Nachdem die beiden die Bande erreicht hatten, ergriff Atensul schließlich das Wort, da Hylei länger schwieg als gewöhnlich. Sie alle konnten die Kritik und das Drängen in seiner Stimme hören.
"Ich bin dafür, dass wir jetzt sofort leise von hier verschwinden und einen weiten Bogen um sie schlagen."
Alle nickten, auch Hylei. Sie konnte es jedoch nicht akzeptieren, dass jemand anderes aus ihrer Bande die Führung zu übernehmen schien. Außerdem war da etwas, das sie davon abhielt, sich davonzuschleichen. Es rumorte in ihren Gedanken und sie konnte es nicht fest machen. Diese Patrouille verhielt sich so, als wenn ihr der Wald gehören würde. Sie hatten in der Mulde ein Lager aufgeschlagen und verhörten einen Gefangenen. Hyleis Ohren hatten die drängenden und vor allem lauten Fragen der Priester gehört. Ihre scharfen Augen hatten jedoch auch den Knebel im Mund des Mannes bemerkt, der seine Antworten verhindern musste. Sein Nicken oder Kopfschütteln schien den Priestern zu genügen. Aber warum ließen sie ihn nicht sprechen? Wer war dieser Mann, dass die Priester Angst vor seinen Worten hatten?
Ihre Neugier ließ sie fast erzittern.
Andererseits war es wirklich unwahrscheinliches Glück gewesen, dass sie so dicht an das Lager der Priester und Soldaten gelangt waren, ohne entdeckt worden zu sein. Als Hylei an der Spitze ihrer Bande aus dem Gebüsch hervorgebrochen und beinahe in die Mulde vor sich gestolpert war, hätte sie nur noch drei Schritte zu machen brauchen, um die nächste Wache mit ihrem Speer berühren zu können. Glücklicherweise waren Menschen so taub und blind und sie sie selbst geschickt und leise waren.
Hylei konnte später nie sagen, ob es nun ihr Trotz gegenüber Atensul, ihre Neugier oder dieses seltsame, bohrende Gefühl in ihr war, dass sie dazu veranlasste, nicht auf die Vernunft zu hören und mit der Bande davonzuschleichen, sondern die Patrouille weiter zu beobachten.
"Aber das ist doch Unsinn. Der Rat ..." Atensul sprach nur das aus, was die anderen auch denken mussten.
"Ich bin der Anführer der Bande. Wenn du damit nicht klar kommst, kannst du dich einer anderen anschließen oder wieder eine eigene aufmachen. Aber jetzt bestimme ich, was wir tun." Ihre Stimme war hart und voller Zorn. Natürlich hatte sie das Recht, zu bestimmen, und natürlich würden sie alle ihren Anweisungen folgen. Dennoch hatte jeder in der Bande das Recht, seine Meinung zu sagen, und dies hatte sie gerade unterbunden. Bevor noch mehr diskutiert werden konnte, erteilte Hylei deshalb ihre Befehle.
Sie versteckten sich so, dass sie etwa zwischen den Wachposten lagen, immer zu zweit. Jedem von ihnen war klar, dass sie ein unnötiges Risiko eingingen. Falls man sie entdeckte, würde es zum Kampf kommen. Und wenn sie verlören, würde man sie gefangen nehmen, foltern und am Ende würden sie womöglich zusammenbrechen und die Stadt verraten.
Als sie in Stellung lagen, versuchte Hylei dem Verhör zu folgen. Die Priester versuchten aus dem Mann den Ort herauszubekommen, von dem er gekommen war. Um mehr schien es nicht zu gehen. Ab und zu schlugen sie ihn oder bohrten Nadeln unter die Fingernägel und in andere Körperteile. Der Gefangene schrie in seinen Knebel. Seine Tränen vermischten sich mit seinem Schweiß und dem Blut aus vielen kleinen Wunden und liefen ihm über das eckige Kinn den Hals hinunter auf seine einfache Kleidung, wo sie einen großen, dunklen Fleck bildeten.
Aber es war ja nur ein Mensch. Was ging sie ein Mensch an. Sie war Feenling, etwas Besseres. Die Menschen hatten sie verstoßen und mit Steinen nach ihr geworfen. Wenn ein Mensch sie finden würde, wäre es ihr Tod. Wieso sollte sie etwas für diesen Mann empfinden? Was ging er sie an?
Hyleis Herz sagte jedoch etwas anderes. All die Wut, die sie die letzten Jahre in sich gesammelt hatte, all die Verachtung, genügten immer noch nicht, ihr Mitgefühl für diese minderen Wesen abzutöten.
Als sie ein leises Geräusch neben sich hörte, warf sie einen kurzen Blick zu Rachul hinüber, mit dem sie ihre Position teilte. Sein Mund war grimmig zusammengepresst und seine Augen waren starr auf die Priester gerichtet, die den Mann folterten. Das Geräusch war von ihm gekommen. Sein Mund war so sehr angespannt, dass er begonnen hatte, mit den Zähnen zu knirschen. Nur ganz leise und auch nur ab und zu ein Ton, aber genug, um Hylei zu verraten, dass auch Rachul noch etwas für Menschen empfand. Sie vermutete sogar, dass es etwas mit seiner Vergangenheit zu tun haben könnte, dass vielleicht seine Eltern von Priestern gefangen genommen worden waren.
Schnell wandte sie ihren Blick wieder auf die Szene in der Mulde, um sich von diesen Gedanken abzubringen. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie einer der Soldaten das Lager verließ. Die Art und Weise, wie er ging, verriet Hylei sofort, dass er nicht auf Erkundung oder Jagd gehen würde. Die Wache, an der er vorbeikam, grüßte er im Vorübergehen, so wie man es unter Kameraden tut, wenn man gerade nichts zu tun hat und sich dies auch auf absehbarer Zeit nicht ändern würde. Dabei konnte Hylei die ganze Zeit über die vom Knebel unterdrückten Schreie des Gefangenen hören.
Der Soldat ging auf das Gebüsch zu, in dem sich Atensul und Martei versteckt hielten. Eine böse Ahnung stieg in Hylei auf und sie verfluchte die Blasen der Menschen. Das zweimal auf einer Jagd alles verdorben werden sollte, nur weil ein Mensch sein Wasser nicht halten konnte, konnte nur ein böser Fluch sein.
Jeder Schritt, den der Soldat dem Gebüsch näher kam, ließ das Blut schneller durch ihren Körper rauschen. Zum ersten Mal seitdem sie aus ihrem Heimatdorf verstoßen worden war, begann sie zu beten. Ihre Eltern waren nicht besonders religiös gewesen und so hatte ihre Erziehung im Glauben nur in dem bestanden, was die Priester gelegentlich zu lehren bereit waren. Aber wenn der Frost zu früh kam oder der Regen die Ernte vernichtete, dann war ein kurzes Gebet die einzige Hoffnung, die blieb. Sie hatten immer zu Maigeitho, der gnädigen Frau des Waldes, gebetet, die nur selten mit einer Gnade geantwortet hatte. Die Gnade Maigeithos für ihre Familie hatte sich anscheinend mit ihr, Hylei, erschöpft, eine Gnade, auf die sie hätte verzichten können, hätte sie sich dann doch jetzt nicht den Soldaten ansehen müssen, wie er verderben über ihre Bande brachte.
Während sie noch betete, verkrampfte sich ihr Griff um ihren Speer und ihre linke Hand tastete nach dem Wurfholz im Gürtel auf ihrem Rücken. Sie wusste, dass, wenn alles gesagt und getan war, sie die Schuldige war, falls sie entdeckt würden. Aber es war jetzt zu spät, sich selbst zu verfluchen. Wenn nicht noch ein Wunder geschah, dann würden sie in wenigen Augenblicken um ihr Leben kämpfen müssen. Und sie glaubte nicht an Wunder, nur an Flüche.
Sie konnte an den Bewegungen sehen, wie der Soldat seine Hose öffnete. Sein Speer lag lose in seiner Armbeuge und das kurze Schwert hing unhandlich am Gürtel, als dieser nach oben geschoben wurde, um Platz für das Geschäft zu machen. Hylei meinte es plätschern zu hören, obwohl die unterdrückten Schreie des Gefangenen dies unmöglich machen sollten. Vielleicht hatten sie Glück. Der Soldat war offensichtlich mit Blindheit geschlagen und wenn er nicht ein wandelnder Wasserquell war, dann würde er sich gleich wieder umdrehen und alles wäre gut. Schon verrieten die Bewegungen, dass er seine Hose wieder schloss.
Plötzlich erstarrte er. Er blickte nach vorne und es kam Hylei wie eine Ewigkeit vor bis sich seine Erstarrung löste. Die Welt hielt den Atem an. Die Geräusche des Waldes schienen zu verstummen. Das Pochen ihres Herzens verschwand aus ihren Ohren. Das Lager verschwand im Hintergrund.
Mit einem Ruck griff der Soldat zu seinem Speer und schrie seine Überraschung als eine Warnung heraus.
Er war jedoch zu langsam, denn noch bevor er seine Waffe auf die Feenlinge im Gebüsch richten konnte, durchbohrten ihn die Speere Atensuls und Marteis.
Es war jedoch zu spät. Die Soldaten im Lager waren alarmiert. Sie ließen alles stehen und liegen, was sie gerade taten und griffen zu ihren Waffen. Auch die beiden Priester, die den Gefangenen verhört hatten, blickten auf, zogen ihre verzierten Schwerter und begannen Befehle zu brüllen.
Das Beste, was die Bande hätte tun können, wäre weglaufen gewesen. Aber das hätte bedeutet, dass sie wenigstens Atensul und Martei ihrem Schicksal überlassen hätten. Denn die ersten vier Soldaten mussten jeden Augenblick beim Gebüsch anlangen. Sie würden jedoch nichts fi
nden. Zumindest nicht sofort, denn beide, Atensul, wie auch Martei waren viel zu gerissen, um still in einem Gebüsch sitzen zu bleiben. Wenn sie jedoch aufstünden, um zu fliehen, würden sie gesehen werden. Und die Soldaten würden sie mit ihren Wurfäxten und Speeren einholen. Wenn sie jedoch nicht liefen, würden die Spieße sie finden, die in wenigen Augenblicken in die Gebüsche gestochen werden würden.
Wenn Hylei nicht so voller Wut auf die Priester oder nicht so erschöpft gewesen wäre, dann hätte sie vielleicht in diesem Moment eine andere Entscheidung getroffen. Aber so fiel ihre Entscheidung fast aus einer Laune heraus. Später erschien es ihr immer, als wenn für einen kurzen Augenblick ihr Wurfarm die Kontrolle übernommen hätte, als er das Wurfholz ergriff und in einer einzigen fließenden Bewegung herauszog, um mit voller Wucht nach einem der beiden Priester, die den gefesselten Mann gefoltert hatten, zu werfen. Es war nicht die übliche Weise, ein Wurfholz zu werfen, aber sie hatte sich immer auf einem Kampf gegen Menschen vorbereiten wollen und da waren ihr Überraschung und Schnelligkeit als ihre besten Verbündeten erschienen. Das geschärfte Holz flog in einem leichten Bogen in die Mulde hinein, an einem Zelt vorbei, auf das Ziel zu. Es pfiff leicht, während es sich um die eigene Achse drehte. Es machte jedoch ein stumpfes Geräusch als es in die Hüfte des Priesters eindrang, der mit einem Schrei auf die Knie sank, gegen den Stuhl stieß und mit Stuhl und Gefangenen zusammen zu Boden fiel.
Erst in diesem Moment begriff Hylei, was sie getan hatte. Angst und Euphorie schlugen zu gleichen Teilen in ihren Körper ein. Doch beides lähmte sie nicht. Noch während sie sich aufrichtete schrie sie den Signalschrei, den sie immer hatte schreien wollen, von dem die anderen jedoch immer gehofft hatten, er würde nie erklingen. Sie schrie zum Angriff.
Die Bande kannte ihre Anführerin gut genug, um wenigstens geahnt zu haben, dass dies geschehen konnte. Deshalb flogen die Wurfhölzer noch bevor der Schrei verklungen war.
Fünf Soldaten wurden getroffen und setzten ihren Weg nicht mehr fort. Sie meinte, das Gebiet, auf der ihre erste Schlacht stattfinden würde, mit einer nahezu überirdischen Klarheit überblicken zu können. Dennoch konnte Hylei nicht erkennen, ob sie tot oder verletzt waren. Sie hoffte, dass sie tot waren.
Obwohl die Soldaten durch den Tod ihres Kameraden und den Angriff auf den Priester bereits vorgewarnt gewesen waren, kam der Angriff mit den Wurfhölzern doch so plötzlich, dass sie sich verwirrt umblickten und erst wieder zur Ordnung kamen, als der noch unverletzte Priester seine Befehle brüllte. Ihre Verwirrung gab einigen Mitgliedern der Bande genügend Zeit, um einen zweiten Angriff auszuführen. Atensul, Martei und Michkul, die alle im Nahkampf nicht auf den Speer angewiesen waren, warfen erneut nach Soldaten und streckten tatsächlich drei weitere nieder. Auch Hylei, die nicht geneigt war, ihre Gegner zu nah an sich heranzulassen, führte einen weiteren Angriff auf den Soldaten aus, der ihr am nächsten Stand. Sie warf ihr Messer, von dem Martei immer gesagt hatte, sie solle es als letzte Waffe immer am Körper behalten. Der Gedanke, mit dieser Waffe auf einen Feind einstechen zu müssen, hatte Hylei jedoch nie behagt und deshalb war das Messer nie zu einer ihrer Waffen geworden. Leider machte sich dies auch beim Werfen bemerkbar, als sie den Soldaten verfehlte. Aus lauter Wut über den verpatzten Wurf griff sie sofort nach ihrem zweiten Wurfholz, das den Soldaten in der Schulter erwischte, so dass dieser seinen Speer fallen ließ und rückwärts stolperte.
Bis zu diesem Moment war Hylei mit der Situation auf dem Kampfplatz durchaus zufrieden. Sie hatten zehn Gegner außer Gefecht gesetzt, ohne selber auch nur einmal angegriffen worden zu sein. Doch das änderte sich jetzt. Denn der Bann, der die Soldaten verwirrt und ängstlich nach allen Seiten hatte blicken lassen, war von den Befehlen des Priesters gebrochen worden. Die Soldaten Warfen jetzt ihrerseits ihre Speere. Sie waren zwar insoweit gegenüber den Feenlingen benachteiligt, da letztere immer noch durch den Wald gedeckt und auch getarnt wurden. Was Hylei jedoch in ihrer Müdigkeit und Euphorie übersehen hatte, war, dass die Menschen in der Mulde zwar nicht so flink und stark waren, wie die Mitglieder der Bande, dass sie jedoch dafür für nichts anderes als den Kampf ausgebildet worden waren. Dazu kam, dass sie immer noch beinahe doppelt so viele waren, wie die Feenlinge, die um das Lager verteilt waren.
Die Speere flogen. Wie durch ein Wunder flogen die meisten vorbei. Martei hatte sogar genügend Ruhe und Erfahrung, um einen Speer mit seiner Steinaxt aus der Bahn zu schlagen. Doch nicht jeder Speer ging daneben und nicht alle waren erfahren genug, ihnen zu entgehen. Gerade, als Pej sich in ein Gebüsch flüchten wollte, traf ihn einer der Spieße seitlich in die Brust. Er war bereits tot, als sein Kopf auf den Boden aufschlug.
Hylei meinte in diesem Moment dreierlei zu hören. Der Kopf musste auf eine Wurzel oder einen Stein aufgeschlagen sein, denn ihrer Meinung nach war ein deutliches Pochen zu hören. Dazu kam ein leiser Freudenschrei aus der Mulde, den der Soldat, der Pej getroffen hatte, ausstieß. Am lautesten hörte sie jedoch Uens verzweifelten Schmerzensschrei. Sie rannte zu ihrem toten Bruder hinüber, nicht der Gefahr durch die Soldaten achtend.
Wäre nicht Michkul in ihrer Nähe gewesen, die Soldaten hätten Uen direkt neben ihrem Bruder niedergehauen. Denn in diesem Augenblick formierten sich die Menschen in der Mulde zum Angriff und zogen ihre Schwerter. Die meisten von ihnen trugen zusätzlich noch Schilde, die es den Feenlingen mit ihren Steinäxten, Messern und Speeren noch schwerer machen würden, gegen sie zu bestehen.
Die Bande fand sich in zwei grobe Gruppen getrennt. Auf Hyleis Seite fanden sich Atensul, Martei und Rachul. Gegenüber kämpften Michkul und Yari, wobei sie auch noch die tränenüberströmte Uen verteidigen mussten, die nur langsam wieder von ihrer Umgebung Notiz nahm.
Und der Kampf ging schlecht. Die einzigen, deren Kampferfahrung und Geschick die bessere Ausrüstung und größere Zahl der Soldaten wettmachen konnte, waren Michkul und Martei. Während die anderen nur damit beschäftigt waren, die Hiebe abzuwehren und sich weiter in den Wald zurückzuziehen, gelang es diesen beiden tatsächlich jeweils einen Gegner niederzustrecken.
So dauerte es auch nicht einmal eine halbe Minute, bis einer der beiden Soldaten, die Hylei sich vom Leib zu halten versuchte, sie mit seinem Schwert am Arm verwundete, so dass sie ihren Speer nicht mehr sicher führen konnte. Verzweifelt warf sie die nun unbrauchbare Waffe nach dem, der sie verwundet hatte. Dieser wehrte den kraftlosen Wurf jedoch mit seinem Schild ab und drang weiter auf sie ein. Hylei griff nach ihrer letzten Waffe, der Axt, mit der sie nicht besonders gut umzugehen verstand. Glücklicherweise war dies der Moment, als Martei sich eines seiner Gegner entledigt hatte, so dass er einige Angriffe, die Hylei gegolten hätten, auf sich ziehen konnte. Auch Atensul versuchte, Hylei etwas von der Last zu nehmen, musste aber erkennen, dass er mit seinen Angreifern genug zu tun hatte.
Zwischendurch hoffte Hylei immer wieder, dass Michkuls Waffengeschick groß genug war, dass wenigstens er seine Gegner niederringen könnte, aber ihre Blicke zur anderen Seite der Mulde verrieten ihr etwas anderes. Zwar war Uen inzwischen in der Lage, in das Kampfgeschehen einzugreifen, dafür war Yari aber von den anderen beiden getrennt worden und kämpfte jetzt allein gegen zwei Gegner.
Dann musste Hylei wieder ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem eigenen Kampf widmen und sie vergaß alles um sich herum, während die Gedanken durch ihren Verstand rasten. Erinnerungen ihres Lebens und Gedanken daran, wie es alles hätte anders, besser werden können, kämpften mit ihrem Überlebenstrieb um ihre Aufmerksamkeit. Ohne es wirklich wahrzunehmen, fluchte sie über ihre Dummheit, die anderen in eine solche Situation gebracht zu haben, schrie sie über den Schmerz in ihrem Arm und spuckte den Gegner an, wenn sie erneut mit knapper Not einem Angriff ausgewichen war. Ein Teil von ihr frohlockte jedoch, weil ihr Tod so nah war. Dieser Teil wunderte sich über die verzweifelten Bemühungen, das Leben immer noch eine weitere Sekunde verlängern zu wollen. War nicht der Tod das, was sie in den letzten Jahren immer gesucht hatte? Waren all die Gefahren nicht immer nur ein Mittel gewesen, diesen endlich herbeizuführen? Warum wehrte sie sich jetzt dagegen?
Sie blickte noch einmal zur anderen Seite hinüber und k
onnte Yari nicht mehr entdecken, meinte jedoch, dass Michkul und Uen jetzt mit noch mehr Gegnern zu kämpfen hätten. Also musste Yari ebenfalls gefallen sein.
Etwas brach in ihr. Der Kampf in ihrem inneren war entschieden. Noch einmal wehrte sie einen Schlag eines gegnerischen Schwertes ab, dann ließ sie die Axt sinken und lächelte. Für einen kurzen Moment ließen sich die beiden Angreifer von ihrem Lächeln verwirren. Aber Hylei hätte nicht mehr die Kraft gehabt, dieses kurze Zögern auszunutzen, selbst wenn sie es noch gewollt hätte. Der eine Angreifer führte seinen nächsten Angriff nichtsdestotrotz mit Bedacht aus. Doch für Hylei war es belanglos, wie vehement ihre Gegner diesen letzten Angriff ausführten. Sie würde sich nicht mehr wehren. Sie sah, wie der Soldat das Schwert hob und ...
... in Flammen aufging.
Er schrie. Ein markerschütternder Schrei, der alle zusammenfahren ließ. Der Kampf war unterbrochen, während alle nach dem Ursprung dieses furchtbaren Schreis Ausschau hielten. Die purpurnen Flammen verbrannten das Fleisch des Soldaten, während dieser immer noch schrie. Viel schneller, als es normales Feuer hätte tun sollen, wurde der Körper des Mannes zu einem Kohlestück mit der Form eines Menschen verbrannt und der Schrei verstummte. Doch noch während der eine Mann brannte, fing ein zweiter Soldat zu brennen an, diesmal auf der gegenüberliegenden Seite. Feenlinge und Menschen waren gleichermaßen entsetzt. Doch die Menschen wussten, womit sie es zu tun hatten und begannen zu rennen, nur weg von der Mulde. Einige ließen ihre Schilde und sogar ihre Schwerter fallen, nur um schneller vom Lager wegzukommen.
Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm Page 16