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Forbidden Royals 02 - Golden Throne

Page 23

by Johnson, Julie


  Carter wirft mich auf die Kissen und legt sich auf mich. Ich spüre seine Erektion und habe kaum genug Zeit, die Beine um seine Hüften zu schlingen, denn er dringt bereits mit einer fließenden Bewegung in mich ein, bis er vollkommen in mir steckt.

  Sein Name kommt über meine Lippen wie ein Mantra, während er sich rhythmisch zu bewegen beginnt und mich mit jedem Stoß zu neuen Höhen der Lust treibt.

  Carter, Carter, Carter.

  Wir schauen uns tief in die Augen, aber dieses Mal führen wir ausnahmsweise keine wortlose Unterhaltung. Weil es keine Notwendigkeit für Worte gibt.

  Das hier … wir zwei zusammen …

  Dafür gibt es keine Worte.

  Das entzieht sich jeglicher Begründung.

  Dieser Mann wird mich zerstören, wenn ich es zulasse , denke ich und kratze mit meinen Fingernägeln über seinen Rücken. Und ich werde ihn im Gegenzug ebenfalls zerstören.

  Ich explodiere, als mich ein weiterer Orgasmus überrollt. In diesem Moment gelangt auch er zum Höhepunkt, und die Lust in meinem Inneren ist anders als alles, was ich je erlebt habe. Und ich weiß, dass es daran liegt, dass die Gefühle, die ich für diesen Mann hege – diesen verdammten, sturen, berauschenden Mann –, letztendlich ebenfalls anders als alles sind, was ich je empfunden habe.

  Es gibt ein Wort, das ich benutzen könnte, um zu beschreiben, was ich fühle. Ein Wort, das ich benutzen würde, wenn ich ein wenig mutiger und nicht ganz so klug wäre.

  Ein winziges Wort mit fünf Buchstaben …

  … und mit gewaltigen, weitreichenden Auswirkungen.

  Ich spreche es nicht aus.

  Ich denke es nicht einmal.

  Nicht jetzt.

  Vielleicht niemals.

  Aber während ich hier in seinen Armen liege und lausche, wie unsere Herzen in perfektem Einklang schlagen, spüre ich, wie dieses Gefühl jede eisige Kluft meines beschädigten, verrückten Herzens ausfüllt.

  Möge die Zerstörung beginnen.

  20. KAPITEL

  Später duschen wir richtig. Carter seift meine schmerzenden Muskeln mit größter Sorgfalt ein und sagt nicht viel. Aber ich spüre seine Blicke die ganze Zeit über auf mir. Er betrachtet meine Haut und zieht im Geiste meine Gesichtszüge nach. Selbst nachdem wir uns gegenseitig abgetrocknet haben und wieder im Bett liegen, kann ich spüren, wie er mich beobachtet.

  »Was ist los?«, frage ich und rümpfe die Nase.

  Er beugt sich vor und küsst sie. »Nichts.«

  »Das glaube ich dir nicht.«

  Er zuckt mit den Schultern.

  Ich seufze und schließe die Augen. Dabei liege ich immer noch halb auf seiner Brust. »Schön. Dann verrate es mir eben nicht. Ich werde wohl einfach gezwungen sein, es später aus dir herauszufoltern.« Ich halte inne, um zu gähnen. »Nachdem ich ungefähr eintausend Jahre lang geschlafen habe.«

  »Und was genau wird diese Folter beinhalten?«

  »Ha . Als würde ich dir meine besten Verhörmethoden verraten. Netter Versuch.«

  Er stößt ein schläfriges Schnauben aus.

  Wir schweigen eine ganze Weile lang. Ich bin fast eingeschlafen, als er mit leiser Stimme, die keine Spur von seinem typischen grüblerischen Sarkasmus aufweist, etwas murmelt.

  »Ich bin total erschöpft. Ich glaube nicht, dass ich in meinem ganzen Leben je so müde gewesen bin. Aber ich habe Angst davor einzuschlafen, weil ich befürchte, dass ich dann irgendwann aufwachen und erkennen werde, dass das alles nur ein Traum war.« Er räuspert sich. »Dass diese eine Nacht alles ist, was ich je mit dir haben werde. Ein gestohlener gemeinsamer Augenblick in einer Unendlichkeit, die wir getrennt verbringen müssen.«

  Ich hebe den Kopf und schaue ihn an. »Dann lass uns unsere eigene Unendlichkeit erschaffen. Lass uns unseren eigenen Weg finden, wie du es vorgeschlagen hast. Wir können gemeinsam durch das Chaos gehen, Carter.«

  Seine Augen werden weich. Er behält den sanften Tonfall bei, aber die Worte verletzen mich trotzdem. »Und wie sollen wir das anstellen? Dieses Leben, das wir führen … Wir werden immer im Blick der Öffentlichkeit stehen. Man wird uns ständig kritisch beobachten. Vor allem dich.« Er hält inne. »Eine Königin verfügt nicht über den Luxus, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, Emilia.«

  »Warum müssen wir ausgerechnet jetzt darüber reden?«, frage ich und spüre, wie mich die unangenehme Realität einholt und die Blase aus Verleugnung, in der ich in den letzten paar Stunden in seinen Armen gelebt habe, zerplatzen lässt. Ich bin noch nicht bereit, über die echte Welt nachzudenken. Alles, was draußen vor dieser Tür existiert, kann bis zum Morgen warten, soweit es mich betrifft.

  »Bis ich Königin bin, wird noch sehr viel Zeit vergehen«, murmle ich. »Wir müssen jetzt noch nicht für alles eine Lösung haben. Solange wir am Leben und zusammen sind … Das ist das Einzige, was wirklich zählt. Richtig?«

  Carters Blick ist sorgenvoll. Er öffnet den Mund, schließt ihn aber gleich wieder, ohne etwas zu sagen.

  »Was?«, hake ich nach.

  »Nichts.« Er lehnt sich vor und küsst mich. Hart. Als würde er versuchen, mich sich einzuprägen. »Lass uns jetzt einfach ein wenig schlafen, mein Schatz.«

  Verwirrt, aber zu müde, um zu widersprechen, schmiege ich mich wieder an seine Brust. Innerhalb von Sekunden bin ich eingeschlafen. Es geht so schnell, dass ich die Worte, die er mir mit seiner rauen Stimme ins Haar murmelt und in denen die Trauer eines bevorstehenden Abschieds mitschwingt, nicht mehr mitbekomme.

  »Wenn du mich fragst … Ich hätte dir all meine Unendlichkeit gegeben, Emilia. Auf immer und ewig.«

  Ich wache allein auf.

  Auf meinem Kissen liegt eine Nachricht, die mir ein Lächeln entlockt.

  Ich habe mich zurück in meine Suite geschlichen, um den Dienstmädchen keinen Anlass zu liefern, deine Tugendhaftigkeit infrage zu stellen.

  Wir sehen uns später.

  C.

  Ich küsse die Nachricht, verstaue sie in meinem Nachttisch, damit sie in Sicherheit ist, und setze mich auf. Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Seit dem Attentat ist meine Welt komplett auf den Kopf gestellt.

  Es ist an der Zeit, das wieder in Ordnung zu bringen.

  Es ist an der Zeit, ein paar Antworten über den Grund für dieses Attentat zu erhalten. Ich will wissen, wer dafür verantwortlich ist und wie man denjenigen zur Rechenschaft ziehen wird.

  Ich ziehe mich schnell an und humpele aus meinen Gemächern. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, an Carters Tür zu klopfen, aber am Ende des Flurs stehen zwei Wachen und beobachten aufmerksam jede meiner Bewegungen. Als würde hier im Inneren des Schlosses irgendein abtrünniger Terrorist angerannt kommen und mich angreifen.

  Flüchtig frage ich mich, wo Galizia und Riggs sind. Hoffentlich bekommen sie ein wenig dringend benötigte Ruhe, auch wenn vermutlich nicht einmal ein Trauma sie von ihren Pflichten abhalten würde.

  Die mir unbekannten Wachen nicken respektvoll, als ich an ihnen vorbeigehe, und es fällt mir schwer, Haltung zu bewahren. Innerlich zucke ich vor Schmerzen zusammen. Irgendwie tut mein Körper heute noch mehr weh als gestern, sodass ich mich weiterhin nur im Schneckentempo fortbewegen kann. Langsam arbeite ich mich Flur für Flur vor. Dabei lehne ich mich immer wieder ans Geländer, um mich abzustützen, und halte inne, wann immer ich eine Pause brauche.

  Ich bin mir sicher, dass mir die beiden Wachen, die mir folgen, liebend gern helfen würden. Zum Glück sind sie aber klug genug, um zu wissen, dass ich das Angebot niemals annehmen würde.

  Als ich endlich das Erdgeschoss erreiche, folge ich dem Klang erhobener Stimmen vom Thronsaal zu dem kleinen Wohnraum neben der Bibliothek, in dem Simms seine Tage oft verbringt. Die Tür steht einen Spaltbreit offen, sodass die Unterhaltung in den Flur hinaushallt. Ich strecke die Hand nach der Türklinke aus, erstarre aber mitten in der Bewegung, als ich meinen Namen höre. Vermutlich ist es unhöflich zu lauschen, aber ich kann nicht anders.

  »… es Emilia mitteilen«, sagt eine vertraute Stimme. Chloe. »Das ist nicht richtig.«

  »Sind Sie sicher, dass sie stark genug ist?«, fragt Lady Morrell. Sie klingt nervös
. »Sie hat bereits so viel durchgemacht …«

  »Glauben Sie wirklich, dass wir das einfach so vor ihr verheimlichen können?«, schnaubt Chloe.

  »Nicht verheimlichen, wohl aber hinauszögern «, mischt sich Simms ein. »Zu ihrem eigenen Besten.«

  »Sie ist ein zerbrechliches Mädchen – das habe ich mit eigenen Augen gesehen.« Bane. »Sie ist zu emotional. Manche würden sogar sagen, dass sie labil ist. Sie wird nicht in der Lage sein, damit umzugehen.«

  »Sie haben nicht die geringste Ahnung, wovon Sie da verdammt noch mal reden«, herrscht Chloe ihn an. »Ich weiß nicht mal, warum Sie überhaupt hier sind. Sie haben nichts mit dieser Angelegenheit zu tun.«

  »Ich bin der Kommandant der Königsgarde«, kontert er ebenso aggressiv. »Ich würde sagen, dass ich jede Menge mit dieser Angelegenheit zu tun habe, Kleine. Warum Sie jedoch hier sind, ist mir ein Rätsel.«

  Mein Herz pocht wie wild.

  Worüber reden sie da?

  Was verheimlichen sie vor mir?

  Im Zimmer wird es still. Ich warte darauf, dass sich andere Stimmen zu Wort melden – Linus, Octavia –, aber sie bleiben aus.

  »Wenn es ihr gerade noch so gelingt, sich zusammenzureißen, könnte eine weitere schlechte Nachricht zu ihrem Zusammenbruch führen«, sagt Lady Morrell schließlich.

  Bane klingt überheblich. »Ich kann in der Zwischenzeit gerne für sie einspringen. Ich betrachte es als nichts Geringeres als meine patriotische Pflicht.«

  »Da bin ich mir sicher«, zischt Chloe giftig.

  »Bitte, wenn wir untereinander streiten, macht es das auch nicht einfacher«, sagt Lady Morrell. Sie klingt nun besorgt. »Ich neige dazu, Gerald und Ramsey zuzustimmen – sie braucht Zeit, um das alles zu verarbeiten.«

  »Sie braucht keine Zeit, sie braucht die Wahrheit! «

  »Wir hören Sie sehr deutlich, Lady Chloe. Es besteht kein Grund zu schreien.« Simms seufzt. »Wir bitten lediglich um einen oder zwei weitere Tage, damit wir die Situation unter Kontrolle bringen können …«

  Welche Situation wollen sie unter Kontrolle bringen?

  Was in Teufels Namen könnte nur dafür gesorgt haben, dass sie sich alle in einem Zimmer befinden und sich gegen mich verschwören?

  »Ich werde sie nicht noch mal anlügen. Ich weigere mich.« Chloes Stimme klingt entschlossen. »Ich habe es in Fort Sutton schon einmal getan, als sie nach ihm gefragt hat.«

  Ihm?

  Ich versuche, mich zu erinnern, was ich gesagt habe, als ich nach dem Anschlag aufgewacht bin, aber dank der hohen Dosis Schmerzmittel ist alles ein verschwommener Wirrwarr. Mein Herz verkrampft sich schmerzhaft, als ich höre, wie Chloe zugibt, dass sie mich in Bezug auf irgendetwas angelogen hat. Ich muss die Hände zu Fäusten ballen, damit ich nicht in das Zimmer stürme und Antworten verlange. Die traurige Realität ist, dass Lauschen die einzige Möglichkeit für mich sein könnte, die ganze Wahrheit von diesen Leuten zu erfahren, die ich mittlerweile zu einem Großteil als meine Freunde ansehe.

  Als meine Familie.

  »Du bist verdächtig still«, schnauzt Chloe jemanden an und bricht damit die angespannte Atmosphäre auf. »Was denkst du über diese ganze Sache? Hm? Unterstützt du ernsthaft diesen Plan, dass wir die Wahrheit vor ihr verbergen sollen?«

  Eine lange Pause entsteht. Dann spüre ich, wie mein Herz zerspringt, als eine vertraute raue Stimme etwas sagt, das den Verlauf meines Lebens vollkommen verändert.

  »Die Tatsache vor ihr zu verbergen, dass Linus einen Schlaganfall hatte, als er von dem Anschlag erfuhr, wird die Sache nicht ungeschehen machen. Es gibt nichts zu sagen, was es weniger schlimm für sie macht. Ihr Vater ist tot. Der König ist tot. Das bedeutet, dass Emilia Lancaster, ob sie es nun schon weiß oder nicht, jetzt die amtierende Königin ist. Ihre patriotische Pflicht ist mir ehrlich gesagt vollkommen egal, Bane. Diese Entscheidung fällt nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich.« Carter hält inne. Seine Stimme ist gefährlich sanft. »Sie unterstehen der Königin. Nicht umgekehrt.«

  Mein Verstand wirbelt in sämtliche Richtungen, während ich versuche, die Worte, die ich gerade mit angehört habe, zu verarbeiten.

  Linus hatte einen Schlaganfall.

  Ihr Vater ist tot.

  Der König ist tot.

  Emilia Lancaster ist eure Königin.

  Bilder blitzen vor meinen Augen auf, eine unleugbare Bestätigung dessen, was ich tief in meinem Herzen bereits als Wahrheit akzeptiert habe.

  Chloe und Carter, die einen Blick austauschten, als ich nach Linus fragte.

  Die Wachen, die in Fort Sutton vor mir salutierten – eine Geste, die normalerweise dem König vorbehalten ist.

  Das Hauspersonal, das in formeller Kleidung vor dem Palast wartete, um seine neue Herrscherin zu begrüßen.

  Er ist tot.

  König Linus ist tot.

  Nicht in einem meiner Albträume – dieses Mal in Wirklichkeit.

  Und das Schlimmste daran ist, dass sie es wussten. Sie wussten es bereits seit zwei Tagen. Und sie haben es vor mir geheim gehalten.

  Sie ließen mich zwei Tage in dem Glauben, dass mein Vater noch lebte.

  Das ist unvorstellbar.

  Unverzeihlich.

  Meine Hände heben sich von ganz allein, als würden sie jemand anders gehören. Ich schiebe die Tür mit einem groben Stoß auf und trete über die Schwelle in das kleine Zimmer, in dem sie sich versammelt haben, um über mich zu reden.

  Die arme, bedauernswerte Emilia.

  Eine Ahnungslose, die man mit Samthandschuhen anfassen muss.

  Ein Bauer, den man auf einem Schachbrett hin- und herschieben kann.

  Alle drehen den Kopf ruckartig in Richtung Tür und starren mich mit der gleichen Mischung aus Überraschung und Entsetzen an. Ich lasse meine Augen von einem zum andern wandern und verharre so, bis sie unter meinem kalten Blick förmlich zittern.

  Bane.

  Simms.

  Lady Morrell.

  Chloe.

  Carter.

  Auf ihm verweilt mein Blick am längsten. Ich hoffe, dass er in meinen Augen sehen kann, wie sehr mich sein Verrat getroffen hat.

  Ich hoffe, dass ihn diese Gewissheit heimsucht.

  Erst als vollkommene Stille herrscht, spreche ich die Worte endlich laut aus. »Mein Vater ist tot.«

  Lady Morrell gibt einen bekümmerten Laut von sich.

  »Emilia …«, haucht Chloe.

  »Eure Majestät …«, hebt Simms an.

  Der neue Titel lässt mich zusammenzucken – er ist eine brutale Erinnerung an diese seltsame neue Realität. Ich hebe eine Hand, um zu signalisieren, dass sie alle schweigen sollen. Meine Stimme klingt absolut nicht mehr wie meine eigene. In ihr liegen keinerlei Emotionen. Sie ist so kalt, dass sie beinahe unmenschlich wirkt.

  »König Linus ist tot. Ich bin Ihre neue Königin. Und mein erster Befehl lautet …« Ich schaue von Bane zu Simms und zu Lady Morrell. »Dass Sie gefeuert sind. Sie alle drei. Mit sofortiger Wirkung.«

  »Wie bitte?!«, brüllt Bane.

  »Meine Königin, bitte …«, wispert Lady Morrell.

  »Aber Eure Majestät …«, protestiert Simms.

  »Ruhe« , zische ich und hebe erneut eine Hand. »Oder Sie werden keine Abfindungszahlung für Ihre – womit prahlen Sie noch gleich immer, Simms? ›vierundzwanzig Jahre aufopferungsvollen Dienstes‹? – erhalten.«

  Simms wird blass, verstummt aber.

  Lady Morrell bricht in Tränen aus.

  Bane ist vor lauter Wut rot angelaufen und schäumt förmlich, schweigt allerdings ebenfalls.

  »Emilia«, sagt Chloe und macht einen vorsichtigen Schritt auf mich zu. »Bitte, lass uns darüber reden. Wir können …«

  Ich werfe den Kopf in den Nacken und lache. Es klingt irre. Verstört. Das Kichern einer Wahnsinnigen. Als ich endlich verstumme, starren mich alle im Zimmer besorgt an.

  »Reden?« , keuche ich immer noch kichernd. »Du willst reden? Oh, Chloe. Aber ich will nicht mit dir reden. Ich will dich nicht mal ansehen.«

  »Hör zu, E., ich verstehe, dass du aufgebracht bist …«

  »Ich bin nicht aufgebracht. Warum sollt
e ich das sein? Weil du mir ins Gesicht gelogen hast? Weil du dich hinter meinem Rücken mit den anderen gegen mich verschworen hast, um die Wahrheit über den Tod meines Vaters vor mir geheim zu halten?«

  Jegliches Blut weicht aus ihrem Gesicht.

  Ich schüttle den Kopf und lächle frostig. »Ich schätze, dass das alte Sprichwort stimmt – der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Octavia wäre so stolz auf dich.«

  »E. … Bitte …«

  Ich schaue zu Carter. Sein Gesicht ist ernst und sein Blick messerscharf, während er jede meiner Bewegungen beobachtet. Er studiert mich mit größter Genauigkeit. Ich dachte, dass mein Herz nach dem Attentat bereits in Stücke zersplittert wäre, aber als sich unsere Blicke treffen, stelle ich fest, dass es noch weiter splittern kann.

  »Du«, sage ich, und ein Anflug von Gefühlen lässt meine Stimme zittern. Ich ersticke ihn schnell mit eisigem Zorn. »Du wusstest es. Gestern. Letzte Nacht … Du wusstest es und hast es mir nicht erzählt.«

  Er sagt nichts, um sich zu verteidigen. Sogar seine Augen sind leer – er fleht nicht um Verständnis und versucht nicht, seine Doppelzüngigkeit mit wortlosen Rechtfertigungen zu erklären. Er will diesen Vertrauensbruch nicht rechtfertigen. Er will seine Entscheidung, die Nacht mit mir zu verbringen, um mir dann einen Dolch in den Rücken zu rammen, nicht verteidigen.

  Ich rufe mir die Worte ins Gedächtnis, die er mir im Bett zugeflüstert hat, während ich ihn anstarre.

  Diese eine Nacht ist alles, was ich je mit dir haben werde.

  Ein gestohlener gemeinsamer Augenblick in einer Unendlichkeit, die wir getrennt verbringen müssen.

  »Ich kann dich nicht mal ansehen«, flüstere ich und spüre, wie meine Augen zu brennen beginnen. Ich reiße mich von seinem zu blauen Blick los und schaue mich ein letztes Mal im Zimmer um. »Ich kann keinen von euch ansehen. Ich will, dass ihr aus diesem Zimmer verschwindet. Aus diesem Schloss. Aus meinem Leben. Ich dachte, ich sei euch wichtig. Aber nun sehe ich, dass ihr mich nur benutzen wolltet!«

  »Eure Majestät, bitte!« Simms.

  »Meine Königin, nein …« Morrell.

  »Das werden Sie bereuen, Sie dummes Miststück!« Bane.

  »Emilia! Tu das nicht!«, ruft Chloe hinter mir und schreit mich an, damit ich Vernunft annehme, aber ich bin bereits fort – ich wende mich von ihnen ab und schreite in den Flur hinaus, wo vier Wachen, die ich vom Sehen her kenne, stationiert sind. Sie nehmen Haltung an, sobald sie mich erblicken.

 

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