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Der Himmel wird beben

Page 35

by Kiefer, Lena


  »Nicht hier.« Er bog in den nächsten Gang ab, ging in eines der früheren Konferenzzimmer des Hotels und schloss die Tür hinter uns.

  Der Raum sah aus wie ein Militärdepot. An den Wänden lehnten Waffen und technische Ausrüstung, auf dem Tisch lagen Pads und Karten aus Papier, am Boden standen Kisten, weil das Lager unten längst voll war. Erst gestern war eine neue Fuhre technischer Bauteile von Victor Vale auf die Insel geliefert worden.

  Ich blieb neben der Tür stehen und verschränkte die Arme. Costard musterte mich.

  »Du siehst erschöpft aus.«

  »Wir haben viel zu tun«, wehrte ich ab. »Deswegen sollte ich auch so bald wie möglich weitermachen.«

  »Das verstehe ich.« Costard setzte sich auf den einzigen freien Sessel und drehte in der Hand einen schwarzen Stift. »Ich möchte dich nur eine Sache fragen: Hast du Lucien de Marais kennengelernt, als du in Maraisville warst?«

  Ich stockte. Troy und die OmnI wussten von meiner Beziehung zu Lucien. Es war also gefährlich, es zu leugnen.

  »Ja«, sagte ich kühl, »ich kenne ihn.«

  »Was hattest du für einen Eindruck von ihm?«

  »Eindruck?« Ich hoffte, dass man Lucien auf meine EyeLinks geschaltet hatte, damit er mitbekam, was hier gerade vor sich ging.

  »Wie hat er auf dich gewirkt? Durchsetzungsfähig oder eher wankelmütig? Stark oder wie jemand, den man beeinflussen kann?«

  Ich hätte eine Menge über Lucien erzählen können, aber stattdessen hob ich nur das Kinn. »Worauf wollen Sie hinaus?«

  Costard ließ mich nicht aus den Augen. »Hast du schon einmal von dem Veto-Recht der Marais-Geschwister gehört?«

  Ich hob die Schultern. »Ferro hat mir davon erzählt. Wenn der König stirbt, kann Lucien Einspruch gegen die Thronfolge seiner Schwester einlegen.«

  »So ist es. Deswegen sind wir besorgt, was passiert, wenn Leo­pold beseitigt ist.« Costard legte den Stift auf den Tisch. »Amelie ist seine legitime Nachfolgerin, aber Lucien kann ihre Herrschaft verhindern. Nur ist er schon seit langer Zeit nicht mehr in Erscheinung getreten, und wir können nicht einschätzen, wie er sich verhalten wird. Vielleicht hast du in deiner Zeit in Maraisville etwas erfahren, das uns bei dieser Frage weiterhilft.«

  Mit angestrengtem Gesicht tat ich so, als würde ich nachdenken. »Nein«, sagte ich dann. »Darüber weiß ich nichts.«

  »Tatsächlich nicht?« Costards Blick wurde misstrauisch. »Troy sagte, ihr wärt euch sehr … nahe gekommen.«

  »Körperlich, ja.« Er wusste also davon. »Aber nur weil man miteinander ins Bett geht, spricht man noch lange nicht über irgendein Veto-Recht, das vielleicht nie zum Einsatz kommen wird.«

  Costard schaute mich noch einmal prüfend an, aber ich hielt ihm stand. Er seufzte. »Bedauerlich, wirklich, sehr bedauerlich. Wir hatten gehofft, dass du unser Joker wärst, wenn es so weit ist. Jemand, der Einfluss nehmen kann und in unserem Sinne Entscheidungen lenkt.«

  »Tut mir leid, aber ich habe nun mal versucht, Luciens Bruder zu töten. Damit bin ich wohl die Letzte, die Einfluss auf ihn nehmen könnte. Wenn Sie das dachten, haben Sie mich wohl überschätzt.«

  Er lachte. »Ich glaube nicht, dass man dich überschätzen könnte, Ophelia. Ich bin sicher, dass du weißt, wozu du in der Lage bist. Wer dem Bruder des Königs einmal den Kopf verdrehen kann, dem gelingt es auch ein zweites Mal – und kann ihn dazu bringen, auf sein Veto zu verzichten.«

  »Ja, bestimmt. Wenn Lucien de Marais der Typ wäre, der sich den Kopf verdrehen lässt.« Ich sah Costard an. »Wenn Sie nicht wollen, dass er ein Veto einlegt, sollten Sie ihm keinen Grund dafür geben.«

  »Was meinst du damit?« Costards Blick wurde wieder wachsam. Verdammt. Ich hatte mich rausreden wollen, keine Tipps geben.

  »Nichts«, sagte ich so kühn wie möglich. »Ich denke nur, dass man bei dieser Familie nicht auf Manipulation setzen sollte, sondern auf Überzeugungskraft.«

  »Ja, vielleicht hast du recht.« Er nickte langsam. »Und bei dir?«

  »Bei mir?«

  »Sollte man bei dir eher auf Manipulation setzen oder auf Überzeugungskraft?«

  Ich hätte fast über diese absurde Frage gelacht, aber Costards Blick war so ernst, dass ich es mir verkniff. »Nun … ich bin sicher, die OmnI hat eine Meinung dazu.«

  »Oh ja, das hat sie. Aber vor allem hat sie Pläne mit dir.«

  »Tatsächlich?« Ich schnaubte. »Wenn man sich die letzte Zeit ansieht, scheine ich nicht mehr allzu wichtig für ihre Pläne zu sein. Vor einigen Wochen klang es noch so, als sei ich ihr Trumpf, weil wir angeblich Seelenverwandte sind. Aber davon ist nun keine Rede mehr.«

  »Sie ist vorsichtig geworden.« Costard neigte den Kopf. »Sie wartet ab, ob du dich bewährst oder nicht.«

  »Ob ich mich bewähre? Ich glaube nicht, dass es darum geht.« Plötzlich schoss mir eine Idee in den Sinn, wie ich ihn ködern konnte, mir mehr zu erzählen. »Schließlich hat meine Verbindung zur OmnI nichts damit zu tun, was ich tue – sondern nur damit, was ich bin.« Komm schon, beiß an.

  Costards Augen wurden weit. »Du hast mit deiner Mutter gesprochen?«

  Bingo.

  Ich nickte. »Wir schreiben uns. Erst vor ein paar Tagen hat mich ihr letzter Brief erreicht. Sie war überrascht, dass Sie so ein Geheimnis daraus gemacht haben.«

  »Man kann nicht vorsichtig genug sein.« Er sah erleichtert aus. »Wir hatten immer Sorge, dass jemand anders dahinterkommen könnte und dich dann benutzen würde, um ebenfalls eine solche Struktur aufzubauen.«

  »Richtig, die Struktur.« Wir kamen der Sache näher. »Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen?«

  »Das war nicht ich.« Plötzlich war Costard in Plauderlaune. Es schien, als wäre er froh, endlich mit mir darüber reden zu können. »Sondern deine Mutter. Wir sprachen über deinen Defekt und dass deine Eltern endlich InterLinks entwickelt hatten, die dir ein normales Leben ermöglichten.«

  »Mein Vater hat die InterLinks entwickelt«, korrigierte ich.

  »Nein, sie waren es gemeinsam.« Costard schüttelte den Kopf. »Allerdings hattest du nie ein besonders einfaches Verhältnis zu deiner Mutter. Sie wollte nicht, dass du die Links ablehnst, nur weil sie daran beteiligt war.«

  »Wie umsichtig«, sagte ich sarkastisch.

  Costard schien meinen Tonfall nicht zu bemerken. »Deine Mutter ist eine brillante Wissenschaftlerin, aber sie hat auch ein feines Gespür für Menschen. Du hast von ihr ebenso viel geerbt wie von Andrew.«

  Ich lachte auf. »Auch die Kaltschnäuzigkeit, die eigene Tochter zu benutzen, um eine KI zu entwickeln?« Ich bluffte frech weiter, denn noch war ich nicht zum Kern vorgedrungen. Er musste mir mehr sagen.

  »So war das nicht. Cécile kam zu mir, weil sie entdeckt hatte, dass dein Gehirn nicht wie das anderer Menschen funktioniert. Deine Neuronen sind auf ungewöhnliche Art vernetzt, daher kannst du in Bruchteilen von Sekunden auf verschiedene Informationen zugreifen und Unmengen davon speichern.«

  »Ich weiß. Auch wenn das eher Fluch als Segen ist.«

  »Sag so etwas nicht!«, erwiderte Costard heftig. »Nur, weil die Abkehr dich auf so grausame Weise einschränkt, bist du in dieser Lage, es als Last empfinden zu müssen. Aber das ist bald vorbei, ich verspreche es dir.« Seine Augen leuchteten.

  »Das hoffe ich doch«, heuchelte ich. Wie brachte ich ihn jetzt zurück auf das Thema OmnI? Ich überlegte kurz. »Also war ich sozusagen Ihre … Inspiration?«

  »Du warst viel mehr als das. Künstliche Intelligenzen wurden schon lange auf der Basis biologisch-neuronaler Netzwerke entwickelt, aber dabei haben wir immer uns als Vorbild genommen – die normalen Menschen. Du warst … du bist eine ganz neue Ebene in der Entwicklung. Dich zu studieren, hat den Durchbruch gebracht.«

  Langsam dämmerte mir etwas und ich spürte einen unangenehmen Druck in meinem Magen.

  »Deshalb haben Sie damals mein Gehirn kopiert.«

  »Ja, aber so einfach, wie das klingt, war es nicht. Es hat mehrere Jahre ged
auert, die neuronalen Strukturen deines Gehirns zu entschlüsseln. Und dein Vater war dagegen, also hatten wir Probleme, Tests zu machen.« Costard verzog das Gesicht und in mir meldete sich die tiefe Zuneigung zu meinem Dad. Ich hätte ihn längst kontaktieren müssen.

  »Vielleicht hatte er damit recht.« Den Kommentar konnte ich mir nicht verkneifen.

  »Nein, hatte er nicht«, entgegnete Costard eisern. »Du warst eine einmalige Chance. Ohne dich wären wir vielleicht erst in 50 Jahren weit genug gewesen, vielleicht auch nie. Die alten ­KI-Strukturen waren lernfähig und variabel, aber sie waren nicht in dem Maße schnell und anpassungsfähig, wie wir es uns vorgestellt hatten. Die OmnI war der erste richtige Prototyp einer KI, einer echten KI.«

  Der Druck in meinem Magen wurde stärker. Wieso wusste ich nichts von Tests, von Treffen mit Costard oder Besuchen in irgendeinem Labor? Mir kam ein Gedanke.

  »Haben Sie meine Erinnerungen verändert?« Ich starrte ihn an.

  »Deine Erinnerungen?«

  »Ja, meine Erinnerungen. Haben Sie sie verändert, nachdem Sie mein Gehirn analysiert hatten? Damit ich vergesse, was Sie getan haben?«

  »Ophelia …«

  »Sagen Sie einfach Ja oder Nein!«, schnauzte ich ihn an.

  Er warf die Hände in die Luft. »Ja, haben wir, okay? Wir wollten nicht, dass du damit belastet wirst. Aber wir haben sie nur überschrieben und nicht extrahiert. Keiner dieser Tests hat dir Schaden zugefügt, wir haben dir nie wehgetan. Wir dachten nur, es wäre die beste Lösung für alle, wenn du dich nicht mehr daran erinnerst.«

  »Vor allem die beste Lösung für Sie, oder?« Ich funkelte ihn böse an. Ich wäre ihm am liebsten an die Gurgel gegangen. »Wusste mein Vater davon?«

  »Ja. Er hat es herausgefunden und dich von da an nicht mehr aus den Augen gelassen. Wir konnten dich nicht mehr mitnehmen nach …«

  »Nach?« Verdammt, wieso hörte er jetzt auf zu reden?

  »Nicht so wichtig. Ich muss gehen.« Er stand auf und schob den schwarzen Stift in die Tasche seiner Jacke. »Ich möchte, dass du weißt, wie wichtig du für den technischen Fortschritt der Menschheit bist. Genau deswegen wollen wir, dass du an vorderster Front stehst in dieser nun so entscheidenden Phase im Kampf gegen die Abkehr. Du wirst uns allen ein großartiges Vorbild sein. Die OmnI wünscht sich eine enge Zusammenarbeit mit dir.«

  »Und ihr sollte man wohl keinen Wunsch abschlagen, oder?« Ich lächelte dünn. Nur über meine verdammte Leiche.

  Costard nickte zufrieden, er schien meinen Sarkasmus nicht zu bemerken. »Ich wusste, dass du es so sehen würdest. Sie hat sich Sorgen gemacht, du könntest nicht auf ihrer Seite sein. Aber ich werde ihr sagen, dass alles in Ordnung ist.«

  »Sagen Sie ihr das und richten Sie meine Grüße aus.« Der Sarkasmus war verschwunden. Sicher ist sicher. Ich wusste zwar nicht, ob die OmnI mich nach Amber Island geschickt hatte oder Troy, aber ich durfte auf keinen Fall zeigen, wie sehr ich ihr misstraute.

  »Das werde ich. Wir sehen uns bald wieder, Ophelia.« Costard ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.

  Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse, dann sank ich auf den Fußboden, direkt an Ort und Stelle.

  Meine Gedanken rasten, gebremst durch das HeadLock und dennoch schneller als sonst. Das war also der Grund, warum ich so wichtig war, warum die OmnI mich unbedingt auf ihrer Seite haben wollte: Ich war die Einzige, die wusste, wirklich wusste, wie sie tickte – weil unsere Art zu denken sich ähnelte. Ich war die Vorlage für sie, ihre Blaupause. Die gefährlichste Intelligenz der Welt war nach meinem Vorbild erschaffen worden. Aber das war nicht alles.

  Ich war auch der Grund für den möglichen PointOut.

  Ich war der Grund für die Abkehr.

  34

  Die Stille, die dieser Erkenntnis folgte, erdrückte mich förmlich.

  Dann ertönte plötzlich ein hektisches Rufen in meinem Ohr.

  »Ophelia?« Das war Imogens Stimme. »Ophelia, bist du da?«

  »Ja? Was ist los?«

  »Wir hatten keine Verbindung zu dir. Seit du Costard getroffen hast, waren wir blind und taub. Was ist passiert?«

  »Ich …« Erst war ich verwirrt, aber dann fiel mir etwas ein. Der schwarze Stift, mit dem Costard herumgespielt hatte, war mir bekannt vorgekommen – aus Zeiten, in denen man für absolute Privatsphäre einiges hatte tun müssen. Wahrscheinlich sendete er eine Art Störimpuls, damit Überwachungstechnik nutzlos wurde. Costard war paranoid, so eine Vorsichtsmaßnahme passte zu ihm.

  »Ich weiß es nicht genau«, sagte ich nach einer Pause. »Aber er hatte einen schmalen schwarzen Gegenstand in der Jackentasche, sah aus wie ein Stift. Ich glaube, er hat alle Signale blockiert.« Meine Verbindung zur OmnI war also ein Geheimnis, von dem Maraisville noch nichts wusste. Sollte ich es dabei belassen?

  »Worüber hast du mit ihm gesprochen?«, blaffte Phoenix mich an. Inzwischen reagierte ich regelrecht allergisch auf diesen schrecklichen Mann. Das war wohl ein Zeichen – ich würde nichts über die OmnI und mich sagen, bis ich mehr wusste.

  »Er wollte herausbekommen, ob ich genug Einfluss auf ­Lucien hätte, um ihn von seinem Veto-Recht abzuhalten.« Diesen Teil hätte ich fast vergessen. »Er hat von Leo­polds Tod gesprochen, als wäre er beschlossene Sache. Ich glaube, er plant etwas.«

  »Costard plant immer irgendetwas. Der Tod des Königs ist seit Jahren sein Ziel.«

  »Ja, aber diesmal klang es sehr konkret«, beharrte ich. »Er war sich sicher, dass der Fall eintritt. Leo­pold sollte auf keinen Fall die Stadt verlassen.«

  »Das hast nicht du zu entscheiden«, sagte Phoenix barsch.

  »Danke, Ophelia«, schaltete sich Imogen ein. »Danke, dass du uns das gesagt hast.«

  »Wo steckt Emile?«, fragte ich. »Ist er zugeschaltet?«

  »Ja, aber er ist beschäftigt«, antwortete Imogen. »Er hat sich gerade auf den Weg in die Küche gemacht, um mit Odell zu reden.«

  »Okay. Dann gehe ich auch dorthin.« Ich wollte bei dem Gespräch nicht dabei sein, aber sobald es vorbei war, musste ich mit Lucien reden. Ich bin der Grund für die Abkehr, zuckte es erneut durch meinen Kopf. Aber es war nur eine Wiederholung der Worte. Begriffen hatte ich es noch nicht.

  Die Küche lag am anderen Ende des Gebäudes, und mir begegneten auf dem Weg einige ReVerse-Leute, darunter auch Elodie. Das feindselige Glühen in ihrem Blick war seit dem Tod ihres Bruders schwächer geworden. Trotzdem oder gerade deswegen war sie gefährlich. Wenn ReVerse jemanden für riskante und blutrünstige Aktionen brauchte, meldete sie sich grundsätzlich freiwillig.

  »Suchst du Emile?«, sprach sie mich an.

  Ich blieb stehen.

  »Warum sollte ich ihn suchen?«

  »Weil du das ständig tust. Du suchst ihn wesentlich öfter als Knox.« Sie sah mich misstrauisch an. »Läuft da was zwischen euch?«

  »Ähm … nein?« Ich ließ es so klingen, als wäre die Frage lächer­lich. »Wir sind Freunde, sonst nichts. Wie kommst du darauf?«

  »Weil er plötzlich das Interesse an mir verloren hat.« Jetzt war das Funkeln wieder da. Elodie fasste meinen Arm. »Immer, wenn etwas gut läuft, tauchst du auf und machst es kaputt. Mir geht das echt auf die Nerven, Scale.«

  »Was du nicht sagst.« Ich verdrehte die Augen. »Vielleicht versuchst du mal, den Grund für deine Probleme nicht immer bei anderen zu suchen.« Damit machte ich mich los und ließ sie stehen. Sie blieb einen Moment, wo sie war, dann entfernten sich ihre Schritte und ich atmete durch. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war eine eifersüchtige Terroristin.

  Die Treppe zur Küche war leer und ich ging hinunter. Als ich Stimmen hörte, wurde ich langsamer – und als mein Name fiel, blieb ich stehen. Die Tür war nur angelehnt, also konnte ich dahinter in Deckung gehen. Durch den Spalt sah ich Lucien am Tresen stehen, auf der anderen Seite Knox.

  »Wir können dir nicht helfen, wenn du uns nicht vertraust«, sagte Lucien gerade.

  »Ja, aber Costard scheint nicht sicher zu sein, ob ihr nicht doc
h von Maraisville verdorben seid. Ihr wart so lange dort und dann immer Phees Gerede über die OmnI …« Knox brach ab und senkte den Kopf.

  »Du hast gesagt, du willst keine Marionette mehr sein«, beharrte Lucien. »Dann fang an, deine eigenen Entscheidungen zu treffen. Du weißt, wie genial Phee ist. Das solltest du nutzen, statt ihr zu misstrauen.«

  Knox runzelte unglücklich die Stirn. »Sie ist so anders, seit sie zurück ist. Ich habe das Gefühl, ich kenne sie gar nicht mehr.« Er sah Lucien an. »Ihr wart doch viel zusammen während der Ausbildung, oder?«

  »Klar. Das Training fand in der Gruppe statt und danach haben wir oft gemeinsam gegessen und gequatscht. Wieso fragst du?«

  »Sie hat mir erzählt, dass sie dort mit jemandem zusammen war. Hast du davon etwas mitbekommen?«

  Lucien hob die Schultern, als würde ihn das nichts angehen. »Ja, ab und zu war sie abends nicht da. Aber sie hat uns nicht viel darüber gesagt.«

  »Du weißt also nicht, wer es war?«

  »Spielt das eine Rolle?«

  Knox verengte die Augen. »Warum weichst du der Frage aus?«

  »Das mache ich nicht.« Lucien hob die Hände. »Ich frage mich nur, was du mit dieser Information anfangen willst.«

  »Keine Ahnung.« Knox stieß die Luft aus. »Zwischen Phee und mir steht eine meterdicke Mauer, und ich habe das Gefühl, ich dringe nicht zu ihr durch. Wahrscheinlich hat sie immer noch Gefühle für diesen anderen Kerl.«

  »Ich bin sicher, dass es nicht daran liegt.«

  »Warum denkst du das? Hat sie dir etwas gesagt?«

  Jetzt war es Lucien, der seufzte. »Ich weiß, wer er ist. Und ich weiß auch, wie es mit ihnen endete. Vertrau mir, sie hat keine Gefühle mehr für ihn. Sie ist nur verletzt und braucht Zeit.«

  »Wer war es?« Knox sah Lucien eindringlich an. »Bitte sag es mir, Emile. Ich komme besser damit klar, wenn ich einen Namen habe. Wenn dieser Typ nicht mehr nur ein gesichtsloser Kerl ist, der mit meiner Freundin geschlafen hat.«

 

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