Midnight Chronicles 02 - Blutmagie
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Flatternd öffnete ich die Lider und blickte in seine blauen Augen, aus denen er mich intensiv musterte.
»Geht es dir gut?«
Ich sah an mir hinab. Mein Mantel war nach dieser Aktion definitiv gerade noch gut genug für den Müllcontainer, aber abgesehen davon hatte ich keinen schlimmeren Schaden genommen. »Ja, das sind nur ein paar Kratzer.«
Warden nickte, ohne wirklich erleichtert zu wirken. »Was hast du dir dabei gedacht, Tarquin durch das Portal zu folgen?«
»Ich habe gar nicht gedacht. Tut mir leid.«
Warden starrte mich an, als gäbe es nicht genug Schimpfwörter auf der Welt, um mich für meine Naivität zu verfluchen. Doch anstatt mir einen Vortrag zu halten, schloss er mich ein weiteres Mal fest in die Arme.
Obwohl er nichts davon erwähnte, spürte ich die Verzweiflung, die Unsicherheit und die Angst, die ihn die letzten Minuten begleitet hatten, und ich umklammerte ihn mit all der Kraft, die ich noch aufbringen konnte.
»Mach so etwas nie wieder«, murmelte er an meinem Hals.
Sein warmer Atem kitzelte meine feuchte Haut. Ich erschauderte und nickte an seiner Brust. Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, in was für eine Gefahr ich mich begeben hatte. Hinter diesem Portal hätte alles lauern können. Ich konnte von Glück reden, dass es nur ein paar Vampire gewesen waren und keine Versammlung der Hexen. Oder Baldur persönlich.
»Versprochen.«
Warden löste sich von mir und umfasste mein Gesicht mit beiden Händen. Das Blau seiner Augen erinnerte mich an die Magie, die noch kurz zuvor in diesem Raum wild um mich herumgewirbelt war. Doch ich wich nicht vor ihm zurück. Vor ihm hatte ich keine Angst, auch wenn er die Macht besaß, mich zu verletzen.
Langsam sah sich Warden in dem zerstörten Raum um. »Was ist hier passiert?«
Ich schluckte schwer. »Tarquin hat uns in ein Vampirnest teleportiert. Offenbar hat er hier nach Hinweisen zu Isaac gesucht, aber nichts gefunden.«
»Und wo ist er jetzt?«
»Weg. Er ist vor ein paar Minuten gegangen. Ich habe ihn nach Jules gefragt, aber er wusste nichts über ihn. Was bedeutet, wir können wieder von vorn anfangen«, sagte ich mit einem tiefen Seufzen.
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Ich bring dich jetzt erst mal nach Hause. Morgen sehen wir weiter, okay?«
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Die letzte halbe Stunde hatte sich angefühlt wie ein ganzer Tag.
Warden ergriff meine Hand und führte mich aus dem Haus und zu einem Wagen, der quer auf der Auffahrt geparkt war. Er half mir einzusteigen, ehe er sich hinters Lenkrad setzte. Bevor er den Motor startete, rief er Wayne an, damit er die Sauerei in der Villa beseitigen lassen konnte.
Auf dem Weg zurück zum Quartier spürte ich immer wieder Wardens Blick auf mir. Ich fragte mich, was er wohl dachte, denn mir selbst fiel es ziemlich schwer, zu begreifen, was gerade passiert war. Wir hatten uns geküsst! Ich suchte in seinen Augen nach Hinweisen auf Reue, konnte aber keine finden.
Im Quartier angekommen, half Warden mir auszusteigen und begleitete mich durch die Flure bis zu meinem Zimmer.
Vor meiner Tür blieben wir stehen.
»Brauchst du noch etwas?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nur eine Dusche.«
»Okay, dann geh ich besser mal.«
»Ja.« Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. Wie verabschiedete man sich von seinem ehemals besten Freund, der zugleich dein Ex-Kampfpartner und der Typ war, den du gerade geküsst hattest?
Warden räusperte sich. »Okay, dann … gute Nacht.«
»Dir auch«, erwiderte ich.
Einen Moment blieb er regungslos stehen, zögerte – bis er sich vorbeugte und mir zum Abschied einen Kuss gab. Es war nur eine kurze, gleichzeitig zärtliche wie flüchtige Geste, die manch einem vielleicht unbedeutend erschienen wäre, dabei war sie alles andere als das. Und als Warden sich abwandte, um zu gehen, hinterließ sie ein Lächeln auf meinen Lippen.
23. KAPITEL
Cain
»Geister der Phase 4 sind besonders heimtückisch«, erklärte Ella den Kindern mit gruseliger Stimme. »Sie können nicht nur unsichtbar sein und fremde Körper besetzen, sondern verfügen auch über die Fähigkeit, den eigenen Körper wieder fest werden zu lassen.«
»Aber ist das nicht gut?«, fragte Lina, eine meiner ehrgeizigsten Schülerinnen. »Dann kann auch ein Blood Hunter wie mein Dad sie töten.«
»Das ist wahr. Aber Geister der Phase 4 haben nicht nur einen eigenen Körper, sondern besitzen in den meisten Fällen auch telekinetische Kräfte, was sie verdamm… sehr gefährlich macht. Nur erfahrene Hunter sollten sich mit ihnen anlegen.«
»So wie mein Daddy!«, rief Lina.
Ella lachte. »Ja, so wie dein Daddy.«
Hin und wieder holte ich mir andere Jäger und Jägerinnen in den Unterricht, um über ihre Spezialgebiete zu reden, und ich kannte keine bessere Soul Huntress als Ella. Sie erzählte noch mehr über Geister im Allgemeinen und einen ihrer Fälle mit Owen. Ich war froh, dass sie heute hier war, sodass ich mich ein wenig zurücklehnen konnte. Denn um ehrlich zu sein, war ich nicht ganz bei der Sache. Was mit Tarquin und dem Portal geschehen war, hing mir noch immer nach. Genau wie der Kuss mit Warden. Je länger ich darüber nachdachte, umso unsicherer wurde ich. Ich hatte keine Ahnung, wo wir standen. War der Kuss eine einmalige Sache gewesen, die im Affekt geschehen war, oder würde er sich wiederholen? Insgeheim hoffte ich es. Aber was machte das aus uns? Denn einer Sache war ich mir sicher, Warden war nicht Finn. Ich konnte nicht aus Spaß mit ihm rumknutschen, dafür bedeutete er mir zu viel.
Warum musste alles nur immer so kompliziert sein? Nicht nur mit Warden, sondern auch mit Jules und Isaac. Wir waren wieder bei null angelangt, ohne irgendeinen Hinweis auf den Vampirkönig oder Jules. Gott, das nervte mich so sehr!
Ella beendete die Stunde, ohne dass ich noch etwas beitragen musste. Während die Kinder aus dem Raum zu ihren Eltern stürmten, die auf dem Gang warteten, packten wir unsere Sachen zusammen. Im Anschluss an den Unterricht hatten wir verabredet, schwimmen zu gehen.
Wir wollten gerade aufbrechen, als meine Mum den Raum betrat. Sie hatte ihre Hunteruniform abgelegt und trug eine Leggings und einen hellblauen Pullover. Das rotbraune Haar, das etwas dunkler war als meine eigenes, fiel ihr offen über die Schultern. »Hey ihr zwei.«
»Hallo Lillian«, begrüßte Ella meine Mum. »Wie geht es dir?«
»Ich kann mich nicht beklagen. Heute ist mein freier Tag. Glückwunsch übrigens zu dem toll erledigten Job in Helsinki, dein Dad hat mir davon erzählt.«
Ella strahlte über das ganze Gesicht, was ihre Wangen zum Glühen brachte. Ihr Dad war ihr großes Vorbild. Sein Lob wog für sie mehr als das jedes anderen Menschen auf dieser Welt. »Danke. Es war sehr aufregend.«
»Das glaub ich dir. Bei Gelegenheit musst du mir unbedingt davon erzählen, aber wenn es okay ist, würde ich jetzt gern kurz mit meiner Tochter sprechen.«
Ein ungutes Gefühl stieg in mir auf. Vermutlich wollte sie mit mir wieder über die Wahl eines neuen Kampfpartners reden.
Ella sah mich an und schien die Sorge in meinen Augen zu erkennen. »Eigentlich wollten wir gerade –«
»Schon gut«, unterbrach ich sie, dankbar, dass sie versuchte, mich vor dieser Unterhaltung zu retten, aber besser ich brachte sie so schnell wie möglich hinter mich. »Geh du doch schon mal vor. Ich komm nach, sobald wir hier fertig sind.«
Sicher?, fragte Ella mit ihrem Blick.
Ich nickte.
Sie zögerte nur noch kurz, dann verabschiedete sie sich von meiner Mutter und ließ uns allein im Klassenzimmer zurück.
Meine Mum schloss die Tür und kam zu mir ans Pult. »Warum gehst du nicht an dein Handy? Ich habe heute schon fünfmal versucht, dich anzurufen«, sagte sie in dem mütterlichen Tonfall, der in mir sofort ein schlechtes Gewissen hervorrief.
»Tut mir leid, ich hab eine neue Handynummer. Ich schick sie dir später.« Mein altes Handy hatte ich verlegt
oder besser gesagt verloren. Ich hatte keine Ahnung, wo das Ding war. Zuerst hatte ich gedacht, ich hätte es im Kampf mit den Vampiren in der Villa versehentlich fallen gelassen, aber weder Wayne noch der Reinigungstrupp hatten es dort finden können. Und im Wagen, den Warden und ich genutzt hatten, war es auch nicht gewesen. Die Archivare hatten es ebenfalls nicht orten können und mir deshalb ein neues gegeben. Ich war nur froh, dass ich mich immer vorbildlich an die Regeln gehalten hatte, sodass auf meinem Handy keine Informationen und Nachrichten gespeichert waren, welche den Huntern und dem Quartier schaden konnten.
Wortlos lehnte sich meine Mum gegen das Pult und musterte mich von Kopf bis Fuß.
In diesem Moment wurde mir klar, dass sie nicht wegen der verpassten Anrufe hier war, sondern weil ich in den letzten Wochen auf Jagd gewesen war. Keine Ahnung, woher sie es wusste, aber irgendwie hatte sie es herausgefunden.
»Ich habe doch recht, wenn ich annehme, dass deine neue Handynummer nicht das Einzige ist, wovon du mir erzählen solltest. Nicht wahr?«
Ich nickte. Lügen machte jetzt keinen Sinn mehr. »Es tut mir leid«, sagte ich und hockte mich meiner Mum gegenüber auf einen der Tische der Kinder.
Sie verschränkte die Arme. »Was tut dir leid?«
»Dich angelogen zu haben.«
»Das ist alles?«
Ich nickte, denn ich hatte das Gefühl, dass sie wirklich bereit war, mir zuzuhören. »Ich weiß, dass wir Hunter den Menschen gegenüber eine Verantwortung haben und unser Job gefährlich ist, aber ihr habt Jules viel zu schnell aufgegeben. Das konnte ich nicht akzeptieren.«
»Und deswegen bist du allein losgezogen?«
»Nein, nicht allein … Mit Warden.«
Die Mundwinkel meiner Mum hoben sich, und sie schüttelte amüsiert den Kopf. »Warum überrascht mich das nicht? Ich wusste immer, dass ihr zwei euch irgendwann wieder zusammentut.«
Ich hob die Augenbrauen. »Ach ja?«
»Ja, eine Mutter weiß so etwas.« Sie zuckte mit den Schultern, als wäre Muttersein ein übernatürliches Mysterium, das ihr irgendwelche hellseherischen Fähigkeiten verlieh.
Ich ging darauf jedoch nicht weiter ein, denn was sie über Warden und mich dachte, war nebensächlich, viel wichtiger war eine andere Frage. »Wirst du uns verraten?«
Wenn sie Grant von der Sache erzählte, könnten wir einpacken. Zwar waren Warden und ich brav gemeinsam auf Jagd gewesen, aber mit unserer Suche nach Jules hatten wir klar gegen die Anweisungen des Quartiers gehandelt.
Sie seufzte. »Nein, werde ich nicht.«
»Wirklich nicht?«, fragte ich überrascht, denn meine Mutter war wie ich. Sie schätzte die Regeln des Quartiers und ordnete sich ihnen unter. Selbst dann, wenn es zu ihrem Nachteil war; wie damals, als Xavier statt ihr die Leitung über die Blood Hunter erhalten hatte. Sie hatte diese Tatsache hingenommen, aus dem einfachen Grund, dass den Regeln nach allein Grant entschied, mit wem er den Posten besetzte.
»Wirklich nicht. Ich verstehe, warum du es tun musst. Aber versprich mir, dass ihr vorsichtig seid. Dann werde ich versuchen, Grant und Xavier noch eine Weile hinzuhalten. Die beiden möchten, dass du dir einen neuen Partner aussuchst.«
»Danke, Mum.« Ich sprang vom Tisch, um sie fest in die Arme zu schließen, und sie erwiderte die Geste, die sich unglaublich warm und vertraut anfühlte.
Nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, verließen wir gemeinsam das Klassenzimmer.
»Wie hast du es herausgefunden?«, fragte ich sie im Gang, kurz bevor sich unsere Wege trennten.
»Durch Zufall. Ich war bei den Archivaren, als ein Anruf von Wayne reinkam, der einen Reinigungstrupp angefordert hat – zehn Minuten, nachdem ich ihm im Quartier begegnet war. Daraufhin hab ich mir ein paar Akten angeschaut und festgestellt, dass Wayne seit Jules’ Verschwinden ziemlich viele Reinigungen beauftragt hat. Viel zu viele. Da hab ich eins und eins zusammengezählt. Nur das mit Warden wusste ich nicht.«
»Wenn du irgendwann keine Lust mehr auf diesen Laden hast, könntest du Detektivin werden«, sagte ich, als wir das Treppenhaus erreichten.
Sie lachte. »Das ist gut zu wissen, aber ich glaube, dafür bin ich viel zu gern Jägerin.«
Wir verabschiedeten uns, und ich machte einen Abstecher in mein Zimmer, um mir meinen Bikini anzuziehen. Ein Handtuch unter den Arm geklemmt, machte ich mich anschließend auf den Weg zum Pool, wo ich zu Ella ins Wasser sprang.
Während ich meine Bahnen schwamm, lag Ella auf einer Luftmatratze. Eigentlich war der Pool nicht zum Vergnügen, sondern fürs Training da, aber Ella interessierte das nicht. Sie ließ sich gemütlich treiben, als wäre sie im Urlaub. Alles, was fehlte, war eine Sonnenbrille auf ihrer Nase und ein Cocktail in ihrer Hand.
»Hey, was wollte deine Mum?«, erkundigte sie sich.
Ich schwamm um ihre Luftmatratze herum. »Sie hat rausgefunden, dass Warden und ich nach Jules suchen.«
»Oh mein Gott! Was hat sie gesagt?«
Ich lieferte ihr eine Zusammenfassung des Gesprächs. Ich hoffte, dass niemand sonst herausfand, was meine Mum herausgefunden hatte. Allerdings bezweifelte ich das. Die Archivare besaßen zwar jede Menge Daten über jeden einzelnen Hunter und wussten theoretisch genau, wann wir die Waffenkammer aufsuchten und das Quartier verließen, aber diese Daten wurden nicht benutzt, um uns zu kontrollieren. Solange Warden und ich uns weiter bedeckt hielten und vorsichtig waren, sollte uns niemand sonst auf die Schliche kommen. Vielleicht war es trotzdem nicht verkehrt, noch ein, zwei weitere Hunter mit an Bord zu holen, damit Waynes häufige Reinigungsaufträge keinen Verdacht erregten.
»Wie läuft es überhaupt mit der Suche nach Jules?«, erkundigte sich Ella und paddelte gegen die Strömung der Filteranlage an.
»Nicht gut«, antwortete ich mit gesenkter Stimme und gab ihr ein kurzes Update. Zwar waren außer uns nur zwei weitere Hunter im Schwimmbad, aber ich wollte nicht riskieren, dass wir belauscht wurden. »Es ist wirklich frustrierend, bisher sind alle Hinweise im Sand verlaufen. Wir haben gar nichts.«
»Das tut mir leid. Aber ihr werdet ihn schon noch finden.«
»Glaubst du das wirklich?«
Ella nickte und wandte mir ihr Gesicht zu. Das blonde Haar hatte sie mit einer Klammer auf dem Kopf zusammengesteckt, damit es nicht nass wurde. Allerdings hatten sich ein paar Strähnen gelöst, die ihr nun feucht auf der Stirn und an den Wangen klebten. »Ich kann in deiner Aura sehen, dass du noch immer daran glaubst, und solange du Hoffnung hast, habe ich sie auch.«
Ich lächelte. Es tat gut, das zu hören. Ja, ich war noch nicht bereit, Jules aufzugeben, aber mit jedem Tag, der verging, wurden die Zweifel stärker, wurde es schwerer, die Hoffnung aufrechtzuerhalten. Vor allem wenn ich mir klarmachte, wie das Quartier bereits zum Alltag zurückgekehrt war. Niemand redete mehr über Jules oder Floyd, ihr Tod wurde einfach hingenommen, und abgesehen von ihren Eltern machte der Rest einfach weiter wie zuvor. Auf eine gewisse Weise konnte ich es verstehen. Wir hatten einen gefährlichen Beruf, es verschwanden und starben ständig Hunter im Dienst, dennoch war es schwer zu akzeptieren, wie schnell Jules in Vergessenheit geriet.
»Und was macht die Zusammenarbeit mit Warden? Treibt ihr euch gegenseitig in den Wahnsinn?«
Überrumpelt von der Frage, vergaß ich für eine Sekunde, mit den Armen zu rudern. Wasser schwappte mir ins Gesicht, und es dauerte einen Moment, bis ich meinen Rhythmus wiederfand. »Nein, es ist … okay.«
Sie hob eine Braue. »Was soll das heißen?«
Verlegen biss ich mir auf die Unterlippe. »Es ist anders als erwartet.«
»Ich wiederhole: Was soll das heißen?«
Obwohl ich im kühlen Wasser trieb, wurde mir warm. »Vielleicht haben wir uns geküsst.«
»Was?!«, platzte Ella heraus, die sich im selben Augenblick ruckartig aufsetzte. Ihre Luftmatratze geriet ins Schwanken, und sie verlor das Gleichgewicht. Mit einem lauten Platschen fiel sie ins Wasser. Nach Luft japsend und mit triefenden Haaren tauchte sie wieder auf. Ihr Blick fand meinen. »Was hast du gesagt?«
»Wir haben uns geküsst.«
»Wann?« Ella versuchte nicht einmal, ihre Luftmatratze einzufangen, die gerade davontrieb.
»Vor zwei Tagen.«
»Und das erzählst du mir erst jetzt?«
»Sorry«, entschuldigte ich mich und berichtete ihr, wie Warden mich im Anschluss an den Kampf in der Villa gefunden und geküsst hatte. Bei der Erinnerung daran begannen meine Lippen zu kribbeln und ein nervöses Flattern breitete sich in meiner Brust aus. Auf einmal wurde mir klar, dass ich es kaum erwarten konnte, ihn wiederzusehen. Gestern Abend war er mit Roxy und Finn auf die Jagd gegangen, um seinen Ghostvision aus nächster Nähe zu erleben. Seitdem hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
»Wow«, raunte Ella und unterbrach damit meine Gedanken. »Ich hätte nicht gedacht, dass das noch einmal passieren wird. Jules schuldet mir zwanzig Pfund.«
Verständnislos sah ich sie an.
»Komm schon, das mit euch war doch ziemlich offensichtlich, zumindest vor der Sache mit Wardens Eltern. Jules und ich haben jeden Tag drauf gewartet, dass du damit rausrückst, dass ihr rumgeknutscht habt.«
Davon hörte ich gerade zum ersten Mal. »Und ihr habt darauf gewettet?«
»Ja.« Sie grinste. »Jetzt guck nicht so schockiert. Ihr wart damals unzertrennlich und hättet alles füreinander getan.«
»Weil wir Kampfpartner waren.«
Ella verdrehte die Augen. »Ja, klar, rede dir das nur ein.«
»Wieso habt ihr nie etwas gesagt?«
»Wir wollten uns nicht einmischen«, sagte Ella mit so etwas wie einem Schulterzucken und schwamm nun doch ihrer Luftmatratze hinterher, die inzwischen an die andere Seite des Schwimmbeckens getrieben worden war.
Ich blickte ihr hinterher und dachte über ihre Worte nach, entschied aber, dass es keine Rolle mehr spielte, was Jules und sie damals gedacht hatten. Oder was Warden und ich früher füreinander gewesen waren. Das lag in der Vergangenheit. Viel mehr interessierte mich, was die Zukunft bringen würde.
Ella kam mit ihrer Luftmatratze zurück, die ich für sie festhalten sollte, während sie versuchte, wieder aufzusteigen. Anschließend blieben wir noch eine Weile im Wasser. Ella ließ sich treiben, während ich wieder meine Bahnen schwamm und versuchte, den Kopf freizubekommen. Doch meine Gedanken wanderten immer wieder zu Warden und dem Kuss.