksam war und bedacht, weil sie Louisa war, mein Feuermädchen .

  Ich löste meine Hände von ihren Wangen und zog vorsichtig das Band aus ihren Haaren. Grelle Locken, die sich lösten und auf ihre Schultern fielen. Mit einem Seufzen vergrub ich meine Hände in ihnen. Gott, wie ich diesen Anblick liebte, wie ich das Gefühl ihrer Locken zwischen meinen Fingern genoss. Louisa legte mir die Arme um den Hals, drängte sich ein Stück mehr gegen mich, und als dieses hinreißende Lächeln ihre vollen Lippen zu umspielen begann, setzte mein Herz einen Schlag aus.

  Ich dachte nicht darüber nach, ich tat es einfach, als ich meine Hände fest um ihren Hintern legte, aufstand und Louisa in ihr Zimmer trug. Atemlos fing sie meinen Blick auf und biss sich auf die Unterlippe – ein Versprechen oder eine Provokation? Ich zog eine Spur winziger Küsse ihren Kiefer entlang, verharrte mit meinen Lippen an dem Muttermal an ihrem rechten Mundwinkel, doch ich beherrschte mich und küsste sie nicht. Noch nicht. Ihr Körper eng gegen meinen gepresst und wir beide, die im Takt unserer schnell schlagenden Herzen zu pulsieren schienen.

  Im gedämpften Licht der Lichterketten an der Decke ließ ich Louisa sanft zu Boden gleiten, doch ich ließ sie nicht los, strich lan
gsam über ihren Hals und die Schultern, dann ihre Arme entlang. Ich legte eine Hand an ihren unteren Rücken, die andere unter ihr Kinn und zog sie näher an mich. Und ich biss ihr in die Unterlippe, glitt mit meiner Zunge darüber und brachte sie dazu, an meinem Mund leise aufzustöhnen, ein Geräusch, das mir unter die Haut kroch. Ihre Hände, die sich ungeduldig unter mein Shirt schoben, und dann konnte ich mich nicht länger zurückhalten. Ich wollte sie, wollte sie so sehr. Unsere Münder prallten unaufhaltsam aufeinander, ihre Zunge an meiner. Ich küsste Louisa stürmisch und sanft, bedacht und gleichzeitig viel zu fest – weil ich so viel Zeit aufzuholen hatte. Monate, Wochen, Tage.

  Ich zog ihr das knappe Top über den Kopf, strich über ihre Taille und schob ihr die Leggins mit ihrer Hilfe von den Beinen. Meine Hände überall auf ihr und das Gefühl ihrer Finger auf meiner Haut ein verdammtes Feuer.

  »Zieh dich aus«, keuchte sie. »Bitte.«

  Mehr brauchte ich nicht. Schwer atmend löste ich mich von ihr und zog mir mein Shirt über den Kopf, dann war ich wieder bei ihr. Gott, mich machte alles an dieser Frau so unglaublich an: jedes Seufzen, jeder Blick und all die klugen Dinge, die sie sagte.

 

‹ Prev