Forbidden Royals 02 - Golden Throne
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Ich winke ab. »Natürlich können Sie das. Außerdem steht es ihr ohnehin viel besser.«
Ich werfe Annie ein letztes Lächeln zu, drehe mich um und gehe zurück auf die Mitte der Straße. Galizia hat die Augenbrauen bis zum Haaransatz hochgezogen. Aus dem Augenwinkel erhasche ich einen Blick auf Simms’ verkniffenen Gesichtsausdruck. Ich bin mir sicher, dass er mich später dafür zusammenstauchen wird, dass ich ein unbezahlbares Schmuckstück einfach so weggegeben habe, aber das ist mir wirklich egal.
Das war es wert, denn so konnte ich diesem kleinen Mädchen ein wenig den Tag versüßen. Ich konnte ihr ein kleines bisschen Magie schenken. Und in der Schatzkammer der Lancasters befinden sich genug Juwelen für ein ganzes Leben. Für mehrere Leben. Ein kleines Diadem wird da wohl niemand vermissen.
Die Menge hat neue Energie gesammelt. Als ich den Rest des Wegs zum Rednerpult zurücklege, schreien die Leute so laut, dass ich befürchte, einen Hörsturz zu erleiden. Ihre Rufe vermischen sich zu einem donnernden Getöse. Selbst nachdem ich dem Veteranenminister die Hand geschüttelt habe und ans Mikrofon getreten bin, jubeln sie weiter, bis Simms mit einer Geste um Ruhe bittet. Er schaut zu mir, und sein strenger Blick macht seine Anweisungen mehr als deutlich.
Freundlich lächeln. Hallo sagen. Zurücktreten.
Ich versuche, nicht die Augen zu verdrehen, während ich mich an die Menge wende und mich räuspere. »Wow. Danke für diese herzliche Begrüßung!«
Ich zucke zusammen, als ich meine Stimme aus den Lautsprechern dröhnen und von den Gebäuden ringsum widerhallen höre. Es ist ein seltsames Gefühl, so als würde meine Stimme nicht zu mir gehören. Ich lasse den Blick über die vielen Gesichter in der Menge wandern – junge, alte, männliche, weibliche. Ich sehe eine Gruppe grauhaariger Männer in Militäruniformen, die Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg sein müssen, neben einer Gruppe Kinder stehen, die sich auf einem Schulausflug befinden und deren gelbe Grundschulpullover sogar aus dieser Entfernung in den Augen wehtun. Ich sehe ein junges Paar, das Händchen hält und neben einem älteren Paar steht, das sich an die Absperrung drückt.
So viele verschiedene Gesichter, und sie sind alle mir zugewandt. Und sie strahlen alle eines gemeinsam aus.
Hoffnung.
Sie steht jedem Zuschauer in der Menge deutlich ins Gesicht geschrieben. Und als ich das erkenne … kann ich einfach nicht anders, als Demut zu empfinden. Ich kann das, was ich hier tue, unmöglich weiterhin als lästige Aufgabe betrachten, nur um sie auf meiner To-do-Liste abhaken zu können, oder als eine Art königliche Verpflichtung, die ich schnell hinter mich bringen will, ohne auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
Sie schauen alle auf dich, Emilia.
Sie jubeln dir alle zu.
Enttäusche sie nicht.
Simms’ Plan löst sich in Luft auf. Denn nun weiß ich, dass ich nicht einfach nur kurz Hallo sagen und dann vom Mikrofon zurücktreten kann. Ich schulde ihnen mehr als das.
Ich atme zitternd ein, straffe die Schultern und schlucke meine Nervosität hinunter. Normalerweise probe ich jede öffentliche Rede vorher ausgiebig vor meinem Badezimmerspiegel.
Aber heute ist dafür keine Zeit.
Vermutlich werde ich mich ein paarmal verhaspeln und ein wenig zu schnell sprechen und jede Menge falsche Sachen sagen. Im Vergleich zu anderen Reden wird meine weder wortgewandt noch elegant sein. Weder rhetorisch ausgefeilt noch schön. Trotzdem … werde ich versuchen, es auf meine Weise zu machen. So wie meine Mutter es mir beigebracht hat.
Ich werde mein Herz sprechen lassen.
Ich räuspere mich unbeholfen. »Wie Sie vielleicht wissen, ist mir dieser ganze … Prinzessinnenkram noch recht neu.«
Ich höre einen erstickten Laut von Simms, lasse mich aber nicht aus dem Konzept bringen.
»Ehrlich gesagt habe ich bislang erst eine einzige Rede gehalten, und zwar während meines Rhetorikkurses an der Uni – und ich bin mir sicher, dass Ihnen sowohl meine Mitstudenten als auch Professor Albright nur allzu gerne bestätigen, dass das für mich nicht gut gelaufen ist. Also verzeihen Sie mir bitte, wenn ich mich verhaspele.«
Gelächter ertönt, gefolgt von einer Flut aus anspornendem Applaus. Ich höre, wie jemand ganz hinten aus der Menge »Wir lieben Sie, Emilia!« ruft, und mein Lächeln wird ein wenig breiter.
»Heute hier zu stehen, um den Volkstrauertag zu begehen, ist ein Privileg. Tatsache ist, dass Caerleon ohne die tapferen Männer und Frauen, die ihr Leben dem Schutz unseres großartigen Landes gewidmet haben, nicht existieren würde.«
Mehr Applaus ertönt.
»Ich weiß, dass wir alle unterschiedliche Ansichten vertreten, wenn es um Politik oder Religion geht – verdammt, wir sind ja sogar unterschiedlicher Meinung, wenn es darum geht, welche Rugbymannschaft wir unterstützen sollen …« Simms schnappt angesichts meiner profanen Ausdrucksweise empört nach Luft, aber niemand sonst scheint sich daran zu stören. »Doch wenn es eine Sache gibt, bei der wir uns alle einig sind, dann ist das die Tatsache, dass unser Militär Anerkennung verdient. Und das nicht nur heute, sondern an jedem Tag des Jahres.«
Die Leute nicken zustimmend. Viele haben ihre Handys gezückt und angefangen zu filmen. Ich versuche, nicht zu sehr darüber nachzudenken, und spreche weiter, bevor ich den Faden verliere.
»Wir Menschen neigen dazu, alles viel komplizierter zu machen, als es sein müsste. Aber das hier – das ist einfach. Unsere Veteranen haben sich um uns gekümmert. Nun sind wir an der Reihe, uns um sie zu kümmern.«
Die Reaktion der Menge ist überwältigend. Ich muss eine ganze Minute lang warten, bis wieder Ruhe eingekehrt ist und ich weitersprechen kann.
»Um es kurz zu machen … ich fühle mich geehrt, im Namen meines Vaters, Seiner Majestät König Linus, die feierliche Eröffnung der hochmodernen Einrichtung zu verkünden, die Sie hinter mir sehen. Sie wurde eigens errichtet, um Angehörigen von Luftwaffe, Militär, Polizei und Königsgarde die nötige medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Und zwar nicht nur denjenigen, die aktiv ihren Dienst versehen, sondern auch solchen, die sich im Ruhestand befinden, und ihren Familien.« Ich drehe mich zur Seite und deute auf das imposante Glasgebäude. »Meine Damen und Herren, hiermit überreiche ich Ihnen das Leopold und Abigail Veteranenkrankenhaus und -rehabilitationszentrum .«
Die Jubelrufe schwellen an, als ich die Namensgeber der Einrichtung erwähne – unseren verstorbenen König und seine Gemahlin, die letzten Monat so plötzlich bei dem verhängnisvollen Brand ums Leben gekommen sind. Ich sehe, wie sich mehrere Leute im Publikum Tränen aus dem Gesicht wischen, da sie von ihren Gefühlen überwältigt werden. Ich sehe, wie Annie und ihre Mutter jubeln. Ich sehe, wie die Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg stolz salutieren. Ich sehe ein Dutzend Schulkinder, die wie verrückt applaudieren.
Und ich kann es nicht leugnen – als eine Blaskapelle ein paar Augenblicke später die caerleonische Nationalhymne spielt und unsere marineblaue und goldene Flagge hoch in den hellen Morgenhimmel gehisst wird … stehe ich mit einer Hand auf meinem Herzen da, und in meinen Augen brennen Tränen, die ganz sicher das Make-up verschmieren werden, an dessen Perfektionierung Lady Morrells Stylistenflotte so hart gearbeitet hat. Ein ungewohnter Anflug von Patriotismus sorgt dafür, dass mir das Herz anschwillt.
Mal ganz abgesehen von Kronen und Thronen und Erbrechten …
Ist das hier mein Land.
Ist das hier mein Volk.
Und ich bin verdammt stolz darauf, eine von ihnen zu sein.
Heute.
Morgen.
Und an all den Tagen, die noch kommen werden.
7. KAPITEL
»Diese Rede war nicht abgesprochen«, murmelt Simms mit angespannter Stimme, als er mich zwei Stunden später zu dem wartenden Rolls-Royce geleitet. Das ohrenbetäubende Geräusch der jubelnden Menge wird ein wenig gedämpft, als der Chauffeur die Tür hinter uns schließt.
»Tut mir leid, Ger.« Meine Wangen schmerzen, also wische ich das Lächeln von meinem Gesicht und lasse mich mit einem scharfen Ausatmen nach hinten gegen den Sitz sacken. Ich bin plötzlich über alle Maßen erschöpft. »Ich habe Sie ja gewarnt, dass
ich mich nicht an Ihre Vorgaben halten würde.«
Er sieht mich lange an, mit einem undefinierbaren Ausdruck auf seinem Gesicht.
»Was?«, frage ich, da ich den Ausdruck nicht deuten kann.
»Sie. Sie waren …«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Ich habe noch nie erlebt, dass der biedere, ernste Simms keinen Ton herausbringt. Und … errötet er etwa gerade?
Unmöglich.
»Was ich sagen will, ist …« Er räuspert sich. »Ihr Umgang mit der Menge vorhin war ausgezeichnet, Eure Hoheit. Natürlich. Charmant. Wenn auch ein wenig zu ungeschliffen für meinen Geschmack. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass Sie geflucht haben … Aber alles in allem hätte es schlechter laufen können.«
»Moment mal – haben Sie mir gerade ein Kompliment gemacht, Simms?«
»Seien Sie nicht töricht. Ich habe lediglich die Fakten dargelegt.« Er rückt seine Fliege zurecht und weicht meinem Blick aus. »Sie scheinen ein angeborenes Talent für derlei Dinge zu besitzen. Mit ein wenig Übung könnten Sie sich mit Leichtigkeit beim Volk beliebt machen.«
Die Hölle muss zugefroren sein. Das ist die einzige Erklärung dafür, dass dieser Mann – einer von Octavias wichtigsten Verbündeten – tatsächlich etwas gutheißt , was ich getan habe.
»Allerdings muss ich sagen, die Tatsache, dass Sie ein antikes und so kostbares Diadem an ein Kind verschenkt haben, das es lediglich zu Verkleidungszwecken tragen kann …« Er schüttelt missbilligend den Kopf. »… war höchst unratsam, Eure Hoheit.«
Und damit kehrt das Universum in seine gewohnten Bahnen zurück. Simms betrachtet mich wieder mit seinem typischen wichtigtuerischen Missfallen, und ich bin wieder die unbesonnene, ungehobelte Thronfolgerin, die er nicht ausstehen kann.
Ich lächle in mich hinein, während wir zurück zum Waterford-Palast fahren, und stelle mir vor, wie das arme kleine Mädchen, das in meiner alten Nachbarschaft wohnt, mit seiner Mom Prinzessin spielt und dabei ein kostbares Diadem auf dem Kopf trägt. Simms mag das nicht gutheißen, aber …
Das ist meine Art von Happy End.
Die Fahrt dauert ungefähr zwanzig Minuten. Wir verbringen sie schweigend. Simms geht auf seinem Handy seine E-Mails durch, und ich starre geistesabwesend aus dem Fenster und lasse die letzten zwei Stunden erneut in meinem Kopf Revue passieren.
Trotz meiner ursprünglichen Vorbehalte, an den Feierlichkeiten zum Volkstrauertag teilzunehmen, war es nicht mal ansatzweise so unangenehm, wie ich gedacht hätte. Nachdem ich die öffentliche Rede erst einmal hinter mich gebracht hatte, konnte ich die Gespräche mit den Militärangehörigen im aktiven Dienst, die Treffen mit den verwundeten Soldaten in dem hochmodernen Labor für Prothesen und Robotertechnik sowie den Rundgang mit dem Veteranenminister durch das neue Trauma-Behandlungszentrum tatsächlich genießen.
Vor zwei Semestern habe ich im Rahmen meines Praktikums für klinische Psychologie mit Patienten, die an posttraumatischen Belastungsstörungen litten, gearbeitet und mich außerdem mit dem Thema Selbstmordprophylaxe auseinandergesetzt. Dadurch konnte ich unmittelbar erfahren, wie wichtig es ist, nicht nur körperliche, sondern auch seelische Verletzungen zu behandeln. Unsere Soldaten müssen Zugang zu emotionaler Unterstützung, Gruppentherapiesitzungen und Verarbeitungsmechanismen haben … zu allem, was sie brauchen, um gegen die Dämonen anzukämpfen, die ihnen allzu oft vom Schlachtfeld bis nach Hause folgen.
Zu sehen, wie das Geld des Königshauses für einen guten Zweck genutzt wird, anstatt für unnötige Zurschaustellungen von Glanz und Gloria verschwendet zu werden, fühlte sich unglaublich gut an. Dieses Erlebnis führte auch dazu, dass ich darüber nachzudenken begann, welche anderen wohltätigen Zwecke ich mithilfe meiner neu gewonnenen Position als Kronprinzessin unterstützen könnte. Ich mag zwar gegen meinen Willen in diese Position gedrängt worden sein … aber da ich nun einmal hier bin …
Kann ich ebenso gut etwas Gutes tun.
Die Rädchen in meinem Kopf drehen sich unermüdlich, während ich radikale Ideen austüftele. Plötzlich verlangsamt sich das Tempo unserer Autokolonne auf Schrittgeschwindigkeit, und dann bleiben wir schließlich ganz stehen. Und zwar so abrupt, dass ich gegen den Sicherheitsgurt gepresst werde und Simms’ Handy auf dem mit Teppich ausgelegten Boden der Limousine landet. Ich habe das Gefühl, dass wir bereits zurück beim Palast sein müssten … bis ich aus dem Fenster schaue …
Wir parken am Rand des Anwesens auf der schmalen Straße direkt vor dem Haupttor. Verwirrt recke ich den Hals, um durch die getönte Scheibe zu erkennen, was vor sich geht.
»Warum in aller Welt haben wir angehalten …?«
Simms’ Frage verliert sich in einem leisen Zischen. Ich spüre, wie auch mir die Luft aus der Lunge weicht, während ich die Szene verarbeite, die sich um uns herum abspielt. Galizia und mehrere andere Wachen sind aus ihrem gepanzerten schwarzen SUV gestiegen und versuchen, die Straße frei zu machen – die offenbar von einer Gruppe Demonstranten blockiert wird.
Mein Herz beginnt zu rasen.
Es müssen zwei Dutzend von ihnen sein. Ihre Gesichter sind zur Hälfte mit Tüchern verdeckt, und sie tragen alle Schwarz. Vorne auf ihren Oberteilen prangt ein weiß-rotes Symbol, das ich aus der Ferne nicht richtig erkennen kann. Sie marschieren auf und ab und recken im Takt ihrer Rufe Schilder in die Luft. Trotz des dicken, kugelsicheren Glases, das uns trennt, sind sie so laut, dass ich jedes Wort ihres eingängigen Slogans hören kann.
»IST DIE MONARCHIE VORBEI,
IST CAERLEON ENDLICH FREI!
LANCASTERS WOLLTEN WIR NIE,
WIR WOLLEN EINE DEMOKRATIE!«
Es dauert nicht lange, bis sie meine Limousine entdecken und erkennen, dass sich darin ein Mitglied der Königsfamilie befindet. Sofort richtet sich ihre Aufmerksamkeit darauf. Mein Puls rast, als sie näher kommen und ihre Rufe immer lauter werden, während sie wie verrückt ihre Schilder schwenken. Bereits im nächsten Moment sind wir von allen Seiten umzingelt – ein Meer aus Wut umgibt uns wie eine unerwartete Flut.
»Bleiben Sie zurück!«, brüllt Galizia mit weit ausgebreiteten Armen, als könnte sie eigenhändig dreißig Demonstranten abwehren. Sie und die anderen Wachen haben eine menschliche Mauer um unsere Limousine gebildet. Ich starre durch mein Fenster auf ihre Schulterblätter und frage mich, wie es ihr gelingt, sie selbst in einer Krisensituation so bemerkenswert ruhig zu halten.
»Ich sagte: BLEIBEN SIE ZURÜCK! «
Unsere Wachen versuchen ihr Bestes und tun genau das, wofür sie ausgebildet wurden, aber sie sind eklatant in der Unterzahl. Der kleine Puffer aus Abstand, den sie errungen haben, ist nun alles, was unseren Rolls-Royce von den Demonstranten trennt. Zwei Meter, mehr nicht.
Aus dieser Nähe kann ich die Gesichter der Demonstranten deutlicher erkennen und auch das Symbol auf ihren Oberteilen ausmachen. Es ist das Lancaster-Wappen – der doppelköpfige Löwe –, das von einem blutroten Schwert sauber in der Mitte durchgeteilt wird. Die Symbolik entgeht mir nicht.
Tod der Monarchie.
Ein besonders kühner Demonstrant hechtet auf die Limousine zu und schwenkt inbrünstig sein Schild. Als Reaktion darauf legen mehrere Wachen die Hände an die Holster – eine deutliche Warnung, dass er nicht näher kommen sollte.
»Wenn Sie dieses Fahrzeug berühren, werden Sie verhaftet!«, ruft Galizia. Ihre Stimme hallt über die anhaltenden Sprechgesänge der Demonstranten hinweg. »Ihr Recht auf friedliche Demonstration schließt nicht die Zerstörung königlichen Eigentums ein!«
Ich atme erleichtert aus, als die Demonstranten ein paar Schritte zurückweichen. Bislang bleiben sie auf Abstand.
Aber wie lange noch?
»IST DIE MONARCHIE VORBEI, IST CAERLEON ENDLICH FREI!« Sie stoßen ihre Sprechgesänge aus, und ihre Augen brennen sich mit einer seit ewigen Zeiten angestauten Feindseligkeit durch die getönten Scheiben. »LANCASTERS WOLLTEN WIR NIE, WIR WOLLEN EINE DEMOKRATIE!«
»Mein Gott, was für eine Dreistigkeit!«, schnauzt Simms, aber seine Stimme zittert. »Man sollte sie alle ins Gefängnis werfen …«
Ich werfe ihm einen Blick zu. »Streng genommen haben sie nicht Illegales getan, Simms.«
Er schnaubt. »Noch nicht.«
Meine Knie zittern vor nervöser Anspannung, als ich aus meinem Fenster auf die ausweglose Situation starre – auf das aufgewühlte Meer aus Demonstranten und die standhaften Wachen mit ihren steinernen Mienen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie aufeinanderprallen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis …
Ein Scheppern ertönt.
Das plötzliche metallisch knirschende Geräusch sorgt dafür, dass die Zeit für einen Augenblick einzufrieren scheint. Alle drehen sich herum, um zu sehen, was passiert ist – sowohl die Wachen als auch die Demonstranten. Ich kann durch die dichte Menge nichts erkennen, also brauche ich einen Augenblick, um zu begreifen, dass das scheppernde Geräusch vom Schlosstor herrührt, das langsam aufschwingt.
Jemand kommt heraus.
Die Demonstranten weichen von der Limousine zurück, und durch eine Lücke in der Menge entdecke ich etwas, das dafür sorgt, dass sich mein Magen verkrampft.
Nein.
Nein, nein, nein.
Ein komplettes Kontingent der Königsgarde marschiert auf die Straße hinaus. Sie tragen schwarze Kampfanzüge, Helme und Stahlkappenstiefel. Sie haben ihre Waffen nicht gezogen, aber sie haben schwere Schutzschilde und Schlagstöcke bei sich, während sie sich den Demonstranten nähern.
Was.
Zum.
Teufel?
Das müssen an die hundert Mann sein. Es ist eine eindeutige Machtdemonstration – so als würde man einen Feuerwehrschlauch einsetzen, um eine Kerze zu löschen.
»Bane , Sie verdammter Idiot«, murmle ich finster.
»Eure Hoheit! Achten Sie auf Ihre Ausdrucksweise!«
Ich ignoriere Simms und behalte das Geschehen draußen am Tor fest im Blick. »Was in aller Welt denkt er sich nur dabei? Soll er nicht angeblich so eine Art Taktikexperte sein?«
»Ich verstehe nicht, was Ihr Problem ist, Prinzessin. Unsere Soldaten sind hier, um dieser lächerlichen Ansammlung aus undankbaren und gewaltbereiten Bürgern ein Ende zu machen …«
»Aber so deeskaliert man keinen Konflikt.« Ich schüttle den Kopf. »Das ist das genaue Gegenteil von dem, was man tun sollte.«