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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

Page 13

by Iosivoni, Bianca

»Damit du noch mehr Leute, die hier punkten wollen, zur Verzweiflung bringen kannst?«

  Sie gab mir einen spielerischen Stoß gegen die Schulter und sah sich nach dem Typen im grünen T-Shirt um. »Lass mich. Das macht Spaß.«

  »Beat Saber? Oder das mit der Verzweiflung?«

  »Beides natürlich.«

  Ich grinste breit. »Natürlich.«

  Jemand anderes war dran, anschließend übernahm Teagan wieder. Diesmal mit einem Song von Taylor Swift, der vor allem bei den weiblichen Zuschauern für lautstarke Zustimmung sorgte.

  Es machte Spaß, ihr zuzuschauen. Und das nicht nur, weil sie so viele Combos wie möglich schaffen wollte, sondern auch, weil man ihr anmerkte, wie viel Freude ihr das Spiel bereitete. Teagan stand nicht einfach steif da und zerschmetterte die pinken und blauen Würfel mit den Lichterschwertern, sondern tanzte dabei auch zum Song. Und schon bald wanderte mein Blick wieder abwärts zu Teagans Hüften, die im Takt der Musik hin und her schwangen. Nach einigen Sekunden erwischte ich mich dabei, dass ich ihr auf den Hintern starrte – aber es war ein wirklich hübscher Hintern. Genauso wie die langen Beine in der hautengen Jeans und die ganze Art, wie sie zu dem Lied herumtänzelte und dabei lässig einen Würfel nach dem anderen zerschmetterte, als hätte sie nie etwas anderes ­getan.

  Als das Level vorbei war, hatte sie ihren eigenen Highscore übertroffen. Die Umstehenden klatschten, pfiffen und prosteten ihr zu. Irgendein Typ bat sie sogar, ihn zu heiraten, woraufhin Teagan nur lachte.

  »Oh mein Gott, das war so gut!«, stieß sie hervor, als sie wieder bei mir war, und fächelte sich mit den Händen Luft zu. »Ich brauche etwas zu trinken.«

  Halb im Spaß bot ich ihr meine Flasche an, in der zwar nicht mehr allzu viel drin war, aber immerhin. Besser als nichts. Teagan riss sie förmlich an sich und stürzte das Wasser in wenigen großen Schlucken hinunter.

  »So schlimm?«, neckte ich sie.

  Kopfschüttelnd gab sie mir die leere Flasche zurück. »Mach du das mal zwei Lieder lang. Das ist besser als ein Workout.«

  Oh ja, das konnte ich schon nach nur einem Level bestätigen.

  »Komm.« Ohne nachzudenken, griff ich nach ihrer Hand, bahnte uns einen Weg an den anderen Gästen vorbei, die sich um die Spiele versammelt hatten, und hielt erst an, als wir die Bar erreicht hatten. »Was willst du trinken?«

  »Wasser. Cola. Irgendwas.« Teagan rutschte auf einen frei gewordenen Hocker und lehnte sich gegen den Tresen.

  Ich bestellte eine Cola für sie und einen Energydrink für mich, dann wandte ich mich ihr wieder ganz zu. »Hübsches Tattoo.« Mit den Fingerspitzen strich ich ganz leicht über ihr Schulterblatt.

  Teagan erstarrte unter der Berührung – und für einen Moment befürchtete ich, zu weit gegangen zu sein.

  Aber statt meine Hand wegzuschlagen oder mir eine Standpauke zu halten, lächelte sie nur etwas zögerlich. »Danke. Ich hab es mir mit sechzehn stechen lassen.«

  »Mit sechzehn? Und das haben dir deine Eltern erlaubt?« Ich versuchte, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen, wobei mir wieder einmal klar wurde, dass ich gar nicht so genau wusste, wie alt Teagan eigentlich war. Definitiv keine sechzehn mehr, so viel stand fest.

  »Nope.« Sie schnitt eine Grimasse und nahm dankend ihre Cola vom Barkeeper entgegen. »Es war so etwas wie meine ganz persönliche Rebellion.«

  Ich stieß mit ihr an. »Deine ganz persönliche Rebellion war ein Schmetterling?«

  Ein schöner Schmetterling – keine Frage. Im Tribal-Stil mit filigranen blauen Flügeln. Aber dennoch ein Schmetterling.

  »Hey, was hast du gegen Schmetterlinge?«

  »Gar nichts«, wehrte ich ab und trank einen Schluck. »So, wie ich dich kennengelernt habe, hätte ich bloß mit etwas anderem gerechnet. Das ist alles. Ein Totenkopf zum Beispiel. Oder das tanzende Lama aus Guild Wars 2.«

  »Ach, sei still.« Sie nippte an ihrer Cola. »Ich hab es mir stechen lassen, kurz nachdem meine Mom uns verlassen hat.«

  Ich erstarrte. Shit. Voll ins Fettnäpfchen, Kumpel. »Das tut mir leid.«

  Sie zuckte mit den Schultern, als wäre es keine große Sache, aber ich konnte ihr ansehen, dass es das doch war, auch wenn – oder vielleicht gerade weil – sie meinem Blick auswich.

  »Was ist mit dir?«, unterbrach sie meine Gedanken. »Irgendwelche Tattoos?«

  »Glaub mir, ich würde jetzt echt gerne mit irgendeiner coolen Story ankommen und dir all meine Tattoos präsentieren, aber … nein. Ich bin noch Jungfrau. Tattoo-Jungfrau.«

  Ihre Mundwinkel zuckten, und der verletzte Ausdruck, der in ihren Augen aufgetaucht war, verschwand wieder. Mit dem Kopf deutete sie Richtung Sitzecken. »Dein Kumpel Cole scheint kein Problem damit zu haben. Seine Arme sind voll davon.«

  »Ja, aber Cole hat auch kein Problem mit Nadeln. Ich schon«, gab ich widerwillig zu und schüttelte mich.

  Statt sich über mich lustig zu machen, was ich bei dem Thema schon oft genug erlebt hatte, nickte Teagan nur. Ganz so, als würde sie diese für viele so lächerliche Angst akzeptieren. Wobei das in meinen Augen kein bisschen lächerlich war. Nadeln konnten echt fies sein und höllisch wehtun.

  Neben Teagan wurde ein Hocker frei, und ich schnappte ihn mir, bevor es jemand anderes tun konnte. Als ich mich hinsetzte, streiften sich unsere Knie für einen Moment – und unsere Blicke trafen sich.

  »Okay, ein Geständnis: Ich mag zwar keine Nadeln«, sagte ich langsam und ließ meinen Blick von ihrem Gesicht über ihren Hals bis zu ihrer Schulter wandern. »Aber ich mag Tattoos.«

  »Ja?« Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Dann hab ich auch ein Geständnis für dich: Vielleicht ist das nicht mein einziges.«

  »Tatsache?«

  »Mhm.«

  Ich nahm einen großen Schluck von meinem Energydrink, um meine plötzlich ziemlich trockene Kehle zu befeuchten. »Wo sind die anderen?«

  »Nur eins.« Sie hielt einen Finger in die Höhe. »Ein anderes. Und es ist an einer Stelle, die die meisten Leute nicht zu sehen bekommen.

  Scheiße . Hatte sie das gerade wirklich gesagt? War ihr eigentlich klar, welche Art von Bildern mir gerade durch den Kopf schossen? Ein Blick in ihr Gesicht genügte. Oh ja, sie wusste es. Und wie sie es wusste.

  Ich räusperte mich, trotzdem klang meine Stimme irgendwie rau. »Und das wäre dann … wo genau?«

  Mit einem Funkeln in den Augen lehnte Teagan sich vor, um mir die Antwort zuzuflüstern. Als ich ihren warmen Atem an meinem Ohr spürte und ihre weiche Stimme hörte, wanderte ein heißer Schauer durch meinen Körper, und ich hielt unweigerlich die Luft an. Dabei berührte sie mich nicht mal. Was zum Teufel passierte hier eigentlich?

  »Das zweite Tattoo …«, begann sie leise und kam noch ein bisschen näher, bis ihre Lippen mein Ohr streiften und ich jedes bisschen Selbstbeherrschung aufbringen musste, um meinen Kopf nicht einfach zu drehen und meinen Mund auf ihren zu pressen, »… ist an meinem Knöchel.«

  »An … deinem Knöchel …«, wiederholte ich perplex, während sie sich zurücklehnte, als wäre nichts gewesen.

  »Genau.« Sie blinzelte übermäßig unschuldig und nippte an ihrer Cola. »Ich trage fast nur Boots, also kriegt dieses Tattoo so gut wie niemand zu sehen. Was hast du denn gedacht?«

  Ich konnte nicht anders, ich prustete los. Im ersten Moment grinste Teagan nur, dann musste auch sie lachen.

  »Jetzt will ich es erst recht sehen«, behauptete ich, sobald wir uns einigermaßen von unserem Lachflash erholt hatten.

  Teagan bekam große Augen und sah sich kurz um. »Hier? Jetzt?«

  Am liebsten hätte ich mit Ja geantwortet, da ich wirklich neugierig war. Doch dann könnte ich sie nicht später irgendwann daran erinnern und damit aufziehen, also schüttelte ich den Kopf. »Nicht jetzt. Aber irgendwann.«

  »Hm«, machte sie und drehte ihr Glas auf dem Tresen. »Das würde voraussetzen, dass wir uns wiedersehen. Also in echt jetzt.«

  »Zweifelst du etwa daran?«

  Sie wiegte den Kopf ein wenig hin und her. »Ich fliege nicht jeden Tag mehrere Stunden zu einer Convention. Auch nicht, um dich zu sehen, Parker.«

  »I
ch auch nicht«, konterte ich grinsend und musste den Impuls unterdrücken, die Hand auszustrecken und sie zu berühren. Ihr das Haar zurückzustreichen zum Beispiel. Ihren Arm zu streifen. Ihr die Hand aufs Knie zu legen. Aber dafür kannten wir uns noch nicht gut genug. Oder?

  In meinem Kopf tauchten unsere ganzen Chats der letzten Wochen auf. Eigentlich kannten wir uns schon. Irgendwie zumindest. Nicht so richtig persönlich, aber virtuell. Ergab das einen Sinn?

  Teagan lächelte, trank ihre Cola aus und rutschte vom Hocker. Aber während sie bereits zu den anderen ging, blieb ich noch einen Moment sitzen und sah ihr nach. Ich hatte keine Ahnung, was das zwischen uns war, ich wusste nur, dass da etwas war. Und dass ich es näher erkunden wollte.

  Als ich kurz darauf ebenfalls zu den anderen zurückkehrte, saß Cole allein auf dem Sofa. Von Mallory war weit und breit nichts zu sehen, während Alice und Lincoln noch immer die Köpfe zusammensteckten. Nur dass mittlerweile eine weitere junge Frau mit dunklem Lockenkopf dazugestoßen war, die neben Alice saß und den Arm locker um sie gelegt hatte. Sie unterhielt sich mit Teagan, die vor ihr stand und sie bereits zu kennen schien.

  »Da ist ja der Rest des glücklichen Paars«, begrüßte mich Cole mit einem breiten Grinsen und wissenden Ausdruck in den Augen.

  Statt einer Antwort gab ich ihm einen Schubs, damit er zur Seite rutschte und ich mich ebenfalls aufs Sofa fallen lassen konnten. Es dauerte nur einen kurzen Moment, bis sich Teagan zu mir setzte.

  »Hey Cole?«, fragte Teagan und lehnte sich an mir vorbei, um meinen Mitbewohner anzusehen. »Was hat dich eigentlich hierher verschlagen? Bist du ein bekannter YouTuber, den ich kennen sollte?«

  Cole schnaubte. »Als ob. Das überlasse ich lieber den anderen. Ich studiere Game Design«, fügte er hinzu, und ich hätte schwören können, dass Teagans Augen bei der Antwort begeistert aufleuchteten.

  »Wirklich? Wo studierst du? Und woran arbeitest du gerade?«

  Coles Grinsen wurde nur noch breiter. Er setzte sich auf und rieb die Hände aneinander. »Wie viel Zeit hast du?«

  Ich schnaubte kopfschüttelnd. »Und so schnell bin ich abgeschrieben …«

  Teagan warf mir ein amüsiertes Lächeln zu, dann wandte sie sich wieder an Cole und wurde schon bald mit allen möglichen Details zu seinem Studium überschüttet. Sie klebte förmlich an seinen Lippen, aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihr losreißen.

  Level 8

  Teagan

  Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, als wir durch die Stadt liefen. Ob wir noch Samstagnacht oder schon Sonntagmorgen hatten. Es war auf jeden Fall noch dunkel, aber die ersten Vögel begannen bereits zu zwitschern, während Parker mich in mein Hotel zurückbegleitete. Von den anderen hatte ich mich bereits verabschiedet, auch von Alice und Jo, obwohl ich die beiden morgen vor meiner Abreise noch einmal zum Frühstück treffen würde.

  Auch wenn ich nicht damit gerechnet hatte, hatte ich tatsächlich Spaß auf der After-Show-Party gehabt. Und das, obwohl Alice mir vorher hatte androhen müssen, nie wieder meine Livestreams zu moderieren und mich künftig mit den ganzen Trollen und sexistischen Idioten allein zu lassen. Nein, danke – da musste ich nicht lange überlegen.

  Also war ich eher widerstrebend mit ihr zur Party gegangen. Widerstrebend und aufgeregt, da ich nicht genau wusste, was mich erwarten würde – außer, dass sich Parker dort herumtreiben würde. Und nach der seltsamen Stimmung am Anfang war es ein wirklich schöner Abend geworden. Wir hatten geredet, miteinander gelacht, waren noch mal bei Beat Saber gegeneinander angetreten – ich hatte ihn wieder fertiggemacht – und hatten Zeit mit den anderen verbracht. Alice, Jo und ich hatten die Tanzfläche erobert, Lincoln hatte mich haushoch beim Billard geschlagen, und Cole hatte mir bis ins kleinste Detail alles über sein Studium erzählt. Trotzdem hatte ich mich zurückhalten müssen, um ihn nicht mit noch mehr Fragen zu bombardieren.

  Es war das erste Mal, dass ich mit jemandem reden konnte, der mein Wunschfach an einer meiner Wunschunis studierte, und ich wollte so viel wie nur möglich darüber erfahren. Allerdings hatte ich keinem von ihnen verraten, dass ich gerade erst die Highschool beendet und mich vor ein paar Monaten bei Colleges im ganzen Land beworben hatte. Aus irgendeinem Grund schienen alle davon auszugehen, dass ich älter war und ebenfalls schon studierte – und ich klärte dieses Missverständnis nicht auf. Wie bescheuert wäre ich bitte, das zu tun?

  Auf den Straßen war es ruhig, genau wie in der Hotellobby, als wir dort ankamen. Die Rezeption war noch besetzt, und der junge Mann dahinter warf uns nur einen kurzen Blick zu, als wir die Aufzüge ansteuerten.

  »Du musst mich nicht hochbringen«, sagte ich zum gefühlt hundertsten Mal.

  Und zum ebenfalls gefühlt hundertsten Mal schüttelte Parker entschieden den Kopf. »Sorry, aber meine Eltern haben mir Manieren beigebracht. Ich begleite eine Frau abends nach Hause.«

  Ich presste die Lippen aufeinander, um nicht zu lächeln. Doch das kleine Kribbeln in meinem Bauch konnte ich dummerweise nicht auf dieselbe Weise unterdrücken. Also warf ich Parker einen herausfordernden Blick zu. »Selbst wenn es kein Date war?«

  Er blieb so abrupt stehen, dass ich ebenfalls innehielt, und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. »Wie bitte? Das war kein Date? Hast du mir etwa die ganze Zeit etwas vorgemacht?!«

  Ich prustete los und schlug mir die Hand vor den Mund, als mein Lachen viel zu laut in der Lobby widerhallte. Überhaupt hatte ich an diesem Abend viel gelacht, und meistens war Parker der Grund dafür gewesen.

  Er lehnte sich an mir vorbei und drückte den Aufzugknopf. Als er sich wieder aufrichtete, trafen sich unsere Blicke, und Wärme breitete sich in meinem Inneren aus. Was hatte er nur an sich, dass ich so auf ihn reagierte? Dabei kannten wir uns im Grunde doch kaum. Wir hatten uns heute das erste Mal persönlich getroffen. Er sollte ein Fremder für mich sein. Und gleichzeitig … war er das nicht. Ich kannte sein Lachen, kannte die Witze, die er so gerne riss, wusste, wie er spielte, wie ehrgeizig er sein konnte und wie gut er zuhören konnte, selbst wenn ich bisher nur wenig von mir preisgegeben hatte.

  Die Fahrstuhltüren öffnete sich, begleitet von einem dezenten Pling! – und der Moment war vorbei. Ich schluckte hart, weil mein Mund auf einmal so trocken war, und betrat den Aufzug. Parker folgte mir schweigend, und ich drückte die Taste für meine Etage. Allem Anschein nach meinte er es ernst damit, mich bis zu meiner Zimmertür zu bringen, damit ich auch ja heil ankam. Bei jedem anderem wäre ich davon ausgegangen, dass er andere Gründe für die Begleitung haben könnte, aber Parker nahm ich seine ritterlichen Intentionen tatsächlich ab. Er schien wirklich ein netter Kerl zu sein – und nicht einer, der mich nur bis zu meinem Zimmer brachte, um mich flachlegen zu können.

  Die Fahrt nach oben verlief schweigend. Man hätte uns glatt für Fremde halten können, die einfach nur in einem Aufzug nebeneinanderstanden und an die Wand starrten, aber das könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Denn auch wenn keiner von uns etwas sagte oder tat, spürte ich, wie sich die Stimmung zwischen uns veränderte. Hier in diesem Metallkasten gab es nichts, das meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nichts, das meine Gedanken länger beschäftigen konnte. Nichts außer dem Kerl neben mir.

  Nach und nach richteten sich all meine Sinne auf ihn aus. Ich spürte die Hitze, die sein Körper ausstrahlte, und registrierte wieder diesen unverwechselbaren Duft, der ihm anhaftete. Argh . Wieso musste er auch so gut riechen? Ich wollte meine Nase an seinem Hals oder in seinem Shirt vergraben und einfach nur tief einatmen. Was völlig lächerlich war und damit etwas, das ich niemals tun würde. Wie peinlich wäre das denn? Trotzdem kam ich nicht dagegen an, wie sehr mich sein Duft einnahm. Genau wie seine ganze Nähe.

  Und obwohl er mich nicht mal berührte, fühlte ich seine Wärme auf meiner Haut. Auf meinen nackten Armen, die seinen so nahe waren. An meinen prickelnden Fingerspitzen, die ich am liebsten nach ihm ausgestreckt hätte. Man könnte meinen, ich wäre betrunken, dabei hatte ich heute Abend ganz bewusst auf jeglichen Alkohol verzichtet. Nicht nur, um nicht nach meinem Ausweis gefragt zu werden, sondern auch, um jede einzelne Minute genießen und für
immer glasklar im Gedächtnis behalten zu können.

  »Alice wollte noch Bescheid geben, wenn sie und Jo sicher zu Hause angekommen sind«, murmelte ich, nur um irgendetwas zu sagen und diese plötzliche Spannung zwischen uns zu lösen.

  »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Parker leise. Im selben Moment hielt der Fahrstuhl, die Türen glitten auf, und wir stiegen aus. Seite an Seite gingen wir den Flur entlang. Es war völlig still auf der Etage, und der dicke Teppich dämpfte jeden unserer Schritte. »Cole und Linc werden die beiden auf jeden Fall bis zu ihrem Auto begleiten.«

  Vor meiner Zimmertür blieb ich stehen und drehte mich zu Parker um. Aus irgendeinem Grund hämmerte mein Herz plötzlich wie wild.

  Er lächelte. »Die beiden gehören zu den Guten«, fügte er hinzu, als versuchte er noch immer, mich zu beruhigen.

  Ich schluckte leicht. Was hatte es nur mit diesem Kerl auf sich? Warum war er so … so nett ? So charmant? So lustig und humorvoll? So verflucht anziehend.

  »Und was ist mit dir?«, fragte ich, bevor ich genauer darüber nachdenken konnte, und räusperte mich, da meine Stimme auf einmal seltsam belegt klang. »Bist du auch einer von den Guten?«

  Parkers Blick lag wie gebannt auf meinem Gesicht. Und als er sich ganz leicht die Lippen befeuchtete, wusste ich, dass ich verloren war. Ich starrte einen Moment zu lange auf das, was seine Zungenspitze da machte, riss den Blick jedoch schnell wieder hoch.

  Zu spät. Wenn ich das Funkeln in seinen blauen Augen richtig deutete, hatte er es bemerkt. Und er genoss es.

  »Meistens«, erwiderte er rau und kam einen halben Schritt näher.

  Mein Puls schoss in die Höhe.

  »Meistens …?«, wiederholte ich atemlos.

  »Genau.«

  Ohne dass ich es bewusst registriert hatte, war ich zurückgewichen, bis ich plötzlich die Wand neben der Tür im Rücken spürte. Parker musste meiner Bewegung gefolgt sein. Er hielt meinen Blick fest und stützte sich mit der Hand neben meinem Kopf ab. Auch wenn er sich nicht weiter bewegte, war er mir auf einmal so nahe, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzusehen, und inhalierte mit jedem Atemzug seinen Geruch.

 

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