Kiss Me Once
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»Ray! Ich habe dich gesucht! Du solltest doch warten«, rief sie und zog einen Schmollmund.
Seufzend blieb ich stehen. »Was denn, Courtney? Ich kann gerade …« Misstrauisch hielt ich inne. »Was ist mit deinen Augen?«, fragte ich und zuckte im nächsten Augenblick zurück, als sie mich mit erstaunlicher Kraft packte, nach unten zog und ihre Zunge in meinen Mund stieß.
Ich war so überrumpelt, dass ich mich nicht zur Wehr setzte. Courtneys schlanker Körper presste sich an mich, während sie mir ziemlich aufdringlich etwas mit ihrer Zunge in den Mund schob. So tief, dass ich mich beim nächsten Atemzug prompt verschluckte. Scheiße! Hustend riss ich mich von Courtney los und spürte, wie mir etwas kleines Rundes die Speiseröhre nach unten rutschte.
»Scheiße! Was war das?«, fragte ich.
Courtney grinste. Ihre Pupillen waren klein wie Stecknadelköpfe. »Nichts Schlimmes, nur was zum Lockerwerden. Du wolltest es doch.«
»Was?«, blaffte ich vollkommen entsetzt und riss mich von ihr los. »Wie kommst du darauf? Ich … fuck.« Gehetzt sah ich mich um und sah gerade noch, wie Ivy den Raum verließ.
»Alex?« Hilfe suchend drehte ich mich um, doch Alex war gerade mit Jeff beschäftigt, der in eine Topfpflanze kotzte. Scheiße! Ich musste Ivy hinterher. Aber vorher musste die Droge aus mir raus. Keine Ahnung, wie lange es dauerte, bis sie wirkte, aber mir wurde bereits schwindelig.
Beinahe panisch eilte ich ihr hinterher und folgte den rosa Haarspitzen, die zwischen den Studenten aufblitzten. Ohne Rücksicht zu nehmen, drängte ich mich durch die Menge, hechtete über Flaschen und Becher hinweg, trampelte eine Treppe nach oben und sah gerade noch eine Tür zuschlagen.
»Ivy!« Meine Faust krachte gegen das Holz. »Ivy! Mach auf!«, rief ich und rüttelte an dem Türgriff. »Fuck! Das ist ein Notfall!«
»Geh weg!« Ihre Stimme drang nur gedämpft durch die Tür, aber sie klang aus irgendeinem Grund wütend. Ich wollte sie nicht noch mehr verärgern, aber scheiße, mir lief die Zeit davon.
»Ivy, mach die Tür auf!«, brüllte ich und hörte endlich ein Klicken. Ivy starrte mich finster an. Sie war in einem Badezimmer. Dem Himmel sei Dank!
»Ich habe gesagt, du sollst mich … hey!«
Ich rannte an ihr vorbei, klappte den Klodeckel hoch und steckte mir zwei Finger in den Mund.
Ich hörte sie entsetzt aufkeuchen. »Ryan, was machst du da?«
Ich konnte nicht antworten, weil sich mir gerade der Magen umstülpte. Kein schöner Anblick, trotzdem musste ich noch mal alles hochwürgen, um sicherzugehen, dass die Pille rauskam.
»Ryan, ist alles okay?«, fragte Ivy.
Ich nickte nur, als eine kleine weiße Tablette in der Kloschüssel landete. Sie sah ein wenig aufgeweicht aus, aber zumindest war das Gröbste draußen. Erleichtert drückte ich meine heiße Stirn gegen den Klodeckel und spülte. Ohne hinzusehen.
»Himmel, Ryan!«, rief Ivy und schüttelte mich ein wenig kräftiger. »Was ist passiert? Ist dir schlecht? Hast du Fieber?« Sie tastete meine Stirn ab.
Ich griff nach ihrer Hand und drückte kurz ihre Finger, bevor ich mich aufrappelte, zum Waschbecken taumelte und den Mund ausspülte.
»Alles okay«, sagte ich heiser und warf einen Blick in den Spiegel. Mein Gesicht war blass und in dem schwachen Licht der Energiesparlampe sah ich aus wie ein Zombie. Ich seufzte. Hoffentlich waren die Wirkungen von dem kleinen Rest der Pille nicht allzu groß.
»Courtney hat mir irgendwas untergeschoben«, erklärte ich und trocknete mir die Hände nachlässig an der Jeans ab, bevor ich mich auf den Boden sinken ließ und den Rücken gegen die Badewanne lehnte. »Ich war kurz davor, auf einen Trip zu gehen, nach dem du mich wahrscheinlich von den Bäumen hättest pflücken können.«
»Oh«, sagte Ivy verdattert und sah mich an. Sie rutschte wie ich zu Boden und lehnte sich gegen die Tür, sodass wir uns gegenübersaßen. Ihre Beine berührten meine. »Ich dachte, ihr hättet euch geküsst«, gab sie zu.
Ich verzog das Gesicht. »Haben wir auch. Aber nur sie mich. Ich hätte ganz gut drauf verzichten können.«
»Ist … ist denn alles draußen?«, fragte Ivy und sah mich besorgt an.
Stöhnend fuhr ich mir durchs Haar. »Denke schon. Aber ich bleibe lieber mal sitzen, um auf Nummer sicher zu gehen …«
»Gut.« Ivy nickte und schlang die Arme um ihre Beine. »Ich warte mit dir.«
»Das musst du nicht«, wehrte ich ab, obwohl ich nicht wusste, wie ich auf sie aufpassen sollte, wenn ich gerade außer Gefecht gesetzt war.
Sie zog nur spöttisch eine Augenbraue hoch. »Doch, ich bleibe.«
»Wie du meinst …«, raunte ich und schloss die Augen. Im Augenblick war ich zu fertig, um mich mit ihr zu streiten.
Ich spürte, wie Ivy mich besorgt musterte. Angestrengt versuchte ich, nicht ganz so miserabel auszusehen, wie ich mich fühlte. Was mir wahrscheinlich nicht gelang. Meine Haut spannte unangenehm und in der Luft lag eindeutig der saure Geruch nach Erbrochenem. Absolut uncool.
»Sorry, ich wollte dir nicht deine erste Party verderben«, murmelte ich leise, um die Stille zwischen uns zu füllen.
»Schon gut.« Sie seufzte. »Es war sowieso nicht so lustig, wie ich mir das vorgestellt habe.«
»Nein? Wie hast du es dir denn vorgestellt?«, erkundigte ich mich und öffnete die Augen so weit, dass ich ihr beschämtes Schulterzucken sehen konnte.
»Ich weiß nicht. Anders eben. Außerdem dachte ich, dass der Alkohol hier besser schmeckt.«
Ich grinste. »Noch nie hochprozentigen Alkohol getrunken?«
Sie schnaubte. »Natürlich. Auf Partys und Galas wird andauernd getrunken. Im Grunde überlebt man das alles nur, indem man sich die Kante gibt. Hast du schon mal einer vierstündigen Podiumsdiskussion über die Ressourceneffizienz in Schwellenländern zugehört? Neunundneunzig Prozent aller Anwesenden sind dabei so gelangweilt, dass sie ab der Halbzeit sturzbetrunken sind. Dort interessiert es niemanden, ob du schon einundzwanzig bist oder nicht.«
»Klingt, als würdest du das nicht so toll finden«, murmelte ich.
»Ja, nein, keine Ahnung.« Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist nun mal meine Welt. Aber immer wenn ich sehe, wie leicht man bei diesen Veranstaltungen an Alkohol kommt, obwohl man noch nicht alt genug ist, muss ich wieder daran denken, was …« Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe.
»Was ist passiert?«
Sie verzog das Gesicht und rümpfte die Nase. »Ich will nicht darüber reden.«
»Komm schon.«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«
»Weil es peinlich ist.«
»Das sind die besten Geschichten.«
»Ach ja?« Sie guckte skeptisch.
Ich nickte und wackelte schwach mit den Augenbrauen. »Wenn du willst, fange ich auch an und erzähle dir, wie ich in der siebten Klasse versucht habe, ein Mädchen zu beeindrucken, indem ich so getan habe, als hätte ich schon Brusthaare.«
Ich hörte ein unterdrücktes Prusten und Ivys Augen funkelten amüsiert. »Wie kann man denn so tun, als hätte man Brusthaare?«
»Ich habe mir alte Haare aus dem Abfluss draufgeklebt«, sagte ich und verzog das Gesicht.
Ivys Prusten wurde zu einem schallenden Lachen. Unweigerlich musste ich mitgrinsen.
»Iiih! Warum um Himmels willen machst du so was?«, rief sie glucksend.
Schnaubend versuchte ich, mich bequemer hinzusetzen, was gar nicht so einfach war, denn in meinem Kopf drehte sich alles. »Ich habe gehört, wie mein älterer Bruder darüber geredet hat, dass Mädels auf Brusthaare stehen … Tja, Dreizehnjährige leider nicht.«
Ivy kicherte. Sie gab sich zwar Mühe, ernst zu bleiben, doch das gelang ihr in etwa so gut wie mir, gerade sitzen zu bleiben.
Plötzlich wurde ihr Gesichtsausdruck milder.
»Na schön, ich erzähle es dir. Aber ich warne dich: Meine Geschichte ist nicht so lustig wie deine.« Sie räusperte sich. »Als ich zehn war«, begann s
ie, während sie nervös an einer langen Haarsträhne herumspielte, »gab es ein wichtiges Staatsdinner. Ich weiß nicht mehr wo, mit wem oder weshalb, aber es war ein sehr wichtiger Tag für meinen Vater und ich wollte einen guten Eindruck machen. Meine Mom instruierte mich tagelang im Voraus, wie ich zu sitzen, zu gehen und sogar aufs Klo zu gehen hätte: nicht gleich nach dem Empfang, wenn, dann kurz vor dem Dinner und niemals währenddessen.«
Ein harter Zug mischte sich bei diesen Worten in ihr Gesicht. Mein Magen verkrampfte sich. Vielleicht hätte ich sie doch nicht drängen sollen, die Geschichte zu erzählen. Ivys Kindheit schien mir ein vollkommen anderes Kaliber zu sein als meine eigene.
»Wie auch immer«, fuhr sie fort und zuckte ergeben mit den Schultern. »Das Menü hatte mehrere Gänge und als Nachtisch gab es handgefertigte Rumtrüffel. Obwohl ich sie eklig fand, habe ich alle gegessen. Ich hatte zu große Angst, dass meine Mutter mit mir schimpfen würde, wenn ich meinen Teller nicht leer aß. Tja, zehn Minuten später war ich sturzbetrunken.« Sie lächelte bei der Erinnerung.
Ihre blauen Augen färbten sich grau, ihre Wimpern senkten sich und warfen lange Schatten.
Ivy atmete kurz durch, bevor sie weitererzählte. »Ich habe mich noch am Tisch übergeben und meine Mutter schämte sich für mich in Grund und Boden. Mein Vater war … enttäuscht. Mehr sage ich dazu nicht.«
»Aber du warst zehn!«, stieß ich ungläubig hervor.
Sie zuckte mit den Schultern. »Das war egal, ich hatte die Frau des Senators vollgekotzt!«
Ich starrte sie mit offenem Mund an. Ihre Mundwinkel zuckten und ich merkte, wie sich meine ebenfalls kräuselten. Und plötzlich prusteten wir los. Ivy lachte so laut und hemmungslos, dass ihr ein kleines Grunzen entkam. Schnell schlug sie die Hand vors Gesicht, doch das Grunzen wurde immer stärker, was mich nur noch mehr zum Lachen brachte. Mein Herz schlug viel zu schnell. Und kurz darauf wurde mir so unglaublich schwindlig, dass ich erst merkte, wie ich zur Seite rutschte, als die Welt bereits schief stand.
»Oh«, brachte ich immer noch lachend hervor.
»Ryan!« Erschrocken nahm Ivy die Hand von ihrem Gesicht und rutschte über den Boden zu mir. »Geht es dir gut?« Ihre Finger strichen mir die Haare aus der Stirn und ich schloss stöhnend die Augen. Ihre Finger waren so angenehm kühl auf meiner heißen Haut.
»Ryan?« Ivy tätschelte meine Wange.
»Jaaa?«, fragte ich gedehnt und schlug die Augen auf. Wann hatte ich die Augen geschlossen? Wie lange? Worüber hatten wir gerade noch gesprochen? Über Ivys Brusthaare?
Die Zunge klebte mir dick und pelzig am Gaumen, und ich konnte kaum noch einen klaren Gedanken formulieren. Ivys blasses Gesicht erschien über mir. Die drei Sommersprossen leuchteten mir entgegen. Hell und strahlend wie kleine Sterne. Sterne mit rosaroten Haaren. Wieder musste ich lachen.
»Oje … dich hat’s ja voll erwischt«, sagte sie und musterte mich besorgt. »Warte! Ich hole Alex.«
»Neeein. Bleib bei mir«, murmelte ich. Am liebsten hätte ich mich selbst getreten, weil ich so erbärmlich klang.
Ich spürte, wie Ivys Finger zuckten. Erst jetzt merkte ich, dass ich ihre Hand fest umklammerte. Oh. Ich lockerte meinen Griff.
Plötzlich wurde mir wieder schwindelig und ich ließ den Kopf auf die Bodenfliesen sinken.
Ivy sah sich hektisch um, fand schließlich etwas Flauschiges, was sie mir sanft unter den Kopf schob. Was war das? Oh … ein Handtuch.
»Warte hier«, sagte Ivy eindringlich und stand auf. »Ich komme gleich wieder.«
Bevor ich protestieren konnte, war sie schon weg. Alles drehte sich und mir wurde immer schlechter. Was zum Teufel hatte Courtney mir da untergejubelt?
Ivy
Ich rannte die Treppe hinunter und sah mich hektisch nach Alex um. Wo war er nur hin? Jeff war vom Alkohol übel geworden, doch Alex hatte mir versichert, dass er Jeff nur kurz nach draußen bringen würde, um frische Luft zu schnappen. Und wenn sie nicht den halben Campus leer geatmet hatten, dann müssten sie schon längst wieder zurück sein. Hoffentlich waren sie nicht einfach gegangen, denn ich wusste nicht, wie ich Ryan ohne Hilfe nach Hause bringen sollte. Vielleicht war es doch besser, einen Krankenwagen zu rufen? Ryan hatte die Pille zwar wieder hochgewürgt, aber so wie es aussah war trotzdem etwas in seinem Blutkreislauf gelandet. Ich wusste nur nicht, wie viel. Seine Pupillen waren nur minimal geweitet, aber das konnte sich auch noch ändern. Ich hatte eindeutig zu wenig Ahnung davon. Meine Erfahrung mit Drogen war gleich null.
Unsicher blieb ich stehen, sah mich um und wurde auf eine Gruppe Menschen aufmerksam, die sich im Kreis um etwas versammelt hatte. Unter den Studenten entdeckte ich plötzlich einen vertrauten braunen Haarschopf.
»Soya!« Als ich das Mädchen am Arm berührte, zuckte sie erschrocken zusammen und starrte mich mit verheultem Gesicht an. Ihre Augen waren gerötet und ihre Wangen ganz fleckig. »Soya, was ist los?«, fragte ich überrascht und versuchte, irgendetwas zu erkennen. Einer der Studenten machte einen Schritt zur Seite und ich sah jemanden in stabiler Seitenlage am Boden liegen.
»Courtney geht es nicht gut«, schniefte Soya und schnäuzte in ein Taschentuch. »Wir haben einen Krankenwagen und die Polizei gerufen. Sie hat irgendwas genommen und ist dann zusammengebrochen.«
Schockiert starrte ich sie an, während sich mein Magen zusammenzog. Das war nicht gut. Gar nicht gut.
»Ich habe ihr gesagt, sie soll es nicht nehmen. Dieser Typ sah irgendwie komisch aus«, sagte sie vollkommen aufgelöst.
Mir wurde plötzlich ganz schlecht. »Welcher Typ?«, fragte ich betont ruhig.
»So ein Typ halt. Ich glaube, er war auch Student. Groß, braunes Haar, hatte einen Surferslang.« Sie wischte sich die Tränen aus den Augen, verschmierte dadurch aber nur ihre Mascara. »Er hat gesagt, ihr kennt euch.«
Ich versteifte mich und mein Magen ballte sich noch fester zusammen. »I…ich kenne ihn aber nicht.«
Soya verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und atmete zittrig ein. »Er hat uns angequatscht und meinte, er wäre ein Freund von dir. Er wollte, dass wir dir diese Pillen bringen. Aber Courtney hat selbst ein paar genommen. Ich … oh Gott … ich habe ihr noch gesagt, sie soll es nicht tun, aber sie hat nur gelacht und gemeint, sie könnte dich nicht leiden und …« Der Rest ging in unverständlichem Schluchzen unter.
Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Mein Kopf ratterte, während mein Puls vor Angst in die Höhe schoss. »Kommt der Krankenwagen bald?«, fragte ich möglichst ruhig.
Soya nickte. »Aber was war das für ein Zeug, das wir dir geben sollten?«
»Ich weiß es nicht«, stammelte ich. Im gleichen Augenblick wusste ich aber, dass Soya mir nicht glaubte. »Entschuldige mich bitte.«
Abrupt drehte ich mich um und zwang mich, nicht Hals über Kopf davonzulaufen. Ich atmete tief durch und versuchte, ruhig zu bleiben, schließlich lag Ryan immer noch im Badezimmer und brauchte meine Hilfe. Verzweifelt sah ich mich um. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. War es wirklich dieser Austin gewesen, der Courtney das Zeug zugesteckt hatte? Wenn ja, dann verstand ich nicht, was er sich davon erhoffte. Warum glaubte er, mir Pillen unterschieben zu müssen? Einmal davon abgesehen, dass ich sie niemals genommen hätte, machte die ganze Situation keinen Sinn. Und hatte Harry sich nicht um ihn gekümmert? Bestimmt hatte Soya nur etwas falsch verstanden. Oder ich. Es gab ja auch noch andere Studenten an der UCF, auf die Soyas Beschreibung passte.
Das Näherkommen einer Sirene riss mich aus meinen Gedanken. Im ersten Moment wusste ich nicht, ob ich erleichtert oder besorgt sein sollte. Erleichtert, dass vielleicht endlich ein Krankenwagen kam und Ryan helfen konnte, oder besorgt, weil dann natürlich auch die Polizei kommen würde. Und die würden sich sicher fragen, warum ein Security, der eigentlich seinen Job machen sollte, wegen Drogenkonsum flachlag. Ob Absicht oder nicht, er wäre seine Reputation schneller los, als er niesen konnte.
Fluchend beschloss ich, nach oben zu gehen. Ryans Gesundheit ging vor, selbst wenn er … Ungläubig blieb ich stehen. Ryan kam leicht sc
hwankend die Treppen runter. Er sah immer noch ziemlich mitgenommen aus. Seine Haare waren ein völliges Chaos und sein Gesicht war in etwa so blass wie die Wand.
»Ryan!« Blitzschnell war ich bei ihm und schlang einen seiner Arme um meine Schultern. »Ryan, wie geht es dir? Sieh mich an!«
Ryan hob den Kopf. Seine Lippen waren zu einem Strich zusammengepresst und er roch, als hätte er sich noch einmal übergeben. Doch seine Augen waren normal. Dem Himmel sei Dank.
»Mir geht’s gut«, beschwichtigte er mich. »Mir ist nur ein wenig schwindelig.«
»Sicher? Der … der Krankenwagen ist schon da. Vielleicht solltest du mitgehen.«
»Kranken… was?« Alarmiert sah er sich um.
Von draußen strahlte das blaue Licht von Rettungswagen und Polizei ins Wohnzimmer und die wenigen Studenten, die noch hier waren, zerstreuten sich schneller, als man Überraschung hätte sagen können.
»Was ist passiert?«
»Courtney ist zusammengeklappt«, sagte ich leicht panisch. Den Rest ließ ich erst einmal weg. Ich würde es ihm erzählen, sobald es ihm besser ging.
»Scheiße!« Fluchend sah sich Ryan um. »Dachte mir schon, dass es nicht einfach nur was zum Lockerwerden gewesen ist.«
»Willst du nicht auch ins Krankenhaus, nur um sicher zu sein?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf und holte tief Luft. »Mir geht es gut. Ein bisschen wirr im Kopf, aber es wird schon wieder besser.«
Zweifelnd sah ich ihn an, doch Ryan wankte einfach weiter. Damit er nicht zusammenbrach, nahm ich seine Hand und verschwand mit ihm durch den Hinterausgang der Küche. Gerade als die Tür hinter uns zufiel, kamen die Sanitäter, gefolgt von den Polizisten, zum Vordereingang herein.
Vorsichtig schlichen wir uns um das Haus herum. Hätte ich bleiben und den Sanitätern oder der Polizei sagen sollen, was ich wusste? Aber wir hatten keinerlei Beweise. Und wenn Soya etwas ausplauderte, was Drogen und mich in ein und demselben Satz beinhaltete, würde ich bis zum Hals in Schwierigkeiten stecken. Dann müsste ich auch noch meinen Vater anrufen. Verdammt.
Ryan atmete schwer, doch er hielt sich auf den Beinen. Meine Sorge um ihn ließ etwas nach, aber ich würde trotzdem die Nacht bei ihm bleiben. Nur um auf Nummer sicher zu gehen. Sollte sich sein Zustand wider Erwarten verschlechtern, würde ich den Rettungswagen rufen und Harry informieren. Die Hauptsache war, dass es Ryan gut ging.