Kiss Me Once
Page 42
»Was hast du?«
»Ich habe die beiden eingeladen, ohne ihnen zu sagen, dass der andere auch kommen würde.« Ivy trat verlegen von einem Bein aufs andere. »Erst kam Jeff und als Alex ein bisschen später dazukam, hab ich die beiden in deinem Zimmer eingesperrt.«
»Du hast was?«, fragte ich ungläubig.
Ivy schaute schuldbewusst zu Boden. »Ich wollte nur, dass sie reden! Ich habe sie eingesperrt und zuerst haben sie sich nur angebrüllt, aber seit ein paar Minuten ist es … ähm … so still. Glaubst du, sie haben sich gegenseitig umgebracht?«
»Keine Ahnung«, gab ich zu und starrte zur Tür. Es war tatsächlich sehr still.
»Sollen wir nachsehen?«, flüsterte Ivy.
»Sollten wir wohl …«, murmelte ich. »Hast du den Schlüssel?«
Ivy nickte, schob den Schlüssel ins Loch und sperrte auf.
Wir wechselten einen schnellen Blick, doch drinnen rührte sich immer noch nichts.
»Hallo? Alex? Jeff?«, fragte Ivy verunsichert und streckte vorsichtig den Kopf durch den geöffneten Türspalt. Ich wollte gerade die Tür ganz aufdrücken, als Ivy erschrocken aufkeuchte. »Holy Moly! Sorry, lasst euch nicht stören«, stieß sie hervor, zog ruckartig den Kopf zurück und machte die Tür wieder zu.
»Was? Was ist los?«, fragte ich alarmiert. Ich wollte mich schon an Ivy vorbeidrängen, doch sie hielt mich hektisch zurück.
»Glaub mir, Ryan, du willst da nicht reingehen!«, sagte sie mit einer viel zu hohen Stimme.
»Warum nicht?« In meinem Kopf liefen gerade alle möglichen Horrorszenarien ab.
»Ich glaube, sie versöhnen sich gerade …«, sagte sie nur und lief knallrot an.
»Was ist? Warum lachst du so komisch?«
»Mhm?« Verwirrt sah ich zu Ivy, die mich misstrauisch musterte. »Ach nichts«, murmelte ich, nahm ihre Hand und küsste ihre Fingerknöchel.
Zehn Minuten später fuhr ich auf den Parkplatz direkt vor der Ankunftshalle und stellte den Motor ab. Schnell stiegen wir aus und liefen zum Eingang. Es fiel mir noch recht schwer, die zum Teil französischen Beschilderungen zu lesen, aber Ivy schien zu wissen, wo es langging, denn sie zerrte mich zielstrebig durch die große Halle.
»Ach ja, ich hab übrigens gestern noch mal mit Maria telefoniert. Sie hat mir von ihrem neuen Job erzählt.«
»Das ist ja toll.«
»Ja. Sie hat uns auch zur Schulabschlussfeier ihrer Tochter eingeladen«, sagte sie und wich ein paar Gepäckwagen aus.
»Das heißt, wir fliegen im Sommer nach Mexiko?«, fragte ich und blieb stehen.
Ivy drehte sich lächelnd zu mir um. Das Licht der Nachmittagssonne schien durch die hohen Fenster und brachte ihre Haare zum Leuchten. »Ja, ich habe die Flugtickets auch schon gebucht.«
»Wow. Das wird bestimmt schön.«
»Sehr.« Ihre Augen strahlten regelrecht vor Freude.
»Du bist so wunderschön, wenn du glücklich bist, weißt du das eigentlich?«, sagte ich leise und zog sie an der Taille zu mir.
Ihre Lippen berührten meine. Der Kuss war süß und flüchtig und schmeckte ein wenig nach Gatorade. Ivy war beinahe ausgeflippt, als sie das Zeug auch hier im Supermarkt gefunden hatte.
»Solange du bei mir bist, bin ich immer glücklich«, flüsterte sie und vergrub ihre kalte Nase in meiner Halsbeuge. »Ich liebe dich, Ryan MacCain.«
»Fast so sehr, wie ich dich liebe, Ivy Redmond.«
Danksagung
Ach du meine Güte, ich hätte beinahe vergessen, eine Danksagung zu schreiben, obwohl es keines meiner bisherigen Projekte so sehr verdient hat wie dieses hier.
Zu Beginn möchte ich mich aber bei allen Lesern bedanken, die KISS ME ONCE gerade in den Händen halten:
An alle, die mich bzw. meine Bücher bereits kennengelernt haben: Vielen Dank, dass ihr erneut zu einem Tack gegriffen habt. Eure Unterstützung und Begeisterung geben mir mehr Aufschwung, als ihr ahnt.
An alle, die mich erst durch KISS ME ONCE kennengelernt haben: Egal warum oder wie ihr zu diesem Buch gekommen seid, ich hoffe, ihr habt die letzten Stunden genossen und müsst ab jetzt immer grinsen, sobald ihr Vollkornweizen hört.
Vielen Dank für eure Lesezeit.
KISS ME ONCE ist für mich ein besonderes Projekt, vor allem auch, weil es mein erstes Nicht-Fantasy-Buch ist. Am Anfang hatte ich keine Ahnung, ob ich ein Buch ohne Drachen, Götter oder Teufel überhaupt schreiben kann.
Nun, hell yes, so wie es aussieht, kann ich es.
Aber ohne meinen Agenten wäre ich zugegebenermaßen auch nie auf die Idee gekommen, eine reine Lovestory zu schreiben. Das Gespräch dazu könnt ihr euch in etwa so vorstellen:
Er: »Stella, kannst du Young Adult schreiben?«
Ich *misstrauisch*: »Dürfen Vampire darin vorkommen?«
Er: »Nein!«
Ich: »Darf ich jemanden umbringen?«
Er: »Nein!«
Ich: »Darf er zumindest Piercings und Tattoos haben?«
Er *seufzend*: »Wenn es sein muss, aber bleib anständig.«
Ich: »Ist Vollkornweizen anständig genug?«
Er *irritiert*: »Was?«
Ich *voll motiviert*: »Challenge accepted, ich schreibe es!«
Von dem Buch gab es gefühlte drölfmillionen Versionen, die wir überarbeitet, verworfen und neu geschrieben haben. Das Durchhalten und Zähneknirschen haben sich aber letztendlich ausgezahlt. Vor allem, weil ich sonst niemals beim Ravensburger Buchverlag gelandet wäre – was mich auch direkt zu meinen Lektoren bringt:
Liebe Nadja, auch wenn ich dir wahrscheinlich mit meiner unkonventionellen Art graue Haare beschere, ist die Zusammenarbeit mit dir wundervoll. Danke, dass du die Luft anhältst, die Augen zukneifst und mit mir ins kalte Becken springst!
Liebe Tamara, ohne dich wäre dieses Buch nicht das, was es jetzt ist. Falls es einen Lektoren-Orden gibt, stecke ich ihn dir hiermit feierlich an.
Am Ende sollte wohl auch erwähnt werden, dass ich selbst in Florida war und Ivy demnach auch ein wenig nach mir geformt habe. Inklusive Süßigkeiten-Exzesse und wenig Orientierungssinn.
Auch wenn die Familie Redmond in diesem Buch nicht gut weggekommen ist, gehören die echten Redmonds doch zu den besten Menschen, die ich jemals kennenlernen durfte. Nicht jeder nimmt ein 17-jähriges Mädchen, das schreckliches Englisch spricht, bei sich auf, weil es von seiner ersten Gastfamilie rausgeworfen wurde. Sie werden dieses Buch wahrscheinlich nicht lesen, aber ich hoffe dennoch, dass sie wissen, wie dankbar ich ihnen für diese Monate bin.
♥ Eure Stella
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Als Ravensburger E-Book erschienen 2018
Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
© 2018 Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH
Copyright © 2018 by Bianca Iosivoni
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur Langenbuch & Weiß, Hamburg.
Umschlaggestaltung: Carolin Liepins unter Verwendung von Fotos von © Nejron Photo, © Maksimilian, © Khomenko Maryna, © Aperture75, © nuttakit und © conrado (alle: Shutterstock)
Herstellung: Ulrike Schneider
Lektorat: Nadja Korthals
Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH, Postfach 1860, D-88188 Ravensburg.
ISBN 978-3-473-47908-5
www.ravensburger.de
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PLAYLIST
Ruelle – Monsters (Acoustic Version)
AC/DC – Back In Black
Breaking Benjamin – Follow
Two Steps From Hell – Flameheart
AC/DC – Thunderstruck
Kings of Leon – Use Somebody
Jack Trammell – Crushing Blow
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MILCK – Quiet
Nightwish – Planet Hell
Two Steps From Hell – Earth Rising
Within Temptation – See Who I Am
ARIZONA – Oceans Away
David Garrett – They Don’t Care About Us
MILCK – Devil Devil
Two Steps From Hell – Protectors of the Earth
Ruelle – Madness
Sleeping Wolf – Demons at the Door
Future World Music – Aqua Vitae
Anna Christelle – Lighthouse
Fall Out Boy – The Last Of The Real Ones
Breaking Benjamin – Who Wants To Live Forever
Nightwish – Ghost Love Score
Nightwish – Bye Bye Beautiful
RAIGN – When It’s All Over
Ciara – Paint It, Black
Within Temptation – Ice Queen
Karmina – All The King’s Horses
J2 feat. Lola – Somewhere over the Rainbow (Epic Trailer Version)
PROLOG
JULIANA
KIRKWALL, ORKNEYINSELN, SCHOTTLAND
War es nicht seltsam, jemanden zu beerdigen, der gar nicht tot war? Wie nahm man Abschied von jemandem, von dem man wusste, dass er noch immer irgendwo dort draußen war? Verloren, unerreichbar, aber am Leben. Sofern man das überhaupt als Leben bezeichnen konnte.
»Juliana …« Die Stimme ihres Bruders war leise und hing zugleich schwer in der Luft. Er blieb schräg hinter ihr stehen, sein Schatten fiel auf den Grabstein.
Auch wenn sie sich nicht zu ihm umdrehte, konnte sie Elijah genauso spüren wie die warmen Strahlen der untergehenden Sonne auf ihrem Rücken. Seine Macht wurde von Tag zu Tag größer. Er versuchte, es vor ihr zu verbergen, speiste sie mit Beschwichtigungen und lockeren Sprüchen ab, doch sie wusste es besser. Sie wusste es, weil sie es schon mehrfach erlebt hatte. Wieder und wieder, bis kaum noch jemand von ihrer Familie übrig geblieben war. Und bald würde sie allein sein. Allein in diesem großen Schloss, das ihrem Clan seit Jahrhunderten gehörte und ihr Zuhause war. Doch mit jedem weiteren Tag verwandelte es sich mehr und mehr in ein Mausoleum.
»Sie ist nicht tot«, murmelte Juliana, während ihr Blick den eingravierten Buchstaben im Stein folgte. »Mum ist irgendwo dort draußen.«
»Ich weiß.« Elijah machte einen Schritt nach vorn, bis er auf einer Höhe mit seiner Schwester war.
Er überragte sie deutlich – mit seinen beinahe ein Meter neunzig und den breiten Schultern, die er früher beim Rugbyspielen in der High School stets zu seinem Vorteil eingesetzt hatte. Sein Haar hatte dieselbe Farbe wie ihres, war so dunkel wie verbranntes Holz und schimmerte im Sonnenlicht in einem warmen Braunton. Auch seine Augen ähnelten ihren, nur waren seine fast schwarz, während ihre dieselbe Farbe wie ihr Haar hatten. Dazu kamen die dichten Brauen, die ihren feinen Gesichtszügen etwas Markantes verliehen.
Schweigend standen sie vor dem Grab, in dem niemand lag. Kein Sarg. Kein Körper. Es war nur ein Symbol, nur eine Geste des Abschieds, auf die ihr Bruder bestanden hatte. Und mit der Zeit waren es immer mehr solcher Symbole geworden, immer mehr leere Gräber, bis aus dem Garten, in dem sie als Kind mit ihren Geschwistern, ihren Cousins und Cousinen gespielt hatte, ein Friedhof geworden war.
Die kühle Brise zerrte an ihren Haaren. Juliana fasste sie auf einer Seite zusammen und hielt sie auf Brusthöhe fest. Anders als Elijah brachte sie es nicht über sich, sich zu verabschieden. Das sattgrüne Gras dämpfte seine Schritte, als er auf den Stein zu- und davor in die Hocke ging. Sekundenlang verharrte er in dieser Position und murmelte etwas, was der Wind davontrug, dann stand er auf und drehte sich zu ihr um.
Obwohl er mit zwanzig gerade mal zwei Jahre älter war als Juliana, wirkte es, als wäre er in den letzten Monaten um Jahre gealtert. Denn während sie lange Zeit nicht mitbekommen hatte, was in ihrer Familie passierte, hatte er alles zusammenzuhalten versucht. Zumindest das, was noch übrig war.
»Sie ist nicht tot.« Juliana wusste, wie trotzig sie klang, aber sie musste es wiederholen, musste die Worte aussprechen, um das Gefühl von Leere und Verlust zu vertreiben. Von Verrat. »Es muss einen Weg geben, sie zurückzuholen.«
»Jules …« Seufzend fuhr sich Elijah durch das Haar. Erschöpfung lag in seinen Augen. Sie konnte ihm ansehen, dass er es müde war, für diese Familie zu kämpfen. Aber vor allem war er es müde, gegen sich selbst zu kämpfen. Gegen die Kräfte, die in ihnen beiden schlummerten und sie zu tickenden Zeitbomben machten. Zumindest hatten ihre Verwandten sie vor nicht allzu langer Zeit so genannt. Aber die konnten auch leicht reden, denn bei ihnen hatten sich bisher keine Anzeichen der Elementarmagie gezeigt, die in ihrem Clan von Generation zu Generation weitervererbt wurde.
Elijah schien etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber nur den Kopf. Juliana ahnte bereits, was er dachte. Diese Diskussion führten sie schon, seit sie mit dieser waghalsigen Theorie angekommen war. Seit auch ihre Lieblingstante Augustine dem Fluch ihres Clans erlegen war. Tatsächlich hatten sie es bis dahin immer als den Fluch der MacKays bezeichnet, weil es ihre Familie besonders häufig traf. Doch die Wahrheit war viel grausamer: Es betraf alle Clans. Nur waren die anderen wesentlich besser darin, ihre verlorenen Familienmitglieder zu verbergen.
Oder sie auszulöschen.
Etwas, was Juliana einfach nicht über sich brachte.
»Lass uns wieder reingehen.« Elijah deutete auf das Schloss, das sich in graubraunem Sandstein hinter ihnen erhob.
Sie nickte, wollte sich bereits abwenden, als ihr Blick an seiner Ellenbeuge hängen blieb, genau dort, wo der hochgekrempelte Ärmel seines Flanellhemds endete. Ein kleiner Riss zog sich durch seine Haut, als wäre sie eine Granitplatte, die einen Sprung hatte. Julianas Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sie wusste, welches Bild sich ihr bieten würde, wenn sie näher treten und es sich genauer ansehen würde: das gleiche wie schon unzählige Male zuvor.
Kleine Risse in der obersten Hautschicht waren das erste Anzeichen. Darunter schimmerte die Elementarmagie in allen Nuancen von Grün bis Braun. Mit der Zeit wurden die Risse größer, das Schimmern stärker. Es könnte wie ein Kunstwerk anmuten, wäre es nicht das Zeichen für das Ende. Das Zeichen dafür, dass die Macht zu stark für den Körper wurde. Zu stark für ihren Bruder. Genau wie für ihre T
ante. Ihren Onkel. Ihren Großvater. Ihre Mutter. Und bald für sie selbst.
Tränen brannten in Julianas Augen, als sie zu ihrem Bruder hochsah. Sie schluckte hart und kämpfte gegen das Gefühl der Machtlosigkeit an, das mit jedem Tag nur noch schlimmer zu werden schien.
Hastig schob er sich den Ärmel hinunter, als könnte er so verdecken, was sie bereits gesehen hatte. Was sie beide wussten. Sorge zeichnete seine Gesichtszüge und Falten bildeten sich zwischen seinen Augenbrauen.
»Seit wann?«, brachte sie mühsam hervor.
»Es wird nicht passieren. Ich habe es unter Kontrolle.«
Sie lächelte, auch wenn es schmerzte. Weil die Erinnerung daran schmerzte. »Das hat Mum auch gesagt …«
»Jules.« Ein kaum wahrnehmbares Beben ließ den Boden erzittern. »Ich hab es im Griff. Ich werde zu keinem von ihnen.«
Sie wollte ihm glauben. Sie wollte es so sehr, dass es wehtat. Aber sie wusste auch, dass der Prozess nicht mehr aufzuhalten war, wenn er einmal begonnen hatte. Niemand in ihrer Familie hatte es geschafft, dem Machtrausch zu widerstehen. Jeder von ihnen hatte sich der unbezähmbaren Magie in seinem Inneren hingegeben, war von ihr übermannt worden und hatte jede Menschlichkeit verloren. Trotzdem weigerte Juliana sich, ihre Familie aufzugeben.
»Ich weiß«, wisperte sie und legte die Hand auf seinen Arm. »Du bist der Stärkste von uns. Wenn es jemand schaffen kann, dann du.«
Er lächelte und bedeckte ihre Hand mit seiner. Doch als die Erde erneut unter ihren Füßen zu vibrieren begann, brach sein Lächeln. Grashalme zitterten, Bäume ächzten und Staub rieselte von den Mauern des Schlosses herab.
»Das bin ich nicht.« Panik lag in Elijahs Stimme. Er grub die Finger so fest in ihre Haut, dass es schmerzte. »Bitte, Jules, du musst mir glauben. Das bin ich nicht!«