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Midnight Chronicles 02 - Blutmagie

Page 27

by Bianca Iosivoni u . Laura Kneidl


  Ich stöhnte auf, als er seine Zunge hinzunahm, und wölbte mich ihm entgegen, um mehr von den Gefühlen in mich aufzunehmen, die er mir bereit war zu geben. Das Ziehen zwischen meinen Beinen, das stetig intensiver wurde, brachte mich beinahe um den Verstand. Am liebsten hätte ich Warden befohlen, sich gefälligst zu beeilen, doch andererseits waren die Empfindungen, die er schon jetzt in mir auslöste, dafür viel zu köstlich.

  Im nächsten Augenblick löste er seine Hand von meiner Taille und schob sie langsam in Richtung meiner Mitte. Erwartungsvoll hielt ich die Luft an, als sich seine Finger einen Weg unter mein Höschen bahnten. Und obwohl ich es kommen sah, konnte ich das Stöhnen nicht unterdrücken, als er mich berührte.

  »Oh Gott …«, keuchte ich und schlang meine Arme noch fester um ihn, als er mich genüsslich zu reiben begann. Mein Körper stand unter Strom, meine Haut prickelte vor Spannung. Meine Atmung wurde immer schneller, ebenso wie Wardens kreisende Bewegungen. Er hatte aufgehört, mich zu küssen, um zu beobachten, wie ich unter seinen Fingern die Beherrschung verlor.

  Es war zu viel. Ich wusste nicht, wie lange ich das noch ertragen würde. Auf der Suche nach Halt krallte ich die Nägel in seinen Rücken und stöhnte laut. »Warden …«

  Seine Bewegungen wurden langsamer. »Soll ich aufhören?«

  Ich biss mir auf die Unterlippe, um die Laute zu unterdrücken, die meine Kehle verlassen wollten, und schüttelte heftig den Kopf, während ich mich seinen Fingern entgegendrängte.

  Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, einem sanften, ermutigenden Lächeln, das es mir erlaubte, mich vollkommen fallen zu lassen.

  Ich vergrub das Gesicht an seinem Hals, während sich alles in mir zusammenzog. Mein ganzer Körper schien zu pochen und zu pulsieren. Das Gefühl der Spannung, das mit jeder Sekunde in mir wuchs, war kaum mehr auszuhalten. Aber ich dachte gar nicht daran, Warden zu sagen, dass er aufhören sollte, denn ich wusste, wie erfüllend die Erlösung am Ende dieser bittersüßen Qual sein würde.

  »Warden …« Ich bohrte die Fingernägel in seine Haut. »Oh Gott, ich …«

  »Komm für mich, Cain«, befahl er mir mit rauer Stimme. Seine Bewegungen wurden noch schneller, der Druck seiner Finger noch fester.

  Und dann geschah es. Obwohl ich darauf gewartet hatte, riss mein Höhepunkt mich mit sich. Ich presste die Lippen gegen Wardens Hals, um mein Stöhnen zu dämpfen, da ich mir sicher war, dass man mich anderenfalls bis in den Gang hinaus hören könnte.

  Warden streichelte mich, bis mein Orgasmus verebbt war, erst dann löste er seine Hand von mir und hielt mich einfach fest, während ich versuchte, wieder zu mir zu finden.

  Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann es sich das letzte Mal so angefühlt hatte, so intensiv, so überwältigend und so … perfekt. Sanft streichelte er mir durch das Haar. Mein Herzschlag beruhigte sich allmählich, und meine Muskeln entspannten sich, bis ich ausgelaugt, aber zufrieden wie nach einem langen, ausgiebigen Training in seinen Armen lag.

  Einen Moment verweilten wir in dieser einvernehmlichen Stille, bis Wardens Lippen mein Ohr berührten. Sein warmer Atem streifte mich, wobei ich bemerkte, dass er ebenfalls viel zu heftig atmete. »Hey.«

  Ich blickte zu ihm auf und lächelte. »Hey.«

  Er lächelte zurück und sah dabei so zufrieden aus, als wäre er selbst gekommen. Dabei konnte ich noch immer seine Erektion spüren.

  Ich wollte zurückgeben, was er mir geschenkt hatte, und tastete nach seiner Shorts. Verheißungsvoll fuhr ich mit den Fingern über sein von Stoff bedecktes Glied, bevor ich begann, am Gummizug herumzunesteln.

  Warden, der offenbar nicht mehr viel Geduld hatte, schob meine Hand sanft von sich, sprang vom Bett auf und entledigte sich selbst seiner Badehose. Als er sich zu mir umwandte und mich erwartungsvoll und ein wenig herausfordernd ansah, konnte ich mein Grinsen nicht verbergen. Und das lag nicht nur an Warden und der Tatsache, dass mich sein Anblick erneut atemlos machte und ein verlangendes Prickeln durch meinen ganzen Körper schoss. Es war erstaunlich, wie natürlich sich das hier zwischen uns anfühlte. Als hätten wir uns schon Dutzende Male nackt gesehen. Zwar hatten wir uns im Pool, in den Trainingsräumen und auch nach Missionen schon in den verschiedensten Stadien der Nacktheit gesehen, aber nie so, nie so direkt, und nie hatten wir uns ganz bewusst für den jeweils anderen ausgezogen.

  »Und jetzt du«, verlangte Warden mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen.

  Ohne zu zögern, griff ich nach meinem Höschen und streifte es mir von den Beinen. Provokant warf ich es gegen seine Brust.

  Er schmunzelte und erkundete mit seinem Blick, was er mit den Fingern bereits ertastet hatte.

  Ich streckte die Hand nach ihm aus, und er folgte meinem stummen Ruf. Kurz darauf verschmolzen seine Lippen abermals mit meinen.

  Warden unterbrach unseren Kuss nur für einen kurzen Moment, beugte sich zu der Kommode neben seinem Bett und holte ein Kondom hervor, das er mit raschen Bewegungen überstreifte. Die Arme links und rechts neben meinem Kopf abgestützt, ragte er anschließend über mir auf. Sein Gesicht war gerötet, und in seinen Augen lag eine tiefe Zufriedenheit, wie ich sie bei ihm zuvor so noch nie gesehen hatte.

  Auf einmal wusste ich, nach dieser Nacht würde nichts mehr so sein wie früher. Und das wollte ich auch nicht. Was ich wollte – und das mit ganzem Herzen –, war dieser Moment.

  Warden

  Ich musste träumen. Anders konnte ich mir die Perfektion dieses Augenblicks nicht erklären. Cain, die nackt unter mir lag und deren Körper sich fordernd gegen meinen presste. Ihre kleinen, festen Brüste drängten gegen meinen Oberkörper, ihre Schenkel waren geöffnet, um in ihrer Mitte Platz für mich zu schaffen. Ihr rotes, noch feuchtes Haar war in wilden Locken über mein Kissen ausgebreitet, ihre Wangen waren gerötet, und ihr Blick ruhte voller Sehnsucht auf mir. Sie hatte mich seit Ewigkeiten nicht mehr so angesehen. Nein, so hatte sie mich noch nie angesehen. Cain war die schönste Frau, die ich kannte.

  »Bist du dir sicher, dass du das hier willst?«, fragte ich in einem letzten Akt der Selbstbeherrschung. Zwar signalisierte sie mir mit ihrem Körper sehr deutlich, dass sie mich wollte, aber ich musste die Worte hören, brauchte ihre Erlaubnis, bevor ich bereit war, diese letzte Barriere einzureißen, die zwischen uns noch existierte.

  Sie nickte entschieden, und ihre Stimme klang genauso atemlos wie meine, als sie antwortete: »Ja, mehr als alles andere.«

  Ich lächelte. Es war genau das, was ich hatte hören wollen. Dann griff ich mit einer Hand zwischen uns und brachte mich, ohne den Blick von ihr zu nehmen, in Position. Ich lehnte mich ein Stück vor und küsste sie sanft, während ich mein Becken nach vorne schob und mich zwang, langsam in sie einzudringen, obwohl es das genaue Gegenteil von dem war, wonach mein Körper sich sehnte. Um Kontrolle ringend schloss ich die Augen. Die Geräusche, die Cain von sich gab, waren eine Zerreißprobe für meine Beherrschung.

  »Warden, bitte«, flehte sie.

  »Ich … Ich will dir nicht wehtun.«

  »Du kannst mir gar nicht wehtun.« Auffordernd kam Cain mir mit der Hüfte entgegen, nahm mehr von mir in sich auf, und damit war es um mich geschehen. Jede Kontrolle, die ich bis zu diesem Augenblick noch besessen hatte, verabschiedete sich.

  Mit einem letzten, harten Stoß drang ich tief in sie ein. Wir stöhnten gleichzeitig auf, und dann gab es kein Halten mehr. Erst langsam, dann immer schneller begann ich mich zu bewegen. Keuchend vergrub ich mein Gesicht an ihrem Hals, den Mund auf ihre Haut gepresst, und versuchte, nicht nur dem Drang meines herannahenden Orgasmus standzuhalten, sondern auch meinen überwältigenden Gefühlen für Cain. Ich hatte in meinem Leben schon mit vielen Menschen geschlafen. Vor allem in den letzten drei Jahren war Sex für mich zu einer Zuflucht geworden, um Nähe zu spüren und zumindest für eine Weile nicht über Isaac und meine Jagd nachdenken zu müssen. Aber noch nie hatte es sich so verdammt gut und richtig angefühlt wie mit Cain. Niemand kannte mich wie sie, und noch nie hatten sich mir meine Partner und Partnerinnen so komplett geöffnet. Diese Art von I
ntimität gab dem Ganzen eine vollkommen neue Intensität.

  Halt suchend klammerte sich Cain an mir fest, während ich sie mit jeder Sekunde ihrem Höhepunkt näher brachte. Sie stöhnte und keuchte unter mir, laut genug, dass Leute, die an meinem Zimmer vorbeikamen, sie vermutlich hören konnten, aber das war mir egal. Sie sollten es alle wissen. Es gab nichts, wofür Cain und ich mich schämen müssten, denn zusammen waren wir großartig.

  Meine Bewegungen wurden noch schneller, noch fester, noch ungezügelter. Die Gedanken in meinem Kopf verstummten, bis da nur noch Cain war. Cain, die mich an sich presste, die meinen Namen stöhnte, wieder und wieder und wieder, bis sie kam. Ich konnte spüren, wie sie sich um mich zusammenzog, und das Gefühl trieb auch mich über die Klippe. In heißen, pulsierenden Stößen ergoss ich mich in ihr, und mit einem Schlag schien all die Energie, die mich bis eben angetrieben hatte, aus meinem Körper zu weichen.

  Erschöpft sackte ich auf ihr zusammen.

  Cain gab ein leises Ächzen von sich, protestierte aber nicht gegen mein Gewicht, sondern schlang stattdessen die Arme um mich und hielt mich fest. Schwer atmend lagen wir zwei, drei Minuten einfach nur da und warteten darauf, dass sich unsere Herzen und Körper wieder beruhigten.

  Schließlich zwang ich mich dazu, aufzustehen, um das Kondom zu entsorgen. Als ich wieder zurückkam, lag Cain noch immer unverändert in meinem Bett – nackt, mit zerzaustem Haar, die Haut von einem dünnen Schweißfilm überzogen. Ein zufriedenes Lächeln ruhte auf ihren Lippen. Ein Lächeln, das ganz allein mir gehörte.

  Ich kletterte zu ihr auf die Matratze, und auch wenn es eine Schande war, ihren Körper nicht mehr anschauen zu können, breitete ich meine Bettdecke über uns aus. Darunter zog ich sie eng an mich. Ich war jetzt schon süchtig nach dem Gefühl ihrer Haut auf meiner.

  Sanft küsste ich sie. »Wie geht es dir?«

  »Wunderbar.« Sie fuhr mir durch die Haare. »Und dir?«

  »Fabelhaft.« Ich lächelte und beugte mich noch einmal nach vorn, um sie zu küssen, dieses Mal länger und inniger, bis meine Erektion erneut zum Leben erwachte. Doch ich war nicht auf eine zweite Runde aus. Die bevorstehenden Entscheidungen würden nicht leicht werden, doch bis diese gefällt werden mussten, hatten wir uns etwas Ruhe verdient.

  Ich löschte die Lampe neben meinem Bett, worauf uns Dunkelheit einschloss. Cain schmiegte sich an meine Brust, einen Arm hatte ich um ihre Schulter gelegt. Ich konnte ihr Gesicht nicht mehr sehen, da es im fensterlosen Quartier vollkommen finster wurde, sobald die Lichter aus waren. Aber ich spürte deutlich, dass sie wach war und dass ihr noch etwas durch den Kopf ging, was ihr keine Ruhe ließ.

  »Warden?«

  »Ja.«

  Sie zögerte. »Was du da vorhin zu mir gesagt hast –«

  »Nicht jetzt«, unterbrach ich sie, bevor sie den Satz beenden konnte. »Heute war ein langer Tag. Lass uns schlafen und später darüber reden, okay?«

  »Okay.« Sie gähnte. Vermutlich waren die Erschöpfung und die Zufriedenheit nach ihren Orgasmen die einzigen Gründe, aus denen sie mich so leicht vom Haken ließ.

  Ich wusste, was ich gesagt hatte; und es stimmte. Ich liebte sie, hatte sie wahrscheinlich damals bereits so geliebt wie heute. Aber ich hatte nicht geplant, es ihr zu sagen. Nicht so. Und sollte sie meine Gefühle nicht erwidern, verbrachte ich diese Nacht mit ihr lieber in glücklichem Unwissen, anstatt mich schon jetzt der harten Realität zu stellen.

  25. KAPITEL

  Cain

  Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich wie in Watte gepackt. Gähnend vergrub ich das Gesicht in dem Kissen, das so wunderbar nach Warden roch, und räkelte mich. Unter der Decke war ich noch immer nackt, was mich an das erinnerte, was nur wenige Stunden zuvor passiert war.

  Lächelnd streckte ich die Arme nach Warden aus, aber ich bekam nur Luft zu fassen. Neben mir war das Bett leer. Wann war Warden gegangen? Und vor allem, wohin war er gegangen? Ich richtete mich auf und nahm die Decke mit, als ich das Licht einschaltete. Geblendet kniff ich die Augen zusammen, bevor ich mich blinzelnd umsah, aber von Warden fehlte jede Spur. Nach einem kurzen Blick stellte ich fest, dass auch das Badezimmer leer war.

  Ich wollte gerade meine Klamotten einsammeln, als die Tür zum Zimmer aufgeschoben wurde.

  Warden betrat den Raum. Er war bereits vollständig angezogen. In der einen Hand hielt er einen Papphalter mit zwei Kaffeebechern, in der anderen trug er eine ominös aussehende schwarze Tasche. Ein Lächeln trat auf seine Lippen, als er mich ansah. »Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?«

  »Ja, wie ein Stein. Ich hab nicht einmal bemerkt, dass du gegangen bist. Wo warst du?«

  Er stellte die Tasche ab. »Kaffee und Waffen besorgen.«

  »Wofür?«

  »Zum Wachwerden und zum Kämpfen.« Er gab mir einen Kuss auf den Scheitel, bevor er mir einen der Becher reichte. Es war der gute Kaffee aus einem der Cafés, die entlang der Princes Street lagen.

  Genießerisch nahm ich einen Schluck. »Und gegen wen werden wir kämpfen?«

  Warden ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl sinken, als hätte er nicht genug Vertrauen in seine eigene Willensstärke, um sich neben mich zu setzen. »Das weiß ich noch nicht sicher, aber vermutlich gegen den Verfasser der mysteriösen SMS.«

  Ich erstarrte in der Bewegung. »Was?

  »Ich habe ihm noch einmal geschrieben und ein Treffen für heute Abend fix gemacht, damit er oder sie uns sagen kann, was sie angeblich über Jules wissen.«

  »Warum hast du deine Meinung geändert?«

  »Hab ich nicht«, antwortete Warden und nahm einen Schluck aus seinem Becher, in dem sich vermutlich Tee befand. »Ich halte es nach wie vor für einen Fehler, aber vielleicht irre ich mich auch. Vielleicht wäre es ein Fehler, nicht zu reagieren. Das können wir erst wissen, wenn wir es versucht haben. Und bevor du eine Dummheit begehst und allein losstürmst, komm ich lieber mit.«

  Ich raffte die Decke um meine Füße und tappte zu Warden hinüber, um ihn zu umarmen. »Danke.«

  Er legte einen Arm um meine Taille. »Dank mir erst, wenn wir lebend zurückkommen.«

  »Das werden wir. Du wirst sehen.«

  »Ich hoffe für uns beide, dass du recht hast.«

  Warden

  Es regnete in Strömen, als Cain und ich das Dominion erreichten, eines der ältesten Kinos der Stadt. Majestätisch ragte das Gebäude, das an die Dreißigerjahre erinnerte, in den wolkenverhangenen Himmel. Breite Stufen führten zu dem gläsernen Eingang hinauf, bei dessen dunkelroten Elementen mir das alte Hollywood in den Sinn kam.

  Ich war überrascht gewesen, dass der Verfasser der Nachricht ausgerechnet diesen Ort für ein Treffen ausgewählt hatte, denn hier wimmelte es von Menschen. Zwar nahmen Vampire, Hexer und all die anderen Kreaturen zivile Opfer gern in Kauf, aber meistens versuchten auch sie möglichst unbemerkt zu agieren. Auf diese Weise blieb ihre Existenz geheim, was ihnen vieles leichter machte. Keinem übernatürlichen Wesen, das Jagd auf Menschen machte, war daran gelegen, dass seine Opfer von seiner Existenz erfuhren und womöglich Gegenmaßnahmen ergriffen.

  »Warst du schon mal hier?«, fragte Cain. Ihr Haar war nass, da wir das Kino bereits eine Weile aus sicherer Distanz observiert hatten. Uns waren jedoch keine ungewöhnlichen Besucher oder Vorgänge aufgefallen.

  Ich zog die Tür zum Kino auf. Warme Luft, die den Geruch von süßem Popcorn und geschmolzenem Käse mit sich trug, schlug uns entgegen. »Ja, mein Dad und ich haben uns hier mal einen der Star-Wars-Filme angeschaut, aber das ist schon Jahre her.«

  Wir reihten uns in der Warteschlange für die Tickets ein.

  Der Eingangsbereich war ziemlich verwinkelt, weshalb er recht schwer zu überblicken war. Misstrauisch sah ich mich unter den Anwesenden um, aber Tarquin war nicht hier; und es gab auch keinen Gast, der Cain und mich auffällig ansah oder aus anderen Gründen den Eindruck erweckte, er könnte der Verfasser der mysteriösen SMS sein. Ich holte mein Handy hervor und öffnete den Verlauf mit den Nachrichten, die ich geschrieben hatte, wäh
rend Cain friedlich neben mir geschlafen hatte. Doch Tarquin, oder wer auch immer dahintersteckte, hatte auf keine meiner Fragen reagiert, sondern mir lediglich die Daten für das Treffen geschickt.

  Noch wirkte das Ganze nicht wie ein Hinterhalt. Ich war dennoch angespannt und mir der Waffen unter meiner Kleidung nur allzu bewusst. Nach wie vor hielt ich die ganze Aktion für eine schlechte Idee, aber ich vertraute Cain. Mehr als jedem anderen Menschen auf dieser Welt. Und ich liebte sie auch mehr als jeden anderen Menschen. Deswegen ging ich dieses Risiko lieber mit ihr zusammen ein, als eines Tages aufzuwachen und feststellen zu müssen, dass sie sich ohne mich in Gefahr begeben hatte.

  Die Schlange wurde kürzer, bis schließlich Cain und ich an der Reihe waren. Ich nannte dem Kassierer unsere Reservierungsnummer, und er reichte mir zwei Tickets für irgendeinen Actionstreifen, die bereits für uns bezahlt worden waren. Dann machten wir uns direkt auf den Weg in den Saal.

  Das Dominion war bekannt für seine Extravaganz. Man saß nicht einfach nur auf irgendwelchen Stühlen, die sich aneinanderreihten, sondern auf sehr schicken, sehr bequemen Ledersofas. Zusätzlich gab es einen First-Class-Bereich. Vor Filmbeginn wurde man dort von Kellnern bedient, die einem Snacks und Getränke brachten. Dort nahmen wir Platz.

  Cain streckte die Füße aus. »Warum waren wir noch nie zusammen hier?«

  Ich hob eine Braue. »Ich weiß nicht … Möchtest du denn mal zusammen herkommen?«

  »Keine Ahnung. Möchtest du?«

  »Ja«, antwortete ich ehrlich. Wie hätte ich auch nicht ehrlich zu ihr sein können nach dem, was vergangene Nacht zwischen uns geschehen war?

  Sie lächelte mich an. »Cool, ich auch.«

  Meine Mundwinkel hoben sich, und ich lehnte mich auf der Couch zurück in dem Versuch, mich zu entspannen, da noch keine unmittelbare Gefahr drohte.

  Auf der Leinwand liefen gerade Zusammenschnitte berühmter Filmszenen, als einer der Kellner an unseren Platz kam, um unsere Bestellung aufzunehmen. Wir lehnten ab, schließlich waren wir dieses Mal nicht zum Vergnügen hier.

 

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