by Kiefer, Lena
»Eden?«, murmelte ich, »wo hält sich Caspar Dufort gerade auf?«
»Diese Information ist vertraulich. Sicherheitsstufe 9.«
Verdammt. Ich hatte noch nicht danach gefragt, ob man meine Freigabe erweitern konnte. Dann eben anders.
Ich änderte meinen Plan, drehte um und folgte dem Mann unauffällig, was nicht schwierig war, weil so viele Leute unterwegs waren. Dabei sagte ich leise: »Verbindung aufbauen: Lucien de Marais«, und hoffte, die EarLinks schnappten den Befehl trotzdem auf.
»Wo steckst du?«, fragte mich Lucien besorgt. »Ist etwas passiert?«
»Nein, ich bin im Gebäude, aber …« Vielleicht war es besser, erst einmal nichts von meinem Verdacht zu sagen, bis er sich bestätigt hatte. »Ich habe noch etwas zu erledigen. Ist Dufort bei dir?«
»Ja, er steht neben mir. Willst du ihn sprechen?«
»Nein, nicht nötig.« Damit hatte ich Gewissheit. Wer immer das dort vorne war, Dufort jedenfalls nicht. Aber vielleicht hatte ich mich geirrt und es war ein anderer Schakal, der ihm ähnlich sah. Bevor ich nicht sicher war, würde ich nicht die gesamte Pferdeherde scheu machen. »Ich bin gleich da. Ich muss nur noch schnell etwas überprüfen.« Ich trennte die Verbindung.
Der falsche Dufort bewegte sich schnell, und ich musste nun doch rennen, um ihm zu folgen, denn er hatte einen ordentlichen Vorsprung. Um ihn nicht auf mich aufmerksam zu machen, hielt ich mich am Rand des Ganges, aber er hätte mich eh nicht bemerkt, so eilig wie er lief. Am Ende des Flures bog er schließlich in einen Seitengang ab und verschwand aus meinem Blickfeld.
Ich hatte keine Ahnung, wo der Gang hinführte, denn ich hatte keine EyeLinks und konnte Eden nicht nach einem Plan fragen. Also lief ich dem Kerl einfach hinterher und ließ damit den belebten Teil der Festung hinter mir. Kaum war ich allein, zog ich meine Waffe aus dem Hosenbund und ging weiter voran, den Lauf nach unten gerichtet. Aber als ich um die nächste Ecke bog, war niemand zu sehen. Der falsche Dufort war verschwunden. Hinter einer von elf Türen, die hier abgingen.
Jede davon zu öffnen kostete Zeit, aber eine andere Idee hatte ich nicht. Wie wäre es, wenn du mal jemandem Bescheid sagst, dass du Verstärkung brauchst? Noch nicht, entgegnete ich stumm. Wenn dieser falsche Dufort wirklich ein von der OmnI eingeschleuster Attentäter war und ich ihn stellte, würde niemand mich mehr für eine Verräterin halten. Das war die Chance, meinen Ruf zu retten. Oder überhaupt einen herzustellen.
Ich fühlte mich wie vor einem großen und sehr gefährlichen Adventskalender, während ich an den verschiedenen Klinken rüttelte und mit gezückter Waffe in mehrere Büros sowie einen Lagerraum hineinspähte, die allesamt verlassen waren. Erst die siebte Tür führte in einen weiteren Gang, der schmal und dunkel war. Da mich mein Instinkt davor warnte, ihn zu betreten, tat ich genau das.
Der WrInk-Scanner am Eingang war deaktiviert und langsam stieg mein Puls in ungesunde Höhen. Wieso hatte es keinen Alarm gegeben, als der Scanner abgeschaltet worden war? Oder war das Teil des Notfallprotokolls? Aber das ergab doch keinen Sinn, wenn die Festung technisch abgeriegelt wurde.
Die Waffe im Anschlag ging ich vorwärts, blassblaue Lampen leuchteten den Weg nur notdürftig aus. Er führte in einen großen Raum mit mehreren Reihen mannshoher Schränke, in denen es leise surrte. Ich brauchte nur eine Sekunde, um richtig zu kombinieren: Hier war die Kommunikations-Schnittstelle der Festung. Sie sorgte für den Kontakt zwischen den Terminals und InterLinks der Stadt und den Versand der Verlautbarungen an die Pads der Bevölkerung. Wenn man sie abschaltete oder manipulierte, dann …
Ich wartete darauf, dass mir katastrophale Gedanken kamen, was passieren könnte, aber … es kam nichts. Die Schnittstelle war weder direkt mit den lebenswichtigen Systemen gekoppelt noch an die Waffenkontrollen oder die Energieversorgungszentren angeschlossen. Was also wollte der Typ hier? Etwa eine Bombe platzieren?
Ein Geräusch holte mich zurück ins Hier und Jetzt: ein Kratzen auf Kunststoff, dann Schritte. Der falsche Dufort musste in einem der Gänge sein. Ich setzte mich in Bewegung, die Schritte wurden schneller, also beeilte ich mich, um in den nächsten Gang zu spähen. Und da war er, mit dem Rücken zu mir, gerade dabei, abzuhauen.
»Hey!«, rief ich. »Stehen bleiben!«
Der Rücken erstarrte.
»Umdrehen«, befahl ich harsch und hob meine Waffe höher. Der Unbekannte tat, was ich von ihm verlangte. Sein Gesicht war im schwachen Licht nicht gut zu erkennen, aber es war eindeutig das von Dufort. Es war aber nicht seine Mimik. Wer immer sich hinter dieser Maskerade verbarg, kannte Dufort nicht so gut wie ich.
»Was hast du hier gemacht?«, fragte ich.
Sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen.
»Antworte mir!«, brüllte ich. War er bewaffnet? In seinen Händen hielt er nichts, aber das musste nichts heißen.
»Nur Geduld, Ophelia«, sagte der falsche Dufort mit der Stimme des richtigen. Er sprach meinen Namen so aus, als wäre er ihm vertraut. »Du wirst es noch früh genug erfahren.«
»Was meinst du damit? Hat sie dich geschickt?«
»Stell mir keine Fragen, auf die du die Antwort längst kennst.«
In diesem Moment entschied ich, Verstärkung zu rufen. Der Typ war im Auftrag der OmnI hier und damit konnte er uns auch zu ihr führen. Ich holte Luft, wollte Eden um eine Verbindung zum echten Dufort zu bitten. Aber dazu kam ich nicht mehr. In einer Sekunde war ich noch voll da, meine Sinne geschärft, den falschen Dufort vor mir fest im Blick.
Im nächsten Moment traf mich etwas mit voller Wucht. Ich verlor die Kontrolle über meinen Körper, stürzte zu Boden und versuchte noch, mich abzurollen. Mein Bewusstsein entglitt mir, obwohl ich krampfhaft versuchte, es festzuhalten. Genau wie meine Waffe.
So wollte ich nicht sterben, war mein letzter Gedanke.
Dann verschwand auch er im Nichts.
12
»Willkommen zurück.«
Diese Worte waren das Erste, was ich hörte, als ich wieder zu mir kam. Also war ich nicht tot. Das war doch mal beruhigend.
Mühsam schlug ich die Augen auf. Um mich herum war es hell, über mir waren drei Gesichter zu sehen – Echos, das eines Unbekannten mit prüfender Miene, und Luciens. Als ich ihn erkannte, setzte ich mich sofort auf und schlang die Arme um seinen Hals.
»Alles okay«, sagte er leise, und ich wusste nicht, ob er damit mich meinte oder sich selbst. Er drückte mich sanft, bevor er wieder losließ. »Was machst du denn für Sachen?«
»Meine Arbeit«, antwortete ich nicht ganz überzeugt. Erst jetzt nahm ich meine Umgebung wahr. Ich saß auf einer Liege mit weißem Bezug in einem großen Raum mit vielen weiteren solcher Liegen, alle belegt mit mehr oder weniger verletzten Personen. Ich sah ein paar blutende Fleischwunden, Verbrennungen und Schrammen. Medizinisches Personal wie der Unbekannte neben Echo kümmerten sich um die Patienten. »Wo ist der Typ, der mich angegriffen hat? Konntet ihr ihn schnappen?«
»Nein.« Lucien schüttelte den Kopf. »Er war schon weg, als Echo dich gefunden hat. Wir konnten ihn in dem Chaos nicht aufspüren.«
Natürlich nicht, schließlich hatte Duforts Gesicht ihn immun gemacht. Aber das konnte ich später noch erklären. »Und was hat er in dem Raum gemacht? Hat er einen Sprengsatz oder so etwas platziert?« Ich wollte aufstehen. Wenn der Typ dort etwas deponiert hatte, musste ich das so schnell wie möglich herausfinden.
»Mach langsam, Scale.« Echo drückte mich wieder auf die Liege. »Wir haben schon alles abgesucht. Er hat nichts installiert, zumindest nichts Physisches. Alles andere überprüft gerade die Analyseabteilung.«
Die Entwarnung entspannte mich immerhin ein bisschen. Wenn der falsche Dufort keine Bombe oder etwas anderes Lebensgefährliches in die Festung gebracht hatte, war das die halbe Miete. Aber das konnte nur bedeuten, er hatte dort etwas anderes gemacht – und sicher nichts Gutes. Die Pläne der OmnI waren immer bis auf die letzte Eventualität durchdacht. Wenn ihr Spion an die Schnittstelle gewollt hatte, dann sicherlich nicht, weil er sich für die Verschaltung von Connect
Panels interessierte. Und wenn der Angriff selbst … Der Angriff! Ich sah auf.
»Was ist mit der Stadt? Und den Drohnen?«
Echo zeigte ein unwilliges Gesicht. »Sind wieder unter Kontrolle. Kurz nachdem dein WrInk Alarm gegeben hat, hatten wir die Steuerung zurück.«
Ich sah auf mein Handgelenk. Fast hatte ich vergessen, dass die Schakal-WrInks auch die Vitalfunktionen überprüften. »Weil die OmnI sie euch zurückgegeben hat? Oder weil ihr sie rauswerfen konntet?«
»Das Erstere. Aber es war gar nicht die OmnI selbst. Es war nur ein Unterprogramm, das in unser Abwehrsystem eingeschleust wurde.«
»Von wem?«
Echo presste wütend die Lippen aufeinander. »Von jemandem aus dem Militär. Travere ist schon dabei, ihre Leute zu verhören und den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen.«
Das bedeutete, wir hatten Verräter in unseren Reihen, mitten im Herzen der Macht, an seiner empfindlichsten Stelle. Das hätte mich nicht schockieren dürfen, gerade mich nicht. Aber trotzdem versetzte es mir einen Schlag. Ich hatte geglaubt, ich wäre die Ausnahme gewesen. Nun schien es, als gäbe es mehr Menschen in Maraisville, die gleichzeitig gegen die Abkehr und in wichtigen Positionen waren.
»Wie schlimm haben die Drohnen gewütet?«, fragte ich.
»Wir haben einiges an Gebäudeschäden, vor allem in den Zonen B und C. Die Medical Departments sind voll bis unters Dach, und alle dort tun, was sie können. Wie viele Tote es gibt, wissen wir noch nicht.« Echo sagte es nüchtern, aber ich wusste, dass ihr die Nachricht schwer zu schaffen machte. Als sie von den Opfern sprach, sah ich zu Lucien, aber er schaute nicht mich an, sondern war mit seiner Aufmerksamkeit ganz bei den verletzten Soldaten und Schakalen im Raum. Etwas in seinen blassen Zügen warnte mich, aber ich wusste nicht, wovor genau. Er wirkte so stark wie immer. Aber das ist nicht die Wahrheit, flüsterte mir eine leise Stimme zu. Es ist nicht wahr. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, ihn so schnell wie möglich hier rauszubringen.
»Kann ich gehen?«, fragte ich den Unbekannten vom MedTeam.
Er sah auf den Screen neben der Liege und nickte dann. »Sie wurden mit einem speziellen Projektil getroffen, das Ihr Nervensystem überlastet hat. Allerdings hat es keine langfristigen Schäden hinterlassen. Sie sollten sich noch ein paar Tage schonen.« Als ob. »Aber Sie können gehen.«
»Wunderbar. Danke.« Ich sprang mit mehr Elan von der Liege, als ich verspürte. Mein Schädel brummte, und ich wusste, ich brauchte eine Dosis HeadLock. Aber das war jetzt nicht so wichtig.
Draußen vor der Tür sah ich Echo an. »Könnte ich Lucien kurz entführen?«
»Das sind Worte, die ich an deiner Stelle nicht benutzen würde«, kommentierte sie trocken, nickte aber. »Ich bin im Lagezentrum.« Dann entfernte sie sich von uns. Ich fasste Lucien am Arm und zog ihn mit mir. Einige Meter weiter fand ich ein kleines Labor. Ich ging hinein und schloss hinter Lucien die Tür. Er drehte sich zu mir um.
»Ich wusste nicht, dass du das mit der Entführung so wörtlich meinst«, sagte er trocken. »Und ich bin nicht sicher, ob das der richtige Moment für ein heimliches Date ist.«
»Ach, sei still«, antwortete ich, aber ich wählte einen weichen Tonfall für meine barschen Worte. Dann schob ich ihm mit dem Fuß einen der Rollhocker hin, die unter dem Tisch standen. »Setz dich.«
Er ignorierte die Aufforderung. »Wenn du eine Intervention vorhast, dann –«
»Was ist los mit dir?«, unterbrach ich ihn. Er war immer noch blass und strahlte etwas aus, was mich unruhig machte. Dazu kam das Gefühl, was ich gestern Abend schon wahrgenommen hatte: eine Distanz, die mir Angst machte.
»Mit mir?« Lucien lachte auf. »Ich wurde nicht gerade von jemandem ausgeknockt. Der Typ hätte dich umbringen können, ist dir das bewusst?«
Ich lehnte mich an den Tisch. »Mir ist bewusst, dass er es nicht getan hat. Alles andere interessiert mich nicht.« Was-wäre-wenn-Spielchen machten nur langsam im Kopf und lähmten den Körper. Sie zu spielen war sinnlos und kraftraubend. »Also?« Er hatte meine Frage nicht beantwortet.
»Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte er wie auswendig gelernt.
»Ernsthaft?« Ich schnaubte. »Wenn du willst, dass ich das glaube, solltest du dir etwas mehr Mühe geben.« Schließlich wusste ich, dass er so ziemlich jedem so ziemlich alles vormachen konnte, wenn er wollte.
»Okay.« Lucien setzte sich nun doch auf den Hocker, stützte sich lässig auf dem Tisch ab und schaffte es, dass er plötzlich so entspannt wirkte, als säße er mit einem Cocktail in der Hand auf einer Yacht vor der Mittelmeerküste. »Mit mir ist alles in Ordnung«, wiederholte er, diesmal sehr überzeugend. Was natürlich der Grund dafür war, warum ich ihm kein Wort glaubte.
»Schwachsinn.« Ich nahm mir auch einen Hocker und setzte mich ihm gegenüber. Unsere Knie berührten sich. »Es geht dir nicht gut. Ich habe den Ausdruck in deinen Augen gesehen, als wir da drin waren.«
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
»Das ist nicht der Grund. Du hast immer noch ausgesehen wie ein Geist, als du längst wusstest, dass es mir gut geht.«
»Ja, weil ich auf einer Krankenstation war, okay?« Wut huschte plötzlich über Luciens Gesicht. »Ich habe Monate meines Lebens in so einem Raum verbracht, entweder besinnungslos vor Schmerzen oder zugedröhnt mit Medikamenten. Direkt nachdem ich meine Eltern bei einem Brand verloren hatte. Ist es da verwunderlich, dass ich mich dort nicht wohlfühle?«
Das bestürzte »Natürlich nicht« lag mir schon auf der Zunge, aber es wollte nicht über meine Lippen kommen. Denn ich wusste, was Lucien versuchte: Er wollte mich auf Abstand halten. Um mir nicht sagen zu müssen, was ihm wirklich zu schaffen machte, knallte er mir diese billige Erklärung vor die Füße. Eine Erklärung, die einen respektvollen Rückzug von mir forderte, weil ich ihn mit meiner Frage verletzt hatte. Dabei war ich es, die gerade verletzt wurde. Es tat verdammt weh, dass er nicht ehrlich zu mir war.
»Verstehe«, sagte ich und stand auf. Ich hätte jetzt weiterbohren können, aber ich ahnte, dass es nur in einem Streit enden würde. Also nahm ich den Abstand, den er von mir verlangte. Widerwillig und mit einem schmerzhaften Ziehen in meinem Herzen, aber ich tat es. »Ich sorge mich um dich, das ist alles.«
Es klopfte an der Tür.
»Sir?«, fragte eine Stimme, die ich Ilka Saric zuordnete. »Ich möchte ungern stören, aber wir brauchen Sie.«
»Ich bin sofort da.« Lucien stand auf. Er drückte mir einen schnellen Kuss auf die Stirn. »Mir geht es gut, Stunt-Girl. Mach dir keine Gedanken.« Ein Lächeln, dann war er auch schon aus der Tür. Zurück blieben ich und meine Angst davor, dass er sich verändert hatte – oder wir. Und davor, dass unsere Verbindung vielleicht nicht so stark war wie gedacht.
Ich verließ nur kurz nach Lucien das Labor und machte mich auf den Weg zum nächsten Fahrstuhl. Wenn ich nicht gebraucht wurde, konnte ich mich auch ausruhen. Die Attacke des falschen Duforts hatte mich mehr erschöpft, als ich zugeben wollte.
»Ophelia!«
Ich drehte mich um. Imogen kam auf mich zu.
»Geht es dir gut?«, fragte sie besorgt. »Ich habe gehört, dass du angegriffen wurdest.«
»Ja, aber es ist schon okay.« Was man von Lucien und mir nicht gerade sagen konnte, doch das wollte ich Imogen in diesem Moment nun wirklich nicht erzählen.
»Gut. Könntest du dann kurz mitkommen? Es gibt da ein Problem, das etwas mit dir zu tun zu haben scheint.«
Mit mir? Verwundert lief ich mit ihr bis zum Lagezentrum, das bis zum Bersten voll war mit wichtigen Leuten, darunter auch Paulsen, Saric, Lucien und der königliche Kommunikationschef Adrian Deverose. Das war nach einem solchen Angriff zu erwarten gewesen. Nicht aber das, was ich auf dem großen Holoscreen sah, der sonst eine Karte von Europa mit Truppenbewegungen, Einsätzen der Schakale und den Aktivitäten von ReVerse zeigte. Jetzt standen dort nur zwei Zeilen und sie ließen mein Blut ein paar Grad kälter werden.
UND SO BEGINNT ES …
∞
Als ich das Symbol sah,
fiel mein Blick sofort auf mein Handgelenk, wo mein Tattoo seit Monaten weitgehend unbeachtet sein Dasein fristete. Aber damit war es plötzlich vorbei, denn nun starrte jeder der Umstehenden auf das schwarze Unendlichkeitszeichen, das die Stelle unterhalb meines Gelenks zierte. Ich zog den Ärmel meines Pullovers ein Stück nach unten.
»Ist das alles?«, fragte Imogen eine Analystin in der ersten Reihe. Die nickte. Mehr war nicht übertragen worden.
Lucien runzelte die Stirn, aber er sah mich nicht an. »Wurde die Nachricht von der OmnI an alle Pads gesendet?«
Moment. An die Pads? Das hatte der Typ also in dem Raum mit der Schnittstelle gemacht?
»An alle«, sagte Echo. »Zumindest alle, die erreichbar sind.«
In dem Moment kam Dufort in den Raum. Kurz schauderte ich, als ich sein Gesicht sah und mich an seinen Doppelgänger erinnerte. Dufort bemerkte das natürlich, aber er sagte nichts dazu. Stattdessen sah er auf den Holoscreen.
»Und so beginnt es? Was soll das heißen? Es hat doch längst begonnen. Wir bekämpfen sie, Costard und die anderen seit Monaten.«
»Die Ankündigung eines finalen Schlages vielleicht?«, vermutete Deverose.
»Dafür ist sie noch nicht bereit.« Lucien schüttelte den Kopf. »Nein, das ist eine Botschaft, die mehr bedeutet. Das soll uns zeigen, sie ist in der Lage, unsere Kanäle für ihre Sache zu nutzen. Sie kommt direkt an die Leute heran, an jeden Einzelnen in der Bevölkerung, um sie gegen uns aufzustacheln.«
»Wenn man die Leute aufstacheln will, warum hat man dann keine eindeutigere Botschaft geschickt?« Ilka Saric schien nicht überzeugt.
»Weil es eine Nachricht an Ophelia ist.« Dufort sah mich an. »Das ist etwas zwischen ihr und dir, nicht?«