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Kiss Me Once

Page 41

by Stella Tack


  »Meine Träume haben sich in der letzten Zeit ziemlich verändert. Vielleicht muss ich auch noch herausfinden, was ich eigentlich will.«

  »Aber du liebst doch deinen Job«, sagte sie.

  Ich nickte. »Natürlich, aber vielleicht kann ich mit ein bisschen Glück ja beides haben. Meinen Job und dich.«

  Ich grinste und Ivys Augen füllten sich mit Tränen.

  »Ich liebe dich, Ryan.«

  »Ich liebe dich auch, Ivy«, sagte ich und küsste sie. Langsam ließ ich meine Finger über ihre Haut wandern. Ihr Herz pochte gegen meine Brust und ich entlockte ihr ein kleines Quieken, als ich eine kitzelige Stelle streichelte. Gerade als ich sie auf den Rücken rollen wollte, hörten wir ein Klicken, das beinahe klang, als wäre die Tür aufgegangen. Irritiert hielt ich inne und sah auf.

  »Was zum Teufel ist hier los?«

  Oh Scheiße!

  Ivy

  »Was zum Teufel ist hier los?«, brüllte mein Vater.

  Ich erschrak so sehr, dass ich fast vom Bett fiel. Hektisch tastete ich mit den Fingern nach dem Bettlaken und hielt es mir vor die Brust, während Ryan mich vor seinen Blicken zu schützen versuchte. Mit blassem Gesicht starrte er meinen Vater an, der mit geballten Fäusten in der Tür stand. Und hinter ihm … hinter ihm entdeckte ich Chloé, die vergeblich versuchte, sich ein Lachen zu verkneifen.

  »Chloé!«, rief ich überrascht. »Was tust du hier?«

  »Ich?«, sagte sie unschuldig und klimperte mit den Wimpern. »Ist wohl eher die Frage, was du hier machst! Dein Vater war auf der Suche nach dir und ich war nur so freundlich, ihm zu helfen. Mir gehört nämlich das Zimmer gegenüber und ich dachte, ich hätte dich … ähm … gehört.«

  Ich hätte ihr am liebsten den Hals umgedreht. Warum? Warum machte sie das?

  »Zieh dich sofort an«, befahl mein Vater und wandte sich ab.

  Keine Ahnung, wen er genau meinte – mich oder Ryan –, aber wir gehorchten beide. Meine Hände zitterten wie Espenlaub, während Ryan überraschend gefasst aussah. Ein wenig blass um die Nase, aber nicht so, als würde er gleich schreiend aus dem Raum rennen und sich nach Mexiko absetzen.

  »Daddy, ich kann das erklären …«, begann ich, doch mein Vater schnitt mir mit einer einzigen scharfen Geste das Wort ab.

  »Das muss nicht erklärt werden, Ivy. Mitkommen«, knurrte er und verließ den Raum.

  Ryan folgte ihm und als ich an Chloé vorbeiging, tat ich etwas, das ich noch nie getan hatte. Ich holte aus und schlug ihr direkt ins Gesicht.

  »Fuck!«, kreischte sie und taumelte zurück. Fassungslos starrte sie mich an. »Wofür war das denn?«, fragte sie entsetzt, während ich meine Hand ausschüttelte.

  »Für alles«, fauchte ich und ließ sie stehen.

  Mein Vater schien beschlossen zu haben, uns erst einmal mit vorwurfsvollem Schweigen weich zu kochen, denn er sagte kein einziges Wort, während wir mit dem Aufzug nach unten fuhren. Es war mit Abstand die unangenehmste Fahrt meines Lebens. Als die Türen endlich aufgingen, stapfte mein Vater ins Backoffice hinter der Rezeption und gab uns mit einem Wink zu verstehen, dass wir ihm folgen sollten.

  Instinktiv griff ich nach Ryans Hand. Unsere Finger fanden sich, schlangen sich ineinander. Wir sagten kein Wort, aber ich fühlte Ryans Entschlossenheit, als wir das Büro betraten. Die Gala musste sich bereits aufgelöst haben, denn es waren nur noch vereinzelte Stimmen zu hören. Mein Vater setzte sich hinter den wuchtigen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

  »Soll …« Ryan räusperte sich. »Soll ich meinen Vater holen, Mr Redmond?«, fragte er.

  Mein Vater antwortete nicht, denn im selben Moment kam Harry hinter uns herein und schloss die Tür.

  »Ryan … Ivy … Ist was passiert?«, fragte er besorgt.

  Eine Ader zuckte über die Stirn meines Vaters. »Ob was passiert ist? Nun, vielleicht sollte dir dein Sohn erklären, was passiert ist«, sagte er wütend.

  »Ryan?«, wandte Harry sich sichtlich verwirrt an seinen Sohn.

  Ryan holte tief Luft und sah seinem Vater direkt in die Augen. »Dad, ich liebe Ivy und ich will mit ihr zusammen sein«, sagte er mit leiser, aber fester Stimme. Allerdings merkte ich, wie angespannt und nervös er war. Seine Finger schlossen sich noch fester um meine.

  Harry blinzelte. Sein Blick wanderte zu unseren Händen und er nickte langsam. »Und …?«, hakte er nach.

  »Was heißt hier und?«, fragte mein Vater aufgebracht. »Ich habe sie gerade zusammen im Bett erwischt! Das ist hier passiert!«

  Harry verzog das Gesicht und kratzte sich die Glatze. »Bei allem Respekt, Carl, die beiden sind knapp zwanzig und offensichtlich ineinander verliebt. Was erwartest du da?«

  »Was ich erwarte?«, blaffte mein Vater und deutete auf Ryan. »Ich erwarte, dass dein Sohn seinen Job macht. Denn dafür bezahle ich ihn. Ich bezahle ihn nicht dafür, dass er mit meiner Tochter im Bett landet.«

  Harry schnaubte. »Jetzt mach aber mal halblang, Carl.«

  Überrascht starrte ich Harry an. Ich hatte mit verdammt viel gerechnet, aber nicht damit, dass er uns verteidigen und sich mit meinem Vater anlegen würde.

  Mein Vater stand so ruckartig auf, dass die Stuhlbeine über den Boden schabten. Die beiden Männer starrten sich an wie zwei Stiere, die kurz davor waren, ihre Hörner ineinander zu verkeilen.

  »Sollen wir uns verdrücken und nach Timbuktu abhauen?«, flüsterte ich Ryan zu.

  »Psst«, zischte er zurück.

  »Ryan hat seinen Job verdammt gut gemacht«, sagte Harry laut. »Er hat dabei sogar eine verdammte Kugel abbekommen!«

  »Hätte er seinen Job richtig gemacht, wäre er gar nicht erst angeschossen worden. Aber dein Sohn war ja zu sehr damit beschäftigt, den Arsch meiner Tochter anzustarren. Sonst wäre es überhaupt nicht so weit gekommen!«, brüllte mein Vater.

  »Hörst du dich eigentlich selbst reden, Carl?« Harry schüttelte seufzend den Kopf. »Wann bist du nur so ein Snob geworden? Jahrelang habe ich still zugesehen, wie du dein Kind vernachlässigt hast. Wie Ivy immer unsicherer und ängstlicher geworden ist! Mein Sohn wurde angeschossen, weil er deine Tochter beschützt hat. Und du hattest nicht mal den Anstand, im Krankenhaus vorbeizukommen und nach den beiden zu sehen!«

  Harry war immer lauter geworden. Plötzlich knallte er seine Faust mit solcher Wucht auf den Schreibtisch, dass ich erschrocken zusammenzuckte.

  »Verdammt, Carl, wir sind seit fast dreißig Jahren befreundet, aber du wirst immer mehr zu einem sturen alten Bock, der sich nur um sein Geld kümmert. Dich interessiert nicht mal, wie es deiner einzigen Tochter wirklich geht. Sie war völlig am Boden zerstört, als mein Sohn im Krankenhaus lag. Wenn du dich auch nur ein bisschen für Ivy interessieren würdest, hättest du längst bemerkt, was zwischen den beiden läuft!«

  »Was? Du wusstest davon?«, brüllte mein Vater so laut, dass mir die Ohren schlackerten.

  »Jeder Blinde sieht das«, sagte Harry aufgebracht. »Und was soll eigentlich diese Aktion mit Princeton? Himmel, Carl! Lass das Mädchen doch endlich seine eigenen Entscheidungen treffen und einfach dort studieren, wo es will.«

  »Das geht dich verdammt noch mal einen feuchten Kehricht an.«

  Harry straffte die Schultern. »Das stimmt. Aber es geht mich etwas an, ob mein Sohn glücklich ist oder nicht.«

  Mein Vater schnaubte. »Hier geht es nicht um irgendwelche Gefühlsduseleien, sondern um die Zukunft meiner Tochter. Ivy geht nach Princeton. Und Ryan hält sich entweder von ihr fern oder er arbeitet nicht länger als einer unserer Securitys.«

  Ich starrte meinen Vater fassungslos an, doch Ryan räusperte sich scharf. Sowohl Harry als auch mein Vater sahen ihn überrascht an.

  »Ich würde gerne meinen Job behalten«, sagte er und das Herz rutschte mir in die Hose. »Allerdings kann ich mir ein Leben ohne Ivy nicht mehr vorstellen. Für alles Geld der Welt nicht. Ich liebe Ivy, Mr Redmond.« Seine Stimme war vollkommen ruhig, während er sanft meine Hand drückte.

  Mein Vater presste die
Lippen zusammen. »Schön, wie du willst. Du bist hiermit fristlos entlassen. Und glaub ja nicht, dass ich zulassen werde, dass du ihr nach Princeton folgst.«

  »Das muss er gar nicht«, unterbrach ich ihn sanft.

  »Was?« Mein Vater sah mich an. Erst jetzt bemerkte ich, wie erschöpft er wirkte. Wann war mein Vater so alt geworden?

  »Ich werde nicht nach Princeton gehen, Dad«, sagte ich leise. »Ich habe mich bereits in Vancouver eingeschrieben. Die Goldbergs waren so nett, mir dort einen Platz für das nächste Semester zu sichern. Und Ryan wird mich begleiten.«

  »Was?«, riefen beide Männer wie aus einem Mund. Aber während mein Vater aussah, als würde er gleich wieder explodieren, wirkte Harry, als wäre er stolz auf uns.

  »Du willst studieren, Ryan?«, fragte er hoffnungsvoll.

  Ryan seufzte und schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Wenn es sich nicht vermeiden lässt, ja.«

  Eine Ader pochte an der Stirn meines Vaters. »Wann hattest du vor, mir deine Entscheidung mitzuteilen, Ivy Redmond?«

  Gar nicht? »Später?«, murmelte ich. Doch als ich seine verkniffene Miene sah, seufzte ich. Egal was ich jetzt sagte, es würde den Tag nicht mehr retten. »Ich werde nach Kanada gehen, Dad. Und ich lasse mich nicht davon abhalten.«

  »Hast du schon unsere Abmachung vergessen?« Seine Stimme klang plötzlich gefährlich leise. »Wenn du nach Kanada gehst, werde ich Maria kein Geld mehr überweisen. Und glaub ja nicht, dass wir dich finanziell unterstützen werden.«

  »Dann werde ich eben arbeiten«, sagte ich mit fester Stimme. »Egal wie, ich werde nach Kanada gehen. Und du kannst mich nicht aufhalten.«

  Mein Vater schnaubte und ließ sich zurück in seinen Stuhl fallen. »Viel Glück dabei. Ich gebe dir drei Wochen, dann kommst du zurück.«

  »Vielleicht. Aber vielleicht unterschätzt du mich auch.«

  Epilog

  »Wir kommen zu spät«, rief Ivy gehetzt und hüpfte auf einem Bein herum, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

  »Wir kommen immer zu spät«, sagte ich genervt und zog mir einen dicken Mantel über. Amüsiert beobachtete ich, wie Ivy ihren Schal überwarf, obwohl sie erst einen Schuh anhatte.

  »Warum muss es in Kanada auch immer so kalt sein, dass man zehn Minuten braucht, um sich anzuziehen?«, fauchte Ivy und verhedderte sich in ihrem Pulli.

  Seufzend half ich ihr, den Kopf durch das richtige Loch zu stecken. »Dass wir zu spät sind, hat nichts mit der Kleidung zu tun, sondern damit, dass ein gewisser Jemand nicht aufgestanden ist«, sagte ich und grinste, als sie mich empört ansah.

  »Dass ich nicht rechtzeitig aufgestanden bin, liegt nur daran, dass ich so müde war, weil du die halbe Nacht …« Sie verstummte und ihre Wangen färbten sich rot.

  Ich lachte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Oh ja, ich wusste, was ich letzte Nacht getan hatte. »Komm, zieh den zweiten Schuh an. Alex und Jeff haben schon geschrieben, dass sie am Terminal angekommen sind.«

  Gehetzt sah Ivy sich um. »Kann ich auch zwei verschiedene Schuhe anziehen?«, fragte sie.

  »Du kannst alles. Hauptsache, es ist schnell und du bist in fünf Minuten im Auto«, sagte ich und ging schon mal nach draußen. Solange Ivy ihren zweiten Schuh suchte und danach vermutlich merkte, dass sie ihre Handschuhe vergessen hatte, würde ich das Auto vorheizen und die Scheiben freikratzen.

  Obwohl wir bereits Ende Februar hatten, war es hier immer noch verdammt kalt. Langsam vermisste ich die Hitze Floridas. Trotzdem waren die letzten Monate die schönsten meines Lebens gewesen. Ivy war das Beste, was mir jemals passieren konnte.

  Auch wenn die ersten Wochen nach Thanksgiving ziemlich chaotisch und nicht gerade einfach gewesen waren. Ivy war noch in derselben Woche von Zuhause ausgezogen. Und danach musste ich meiner Mutter irgendwie beibringen, dass ich nach Kanada gehen würde. Und dann kam auch noch der Stress dazu, mich an einer Universität einzuschreiben – wo ich doch keine Ahnung gehabt hatte, was ich studieren sollte. Zum Glück hatte Ivy mir bei der Suche nach einem geeigneten Studium geholfen.

  »Überleg doch mal, was du machen möchtest.« Ivys Arme schlangen sich von hinten um mich. Ihr warmer Duft hüllte mich ein und ihre Haare streiften meine Wange.

  Schnaubend scrollte ich mich durch das Verzeichnis der Universität in Vancouver. »Das ist ja das Problem. Ich hab keine Ahnung, was ich machen möchte.«

  »Da gibt es doch so einen Eignungstest. Hast du den nicht schon beim letzten Mal gemacht?«, fragte Ivy und drückte mir sanft einen Kuss auf den Nacken.

  »Hab ich«, brummte ich genervt und klappte den Laptop zu.

  »Und?«

  »Da stand, ich soll Koreanologie studieren.«

  »Was … im Ernst?« Ivys Lachen klang so glücklich, dass ich ebenfalls grinsen musste.

  »Leider ja. Gefolgt von Atmosphärenwissenschaften«, sagte ich, drehte mich blitzschnell um und zog Ivy auf meinen Schoß.

  Ivy keuchte überrascht auf, als ich meine Arme um ihre Taille schlang und sie so nahe an mich drückte, dass kein Lufthauch mehr dazwischen passte. Langsam ließ ich meine Finger unter ihr Shirt wandern und hauchte einen Kuss auf ihre Schulter.

  »Vielleicht …« Ivys Stimme bekam einen rauen Klang, während ich sie weiterküsste. »Vielleicht solltest du Sport und BWL studieren. Dann könntest du später Harry in der Firma aushelfen …« Ihr stockte der Atem, als ich eine empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr fand.

  »Mhmm… Keine schlechte Idee«, brummte ich und ließ meine Finger höher wandern.

  Ivy schauderte. »Du solltest dich bald entscheiden, Ryan. Du kannst zwar erst ab März das Studium anfangen, aber je eher du dich anmeldest, desto besser.«

  »Besser … klar«, murmelte ich und knabberte an ihrem Ohr.

  Ivy kicherte. Plötzlich drückte sie mich ruckartig von sich. »Im Ernst, Ryan! Nimm das nicht so auf die leichte Schulter, sonst …« Ein panischer, leicht trauriger Ausdruck trat in ihre Augen. »Sonst mache ich mir die ganze Zeit Sorgen, dass du es bereuen könntest, deinen Job aufgegeben zu haben, um mit mir zu kommen«, flüsterte sie.

  Ich schluckte. Langsam ließ ich meine Finger aus ihrem Shirt gleiten und streichelte über ihre Wange. »Ich bereue nichts …«, raunte ich. »Hörst du, Ivy? Ich bereue nichts davon und das werde ich auch niemals tun. Dein Vorschlag klingt gut. Ich werde mich für Sport und BWL anmelden, okay?«

  »Okay …«, flüsterte Ivy erleichtert. Und diesmal war sie es, die sich nach vorn beugte, um mich zu küssen.

  Bei der Erinnerung, was danach gekommen war, musste ich grinsen.

  Ende November waren wir dann nach Kanada geflogen. Und auch wenn Ivys Vater seine Drohung wahr gemacht hatte und sie nicht weiter unterstützte, standen wir letztendlich doch nicht ohne Hilfe da. Meine Eltern finanzierten uns die Wohnung und da man in Kanada um einiges weniger Studiengebühren zahlte als in den USA, mussten wir uns nur das dazuverdienen, was wir sonst noch zum Leben brauchten.

  Während ich darauf wartete, dass ich mein Studium beginnen konnte, arbeitete ich zweimal die Woche als Türsteher für einen Nachtclub und Ivy hatte an der Uni eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft, wo sie dem Dekan zur Hand ging. Vor geraumer Zeit hatte sie sich für die Hauptfächer Englisch, Französisch und Spanisch entschieden.

  Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Ivy sich zehn Minuten später schwer atmend auf den Beifahrersitz fallen ließ. Ihre Wangen waren rot von der Kälte und sie trug nur einen Handschuh. Ich unterdrückte ein Lachen.

  »Fahr los!«, sagte sie und ich trat artig aufs Gas.

  »Schreibst du ihnen, dass wir auf dem Weg sind?«, bat ich und reichte Ivy mein Handy.

  »Klar«, sagte sie und tippte die Nachricht ein. Kurz darauf hörte ich ein leises Lachen.

  »Was ist?«, fragte ich und warf einen schnellen Blick zu ihr hinüber.

  »Jeff hat geschrieben, dass sie etwas essen gegangen sind. Und Alex beschwert sich die ganze Zeit über die Poutine auf seinem Teller.«

  »Warum hat er es
dann bestellt?«

  »Ich nehme an, um sich darüber beschweren zu können.«

  Ivy lachte und strich sich eine Haarsträhne zurück. Die Spitzen leuchteten wieder in einem warmen Pink.

  »Warum genau wolltest du noch mal, dass die beiden für ein Jahr zu uns kommen?«, fragte ich und bog zum Flughafen ab.

  »Das nennt man Auslandssemester, Ryan. Und wenn die beiden noch länger allein an der UCF herumsitzen, machen sie am Ende noch Schluss.« Sie klang ehrlich besorgt.

  »Die zwei machen doch ständig Schluss und kommen wieder zusammen«, sagte ich schnaubend.

  »Ich weiß …« Ivy verzog das Gesicht. »Aber ich glaube, die zwei bekommen das schon hin. Auf ihre Weise.«

  Sie lächelte mich so zuversichtlich an, dass ich unwillkürlich daran denken musste, wie Ivy dafür gesorgt hatte, dass die beiden sich endlich aussprachen.

  Ich hatte das Studentenvisum gerade noch rechtzeitig bekommen. Zufrieden betrachtete ich den Stempel in meinem Reisepass, bevor ich ihn in meine Tasche zurücksteckte und die Treppe zu meinem Zimmer hochlief. Überrascht blieb ich stehen, als ich Ivy vor meiner eigenen Zimmertür hocken sah, ein Ohr an die Tür gepresst.

  »Ivy? Was machst du da?«, fragte ich verwirrt.

  Ivy zuckte zusammen. »Ryan, du bist schon zurück? Hat alles geklappt?« Schnell sprang sie auf und küsste mich zur Begrüßung.

  »Ja, hat alles funktioniert. Ich habe das Visum«, sagte ich zufrieden, bevor ich sie misstrauisch musterte. »Aber warum hockst du vor meiner Zimmertür?«

  »Oh … ich … ähm … Ryan, ich glaube, ich hab was angestellt«, murmelte Ivy verlegen und biss sich auf die Unterlippe.

  »Oh nein, was hast du gemacht?«, fragte ich alarmiert.

  »Ach, ist nicht so wichtig«, wiegelte sie ab. »Deine Mom hat vorhin Apfelkuchen gemacht. Komm, lass uns runtergehen. Ich bin kurz vorm Verhungern.«

  Sie wollte an mir vorbeilaufen, doch ich hielt sie fest und sah streng auf sie herunter. »Lenk nicht ab, Ivy! Was ist hier los?«

  Ivy räusperte sich. »Jeff und Alex sind hier«, sagte sie leise. »Sie … ich … wollte doch nur, dass die beiden zumindest noch einmal miteinander reden, bevor wir fliegen, also habe ich …«

 

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