by Paul Celan
levitierend, in Paß-
höhe,
Kometenglanz auf
der Kruppe.
Du, in den mit-
verschworenen Wildbächen Auf-
geschlüsselte, die
hüpfenden Brüste im scharfen
Versspangen-Joch,
stürzt mit mir durch
Bilder, Felsen, Zahlen.
* * *
DIE UNZE WAHRHEIT tief im Wahn,
an ihr
kommen die Teller der Waage
vorübergerollt,
beide zugleich, im Gespräch,
das kämpfend in Herz-
höhe gestemmte Gesetz,
Sohn, siegt.
* * *
IN DEN GERÄUSCHEN, wie unser Anfang,
in der Schlucht,
wo du mir zufielst,
zieh ich sie wieder auf, die
Spieldose – du
weißt: die unsichtbare,
die
unhörbare.
* * *
LYON, LES ARCHERS
Der Eisenstachel, gebäumt,
in der Ziegelsteinnische:
das Neben-Jahrtausend
fremdet sich ein, unbezwingbar,
folgt
deinen fahrenden Augen,
jetzt,
mit herbeigewürfelten Blicken,
weckst du, die neben dir ist,
sie wird schwerer,
schwerer,
auch du, mit allem
Eingefremdeten in dir,
fremdest dich ein,
tiefer,
die Eine
Sehne
spannt ihren Schmerz unter euch,
das verschollene Ziel
strahlt, Bogen.
* * *
DIE KÖPFE, ungeheuer, die Stadt,
die sie baun,
hinterm Glück.
Wenn du noch einmal mein Schmerz wärst, dir treu,
und es käm eine Lippe vorbei, diesseitig, am
Ort, wo ich aus mir herausreich,
ich brächte dich durch
diese Straße
nach vorn.
* * *
WO BIN ICH
heut?
Die Gefahren, alle,
mit ihrem Gerät,
bäurisch verhumpelt,
forkenhoch
die Himmelsbrache gehißt,
die Verluste, kalkmäulig – ihr
redlichen Münder, ihr Tafeln! –
in der entwinkelten Stadt,
vor Glimmerdroschken gespannt,
– Goldspur, entgegengestemmte
Goldspur! –,
die Brücken, vom Strom überjauchzt,
die Liebe, droben im Ast,
an Kommend-Entkommendem deutelnd,
das Große Licht,
zum Funken erhoben,
rechts von den Ringen
und allem Gewinn.
* * *
DIE LÄNGST ENTDECKTEN
flüstern sich Briefworte zu,
flüstern das Wort ohne Blatt, das umspähte,
groß wie dein Taler,
hör auch
mein starkes
Du-
weißt-wie,
das hohe Herbei, die Umarmung
ist mit uns, ohne Ende,
auf der Treppe
zum Hafen,
der Stechschritt erlahmt,
Odessitka.
* * *
ALL DEINE SIEGEL ERBROCHEN? NIE.
Geh, verzedere auch
sie, die brief-
häutige, elf-
hufige Tücke:
daß die Welle, die honig-
ferne, die milch-
nahe, wenn
der Mut sie zur Klage bewegt,
die Klage zum Mut, wieder,
daß sie nicht auch
den Elektronen-Idioten
spiegle, der Datteln
verarbeitet für
menetekelnde
Affen.
* * *
II
SCHLAFBROCKEN, Keile,
ins Nirgends getrieben:
wir bleiben uns gleich,
der herum-
gesteuerte Rundstern
pflichtet uns bei.
* * *
DIE WAHRHEIT, angeseilt an
die entäußerten Traumrelikte,
kommt als ein Kind
über den Grat.
Die Krücke im Tal,
von Erdklumpen umschwirrt,
von Geröll, von
Augensamen,
blättert im hoch
oben erblühenden Nein – in der
Krone.
* * *
AUS DEN NAHEN
Wasserschächten
mit unerweckten
Händen heraufgeschaufeltes Graugrün:
die Tiefe
gibt ihr Gewächs her, unhörbar,
widerstandslos.
Auch das noch
bergen, ehe
der Steintag die Menschen-
und Tierschwärme leerbläst, ganz wie
die vor die Münder, die Mäuler getretne
Siebenflöte es fordert.
* * *
AUSGESCHLÜPFTE
Chitin-
sonnen.
Die Panzerlurche
nehmen die blauen Gebetmäntel um, die sand-
hörige Möwe
heißt es gut, das lauernde
Brandkraut
geht in sich.
* * *
EWIGKEITEN, über dich
hinweggestorben,
ein Brief berührt
deine noch un-
verletzten Finger,
die erglänzende Stirn
turnt herbei
und bettet sich in
Gerüche, Geräusche.
* * *
DER PUPPIGE STEINBRECH
in der Fliesenfuge
des leer-
gebeteten, treibhaus-
haften Asyls,
ein horniger Blick
schläft sich ins halb-
offene Tor ein,
schlaksig
kommt eine über-
mündige Silbe geschritten,
ein erwachter
Blindenstab weist ihr
den Ort zu hinter
den Schimmelmähnen.
* * *
DIE ZWISCHENEIN-
gehagelte Hilfe
wächst,
der Namenbau
setzt aus,
die Gletschermilch karrt
die Vollwüchsigen durch
das schwimmende Ziel
ihrer unbeirrbaren
Brände.
* * *
DER GEGLÜCKTE
Mumiensprung übers
Gebirge.
Das vereinzelte Riesen-
blatt der Paulownia,
das ihn vermerkt.
Ungepflückt die großen
Spielzeug-
welten. Keinerlei Dienst
am Gestirn.
In den Kontrolltürmen hämmern
die hundert silbernen Hufe
das verbotene
Licht frei.
* * *
AUF ÜBERREGNETER FÄHRTE
die kleine Gauklerpredigt der Stille.
Es ist, als könntest du hören,
als liebt ich dich noch.
* * *
WEISSGERÄUSCHE, gebündelt,
Strahlen-
gänge
über den Tisch
mit der Flaschenpost hin.
(Sie hört sich zu, hört
einem Meer zu, trinkt es
hinzu, entschleiert
die wegschweren
Münder.)
Das Eine Geheimnis
mischt sich für immer ins Wort.
(Wer davon abfällt, rollt
unter den Baum ohne Blatt.)
Alle die
Schattenverschlüsse
an allen den
Schattengelenken,
&nbs
p; hörbar-unhörbar,
die sich jetzt melden.
* * *
DIE TEUFLISCHEN
Zungenspäße der Nacht
verholzen in deinem Ohr,
mit den Blicken Rückwärts-
gesträhltes
springt vor,
die vertanen
Brückenzölle, geharft,
durchmeißeln die Kalkschlucht vor uns,
der meerige Lichtsumpf
bellt an uns hoch –
an dir,
irdisch-unsichtbare
Freistatt.
* * *
DIE DUNKEL-IMPFLINGE, auf
ihrer unbeirrbaren Kreisbahn
rund um die Wunde,
nadelig,
jenseits von Zahl und Unzahl,
auf Botengang, unermüdlich,
die glasharten
Schleifgeräusche der Schrift,
an beiden Säumen
das aufgeforstete
Hände-Revier (du halber
Schein, alabastern),
in der wintrigen Schonung
spricht eine Kiefer sich frei.
* * *
DIE ZWEITE
Nesselnachricht
an den
tuckernden
Schädel:
Weggesackt
der lebendige
Himmel. Unter
der jaulenden
Düse,
mitten im ewigen
Blinkspiel,
beiß dich als Wort in den wissenden,
sternlosen
Halm.
* * *
DAS AUSGESCHACHTETE HERZ,
darin sie Gefühl installieren.
Großheimat Fertig-
teile.
Milchschwester
Schaufel.
* * *
DIE FLEISSIGEN
Bodenschätze, häuslich,
die geheizte Synkope,
das nicht zu enträtselnde
Halljahr,
die vollverglasten
Spinnen-Altäre im alles-
überragenden Flachbau,
die Zwischenlaute
(noch immer?),
die Schattenpalaver,
die Ängste, eisgerecht,
flugklar,
der barock ummantelte,
spracheschluckende Duschraum,
semantisch durchleuchtet,
die unbeschriebene Wand
einer Stehzelle:
hier
leb dich
querdurch, ohne Uhr.
* * *
DIE KOLLIDIERENDEN Schläfen,
nackt, im Maskenverleih:
hinter der Welt
wirft die ungebetene Hoffnung
die Schlepptrosse aus.
An den meerigen Wundrändern landet
die atmende Zahl.
* * *
EINGEHIMMELT in Pest-
laken. Am
entnachteten
Ort.
Die Lidschlagreflexe während
der üppigen
Traumstufe
null.
* * *
WENN ICH NICHT WEISS, NICHT WEISS,
ohne dich, ohne dich, ohne Du,
kommen sie alle,
die
Freigeköpften, die
zeitlebens hirnlos den Stamm
der Du-losen
besangen:
Aschrej,
ein Wort ohne Sinn,
transtibetanisch,
der Jüdin
Pallas
Athene
in die behelmten
Ovarien gespritzt,
und wenn er,
er,
foetal,
karpatisches Nichtnicht beharft,
dann spitzenklöppelt die
Allemande
das sich übergebende un-
sterbliche
Lied.
* * *
EINGEWOHNT-ENTWOHNT,
einentwohnt,
die gehorsame Finsternis: drei
Blutstunden hinterm
Blickquell,
die Kaltlicht-Ozellen,
ummuttert von Blendung,
das dreizehn-
lötige Nichts:
über dich, mit
der Glückshaut,
stülpt sichs
während
der Auffahrt.
* * *
RIESIGES,
wegloses, baum-
bewürfeltes
Hand-
gelände,
Quincunx.
Die Äste, nervengesteuert,
machen sich über
die schon
angeröteten Schlagschatten her,
einen Schlangenbiß vor
Rosen-
aufgang.
* * *
GEWIEHERTE TUMBAGEBETE,
Bluthufe scharren
die Denksträuße zusammen,
ein Aschen-Juchhe
blättert die Singstimmen um,
hängt die zerstrahlten Topase
hoch in den Raum,
die gewitterpflichtigen
Leichensäcke
richten sich aus,
im Trauerkondukt
grinst unwiderstehlich
das Königreich
Bemen.
* * *
DIE EWIGKEITEN TINGELN
im abgebeugten Strahl,
ein Gruß steht kopf, zwischen zweien,
der dunkelblütige, sich
mitverschweigende
Muskel
kammert den Namen ein, den er mittrug,
und pflanzt sich fort
durch Knospung.
* * *
MÜLLSCHLUCKER-CHÖRE, silbrig:
Das Frieselfieber
läuft und läuft um das Schachtgrab,
wer
diesen Dezember denkt, dem
feuchtet ein Blick
die redende Stirn.
* * *
III
ENTTEUFELTER NU.
Alle Winde.
Die Gewalten, ernüchtert,
nähn den Lungenstich zu.
Das Blut stürzt in sich zurück.
In Bocklemünd, über die vordere, die
Leichtschrift,
auch über dich,
tieferer Mitbruder Buchstab,
eilt, unendlichkeitsher,
der Hammerglanz hin.
* * *
HÜLLEN im Endlichen, dehnbar,
in jeder
wächst eine andre Gestalt fest
Tausend ist
noch nicht einmal Eins.
Jeden Pfeil, den du losschickst,
begleitet das mitgeschossene Ziel
ins unbeirrbar-geheime
Gewühl.
* * *
DIE LIEBE, zwangsjackenschön,
hält auf das Kranichpaar zu.
Wen, da er durchs Nichts fährt,
holt das Veratmete hier
in eine der Welten herüber?
* * *
DU WARST mein Tod:
dich konnte ich halten,
während mir alles entfiel.
* * *
ZUR RECHTEN – wer? Die Tödin.
Und du, zur Linken, du?
Die Reise-Sicheln am außer-
himmlischen Ort
mimen sich weißgrau
zu Mondschwalben zusammen,
zu Sternmauerseglern,
ich tauche dorthin
und gieß eine Urnevoll
in dich hinunter,
hinein.
* * *
DIE ABGEWRACKTEN TABUS,
und die Grenzgängerei zwischen ihnen,
weltennaß, auf
Bedeutungsjagd, auf
Bedeutungs-
flucht.
* * *
WUTPILGER-STREIFZÜGE durch
meerisches Draußen und Drinnen,
Conquista
im engsten
untern Ge-
herz.
/> (Niemand entfärbt, was jetzt strömt.)
Das Salz einer hier
untergetauchten
Mit-Träne
müht sich die hellen
Logbüchertürme
aufwärts.
Bald
blinkt es uns an.
* * *
STILLE, Fergenvettel, fahr mich durch die Schnellen.
Wimpernfeuer, leucht voraus.
* * *
DIE EINE eigen-
sternige
Nacht.
Aschendurchfadmet
stundaus, stundein,
von den Lidschatten zu-
gefallener Augen,
zusammengeschliffen
zu pfeildünnen
Seelen,
verstummt im Gespräch
mit luftalgenbärtigen
krauchenden Köchern.
Eine erfüllte
Leuchtmuschel fährt
durch ein Gewissen.
* * *
BEI GLÜH- UND MÜHWEIN, nekronym