ist mein Gesicht nicht ausgestellt, verwächst
in dich und setzt sich dunkel
unendlich fort in dein geschütztes Herz.
II
Wie man ein Tuch vor angehäuften Atem,
nein: wie man es an eine Wunde preßt,
aus der das Leben ganz, in einem Zug,
hinauswill, hielt ich dich an mich: ich sah,
du wurdest rot von mir. Wer spricht es aus,
was uns geschah? Wir holten jedes nach,
wozu die Zeit nie war. Ich reifte seltsam
in jedem Antrieb übersprungner Jugend,
und du, Geliebte, hattest irgendeine
wildeste Kindheit über meinem Herzen.
III
Entsinnen ist da nicht genug, es muß
von jenen Augenblicken pures Dasein
auf meinem Grunde sein, ein Niederschlag
der unermeßlich überfüllten Lösung.
Denn ich gedenke nicht, das, was ich bin
rührt mich um deinetwillen. Ich erfinde
dich nicht an traurig ausgekühlten Stellen,
[TO LOU ANDREAS-SALOMÉ]
I
I kept myself too open, I forgot
that outside there are not just Things, not just
animals at home within themselves,
whose eyes do not reach out from their life’s roundness
differently than a picture from its frame;
that all along I snatched into myself
glances, opinion, curiosity.
For all we know, eyes may appear in space,
staring down. Only when hurled in you
is my face not imperiled, as it grows
into you, as it continues darkly
forever onward within your sheltered heart.
II
As one would hold a handkerchief in front of
one’s piled-up breath … no: as one would press it
against a wound from which life, all in one spurt,
is trying to escape—I held you close
till you were red with me. Who can describe
what happened to us? We made up for all
that there had been no time for. I ripened strangely
in every impulse of my unlived youth,
and you, Beloved, found yourself beginning
a kind of savage childhood in my heart.
III
Remembering them will not suffice: there must,
from all those moments, still remain a pure
existence in my depths, the sediment
from a measurelessly overfilled solution.
For I am not recalling: what I am
moves me because of you. It’s not that I
discover you at the sad, cooled-off places
von wo du wegkamst; selbst, daß du nicht da bist,
ist warm von dir und wirklicher und mehr
als ein Entbehren. Sehnsucht geht zu oft
ins Ungenaue. Warum soll ich mich
auswerfen, während mir vielleicht dein Einfluß
leicht ist, wie Mondschein einem Platz am Fenster.
you left; the very fact that you’re not there
is warm with you and realer and is more
than a privation. Yearning ends so often
in vagueness. Why should I be desperate while
your presence still can fall upon me, gently
as moonlight on a seat beside the window.
Die Mandelbäume in Blüte: alles, was wir
hier leisten können, ist, sich ohne Rest erkennen
in der irdischen Erscheinung.
Unendlich staun ich euch an, ihr Seligen, euer Benehmen,
wie ihr die schwindliche Zier traget in ewigem Sinn.
Ach wers verstünde zu blühn: dem war das Herz über alle
schwachen Gefahren hinaus und in der großen getrost.
[THE ALMOND TREES IN BLOSSOM]
The almond trees in blossom: all we can
achieve here is the traceless recognition of
ourselves in earthly appearance.
Endlessly I gaze at you in wonder, blessed ones, at your composure,
at how in eternal delight you bear your vanishing beauty.
Ah, if only we knew how to blossom: our heart would pass beyond every
small danger, and would find peace in the greatest danger of all.
DIE SPANISCHE TRILOGIE
[I]
Aus dieser Wolke, siehe: die den Stern
so wild verdeckt, der eben war—(und mir),
aus diesem Bergland drüben, das jetzt Nacht,
Nachtwinde hat für eine Zeit—(und mir),
aus diesem Fluß im Talgrund, der den Schein
zerrissner Himmels-Lichtung fängt—(und mir);
aus mir und alledem ein einzig Ding
zu machen, Herr: aus mir und dem Gefühl,
mit dem die Herde, eingekehrt im Pferch,
das große dunkle Nichtmehrsein der Welt
ausatmend hinnimmt—, mir und jedem Licht
im Finstersein der vielen Häuser, Herr:
ein Ding zu machen; aus den Fremden, denn
nicht Einen kenn ich, Herr, und mir und mir
ein Ding zu machen; aus den Schlafenden,
den fremden alten Männern im Hospiz,
die wichtig in den Betten husten, aus
schlaftrunknen Kindern an so fremder Brust,
aus vielen Ungenaun und immer mir,
aus nichts als mir und dem, was ich nicht kenn,
das Ding zu machen, Herr Herr Herr, das Ding,
das welthaft-irdisch wie ein Meteor
in seiner Schwere nur die Summe Flugs
zusammennimmt: nichts wiegend als die Ankunft.
[II]
Warum muß einer gehn und fremde Dinge
so auf sich nehmen, wie vielleicht der Träger
den fremdlings mehr und mehr gefüllten Marktkorb
von Stand zu Stand hebt und beladen nachgeht
und kann nicht sagen: Herr, wozu das Gastmahl?
*
THE SPANISH TRILOGY
I
From this cloud, look!, which has so wildly covered
the star that just now shone there—(and from me),
from these dark clustered hills which hold the night,
the night-winds, for a while—(and from me),
from this stream in the valley which has caught
the jagged glow of the night sky—(and from me);
from me, Lord, and from all of this, to make
one single Thing; from me and the slow breathing
with which the flock, penned in the fold at dusk,
endures the great dark absence of the world—,
from me and every candle flickering
in the dimness of the many houses, Lord:
to make one Thing; from strangers, for I know
no one here, Lord, and from me, from me,
to make one Thing; from sleepers in these houses,
from old men left alone at the asylum
who cough in bed, importantly, from children
drunk with sleep upon the breasts of strangers,
from so much that is uncertain and from me,
from me alone and from what I do not know,
to make the Thing, Lord Lord Lord, the Thing
which, earthly and cosmic, like a meteor
gathers within its heaviness no more than
the sum of flight: and weighs nothing but arrival.
II
Why must a man be always taking on
Things not his own, as if he were a servant
whose marketing-bag grows heavier and heavier
from stall to stall and, loaded down, he follows
and doesn’t dare ask: Master, why this banquet?
*
Warum muß einer dastehn wie ein Hirt,
so ausgesetzt dem Übermaß von Einfluß,
beteiligt so an diesem Raum voll Vorgang,
daß er gelehn
t an einen Baum der Landschaft
sein Schicksal hätte, ohne mehr zu handeln.
Und hat doch nicht im viel zu großen Blick
die stille Milderung der Herde. Hat
nichts als Welt, hat Welt in jedem Aufschaun,
in jeder Neigung Welt. Ihm dringt, was andern
gerne gehört, unwirtlich wie Musik
und blind ins Blut und wandelt sich vorüber.
Da steht er nächtens auf und hat den Ruf
des Vogels draußen schon in seinem Dasein
und fühlt sich kühn, weil er die ganzen Sterne
in sein Gesicht nimmt, schwer—, o nicht wie einer,
der der Geliebten diese Nacht bereitet
und sie verwöhnt mit den gefühlten Himmeln.
[III]
Daß mir doch, wenn ich wieder der Städte Gedräng
und verwickelten Lärmknäul und die
Wirrsal des Fahrzeugs um mich habe, einzeln,
daß mir doch über das dichte Getrieb
Himmel erinnerte und der erdige Bergrand,
den von drüben heimwärts die Herde betrat.
Steinig sei mir zu Mut
und das Tagwerk des Hirten scheine mir möglich,
wie er einhergeht und bräunt und mit messendem Steinwurf
seine Herde besäumt, wo sie sich ausfranst.
Langsamen Schrittes, nicht leicht, nachdenklichen Körpers,
aber im Stehn ist er herrlich. Noch immer dürfte ein Gott
heimlich in diese Gestalt und würde nicht minder.
Abwechselnd weilt er und zieht, wie selber der Tag,
und Schatten der Wolken
durchgehn ihn, als dächte der Raum
langsam Gedanken für ihn.
*
Why must a man keep standing like a shepherd,
exposed, in such an overflow of power,
so much a part of this event-filled landscape,
that if he were to lean back against a tree trunk
he would complete his destiny, forever.
Yet does not have, in his too open gaze,
the silent comfort of the flock: has nothing
but world; has world each time he lifts his head;
each time he looks down—world. What gladly yields
to others, pierces him like music, blindly
enters his blood, changes, disappears.
At night he stands up, the distant call of birds
already deep inside him; and feels bold
because he has taken all the galaxies
into his face, not lightly—, oh not like someone
who prepares a night like this for his beloved
and treats her to the skies that he has known.
III
Let me, though, when again I have all around me
the chaos of cities, the tangled
skein of commotion, the blare of the traffic, alone,
let me, above the most dense confusion,
remember this sky and the darkening rim of the valley
where the flock appeared, echoing, on its way home.
Let my courage be like a rock,
let the daily task of the shepherd seem possible to me,
as he moves about and, throwing a stone to measure it,
fixes the hem of his flock where it has grown ragged.
His solemn, unhurried steps, his contemplative body,
his majesty when he stands: even today a god
could secretly enter this form and not be diminished.
He alternately lingers and moves, like the day itself,
and shadows of clouds
pass through him, like thoughts which space
is thinking, slowly, for him.
*
Sei er wer immer für euch. Wie das wehende Nachtlicht
in den Mantel der Lampe stell ich mich innen in ihn.
Ein Schein wird ruhig. Der Tod
fände sich reiner zurecht.
Let him be whomever you wish. Like a fluttering candle
into a stormlamp, I place myself there inside him.
A glow becomes peaceful. May death
more easily find its way.
DER GEIST ARIEL
(Nach der Lesung von Shakespeares Sturm)
Man hat ihn einmal irgendwo befreit
mit jenem Ruck, mit dem man sich als Jüngling
ans Große hinriß, weg von jeder Rücksicht.
Da ward er willens, sieh: und seither dient er,
nach jeder Tat gefaßt auf seine Freiheit.
Und halb sehr herrisch, halb beinah verschämt,
bringt mans ihm vor, daß man für dies und dies
ihn weiter brauche, ach, und muß es sagen,
was man ihm half. Und dennoch fühlt man selbst,
wie alles das, was man mit ihm zurückhält,
fehlt in der Luft. Verführend fast und süß:
ihn hinzulassen—, um dann, nicht mehr zaubernd,
ins Schicksal eingelassen wie die andern,
zu wissen, daß sich seine leichte Freundschaft,
jetzt ohne Spannung, nirgends mehr verpflichtet,
ein Überschuß zu dieses Atmens Raum,
gedankenlos im Element beschäftigt.
Abhängig fürder, länger nicht begabt,
den dumpfen Mund zu jenem Ruf zu formen,
auf den er stürzte. Machtlos, alternd, arm
und doch ihn atmend wie unfaßlich weit
verteilten Duft, der erst das Unsichtbare
vollzählig macht. Auflächelnd, daß man dem
so winken durfte, in so großen Umgang
so leicht gewöhnt. Aufweinend vielleicht auch,
wenn man bedenkt, wie’s einen liebte und
fortwollte, beides, immer ganz in Einem.
(Ließ ich es schon? Nun schreckt mich dieser Mann,
der wieder Herzog wird. Wie er sich sanft
den Draht ins Haupt zieht und sich zu den andern
Figuren hängt und künftighin das Spiel
ARIEL
(After reading Shakespeare’s Tempest)
Once, somewhere, somehow, you had set him free
with that sharp jolt which as a young man tore you
out of your life and vaulted you to greatness.
Then he grew willing; and, since then, he serves,
after each task impatient for his freedom.
And half imperious, half almost ashamed,
you make excuses, say that you still need him
for this and that, and, ah, you must describe
how you helped him. Yet you feel, yourself,
that everything held back by his detention
is missing from the air. How sweet, how tempting:
to let him go—to give up all your magic,
submit yourself to destiny like the others,
and know that his light friendship, without strain now,
with no more obligations, anywhere,
an intensifying of this space you breathe,
is working in the element, thoughtlessly.
Henceforth dependent, never again empowered
to shape the torpid mouth into that call
at which he dived. Defenseless, aging, poor,
and yet still breathing him in, like a fragrance
spread endlessly, which makes the invisible
complete for the first time. Smiling that you ever
could summon him and feel so much at home
in that vast intimacy. Weeping too, perhaps,
when you remember how he loved and yet
wished to leave you: always both, at once.
(Have I let go already? I look on,
terrified by this man who has become
a duke again. How easily he draws
the wire through his head and hangs himself
up with the other puppets; then steps forward
to ask the audience for their applause
um Milde bittet.… Welcher Epilog
vollbrachter Herrschaft.
Abtun, bloßes Dastehn
mit nichts als eigner Kraft: “und das ist wenig.”)
and their indulgence.… What consummate power:
to lay aside, to stand there nakedly
with no strength but one’s own, “which is most faint.”)
So angestrengt wider die starke Nacht
werfen sie ihre Stimmen ins Gelächter,
das schlecht verbrennt. O aufgelehnte Welt
voll Weigerung. Und atmet doch den Raum,
in dem die Sterne gehen. Siehe, dies
bedürfte nicht und könnte, der Entfernung
fremd hingegeben, in dem Übermaß
von Fernen sich ergehen, fort von uns.
Und nun geruhts und reicht uns ans Gesicht
wie der Geliebten Aufblick; schlägt sich auf
uns gegenüber und zerstreut vielleicht
an uns sein Dasein. Und wir sinds nicht wert.
Vielleicht entziehts den Engeln etwas Kraft,
daß nach uns her der Sternenhimmel nachgiebt
und uns hereinhängt ins getrübte Schicksal.
Umsonst. Denn wer gewahrts? Und wo es einer
gewärtig wird: wer darf noch an den Nacht-Raum
die Stirne lehnen wie ans eigne Fenster?
Wer hat dies nicht verleugnet? Wer hat nicht
in dieses eingeborne Element
gefälschte, schlechte, nachgemachte Nächte
hereingeschleppt und sich daran begnügt?
Wir lassen Götter stehn um gohren Abfall,
denn Götter locken nicht. Sie haben Dasein
und nichts als Dasein, Überfluß von Dasein,
doch nicht Geruch, nicht Wink. Nichts ist so stumm
wie eines Gottes Mund. Schön wie ein Schwan
auf seiner Ewigkeit grundlosen Fläche:
so zieht der Gott und taucht und schont sein Weiß.
Alles verführt. Der kleine Vogel selbst
tut Zwang an uns aus seinem reinen Laubwerk,
die Blume hat nicht Raum und drängt herüber;
was will der Wind nicht alles? Nur der Gott,
wie eine Säule, läßt vorbei, verteilend
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