Sie waren aus einem Wäldchen hervorgebrochen und hatten einen ersten Blick auf den Fluss erhaschen können. Wie angewurzelt waren sie stehen geblieben, nicht sicher, ob sie tatsächlich einen Fluss, oder doch eher ein Meer vor Augen hatten. Selbst Streiter, der nicht leicht zu beeindrucken schien, hielt inne. Nur Shaljel hatte sofort seinen schnellen Schritt wieder aufgenommen und war ihrem Tagesziel weiter entgegengeeilt. Er hatte sie die ganzen fünfzehn Tage angetrieben. Und obwohl Kam-ma, wie auch Tro-ky, von Estron ganz zu schweigen, Wanderschaften und auch lange Märsche gewohnt waren, wären sie wohl alle schon am zweiten Tag gerne morgens einfach auf dem kalten Boden liegen geblieben. Denn als wenn Shaljel mit seinen schnellen Schritten, die einen Hjacha bald die Tränen in die Augen getrieben hätten, nicht schon schlimm genug gewesen wäre, setzte der Herbst jetzt mit aller Macht ein. In den Wäldern musste man sich am Morgen aus den halb gefrorenen Decken und einem kleinen Berg Blättern herausgraben, auf den Ebenen und abgeernteten Feldern war es nachts kaum noch zu ertragen. Am dritten Tag war der muffige Pelz des Chuors ein willkommener Schutz in der Nacht gewesen, als er sich, ohne ein Wort zu verlieren, neben die drei aneinander gekuschelten Menschen schmiegte. Die Feuer, die sie sich mit letzter Kraft machten, blieben klein und waren die Mühe kaum wert, denn keiner hatte mehr Lust, sich um Holz zu kümmern. Nur Shaljel natürlich hätte sich wohl ohne weiteres auch darum kümmern können. Aber erst in der fünften Nacht tat er ihnen den Gefallen, nachdem Estron ihn dazu aufgefordert hatte. Die Worte, die danach zwischen den beiden hin und her gegangen waren, hatten sie, wie es schien, sehr bewusst in einer Sprache gewählt, die keiner der anderen Gefährten hatte verstehen können, denn Estron hatte sich zum Ende hin sehr aufgeregt.
Aber all das war vergessen gewesen, als sie den Fluss gesehen hatten. Selbst die letzte Stunde Wegs, auf der sie das Wasser immer wieder aus den Augen verloren hatten, während sie Mulden und kleine Täler durchqueren mussten, war nur noch eine kleine Anstrengung im Vergleich zu den letzten Tagen gewesen. So sehr zog sie der faszinierende Anblick an.
Und als sie schließlich neben dem Fluss standen, an dem hohen Ufer, das Rauschen alle anderen Geräusche übertönte und sich das Licht der untergehenden Herbstsonne auf den langen, schnellen Wellen wie viele hundert Regenbogen spiegelte, da fiel für einen Moment die ganze Mühsal von ihnen ab. Tro-ky setzte sich an den Rand einer hohen Böschung, unter der das Wasser vorbei rauschte und ließ seine Beine baumeln. Der Meister ging langsam ein Stück weiter, um direkt ans Wasser zu gelangen. Sie selber streifte nur noch ihr Bündel ab und ließ es zu Boden fallen, um sich gleich darauf selbst daneben niedersinken zu lassen.
Streiter trat zu ihr. Er hatte den ganzen Marsch über geschwiegen. Nur mit Shaljel hatte er ein oder zwei Mal ein Wort gewechselt. Aber trotzdem schien sich in den letzten Tagen mehr Vertrauen zwischen ihm und Kam-ma entwickelt zu haben, als die ganze Zeit über bei Ohnfeder. Er war immer in ihrer Nähe geblieben, und sie hatte ihn mehr als einmal dabei beobachtet, wie er ganz nebenbei, Zweige und Äste zur Seite drückte, die sie sonst gestreift hätten.
„Mmain Uolk nännt inn Shchakchapkukchak-kapheek, das haisst 'uaites flissandäs Uasser, nirr Mmär'. Uir uaren unss uol suärrst nirrt sirrär, tass äs kain Mmär is.“ Streiters unvermittelte Worte ließen Kam-ma zu ihm hinstarren. Das war vermutlich das längste, was sie ihn bisher an einem Stück hatte sprechen hören. Während sie versuchte, die Worte für sich zu übersetzen, fielen ihr viele kleine Verspannungen in seinem Gesicht auf, die sich anscheinend gelöst hatten, während andere hinzugekommen waren. Sie war lange genug mit Estron unterwegs, um auch in den Gesichtern anderer Völker wenigstens etwas lesen zu können: Streiter verband etwas mit diesem Fluss. Kurz erwiderte er ihren Blick, um gleich wieder zurück zum Fluss zu kucken. Dann ging er langsam in diese besondere Hocke, die Kam-ma immer an die Hunde aus dem Nachbardorf erinnerte, große Wolfshunde, die nur den Kopf zu heben brauchten, um einer kleinen Frau die Kehle herausreißen zu können. Wenn sie sich hinsetzten wirkten sie majestätisch, stolz und gelassen, aber ihre Gesichter sahen irgendwie immer traurig aus. Sie gehorchten nur dem Obmann des Dorfes, treu bis hin zur Selbstaufgabe.
Kam-ma legte ihm eine Hand auf die Schwerthand, mit der er sich nach vorne abstützte. Ein kleines Zucken verriet ihr, dass er sich nur knapp daran hindern konnte, seine Hand wegzuziehen. Aber er verweilte und ließ es geschehen, bis die Dunkelheit sie einholte, dass andere Ufer nicht einmal erahnt werden konnte und Shaljel sie zu dem kleinen Lagerplatz in einer Senke rief.
Zwei Tage waren nun vergangen und Shaljel hatte sie immer wieder verlassen, um ihnen einen Weg zu bereiten. Genauer hatte er das getan, was die anderen nicht vermochten: er war über den Fluss geschwommen, wobei Estron sie davon abgehalten hatte, ihm dabei zuzusehen. Aber bevor er sich zum ersten Mal aufgemacht hatte, waren wieder laute Worte zwischen den beiden gefallen. Diesmal hatte Kam-ma tatsächlich etwas verstehen können, ohne jedoch zu begreifen, was Shaljel hatte sagen wollen. Wieso war er sich so sicher, dass ihr Meister eine Brücke über den Fluss hätte bauen können? Sie glaubte, natürlich, dass er zu Vielem imstande war, aber ein solches Bauwerk, bei so einem breiten Fluss, und zumal sie immer noch versuchten, ungesehen zu bleiben …
Selbstverständlich hatte der Meister das abgelehnt. Nur wie er es abgelehnt hatte, machte keinen Sinn.
Sie war erleichtert, dass es heute losgehen sollte, denn, obwohl sie nicht untätig waren, drang das feuchtkalte Wetter langsam unter die Haut. Die Bäume boten kaum noch Schutz und der Regen hatte sie schließlich aus ihrer Mulde vertrieben, als sich der Boden dort immer weiter mit Wasser vollsog und sich die ersten Pfützen bildeten. Dazu kam, dass beständig jemand Wache halten musste, denn auch jetzt eilten noch immer Boote den Fluss hinunter, vorangetrieben von dem flinken Strom. Und einige fuhren ihn auch wieder hoch, gezogen von müden Gespannen kleiner Lastbatagas, die auf dieser Seite des Flusses in einer Reihe den kleinen Trampelpfad entlangtrotteten. Warum sie sich vor ihnen verstecken mussten konnte Kam-ma nicht ganz verstehen. Gut, sie waren bereits von den Priestern von Sonne und Schwert verfolgt und der Meister verletzt worden, aber dies waren keine Priester und von den einfachen Leuten hatte sich Estron bisher nie in Acht nehmen müssen. Aber sie vermutete, dass es mit dem zusammenhing, was sie auf der anderen Seite des Flusses vorhatten – Und darüber hatten die anderen Tro-ky und sie im Dunkeln gelassen.
Diesmal kam Shaljel nicht allein zurück. Tro-ky eilte in ihr kleines Lager und erzählte aufgeregt: „Ein Chuor ist bei ihm. Er ist kleiner als Streiter und viel roter.”
Kam-ma drehte sich zu dem großen Chuor um und konnte gerade noch sehen, wie er sich hinter eine Böschung zurückzog. Schnell stand sie auf, um ihm zu folgen.
„Bleib bitte, Kam-ma. Er will dem anderen nicht begegnen. Und sieh mich bitte nicht so an. Ich erkläre es dir später.” Estron ging langsam auf sie zu. „Jetzt reicht es aus, wenn ihr wisst, dass wir ihn nicht erwähnen dürfen.”
Sie nickte. Was anderes hätte sie nicht tun können, auch wenn der Ton in Estrons Stimme nicht mehr der des gutmütigen Lehrers war, den sie so verehrt hatte.
Sie mussten nicht lange warten, bis Shaljel, gefolgt von dem Chuor, zu ihnen trat. Estron ging vorsichtig auf den Chuor zu und beide begannen das Gesicht des anderen zu beschnüffeln. Anschließend hob jeder von ihnen eine Hand und sie fuhren auch an diesen mit der Nase entlang. Während des gesamten Vorgangs konnte Kam-ma beobachten, wie immer größere Unruhe den Chuor erfasste, bis er schließlich ängstlich einen Schritt zurückwich und seine Rute herunterhängen ließ.
Kam-ma trat neben ihren Meister, der sie jedoch mit einer Hand zurückhielt. „Ich glaube, mein Geruch reicht, nicht wahr.” Der Chuor nickte und Shaljel legte ihm eine Hand auf die Schulter:
„Ich habe es dir gesagt. Er ist keiner der dummen Menschen, die nicht wissen, wie man sich verhalten muss.”
Der Chuor wandte seinen Blick von dem Menschen ab, dem Aleneshi zu und beruhigte sich ein wenig. Als er sprach war Kam-ma überrascht in seiner Aussprache wenig von dem zischenden und bellenden Lauten Streiters zu hören.
„Ja dass hass tu
. Uir uerden auch helven, uenn er unsre Suiffe und Uerkseuge seknet, uie Shaljel gesakt hast.” Shaljel lächelte ihm aufmunternd zu, es war aber Estron, der als nächstes Sprach, seine Haltung aufrecht und fordernd.
„Und wirst du für uns sprechen vor deinem Rudel?”
„Ja, dass uerde ich tun. Aber ich hette es auch schon für Shaljel getan.”
„Dann wollen wir dieses Abkommen besiegeln.” Und mit diesen Worten zog der Keinhäuser sein Hemd hoch, zog an den Schnüren, die seinen Hosenlatz geschlossen hielten und pinkelte mit einem kräftigen Strahl an den nächsten Baum. Der fremde Chuor tat es ihm kurz darauf gleich. Anschließend zog er einen Feuersteinmesser aus der Scheide an seinem Gürtel und schnitt zwei Stücke aus der Rinde, an der sie beide Wasser gelassen hatten. Ein Stück gab er Estron, das andere wickelte er in ein Blatt ein und steckte es in seinen Gürtelbeutel.
„Nun sind uir gebundn und jedr Chuor uird es erkennen.”
Estron verbeugte sich vor ihm. „So soll es sein und ich werde meine Verpflichtungen erfüllen.” Dann wandte er sich an seine Schüler. „Packt eure Sachen, wir werden jetzt über den Fluss fahren.”
„Aber Streiter...?” Kam-ma war einen Schritt auf ihren Meister zugegangen, unterbrach aber ihren Weg und auch ihren Wortfluss als Estron ihr einen strengen Blick zuwarf. Ihr neuer Führer blickte aufmerksam zwischen den beiden hin und her.
„Das freche Viech ist weggelaufen. Wenn wir zurückkommen, können wir noch einmal nach ihm suchen, aber du musst besser aufpassen. Und nun packt eure Sachen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.”
Die Doppeldeutigkeit der Worte blieb Kam-ma nicht verborgen. Warum sollte er nicht mitkommen? Es war sein Volk? Und erst da fiel ihr wieder ein, dass Estron ihnen während eines der Gespräche auf Ohnfeders Hof von Streiters Verbannung erzählt hatte. Wie dumm sie gewesen war. Natürlich war Streiter bedrückt, so nah seiner Heimat und ihr doch für immer fern. Sie nickte und versuchte ihre Scham zu verbergen, während sie hastig die wenigen Sachen zusammensammelte, die sie aus ihrem Beutel genommen hatte. Tro-ky, der gehorsamer gewesen war, half ihr beim überlegen der Tasche und zusammen brachten sie ihrem Meister die seine. Wenn ihnen nicht zuvor klar gewesen wär, wie sehr sich Estron verändert hatte, wäre der Beutel der letzte Hinweis gewesen, denn er war bereits ordentlich gepackt und für die Abreise bereit, hatte Estron doch allem Anschein nach schon vor geraumer Zeit gewusst, dass sie ihr Lager heute verlassen würden.
Als sie ans Ufer kamen, zu der Stelle, an der Estron vor zwei Tagen seine Füße gebadet hatte, fanden Sie dort ein langes Boote vor, zur Hälfte ans Ufer gezogen und umringt von sechs weiteren Chuor.
„Setzt euch ins Heck. Vor das Ruoder.” der Chuor, der sich inzwischen mit dem Namen Zechu vorgestellt hatte, deutete auf das Boot und Estron schritt darauf zu. Kurz drehte er sich um, um ihnen zu winken. Shaljel sprang an ihm vorbei und machte einen Satz über die Bootswand, die höher war als er selbst, um gleich darauf auf einer der Bänke zu landen. Estron erreichte das Boot und wartete kurz, um Kam-ma und Tro-ky hineinzuhelfen. Nachdem er selbst eingestiegen war, nahm er aufrecht neben dem Aleneshi Platz. Die Chuor begannen das Boot ins Wasser zu schieben, Zechu sprang als erstes hinein und drängte sich zur Ruderpinne durch, während seine Gefährten nach und nach die Ruder besetzten. Dann begann die eigentliche Arbeit, denn sobald sie die ersten Schläge getan hatten, um sich aus der Landungsstelle herauszubringen, erfasste der Strom das Boot und zerrte es mit sich.
„Sie machen das oft mehrmals täglich“, brüllte Shaljel über das Rauschen des Wassers, „um Passagiere und auch Waren von der einen Seite auf die andere zu bringen. Manchmal auch Flussabwärts in die Städte der Menschen.” Er zögerte kurz und lachte: „Aber niemals Flussaufwärts. Da wird das Boot gezogen.” Ein kurzer Blick zu Estron, der fasziniert in die Tiefen des Flusses blickte und dort anscheinend etwas zu beobachten schien. „Wir hätten es einfacher und schneller haben können. Aber Estron wollte nicht.” Wieder ein Lachen, diesmal jedoch fehlte den Augen des Aleneshis der Humor.
Kam-ma klammerte sich mit einer Hand an der Reling, mit der anderen an ihrer Bank fest, so gut es irgend ging. Sie war keine besonders gute Schwimmerin. Aber sie zweifelte daran, dass hier jemand wirklich ohne weiteres hätte schwimmen können. Sie wäre einfach fortgerissen und von irgendeiner Welle nach unten gezogen worden, um niemals wieder aufzutauchen.
Estron hatte versucht sie zu lehren, dass man in solchen Situationen, wenn man so rein gar nichts tun konnte, um gegen die Gewalten, die auf einen wirkten, zu kämpfen, seine Ängste einfach fahren lassen konnte. Sich zurücklehnen und das Unvermeidliche geschehen lassen. Kam-ma wusste, dass ihm selbst dies auch nicht immer gelingen wollte. Ihr war es noch nie gelungen und erst später konnte sie sich eingestehen, dass sie bei dieser Überfahrt mehr Angst gehabt hatte als bei jeder Verfolgung durch die Priester, das Mal, als Estron verletzt worden war, eingeschlossen.
Das Boot driftete immer weiter ab und bald hätte sie die Bucht, von der aus sie aufgebrochen waren, nicht mehr sehen können, wenn sie denn überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre, ihren Blick vom Boden des Bootes fortzureißen.. Erst nach einer Ewigkeit, als ein dumpfer Aufprall das Boot zum Erzittern brachte und eine ledrige Hand sich sanft auf die ihre legte, um sie von der Reling zu lösen, bewegte sich ihr Kopf langsam und zitternd wieder nach Oben. Mit wackligen Schritten stieg sie an Land und sank zu Boden. Tro-ky folgte ihr wenig später und an seinem Mund konnte sie noch Spuren von Erbrochenem sehen.
Die Chuor ließen ihnen aber kaum Zeit, sich zu erholen. Estron half ihnen mit aufmunternden Worten auf die Beine und brachte sie wieder auf den Weg.
Es war nicht weit, und der Weg den Fluss entlang nahm die meiste Zeit in Anspruch, denn die Chuor zogen das Boot an langen Seilen gegen die Strömung, um zurück zu ihrem Anlegeplatz zu gelangen.
Nachdem das Boot an Land gezogen und gut neben anderen Booten verstaut worden war, brauchte die kleine Gruppe nicht mehr lange, um die Charhas von Zechus Rudel zu erreichen.
Fast jeder Mensch hatte schon von den Charhas gehört, denn es war sehr wohl bekannt, dass die Chuor nicht in Erdlöchern oder Höhlen hausten. Es war so wohl bekannt, weil Chuor sehr ärgerlich werden konnten, wenn man sie auf diese Weise mit kleinen, ängstlichen Nagetieren verglich, und niemandem war daran gelegen, einen Chuor zu verärgern. Daher wurde solches Wissen selbst dort bekannt, wo nur wenig Aussicht bestand, jemals einem Chuor zu begegnen, wie eben in Kam-mas und Tro-kys Heimatdorf.
Aber zu Gesicht bekamen nur wenige Menschen die niedrigen, runden Dächer, gebunden aus allem, was sich in der Umgebung finden mochte, abgedichtet mit feuchter Erde. Der Geruch, der über einer solchen kleinen Siedlung lag, ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, womit die Erde nass gemacht worden war oder dass die Charhas immer wieder aufs Neue abgedichtet werden mussten.
Zechu schritt voran in die große Lichtung und scheuchte einige Chuorkinder fort. So, wie sie auf allen vieren davon rannten sprang Kam-ma sofort das Wort „Welpen” in den Kopf. Ältere Chuor, meist junge Krieger, tauchten aus allen Richtungen auf und versammelten sich im Zentrum des Lagers, vor der größten Charha. Kam-ma warf Tro-ky flüchtig einen Blick zu, als sie die ungewöhnlichen Waffen der Chuor bemerkte. Und wie sie vermutet hatte, war sein Blick von den großen Geweihäxten gefangen. Sie knuffte ihn freundschaftlich und er löste seinen Blick.
Sie sahen zu ihrem Meister, wie er Aufrecht und Stolz wartete, während sich der Kreis um ihre kleine Gruppe schloss. Die Chuor wirkten interessiert und gelassen. Ihre Waffen lagen wie natürliche Ergänzungen ihrer Klauen und Zähne in ihren Händen oder hingen in den Seilen, die als Gürtel oder Gurt dienten, gleichgültig, ob es sich um die Geweihäxte, Antilopenhorndolche oder Zahnschwerter handelte.
Sie machten keinen feindlichen Eindruck, aber ihre Größe, Gewandtheit und Kraft ließen sie dennoch bedrohlich wirken, mit dem deutlichen Hinweis, dass ihr Gemüt schnell umschlagen könnte.
Kam-ma versuchte die Chuor, die sie umringten, zu zählen. Aber bald konnte sie nicht mehr durch die Wand von braun-rotem Pelz blicken, die sich erst öffnete, als vier ältere Chuor hindurch
schritten.
Ihre ersten Worte klangen wie ein lautes, ärgerliches Bellen, woraufhin Zechu seinen Teil der Rinde aus seinem Beutel holte und hochhielt. Dies schien die Alten ein wenig zu beruhigen, aber ihre Gesichter wurden nicht freundlicher.
Nun begann ein schneller Wortwechsel von lauten Bell-, Heul- und Japslauten, von denen Kam-ma nichts verstehen konnte. Nur eines wurde bald deutlich: Zechu wurde bedrängt, ausgefragt und beschimpft. Am Ende jedoch schien er gelobt zu werden, denn seine Rute richtete sich wieder auf und sein Gesicht entspannte sich sichtbar.
Die ganze Zeit über, hatten sich Estron und Shaljel keinen Fingerbreit bewegt. Kam-ma und Tro-ky versuchten es ihnen gleich zu tun, Kam-ma konnte aber nicht verhindern, dass ihr Kopf immer wieder hin und her zuckte, um die Chuor zu beobachten. Endlich aber ging der alte Chuor, der am meisten mit Zechus gesprochen hatte, auf ihren Meister zu und beschnüffelte ihn. Nach einigem kläffenden Ausatmen wandte er sich zu den drei anderen um, um ihnen zuzunicken, Kam-ma war sich ganz sicher, dass sein Gesicht für einen kleinen Augenblick einen Anflug von Unsicherheit gezeigt hatte, beinahe so wie Zechu, der vor nicht allzu langer Zeit seine Rute vor Estrons Geruch hatte sinken lassen,
Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm Page 31