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002 - Someone Else

Page 8

by Laura Kneidl


  Ich überlegte kurz, Auri ebenfalls ein »Gute Besserung« zu schicken, verwarf die Idee aber sofort wieder. Ich war nicht auf Instagram angewiesen, um mit ihm in Kontakt zu treten. Stattdessen öffnete ich das Fenster unseres Messengers und entdeckte, dass er mir vor einer Minute geschrieben hatte.

  Auri: Ist dir schon mal aufgefallen, dass in »Assassin« zweimal das Wort »Ass« vorkommt?

  Cassie: Nein, aber … okay.

  Cassie: Ist dir langweilig?

  Auri: Ja.

  Auri: Einer meiner Kurse ist ausgefallen, und jetzt sitze ich in der Bib.

  Auri: Und lese etwas über Hashtag-Monitoring.

  Auri: Super spannend!

  Auri: #bitteerschießmich

  Auri: #spieltqueenaufmeinerbeerdigung

  Auri: #wennichalszombiezurückkommebeißichdichalsletztes

  Cassie: #höraufinhashtagszureden

  Auri: #okay

  Ich musste lachen.

  Auri: Hättest du Lust, am Freitag auf eine Party zu gehen?

  Cassie: Was für eine Party?

  Auri: Jaydens Geburtstag.

  Auri: Er meinte, ich soll noch Leute mitbringen.

  Cassie: Das wird also eine große Sache?

  Auri: Vermutlich.

  Auri: Du musst nicht, wenn du nicht willst.

  Nein, ich wollte nicht. Wirklich nicht. Dennoch zögerte ich mit meiner Absage, denn Auri und ich unternahmen immer nur Dinge, die mir oder uns beiden gefielen. Ich tat selten etwas für ihn, und das war mir bewusst. Es fiel mir schwer, mich auf etwas einzulassen, das mir fremd war. Und ich hasste es abgrundtief, mich aus meiner Komfortzone herauszubewegen. Das war schon damals mit Eugene ein Problem und einer der Gründe für unsere Trennung gewesen. Wir hatten uns geliebt, aber unsere Interessen hatten sich mit der Zeit in verschiedenen Richtungen entwickelt. Eugene war es leid gewesen, immer Rücksicht auf mich und die Grenzen zu nehmen, die ich mir selbst setzte. Deshalb hatte er Schluss gemacht, bevor ich nach Mayfield gegangen war, um am MFC zu studieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits gewusst, dass es zwischen uns nicht mehr funktionierte, weshalb ich die Trennung gut verkraftet hatte, aber ich wollte nicht, dass Auri und mir das Gleiche passierte. Doch an manchen Tagen hatte ich das Gefühl, dass dieser Bruch eines Tages unausweichlich sein würde. Er hatte dieses ganze Leben, von dem ich kein Teil war und auch kein Teil werden wollte. Was ich jedoch wollte, war, für Auri da zu sein, und dieser Wunsch manövrierte mich in eine Zwickmühle …

  Auf meinem Display leuchtete eine weitere Nachricht auf.

  Auri: Vergiss es.

  Auri: Ich gehe alleine.

  Cassie: Was?! Nein! Wieso?

  Auri: Weil du dort nicht hinwillst.

  Cassie: Das stimmt nicht.

  Auri: Dein Zögern sagt etwas anderes.

  Cassie: Ich war auf dem Klo!

  Auri: Schon in Ordnung.

  Auri: Du musst da wirklich nicht hin.

  Auri: Ich geh einfach mit den Jungs.

  Cassie: Bist du dir sicher?

  Auri: Klar.

  Cassie: Und du bist mir nicht böse?

  Auri: Ich könnte dir nie böse sein.

  Auri: Wir unternehmen einfach am Samstag was.

  Cassie: Badesee?

  Auri: Gerne.

  Auri: Ich muss jetzt los.

  Auri: Viel Erfolg mit Ricky!

  Auri: Du schaffst das!

  Cassie: Danke. <3

  Ich las unseren Chatverlauf noch einmal durch und hoffte inständig, dass Auri mir wirklich nicht böse war. Diese Collegepartys waren nicht mein Ding. Ich würde nur seltsam in der Ecke rumstehen, mich an meinem Becher festklammern und mit niemandem reden. Auri würde sich dazu verpflichtet fühlen, bei mir zu bleiben, anstatt sich unter die Leute zu mischen. Und seine Freunde würden sich fragen, warum er die ganze Zeit mit mir rumhing, wo er doch jede Frau haben konnte, die er wollte. Ich wäre wie ein Klotz an seinem Bein und würde ihn und die Stimmung nur runterziehen. Außerdem ersparte ich mir lieber den Anblick von Auri, wie er mit Frauen flirtete, die größer, attraktiver und sportlicher waren als ich. Ich hielt mich ganz bestimmt nicht für hässlich, aber ich war nicht das, was man allgemein als »sexy« bezeichnete. Ich war »süß« und »niedlich« und wurde daher von den meisten Typen unter der Kategorie »kleine Schwester« verbucht. Was Auri und mir schon des Öfteren ziemlich ekelhafte Blicke eingebracht hatte. Jaja, das kleine weiße Mädchen und der große schwarze Mann, da schrieb sich das Pornoskript fast von selbst. Es war einfach widerlich, und ich verstand nicht, weshalb so viele Leute immer versuchten, aus Auris und meiner Freundschaft etwas Komisches oder Unanständiges zu machen.

  Ich schüttelte den Kopf, um meine wirre Gedankenspirale zu durchbrechen, in der ich mich so oft verlor, wenn ich versuchte, Auri und mich durch die Augen der Menschen um uns herum zu betrachten. Es war traurig und frustrierend. Und ich konnte mir kaum vorstellen, wie es Auri damit gehen musste, der mit so viel mehr Vorurteilen, Hass und Verachtung zu kämpfen hatte. Früher hatte ich ihn öfter danach gefragt, aber er wollte nicht darüber reden, zumindest nicht mit mir, und das respektierte ich. Vermutlich hätte er sich den Mund fusselig reden können, um es mir zu erklären, und ich hätte dennoch nicht nachvollziehen können, wie sich Rassismus anfühlte. Zumindest nicht in diesem Leben, in dem selbst Make-up in der Farbe 000 Ivory für mich noch zu dunkel war.

  »Du musst Cassie sein!«, waren die ersten Worte, die ich im Crooked Ink zu hören bekam.

  Offiziell hatte das Tattoo- und Piercingstudio noch geschlossen. Zögerlich hatte ich an die Tür geklopft, die kurz darauf von einer Frau mit knallroten Haaren geöffnet worden war, die mich nun mit einem breiten Lächeln ansah.

  »Ich bin Joelle, aber alle nennen mich Jo.«

  »Cassie«, sagte ich etwas überrumpelt, obwohl sie das bereits wusste, und schüttelte ihre Hand. Meine Finger waren vor Aufregung ziemlich feucht.

  »Komm rein«, sagte Jo und sperrte die Tür hinter mir wieder ab.

  Die Wände des Studios hingen voller Fotos, die verschiedenste tätowierte und gepiercte Körperteile zeigten. Es gab mehrere Schränke mit gläsernen Türen, in denen Piercingschmuck ausgestellt war. Und auf einem Regal hinter der Theke standen Pokale und andere Preise, die das Studio und seine Mitarbeiter gewonnen haben mussten.

  Jo trat hinter die Theke. »Warst du schon einmal hier?«

  Ich schüttelte den Kopf.

  »Okay, warte kurz. Ich hole Ricky.«

  Ich nickte und verfluchte mich innerlich, als Jos Lächeln schmaler wurde, kurz bevor sie hinter einem Vorhang in den angrenzenden Bereich des Studios verschwand. Hoffentlich verwechselte sie meine Wortkargheit nicht mit Desinteresse, aber ich war wirklich aufgeregt und hatte Angst, etwas Falsches zu sagen.

  Ich holte tief Luft und versuchte, mich zu beruhigen. Selbst Julian hatte diesen Job auf die Reihe bekommen, und seine Sozialkompetenzen reichten nicht viel weiter als meine.

  Der Vorhang wurde zurückgeschoben, und Jo kam mit einem bärtigen Kerl zurück, der komplett in Schwarz gekleidet war. Mit seinem dunklen Haar, den tätowierten Armen und den kantigen Wangenknochen erinnerte er mich an eine zwanzig Jahre ältere Version von Lucien. Eine Ähnlichkeit, die mich auf eine gewisse Weise beruhigte.

  »Hallo, Cassie, schön, dass du da bist. Ich bin Ricky, mir gehört das Crooked Ink.«

  »Ich freue mich, hier zu sein«, erwiderte ich mit einem Blick in Jos Richtung.

  »Hast du etwas dagegen, wenn wir uns beim Mittagessen unterhalten?«

  »Nein, überhaupt nicht.«

  »Super, gegenüber gibt es einen fantastischen Mexikaner. Du bist natürlich eingeladen.« Dann wandte Ricky sich an Jo. »Bist du dabei?«

  »Kommt darauf an. Bin ich auch eingeladen?«

  Ricky verdrehte die Augen und öffnete die Tür, die er für Jo und mich aufhielt. »Du weißt, dass es überhaupt keinen Unterschied macht, wer von uns beiden bezahlt, oder? Wir teilen uns ein Konto.«

  »Es macht einen Unterschied – in meinem Kopf«, sagte Jo mit einem süßen Lächeln und drückte Ricky einen flüchtigen Kuss auf die Wange, als s
ie an ihm vorbeilief.

  Ricky sperrte den Laden ab, und gemeinsam überquerten wir die Straße zu dem Mexikaner.

  Der Kellner begrüßte Jo und Ricky mit Namen und führte uns in einen kleinen Garten hinter dem Restaurant. Wir bekamen Karten, und Ricky bestellte für uns alle Wasser.

  Ich räusperte mich. »Ihr beide seid verheiratet?«

  »Seit acht Jahren«, antwortete Ricky, der deutlich älter war als seine Frau. Ich hatte sie auf den ersten Blick auf Anfang zwanzig geschätzt, aber wenn die beiden bereits seit acht Jahren eine Ehe führten, musste sie mindestens Ende zwanzig sein.

  »Ricky hat mich entjungfert«, sagte Jo vollkommen unerwartet.

  Ich verschluckte mich an der Luft, die ich gerade eingeatmet hatte, und begann heftig zu husten, was Jo wiederum zum Lachen brachte.

  »Ich rede von meinem ersten Tattoo. Ich war Rickys Kundin.« Sie drehte ihren linken Arm und zeigte mir ein Geflecht aus Blüten, das ihren Unterarm zierte.

  »Sieht schön aus«, brachte ich krächzend hervor und versuchte, meinen Hustenreiz zu unterdrücken, während mir bereits Tränen in die Augen stiegen. Gott sei Dank eilte in diesem Moment der Kellner zu meiner Rettung heran und brachte uns drei Gläser Wasser. Ich nahm einen großen Schluck, was mir dabei half, meine Atmung wieder etwas zu beruhigen.

  »Entschuldigung, ich wollte dich nicht so aus der Fassung bringen.«

  »Glaub ihr kein Wort. Sie hat das absichtlich gemacht«, bemerkte Ricky, der jedoch ebenfalls ein Schmunzeln auf den Lippen trug.

  Bei den beiden musste ich mir eindeutig keine Sorgen um professionelles Auftreten machen. Eine Erkenntnis, die mich gleich noch ein bisschen ruhiger werden ließ. Und auch die gemütliche Umgebung des Restaurants trug dazu bei, dass ich mich schon wesentlich entspannter fühlte als noch vor ein paar Minuten. Ich konnte dieses Gespräch überstehen.

  »Hast du Tattoos oder Piercings?«, erkundigte sich Ricky.

  »Nein. Und ich will auch keine«, fügte ich schnell hinzu und senkte den Blick auf mein Wasserglas, an dessen Außenseite sich durch die Kombination aus Hitze und Eiswürfeln Tropfen gebildet hatten. Ich wischte sie mit dem Zeigefinger weg.

  »Keine Sorge, das ist keine Pflicht. Jeder darf hier mit seinem Körper machen, was er möchte. Ich war nur neugierig. Julian konnten wir auch noch nicht bekehren.«

  »Aber seine Freundin Micah war vor ein paar Wochen bei uns«, sagte Jo und spielte mit den Tunneln in ihren Ohren, die einige Zentimeter breit gedehnt waren.

  Ich runzelte die Stirn. »Micah hat mir gar nichts von einem Tattoo erzählt.«

  »Es ging um ein Piercing.«

  Ich rief mir ein Bild von Micah in Erinnerung, aber mir war kein neuer Körperschmuck an ihr aufgefallen.

  Jo schien meine Verwirrung nicht zu entgehen, sie schmunzelte. »Es ist an einer ziemlich intimen Stelle.«

  »Oh, ach so. Das macht ihr also auch?«

  »Wir machen fast alles. Harvey und Amy, die du später kennenlernen wirst, und ich kümmern uns um die Tattoos, Jo sticht die Piercings«, antwortete Ricky und klappte seine Speisekarte zu.

  » Fast alles? Was macht ihr denn nicht?«

  »Scarifications. Und wir tätowieren keine Gesichter. Hälse stechen wir, aber nur bei Leuten, die bereits viele Tattoos haben. Alles, was nicht von Kleidung verdeckt werden kann, sollte gut überlegt sein.«

  Ich nickte und vermerkte in Gedanken, später zu googeln, was genau eine Scarification war. Ich hatte keine Ahnung, aber um nicht unwissend oder unvorbereitet zu wirken, wollte ich Ricky auch nicht danach fragen.

  Der Kellner kam an den Tisch, um unsere Bestellung zu notieren. Ich nahm nur einen Salat, da ich trotz allem noch zu nervös war, um scharfes Essen zu vertragen. Ricky und Jo hatten damit anscheinend keine Probleme.

  Nachdem der Kellner gegangen war, erzählten sie mir noch mehr über das Studio und die Aufgaben, die ich im Shop zu erledigen haben würde. Anschließend fragten sich mich über meine Pläne für die nächsten Wochen aus, um einschätzen zu können, wann ich arbeiten konnte.

  Als das Essen kam, waren wir bereits mit dem geschäftlichen Teil durch, also fragte ich Ricky nach seinen Tattoos. Mir war aufgefallen, dass einige fantastische Motive seine Haut zierten, und wie sich herausstellte, war er ein großer Fantasynerd. Damit brach das letzte Eis, und wir führten eine hitzige Diskussion darüber, wie schlecht die letzte Staffel Game of Thrones denn nun wirklich gewesen war. Das Mittagessen verging auf diese Weise viel schneller als erwartet, und schließlich unterbrach uns Jo, da sie zurück ins Studio mussten.

  Auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant blieben wir stehen, um uns zu verabschieden.

  »Danke für die Einladung«, sagte ich.

  Ricky lächelte. »Gerne. Du hättest dir auch mehr als einen Salat bestellen dürfen. Das war kein Test, ob du dich mit wenig zufriedengibst.«

  »Ich hatte wirklich keinen Hunger«, versicherte ich ihm schnell und ein wenig verlegen.

  »Es war schön, dich kennenzulernen und etwas in Ruhe reden zu können«, schaltete sich Jo ein und legte ihrem Mann einen Arm um die Schultern. »Uns ist wirklich wichtig, dass im Studio gute Stimmung herrscht und die Leute miteinander klarkommen.«

  »Aber Jo und ich denken, dass es da mit dir kein Problem geben sollte. Harvey und Amy werden dich sicherlich mögen«, fügte Ricky hinzu.

  Mein Herzschlag beschleunigte sich. »Heißt das, ich hab den Job?«

  »Zumindest bis Julian zurück ist. Vielleicht können wir aber auch eine längerfristige Sache draus machen, wenn du möchtest. Das müssen wir natürlich nicht jetzt entscheiden.«

  »Wow, danke! Wann soll ich anfangen?«

  Ricky lachte. »So übereifrig. Hättest du morgen Zeit?«

  »Klar«, antwortete ich, ohne in meinen Kalender zu schauen. Auri hatte ohnehin Kurse, und Micah war voll und ganz damit beschäftigt, sich auf ihr anstehendes Kunststudium vorzubereiten. Sie hatte letztes Jahr angefangen, Jura zu studieren, und war aus Desinteresse durch sämtliche Kurse gefallen, aber für die Kunst war sie zu einem Streber mutiert. »Um wie viel Uhr soll ich kommen?«

  »Wie heute? Dann könntest du mit Jo noch einmal alles praktisch durchgehen und Harvey und Amy kennenlernen, bevor der Shop aufmacht.«

  »Ich freu mich«, erwiderte ich.

  Und damit war es beschlossene Sache. Ich würde von nun an in einem Tattoostudio arbeiten. Und ich konnte es kaum erwarten, Auri davon zu erzählen.

  8. Kapitel

  »Bitte lass dir kein Tattoo stechen.« Die Stimme meiner Mom klang alarmiert, nachdem ich ihr von meinem neuen Job bei Crooked Ink erzählt hatte.

  »Und auch kein Piercing!«, hörte ich meinen Dad im Hintergrund rufen.

  Es war Freitagabend, und ich war alleine zu Hause, nachdem Auri zu der Geburtstagsparty aufgebrochen war.

  Ich schob meinen Stuhl zurück und schaltete die Nähmaschine aus, an der ich bis vor wenigen Minuten an meinem Ciri-Kostüm gearbeitet hatte. »Keine Sorge, das habe ich auch nicht vor«, beruhigte ich meine Eltern, während ich in die Küche schlenderte, um mir etwas zu essen zu machen. Ich hatte meine erste Schicht im Crooked Ink hinter mich gebracht, und obwohl ich bei meinem ersten Anruf vor Aufregung beinahe gestorben war, hatte ich die Sache als Erfolg verbucht.

  Meine Mom seufzte erleichtert. »Gott sei Dank! Warum hast du dir überhaupt einen Job gesucht? Du weißt, dass wir dich gerne jederzeit finanziell unterstützen. Wir wollen, dass du dich ganz auf dein Studium konzentrieren kannst.«

  »Ja, das weiß ich, aber ich habe gerade keine Kurse, und die Sache mit dem Job hat sich mehr oder weniger zufällig ergeben«, antwortete ich, während ich den Inhalt des Kühlschranks inspizierte. Mein Blick fiel auf einen halben Käsetoast, den Auri übrig gelassen hatte. »Julian kann wegen eines Praktikums in den Semesterferien nicht bei Ricky arbeiten, und ich bin für ihn eingesprungen, damit ihr nicht auch noch für mein SciFaCon-Kostüm bezahlen müsst.«

  »SciFaCon?«, fragte meine Mom verwirrt, als würde sie das Wort zum ersten Mal in ihrem Leben hören, dabei hatte ich schon etliche Male mit ihr darüber geredet.

  Ich setzte mi
ch auf die Couch, den Teller mit dem angebissenen Sandwich auf dem Schoß. »Die Science-Fiction und Fantasy Convention in Seattle.«

  Meine Mom gab einen wissenden Laut von sich, als würde sie sich wieder erinnern. »Gehst du alleine?«

  Ich biss in das Sandwich. »Nein. Micah, Julian und Auri kommen mit«, antwortete ich kauend. »Micah und Julian verkleiden sich als Gamora und Star-Lord aus Guardians of the Galaxy . Auri geht als Geralt von Riva und ich als Ciri aus der Witcher -Saga«, erklärte ich, obwohl ich wusste, dass meine Mom mit den Namen nichts anfangen konnte. Dennoch seufzte sie entzückt.

  »Es ist also ein Pärchenausflug?«, fragte sie hoffnungsvoll.

  Ich verdrehte die Augen. »Sozusagen, nur dass Auri und ich kein Paar sind.«

  Es entstand eine kurze Pause, gefolgt von einem abrupten Themenwechsel, mit dem meine Mom mir vermutlich einen Gefallen tun wollte. Ich hörte, wie sie im Hintergrund Sachen verräumte. »Und wann kommst du uns besuchen?«

  »Ich weiß noch nicht«, antwortete ich mit schlechtem Gewissen. Es war nicht so, dass ich sie nicht sehen wollte, aber ich hatte mich in Mayfield so gut eingelebt, dass mir die Vorstellung, aus meiner täglichen Routine gerissen zu werden, nicht gefiel.

  »Wie wäre es mit dem Wochenende nach dieser SciFaCon?«

  Ich zögerte. »Das geht leider nicht.«

  »Wieso nicht?«

  »Da bin ich bei Auri zu Hause«, antwortete ich mit leiser Stimme, als könnte die Art, auf die ich die Worte aussprach, etwas an ihrer Bedeutung ändern. »Er hat mich zur Hochzeit seiner Mom eingeladen, da konnte ich unmöglich Nein sagen.«

 

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