Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)
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Zu still.
»Lyall?« Ich bewegte mich, um ihm zu bedeuten, dass er von mir runtergehen konnte. Er stöhnte leise, und ich spürte, wie sein Gewicht von meinem Rücken verschwand. Schnell drehte ich mich um und hievte mich auf die Knie. Lyall blieb auf dem Boden liegen, das Gesicht schmerzverzerrt und rußverschmiert. Aber als er mich sah, wurde der Schmerz durch grenzenlose Erleichterung vertrieben. Er rappelte sich hoch, dann zog er mich in seine Arme und hielt mich fest. Ich ließ ihn einen Moment gewähren, aber dann spürte ich, wie zerfetzt der Stoff seines Shirts war – und dass etwas Nasses an meinen Fingern kleben blieb.
»Du blutest.« Schnell ließ ich ihn los und sah mir seinen Rücken an. Hatte er sich schlimmer verletzt?
»Das sind nur Kratzer«, wehrte er ab.
»Ja, die Nummer kenne ich schon. Und glaube dir deswegen kein Wort.« Vorsichtig schob ich das zerstörte Shirt ein Stück nach oben und erwartete schwere Wunden oder wahre Blutströme, es schien jedoch, als hätte er diesmal recht: Es waren nur Kratzer. Ein paar davon tiefer und alle sollten sicherlich ordentlich desinfiziert werden, aber keiner blutete heftig. Ich atmete aus und ließ die Hände sinken.
Lyall wandte sich zu mir um und lächelte leicht. »Ich bin okay. Wirklich.«
»Wieso machst du so einen Scheiß?!«, stieß ich aus. »Was –«
»Sind Sie verletzt?«, hörten wir jemanden auf Englisch fragen. Einige Feuerwehrmänner kamen auf uns zu, aber nur einer blieb stehen, während die anderen direkt auf das Feuer zuhielten, dicke Schläuche in den Händen, die sie über den versengten Rasen zogen. Nur Sekunden später regneten gewaltige Wassermassen von oben in Fontänen herunter und durchnässten uns gleich mit.
»Nein«, beteuerte Lyall schnell und stand auf, bevor er mir auf die Füße half. »Alles in Ordnung.«
Der Feuerwehrmann beäugte sein kaputtes Shirt, als würde er das bezweifeln. »Lassen Sie sich bitte trotzdem oben vom Arzt durchchecken. Und jetzt weg hier, wir müssen unsere Arbeit machen.«
Damit scheuchte er uns in Richtung Haupthaus und wir leisteten dem Befehl nur zu gerne Folge.
Es war schon fast früher Morgen, aber noch dunkel, als die Feuerwehr ihre Arbeit beendete und uns meldete, dass der Brand gelöscht war. Sie wollten am Vormittag einen Ermittler schicken, um herauszufinden, wie das Feuer entstanden war, fürs Erste rückten sie jedoch ab. Und wir beschlossen, dass es das Beste war, schlafen zu gehen, auch wenn alle behaupteten, jetzt kein Auge zumachen zu können. Die Bungalows waren zwar vor dem Brand gerettet worden, aber man hatte sie mit Löschwasser bespritzt, damit nichts passieren konnte – und sie stanken so nach Rauch, dass dort wohl in nächster Zeit niemand wohnen würde. Also verteilte Lyall uns auf die Zimmer im Haupthaus, die schon fertig eingerichtet waren, schickte Martha, Elliott und Bella in die beiden Suiten ganz oben, genau wie Edina. Finlay und er wollten in der Lobby schlafen und ich bekam das Musterzimmer im zweiten Stock. Ich wehrte mich dagegen und wollte es an die beiden Jungs abtreten, aber die weigerten sich beharrlich. Und da ich zu erschöpft war, um mich auf Diskussionen einzulassen, die zu nichts führten, gab ich mich geschlagen.
Ich hatte aus dem Bungalow meinen persönlichen Kram und ein paar Sachen geholt. Darunter war auch ein frisches Shirt, das ganz unten in meiner Tasche gewesen war und deswegen nicht nach Qualm roch. Nachdem ich Shampoo herausgekramt hatte, testete ich, ob die Dusche im Badezimmer tatsächlich warmes Wasser ausspuckte, weil ich lieber schmutzig ins Bett ging als zu frieren. Da klopfte es an meiner Tür und ich lief hin, um zu öffnen.
Lyall stand davor.
»Hi«, machte er.
»Hi«, antwortete ich und lächelte leicht. Vorhin, als wir Todesangst umeinander gehabt hatten, war meine Befangenheit weg gewesen, aber jetzt spürte ich sie wieder.
»Ich wollte nur wissen, ob du alles hast, was du brauchst.« Er hielt etwas weißes Flauschiges hoch. »Und dir frische Handtücher bringen, damit du duschen kannst.«
»Damit ich duschen kann?« In seinem Gesicht waren immer noch Spuren von Ruß zu sehen und sein Shirt hing nach wie vor in Fetzen von ihm herunter. »Du siehst eher aus, als könntest du warmes Wasser und Seife brauchen.«
Er hob müde die Schultern. »Wir haben noch keine Abtrennungen in den anderen Zimmern und ich will nicht alles versauen. Morgen dann.«
»Du kannst hier duschen, wenn du willst«, sagte ich und zeigte zum Badezimmer – dem einzigen mit Glasabtrennung an der Dusche, auch wenn der Raum selbst noch keine Tür hatte. »Ich kann solange Finlay Gesellschaft leisten.«
Lyall lächelte. »Der schläft längst. Und danke für das Angebot. Aber ich will dich nicht stören. Außerdem wolltest du gerade duschen, also …«
»Ich kann ja mitkommen«, sagte ich leichthin, bis ich Lyalls Blick bemerkte, der mich urplötzlich an die Hitze des Feuers da draußen erinnerte. »Nur ein Witz«, schob ich schnell nach.
»Klar.« Er nickte nur und schien immer noch zu zögern, ob er mein Angebot annehmen sollte.
»Komm, geh schon.« Ich wies wieder zum Bad. »Ich hole so lange ein paar Flaschen Wasser in der Küche, der Rauch hat mich komplett ausgetrocknet.«
Lyall nickte. »Okay. Meinst du, du könntest mir meine Tasche aus der Lobby mitbringen? Sie steht direkt neben dem Sofa, auf dem Finlay schnarcht.«
»Sicher.«
Er ging ins Bad und zog sein kaputtes Shirt über den Kopf, aber ich schaute gar nicht erst hin, sondern beeilte mich, aus dem Zimmer zu kommen. Zunächst machte ich den geplanten Stopp in der Küche, dann ging ich in der Lobby vorbei und holte die Tasche für Lyall. Finlay schnarchte tatsächlich auf der Couch, die eigentlich viel zu kurz für ihn war, und ich breitete die dünne Wolldecke wieder über ihn aus, die halb heruntergerutscht war.
Als ich zurück ins Zimmer kam, hörte ich das Rauschen von Wasser, Lyall war offenbar noch nicht fertig. Und jetzt? Noch eine Runde draußen drehen? Oder reingehen?
Meine Füße nahmen mir die Entscheidung ab. Ich wollte direkt ins Zimmer weiterlaufen, am Bad vorbei, aber wie automatisch wurde mein Blick von der Türöffnung angezogen. Wir hatten uns für Duschabtrennungen entschieden, die in der Mitte einen breiten Milchglaseinsatz besaßen, sodass man nicht alles sehen konnte. Aber was ich sah, reichte völlig aus, um meinen Pulsschlag von ohnehin gefährlichem Lyall-ist-in-meiner-Nähe-Tempo auf das Doppelte zu erhöhen. Er hatte mir den Rücken zugedreht, und ich sah seine Schultern, deren Muskeln sich durch das warme Wasser entspannten, als Lyall den Kopf senkte und ihn unter den Strahl hielt. Ich merkte, wie ich die Luft anhielt. Ich hatte ihn von der ersten Sekunde an umwerfend gefunden. Aber mittlerweile war es viel mehr als nur sein Aussehen, was mich anzog. So viel mehr.
In diesem Moment wurde meine Sehnsucht nach ihm so übermächtig, dass meine Bedenken, die vor ein paar Stunden noch da gewesen waren, vollkommen verblassten. Wie es weitergehen sollte mit uns. Ob ich ihm wieder vertrauen konnte. Ob wir eine Zukunft hatten. Ich wollte einfach nur meine Klamotten loswerden, in dieses Bad gehen und ihm unter die Dusche folgen, um bei ihm zu sein. Ich hatte solche Angst um ihn gehabt. Jetzt wollte ich wissen, wollte spüren , dass er da war.
Also tat ich es. Ich zog mein T-Shirt und meine Jeans aus und ließ meine Unterwäsche folgen. Dann öffnete ich die Tür zur Dusche und trat in den warmen Dampf hinein, streckte die Hand aus und legte sie auf Lyalls Rücken. Er zuckte leicht zusammen, als ich ihn berührte. Überrascht drehte er sich um, sagte jedoch nichts, sondern schaute mich nur an, Vorsicht in den Augen.
Ich brauchte keine Worte, um ihm klarzumachen, dass ich meine Entscheidung getroffen hatte. Denn in diesem Moment spürte ich, dass sie längst gefallen war. Hatte er mich belogen? Oh ja. Konnte ich das vergessen? Keine Ahnung. Aber ich wollte es zumindest versuchen. Meine Gefühle für ihn waren über Monate nicht verschwunden, ganz egal, wie sehr ich sie verflucht hatte. Sie hatten eine Chance verdient. Wir hatten diese verdammte Chance verdient.
Deswegen legte ich die Hände auf Lyalls Brust, strich nach oben, bis ich an seinem Gesicht ankam, und lächelte. Ich sah, wie die Vorsicht aus seinem Blick verschwand und er ihn an mir heruntergleiten ließ. Mein ganzer Körper b
egann augenblicklich erwartungsvoll zu kribbeln, als er mich unter den warmen Schauer zog, und ich schloss die Augen, als das Wasser auf mein Gesicht traf. Lyall strich mir die nassen Haare zurück, ließ seine Hände über meine Wangen in meinen Nacken wandern. Dann beugte er sich zu mir hinunter und küsste mich endlich.
Obwohl es nicht der erste Kuss war, seit wir auf der Insel waren, obwohl es den zaghaften Moment im Achilleion und den wütenden in genau diesem Zimmer gegeben hatte, fühlte sich dieser Kuss wie eine Erlösung an. Als würde sich alles in Luft auflösen: die Schuld, die Zweifel, die Angst. Da waren nur noch wir, Lyall und ich. Und die überwältigende Anziehung zwischen uns.
Er löste sich von mir, sah mich an, lächelte wie der Teufel, der er nicht war. Sein Daumen fuhr meine Unterlippe entlang und ich hielt es nicht mehr aus. Ich schlang ihm die Arme um den Hals und öffnete die Lippen, eine Einladung, die Lyall ohne zu zögern beantwortete. Wir stöhnten beide auf, als ich meine Zunge über seine gleiten ließ, er seine Arme um mich legte, mich packte und an sich zog. Ich spürte seine Härte zwischen uns und presste mich an ihn, verstärkte den Druck, genoss die Wirkung, die es hatte. Genau wie seinen Anblick, von dem ich nie genug kriegen würde: diesen unglaublichen Körper, den auch die Kratzer nicht entstellen konnten, und den Ausdruck in seinen Augen, der mir sagte, ich durfte mit ihm tun, was ich wollte, und er würde jede Sekunde davon genießen.
Lange ließ er mich trotzdem nicht gewähren, aber das kannte ich ja schon. Er küsste mich erneut, seine Lippen blieben jedoch nicht auf meinen, sondern glitten erst zu meinem Ohr, dann meinen Hals hinunter. Ich lehnte mich gegen die Wand und legte den Kopf in den Nacken, als Lyall mit den Fingern über meine Schultern und meine Brüste strich – und dann mit seinem Mund folgte. Die Mischung aus Erregung und völliger Erschöpfung ließ mich jede Berührung, jeden Kuss noch viel intensiver fühlen als sonst. Und es war so unglaublich gut.
Lyall ging langsam in die Knie, ich spürte seine Lippen an meinem Bauch, dann noch tiefer. Seine Hände folgten dem Wasser, das warm über meinen Körper lief und die letzten Spuren von Ruß mit sich nahm. Dann schob er sanft meine Beine ein Stück auseinander, strich mit den Fingern über die Innenseiten meiner Oberschenkel und ließ seine Zunge den Rest erledigen. Ich sog scharf die Luft ein, als er an meiner empfindlichsten Stelle ankam. Großer Gott. Vielleicht war da doch ein bisschen Teufel in ihm.
Meine Glückseligkeit hielt jedoch nur ein paar Sekunden – denn im nächsten Moment wurde das Wasser auf einen Schlag eiskalt. Ich fluchte laut und wich aus, Lyall richtete sich auf, griff schnell nach dem Hebel für das Wasser und stellte es ab.
»Was zur Hölle, Kefi Palace ?«, rief ich aus, eine Anspielung auf das erste Mal, als ein kalter Regenschauer uns getroffen hatte. Wir sahen einander an und mussten beide lachen. Aber es konnte die Spannung zwischen uns nicht vertreiben. Nicht im Geringsten.
»Sieht so aus, als müssten wir was Neues suchen«, murmelte Lyall an meinen Lippen und hielt inne für einen schnellen, leidenschaftlichen Kuss, dann öffnete er die Duschtür. Draußen nahm er eines der Handtücher, legte es mir um die Schultern und zog mich damit wieder nah an sich. Sehr nah. »Oder hast du schon genug, Miss Bennet?«, raunte er in mein Ohr.
Ich blieb ihm eine Antwort schuldig, stattdessen küsste ich ihn und ließ mich erneut in das Verlangen nach ihm hineinfallen. Es war mir scheißegal, wo wir es taten, solange wir auf keinen Fall damit aufhörten.
Lyall verstand den Wink und hob mich hoch. Ich schlang meine Beine um seine Hüften und registrierte mit tiefer Genugtuung den Laut, den er daraufhin ausstieß. Ohne Worte dirigierte ich ihn zu dem Samtsofa hinten am Fenster, vielleicht hatten wir auch einfach die gleiche Idee gehabt. Dort ließ er mich herunter, zog mich aber sofort wieder auf seinen Schoß. Ich hatte anderes vorgehabt, aber auch gut. Mir war es sowieso am liebsten, wenn ich möglichst viel von ihm spürte.
Ich ließ meine Hand von seinem Hals über sein Schlüsselbein und den Oberkörper hinuntergleiten, schob sie in die Lücke zwischen uns, um ihn zu umfassen. Lyall stieß eines dieser Knurren aus, die meinen ganzen Körper vibrieren ließen, aber es dauerte nicht lange, bis er seine Hand auf meine legte und mich stoppte.
»Du bist immer noch zu gut darin«, ließ er mich keuchend wissen.
»Ich weiß.« Ich grinste und spannte meine Finger noch einmal an, bevor ich ihn aus meinem Griff entließ und meine Arme wieder um seinen Nacken schlang. »Wird Zeit für das, in dem wir beide gut sind«, flüsterte ich und spürte dem Schaudern nach, das meine Worte in Lyall auslösten und in einem neuen Kuss gipfelte, der mich vor Erwartung zittern ließ. Aber dann hielt er plötzlich inne.
»Verdammt, ich habe nichts dabei«, murmelte er an meinem Hals.
»Ich schon«, sagte ich atemlos und stand auf, um hastig in meiner Tasche zu wühlen und die Kondome herauszuholen, die dort seit irgendeinem Kurztrip im letzten Frühjahr verstaut waren. »Du weißt doch …«
»… allzeit bereit ist ein gutes Motto.« Lyall nahm mir das Päckchen ungeduldig aus der Hand, kaum dass ich wieder bei ihm war, und schaffte es, mich gleichzeitig zu streicheln, während er das Kondom überrollte.
Seine Ungeduld war aber nichts gegen meine, die ich empfand, als ich zurück auf seinen Schoß glitt und ihn dabei in mich aufnahm. Sein Stöhnen ging in meins über, ich beugte mich zu ihm und tauchte in seinen Mund ein. Für einen Moment genoss ich das unglaubliche Gefühl zwischen uns einfach nur. Dann hob ich meine Hüften an und senkte sie erneut, langsam, quälend für uns beide, sah ihm dabei direkt in die schwarzen Augen, deren Blick mein Verlangen nach ihm noch steigerte, wenn das überhaupt möglich war. Lyall lehnte sich vor, hielt mich fest und presste seinen Mund auf die empfindliche Haut an meiner Brust. Eine Stichflamme jagte durch meine Adern, als er es tat. Himmel, habe ich das vermisst , dachte ich. Nicht Sex an sich. Sondern Sex mit Lyall.
Meine Bewegungen wurden schneller, und Lyall ließ mich gewähren, seine Lippen auf meiner Haut, seine Finger genau da, wo ich sie wollte. Aber dann legte er die Hände an meine Hüften, hob mich hoch und trug mich zum Bett. Dort beugte er sich über mich, küsste mich hungrig und erinnerte mich daran, wie gut er darin war, die Kontrolle zu übernehmen – und wie gerne ich sie ihm überließ. Ich bog den Rücken durch, krallte meine Finger in das nagelneue Laken und kostete es voll aus, wie Lyall uns beide mit jedem Stoß, mit jedem Kuss dem Wahnsinn ein Stück näher brachte.
Als der Höhepunkt auf mich zurollte und ich merkte, Lyall war auch kurz davor, löste ich meine Lippen von seinen und raunte ihm etwas ins Ohr. Es waren zwei Worte, nur zwei winzige Worte, die ich ihm zuflüsterte. Aber sie hatten genau die Wirkung, die ich wollte – er stöhnte auf, packte mich fester und brachte uns beide mit schnellen harten Bewegungen bis an die Schwelle und dann darüber hinaus. Ich spürte den Moment, als wir abhoben, ließ mich fallen und nahm ihn mit mir. Eine endlose Sekunde waren wir schwerelos, dann gingen wir in Flammen auf.
Genau wie alles, was uns je getrennt hatte.
37
Lyall
Eigentlich war das Aufwachen am Morgen nach dem Sex meist großartig. Vor allem, wenn man es neben der Frau tat, nach der man sich monatelang gesehnt hatte. Es fing mit Kuscheln an, das Kuscheln ging in Berührungen über, erst träge und verschlafen, dann wacher, und irgendwann entschied man, dass die Erinnerung an die letzte Nacht doch schon verblasste und man dringend eine weitere Runde brauchte, um nicht zu vergessen, wie gut es gewesen war. Quasi der perfekte Start in den Tag.
Zumindest, wenn man nicht gerade auf einer Baustelle wohnte.
Das Hämmern eines Schlagbohrers riss uns nach der extrem kurzen Nacht abrupt aus dem Schlaf. Kenzie stieß einen höchst unwilligen Laut aus und vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter, bevor sie die Decke über unser beider Köpfe zog.
»Verdammter Lärm«, murrte sie. Ich spürte die Worte auf meiner Haut.
»Ich dachte, du magst diesen ganzen Baustellenkram?«, neckte ich sie.
»Ja, aber doch nicht heute.«
In das Hämmern fiel nun das unangenehme Sirren einer Steinsäge mit ein, offenbar waren die Arbeiter trotz des Feuers schon
dabei, die äußeren Terrassen neu zu pflastern.
Ich stöhnte auf. »Das ist echt der mieseste Danach-Morgen aller Zeiten.«
Da spürte ich, wie Kenzie lachte. »Besser als die mieseste Nacht aller Zeiten. Und die war das absolute Gegenteil. Okay … zumindest alles nach dem Brand.«
»Du hast keine Ahnung, welche Sorgen ich mir gemacht habe«, sagte ich leise.
»Du um mich? Was ist mit mir?« Kenzie klang sehr ernst. »Bist du eigentlich wahnsinnig, in ein brennendes Gebäude zu laufen? Hast du denn gar keinen Überlebensinstinkt?«
Ich fand ihren Mund im schwachen Licht unter der Decke und küsste sie sanft. »Man muss Prioritäten setzen. Mister Darcy wäre auch in ein brennendes Gebäude gerannt, um Miss Bennet zu retten.«
Kenzie lachte auf. »Dann heißt die Katze, die du unter deinem Arm hattest, also Miss Bennet?«
Ich hielt inne. »Machst du dich gerade über mein Heldentum lustig?«
»Würde ich nie tun«, murmelte sie und revanchierte sich für meinen letzten Kuss mit einem, der genau eine Sekunde harmlos daherkam, bevor er verdammt schnell heiß wurde. Ich spürte, wie Kenzies Hand meinen Rücken nach unten bis zu meinem Hintern strich und dann über meine Hüfte nach vorne.
»Hi«, sagte sie in dieser Tonlage, in der es nicht mehr als ein Wort brauchte, um mich alles außer Kenzie augenblicklich vergessen zu lassen. Scheißegal, ob um uns herum ein wahnsinniger Lärm war. Leise stöhnte ich auf, als ihre Hand ihr Ziel fand.
»Glaubst du, wir haben noch zehn Minuten?«, fragte ich.
Als wäre es eine Antwort darauf, klopfte es in der nächsten Sekunde an der Zimmertür.
»Lye?«, rief Edina von draußen. »Ich weiß, dass du da drin bist. Mum ist in zehn Minuten hier. Also verschieb die Morgennummer mit Kenzie besser auf später und zieh dir was an.«
Kenzie ließ mich augenblicklich los und schlug die Decke zurück. »Deine Mutter kommt heute zurück? Wieso hat mir das niemand gesagt, bevor wir ihr Musterzimmer verwüstet haben?«