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Was auch immer geschieht 02 - Feeling close to you

Page 19

by Iosivoni, Bianca


  »Was?« Cole blinzelte verdutzt. »Wieso denn das?«

  Parker klopfte ihm scheinbar mitfühlend auf die Schulter. »Versuch gar nicht erst, dich mit ihr anzulegen.« Dann drückte er ihm einen weißen Umschlag in die Hand. »Das war für dich in der Post.«

  »Für mich?« Irritiert sah Cole zwischen Parker und dem Brief hin und her, dann drehte er ihn zwischen den Fingern. »Kein Absender. Huh …«

  Sophie kehrte mit einem Laptop in der Hand in die Küche zurück, ließ sich auf einen der unterschiedlich großen und farbigen Stühle am Küchentisch fallen und klappte ihn auf. »Was wollen wir bestellen? Pizza? Sushi? Burger? Thai? ­Mexikani…«

  »Heilige Scheiße!«

  Alle Blicke richteten sich auf Cole. Lincoln kam – diesmal vollständig angezogen – zurück in die Küche. »Was ist jetzt schon wieder?«

  Statt einer Antwort hielt Cole den Brief weit von sich und wir alle sahen den roten Glitzer, der sich über sein Shirt, seine Arme, seine Hose und sogar auf dem Boden um ihn herum verteilt hatte.

  Ich schlug mir die Hand vor den Mund, um mein Lachen zu unterdrücken, aber irgendwie musste es mir doch entschlüpft sein, denn plötzlich starrten mich alle an. »Ist das von Ship Your Enemies Glitter? Wen hast du so abgefuckt, dass er dir Glitzer schickt?«

  Letztes Jahr hatte es einen riesigen Aufruhr in meinem Englischkurs gegeben, weil irgendein Typ einen solchen Brief erhalten hatte und den Glitzer in der ganzen Schule verteilt hatte. Sogar ich hatte am Abend etwas davon an meiner Tasche gefunden, obwohl ich nie direkt mit dem Typen zu tun gehabt hatte. Das Zeug war echt die Hölle. Und jetzt hatte Cole auch so einen Brief bekommen? Vielleicht war es gemein, aber ich konnte gar nicht anders, als zu lachen. Erst recht nicht, als er auch noch anfing, den Brief laut vorzulesen.

  »Hallo, du schrecklicher Mensch …«

  Diesmal war Sophie diejenige, der ein Glucksen entkam. »Oh mein Gott!«, stieß sie hervor. »Da kennt dich jemand so gut. Und du bist voll mit dem Zeug.«

  »Was du nicht sagst«, konterte Cole trocken.

  Sie musste so sehr lachen, dass ihr die Tränen kamen. »Das ist der beste Tag meines Lebens!«

  »Schön, dass dich das so amüsiert«, murmelte er und bewegte sich so schnell, dass Sophie gar nicht reagieren konnte. In der einen Sekunde saß sie noch da und wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht, in der nächsten schlang Cole die Arme von hinten um sie und teilte den ganzen Glitzer großzügig mit ihr.

  »Hey! Echt jetzt?«, rief sie entrüstet und sprang auf. Sophie sah an sich herunter und verzog das Gesicht. Ihr Oberteil, ihre Jeans, ihre Arme und vor allem ihre blonden Haare – alles funkelte.

  Cole grinste hämisch und wackelte mit den Brauen. »Will sonst noch jemand?«

  Ich wich zurück. Parker stellte sich todesmutig vor mich und Lincoln schien diese Drohung völlig kalt zu lassen. Zumindest bis sich Cole auf ihn stürzte und ihn durch die halbe Wohnung jagte. Parker riss mich zur Seite, als die beiden an uns vorbeiwetzten, und murmelte eine Entschuldigung, aber ich schüttelte nur grinsend den Kopf.

  Normalerweise mochte ich keine anderen Menschen. Und normalerweise würde ich mich auch nie so schnell mit Leuten anfreunden, die ich kaum kannte. Aber hier funktionierte es irgendwie sofort, was fast schon unheimlich war. Dennoch … In dieser verrückten WG, die mich so chaotisch und herzlich willkommen geheißen hatte, fühlte es sich beinahe so an, als wäre ich eine von ihnen.

  Parker

  Ich hab Glitzer im Bett. Wieso zum Teufel hab ich Glitzer im Bett?

  Teagan

  Hahaha!

  Parker

  Das ist nicht komisch! Das Zeug geht nicht mehr weg!

  Teagan

  Ich weiß. In Elizas Zimmer ist es auch. Es ist einfach überall! Sogar an mir

  Parker

  Wo genau?

  Teagan

  Teagan

  Denkst du echt, ich falle darauf rein?

  Parker

  Einen Versuch war es wert

  Parker

  Warum bist du überhaupt noch wach? Solltest du nicht todmüde sein nach der langen Reise?

  Teagan

  Bin ich auch

  Parker

  Aber …?

  Teagan

  Keine Ahnung. Vielleicht bin ich einfach zu überdreht von diesem ganzen Tag

  Parker

  Oder von Cole und dem Glitzer …

  Teagan

  Könnte auch sein, ja

  Fünf Minuten später

  Parker

  Lust zu zocken?

  Teagan

  Jetzt??

  Parker

  Wieso nicht? Es ist erst … 2 oder so

  Teagan

  Teagan

  Morgen. Lass uns morgen zocken. Jetzt versuche ich ein ­bisschen zu schlafen

  Parker

  Na gut

  Zwei Minuten später

  Parker

  Hey Teagan?

  Teagan

  Hm?

  Parker

  Schlaf gut

  Teagan

  Du auch

  Level 12

  Parker

  Die Wärme des Tages hielt sich auch nachts in der Wohnung, obwohl wir alle Fenster weit geöffnet hatten. Den ganzen Tag über hatte ich schon ein leichtes Hämmern im Kopf verspürt, es aber die meiste Zeit über ausgeblendet und versucht, mir nichts davon anmerken zu lassen. Das war jetzt anders. Ich hatte keine Ahnung, wann ich überhaupt ins Bett gekommen war, weil wir den Abend zusammen mit Cole und Sophie im Wohnzimmer vor der Playstation und Xbox verbracht hatten. Aber ich wusste, dass ich mich seit einer gefühlten Ewigkeit in meinem Bett hin und her wälzte und einfach nicht schlafen konnte. Und das nicht nur, weil ich den höchsten Punkt der Müdigkeit bereits überschritten hatte und wieder hellwach war, sondern weil das Hämmern in meinem Kopf immer heftiger wurde.

  Irgendwann setzte ich mich ächzend auf und rieb mir mit beiden Händen über Stirn und Schläfen. Shit. So würde ich keine Sekunde lang schlafen können. Seufzend stand ich auf, schlurfte zum Schreibtisch hinüber und schaltete die Beleuchtung ein, die mich natürlich sofort blendete.

  »Dämliches Mistding …« Ich wühlte in den Schubladen, bis ich endlich die Schmerztabletten fand und spülte sie mit dem letzten Rest meiner Wasserflasche hinunter. Dann ging ich zum offenen Fenster hinüber und lehnte mich hinaus.

  Die Luft war warm statt frisch, und der Anblick der Lichter Pensacolas hatte diesmal keine sonderlich beruhigende Wirkung auf mich. Auch die Mischung aus unterschiedlichsten Geräuschen – das Zirpen von Grillen, Autos, die in der Nähe oder direkt durch unsere Straße fuhren, das Rascheln der Bäume im Wind, das entfernte Bellen eines Hundes in der Nachbarschaft – wirkten in dieser Nacht nicht harmonisch und einlullend. Denn all das wurde von dem Dröhnen in meinem Kopf übertönt.

  Ich sah mich in meinem Zimmer um, das aus nicht viel mehr bestand als der dicken Matratze auf den Holzpaletten, dem Schreibtisch mit den beiden Rechnern, drei Monitoren, der LED-Beleuchtung und dem ganzen Kabelsalat darunter, einem Drehstuhl und einer kleinen Kommode mit all meinen Klamotten. Ich seufzte und rieb mir über die Augen. An Weiterschlafen war nicht mehr zu denken, aber genauso ­wenig daran, einfach den PC anzuschmeißen und irgendetwas zu zocken. Wahrscheinlich würde mein Kopf dabei ­explodieren. Außerdem war ich noch immer verflucht durstig, also ­schnappte ich mir die leere Flasche und öffnete leise die Tür.

  Ich wusste noch genau, wie ich in meiner Anfangszeit in der WG nachts ständig gegen irgendetwas gelaufen war, wenn ich ins Bad oder in die Küche wollte. Wenn man wie ich meist erst abends mit den Livestreams anfing, konnten die ziemlich lang gehen. Also war ich nachts praktisch genauso oft in der Wohnung unterwegs wie tagsüber – und mittlerweile brauchte ich kein Licht mehr, um mich im Dunkeln zurechtzufinden. In den meisten Fällen erreichte ich mein Ziel ohne weitere Zwischenfälle. Gelegentlich stolperte ich über irgendetwas, das einer meiner Mitbewohner auf dem Boden liegen gelassen hatte. Allerdings war Liz gerade nicht da, also sank die Wahrscheinlichkeit, mich in einem ihrer Kleidungsstücke zu verheddern und auf die Schnauze
zu fliegen, beträchtlich.

  Im Flur war es vollkommen still. Nur die Geräusche von draußen drangen durch die offenen Fenster in Küche und Wohnzimmer herein. Die Türen zu den anderen Räumen waren geschlossen und es gab auch keinen schmalen Lichtstreifen, der darauf hindeutete, dass außer mir noch jemand in dieser Wohnung wach war. Ich würde ja selbst auch viel lieber schlafen, statt mitten in der Nacht wie ein Zombie durch die Gegend zu schlurfen.

  Kurz blieb mein Blick an einer ganz bestimmten Tür hängen. Normalerweise schlief Liz dahinter, aber jetzt … jetzt war da Teagan. Es war fast schon unheimlich, wie gut sie sich bereits nach wenigen Stunden hier eingelebt hatte. Sie scherzte mit Cole herum, als würden sie sich ewig kennen, schien sich auch sofort mit Sophie angefreundet zu haben und Linc … na ja, der war nach dem Essen direkt zur Arbeit gefahren, also gab es da wohl kein großartiges Kennenlernen. Aber ich glaubte mich zu erinnern, dass sich die beiden auf der RTX-Party ganz gut verstanden hatten.

  Ehrlich, Mann?

  Ich rieb mir über den Nacken. Warum war mir das so wichtig? Dass Teagan jetzt hier war, bedeutete nicht automatisch, dass sie im Herbst nach Pensacola ziehen und am WFMAC studieren würde. Außerdem war die Sache zwischen uns … Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht mal einen Namen dafür. Aber es fühlte sich gut an. Es machte Spaß, riss mich aus meinem Alltag, lenkte mich ab. Sie brachte mich zum Lachen und forderte mich heraus. Und dieser Kuss im Hotel in Texas …

  Ganz falsche Richtung. Ganz, ganz falsch.

  Ich zwang meine Gedanken zurück ins Hier und Jetzt, denn wenn ich auch nur eine Sekunde länger an diesen Kuss dachte, würde ich eine kalte Dusche brauchen. Und das würde wiederum das ganze Haus aufwecken und unangenehme Fragen nach sich ziehen. Vor zwei Jahren hatte Cole diesen Fehler gemacht, und wir ärgerten ihn bis heute damit, dass ihn irgendeine Frau so aufgewühlt hatte, dass er sich dazu entschieden hatte, mitten in der Nacht kalt zu duschen. Im Dezember.

  Mittlerweile hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, doch als ich weitergehen wollte, nahm ich plötzlich eine Bewegung links von mir wahr. Ich zuckte vor Schreck zusammen und drehte den Kopf in die Richtung, aber … da war nichts. Keiner meiner Mitbewohner, kein Einbrecher, kein Tier, das irgendwie einen Weg hier reingefunden hatte. Was zur Hölle …? Ich rieb mir mit den Fingern über die Augen. Shit. Nicht genug damit, dass mir der Kopf platzte und meine Gedanken ins Endlose kreisten – jetzt sah ich auch noch Dinge, die nicht da waren? Eine dunkle Vorahnung begann sich in mir auszubreiten, aber ich kämpfte mit aller Macht dagegen an. Genauso wie gegen das ungute Gefühl in meiner Magengegend. Das war sicher nur Zufall. Meine Schlaf- und Rastlosigkeit in letzter Zeit hatte nichts damit zu tun. Das war nur … Stress. Übermüdung. Oder die Tatsache, dass Teagan zu Besuch war und ich lügen würde, wenn ich behauptete, dass das nichts mit mir anstellte.

  Irritiert setzte ich meinen Weg fort und betrat die Küche. Auch hier war es dunkel, abgesehen von einem Streifen Licht von der Gartenbeleuchtung, der durch das Fenster hereinschien. Ich stellte die leere Flasche weg und holte mir eine neue aus dem Kühlschrank. Als die Tür zufiel, sah ich erneut eine Bewegung aus dem Augenwinkel – und diesmal war ich mir sicher, sie mir nicht bloß einzubilden.

  Stirnrunzelnd drehte ich mich zum Fenster und schaute in den Garten hinterm Haus hinunter. Genauer gesagt auf die Ansammlung von Stühlen und Liegen, die dort auf dem Rasen im Kreis standen. Eine einsame Gestalt hatte es sich auf einer der Liegen bequem gemacht und zog jetzt die Knie an. Abgesehen von der Gartenbeleuchtung, die solarbetrieben und daher immer an war, beleuchtete der Schein des Handys ihr Gesicht. Teagan lag mitten in der Nacht im Garten und spielte an ihrem Smartphone herum.

  Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Gleichzeitig war ich nicht mal sonderlich überrascht. Wenn jemand das mit dem seltsamen Schlaf- und Wachrhythmus nachfühlen konnte, dann waren es andere Streamer. Obwohl Teagan nach der langen Reise eigentlich todmüde sein müsste.

  Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, holte ich eine zweite Flasche aus dem Kühlschrank und machte mich auf den Weg nach unten. Gleich darauf trat ich in den Garten. Doch obwohl es mitten in der Nacht und dementsprechend leise war, bemerkte Teagan mich nicht. Was auch immer sie da las oder machte, es schien all ihre Aufmerksamkeit zu fordern.

  Mit einem Grinsen blieb ich neben ihr stehen. »Wir haben ein Wohnzimmer, weißt du?«

  Sie zuckte vor Schreck zusammen und setzte sich abrupt auf. »Heilige Scheiße! Willst du mich umbringen?«

  Ich gluckste leise. »Sorry«, murmelte ich und setzte mich auf die Liege neben ihrer. »Was machst du hier draußen?«

  »Ich wollte niemanden wecken«, erwiderte sie und legte das Handy beiseite.

  »Kannst du nicht schlafen?«

  Ein Schulterzucken war die Antwort. »Dad müsste längst bemerkt haben, dass ich nicht da bin, aber er hat sich noch nicht bei mir gemeldet. Weder mit wütenden Texten noch mit Anrufen. Aber das ist nicht der eigentliche Grund«, behauptete sie sofort. »Ich hatte Durst und bin in die Küche gegangen, um mir was zu holen. Und vielleicht bin ich es auch nicht gewohnt, an fremden Orten zu schlafen. Nachts ist es hier echt laut. Autos. Busse. Grillen. Hunde. Menschen. Das Meer.«

  »Du kannst das Meer bis hierher hören? Dann kann alles andere ja nicht so laut sein«, neckte ich sie und lehnte mich entspannt zurück. Es war zu dunkel, um ihre Reaktion deutlich zu erkennen, aber ich konnte sie mir bereits denken. »Aww, Tea-Tea, verdrehst du etwa gerade die Augen?«

  »Das wirst du jetzt nie erfahren.« Sie nahm die Wasserflasche, die ich ihr hinhielt. »Danke.« Nachdem sie ein paar Schlucke getrunken hatte, deutete sie auf ihr Handy und fügte noch etwas hinzu: »Außerdem muss ich euer WLAN nutzen, solange ich es habe. Ich will doch wissen, was ich verpasst habe und was in der Welt so los ist.«

  »Verständlich.« Ich stellte meine eigene Flasche zwischen uns auf den Boden, dann lehnte ich mich wieder zurück und ließ meinen Blick über Teagan gleiten.

  Gut möglich, dass es nicht nur die Geräusche von draußen waren, wegen denen Teagan nicht schlafen konnte. Im Vergleich zu Seattle war es hier in Florida auch nachts wesentlich wärmer, und ich konnte mir gut vorstellen, dass man sich erst daran gewöhnen musste. Allerdings konnte ihr in dem dünnen Top mit den schmalen Trägern und der super kurzen Stoffhose nicht allzu heiß sein. Dafür wurde mir bei diesem Anblick umso wärmer. Und plötzlich war ich geradezu froh darüber, dass es hier draußen so dunkel war und die Gartenbeleuchtung nicht jeden Winkel erreichte.

  »Was ist mit dir?«, fragte sie auf einmal und wandte sich mir zu. »Warum kannst du nicht schlafen?«

  »Kopfschmerzen«, gab ich zu und ließ alles andere, was mich wach gehalten hatte, lieber unter den Tisch fallen. Dass ich die ganze Zeit daran denken musste, dass sie nur zwei Räume weiter im Bett lag, zum Beispiel. Wie gut es sich angefühlt hatte, sie heute am Flughafen in die Arme zu schließen. Wie sehr ich es genoss, sie einfach nur dabei zu beobachten, wie sie mit meinen Mitbewohnern redete, lachte und rumalberte. All das und noch so viel mehr, was besser nichts in meinen Gedanken zu suchen hatte und was ich auf keinen Fall laut aussprechen konnte.

  »Das tut mir leid«, wisperte sie, als könnte sie irgendetwas für das Hämmern hinter meiner Stirn. »Hast du schon etwas dagegen genommen?«

  »Jepp. Vor ein paar Minuten. Bisher hilft es allerdings null.«

  Teagan machte eine auffordernde Handbewegung. »Rutsch mal.«

  »Aye aye, Ma’am.« Ich blinzelte bei dem plötzlichen Befehlston, setzte mich jedoch auf und rutschte etwas nach vorne, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was sie vorhatte. »Und jetzt?«

  Als sie sich hinter mich setzte, spürte ich, wie mich die Wärme einhüllte, die ihr Körper ausstrahlte.

  »Lass mich etwas versuchen«, bat sie leise und legte die Hände auf meine Schultern.

  Selbst wenn ich alle Willenskraft der Welt gehabt hätte, wäre ich nicht dagegen angekommen, dass sich meine Muskeln bei der Berührung etwas anspannten. Vielleicht war es einfach schon zu lange her, dass mich jemand so angefasst hatte. Vielleicht lag es aber auch ganz allein an ihr
. An Teagan. An Tea-Tea.

  »Die meisten Kopfschmerzen stammen von Verspannungen im Nackenbereich«, erklärte sie jetzt, und ihre Hände begannen in langsamen Bewegungen über meine Schultern zu streichen. »Zumindest wenn es keine richtige Migräne ist oder andere Ursachen hat wie Erkältungen und so.«

  »Keine Migräne«, murmelte ich und es klang so rau, dass ich mich räusperte. »Und auch keine Erkältung.«

  »Gut«, erwiderte sie leise. »Das ist gut.«

  Scheiße, ihre Stimme war jetzt so nahe, und ihr warmer Atem strich über meine Haut. Alle Nerven in meinem Körper reagierten darauf, und ich konnte nur mit Mühe einen wohligen Schauer unterdrücken. »Woher weißt du das überhaupt?«

  Sie zögerte einen Herzschlag lang. »Meine Mom war … ist Physiotherapeutin und kannte ein paar gute Tricks gegen Kopfschmerzen.«

  »War? Oder ist?«

  »Keine Ahnung, ob sie es immer noch ist. Heutzutage hört man nicht viel von ihr.«

  Bevor ich nachfragen konnte, tasteten sich ihre Hände langsam meinen Nacken hinauf. Man konnte es kaum eine Berührung nennen, da sie so sanft vorging, dass mir das Kinn automatisch auf die Brust fiel und ich die Augen schloss, sobald ich ihre Finger auch in meinen Haaren spüren konnte. Verdammt, das zauberte zwar das dumpfe Pochen in meinem Kopf nicht weg, aber es war so angenehm, dass ich mir wünschte, sie würde niemals damit aufhören. Sanft strich sie über die Stellen in meinem Nacken, die sie zuvor erkundet hatte, und ich entspannte mich mit jeder Sekunde ein bisschen mehr. Dann benutzte sie ihre Knöchel. Und was als federleichte Massage begonnen hatte, tat plötzlich höllisch weh.

  »Autsch!«, stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und drückte die Hände in das Polster vor mir. »Soll es sich so anfühlen, als würdest du durch meine Muskeln auf die Knochen bohren?«

  »Ja«, erwiderte sie nur und machte gnadenlos weiter.

  Gleich darauf war da wieder dieser brennende Schmerz in meinem Nacken, und ich verzog das Gesicht.

 

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